Interview mit Adrian Schmidt, Geschäftsführer bei KÄPSELE, und Moritz Lanz, Schüler und Praktikant
Moritz, du hast ein Praktikum bei KÄPSELE gemacht, dem Unternehmen deines Cousins. Wie kam es dazu?
Moritz Lanz Ich interessiere mich schon lange für Geld und Finanzen. Mit zehn wollte ich unbedingt reich werden und habe das Buch „Rich Dad Poor Dad“ gelesen. Danach war ich fasziniert vom Kapitalmarkt und habe mich mit Aktien und ETFs beschäftigt. Inzwischen bereite ich mich auf die Sachkundeprüfung nach § 34f GewO vor. Das Praktikum bei Adrian war für mich die Gelegenheit, in die Branche reinzuschnuppern und zu sehen, wie das in der Praxis funktioniert.
Was waren deine Aufgaben während des Praktikums?
ML Ich durfte bei Beratungsgesprächen zuhören, habe LinkedIn-Posts erstellt und war bei der Jungmakler MasterClass in Göttingen dabei. Außerdem habe ich den internen Onboarding-Kurs von KÄPSELE durchlaufen, in dem erklärt wird, wie die Beratung, Software und Abläufe funktionieren. Das war superspannend – fast so, als wäre ich schon ein richtiger Mitarbeiter.
Adrian, wie war es für dich, Chef deines eigenen Cousins zu sein?
Adrian Schmidt Total entspannt. Unser Team ist insgesamt sehr jung – im Schnitt Ende 20 – und ich gebe gern Wissen weiter. Ich finde es motivierend, jungen Leuten zu zeigen, wie Selbstständigkeit funktioniert, zumal viele Eltern schlicht Angestellte sind. Da kann ich noch mal einen anderen Impuls Richtung Unternehmertum geben.
Moritz, viele junge Menschen haben kein gutes Bild von der Finanz- oder Versicherungsbranche. Warum, glaubst du, ist das so?
ML Ich glaube, da gibt es viele Gründe, aber u. a. überzogene Renditeversprechen und auch, dass viele Menschen früher schlechte Erfahrungen mit Aktien gemacht haben – jeder war selbst oder kennt irgendwen, der damals in Telekom investiert war. Außerdem ist Geld in Deutschland immer noch ein Tabuthema. Man redet kaum darüber, also gibt es auch wenig Vertrauen.
AS Ich sehe das ähnlich. Junge Leute haben schlicht keinen Bezug zur Branche. Kaum jemand geht mit den Eltern mal zum Finanzberater. Was bleibt, sind Vorurteile, grauer Anzug, Verkäufer, der nur Geld aus der Tasche ziehen will ... Auch Finanzbildung hängt stark vom Elternhaus ab. Es gibt Azubis mit Mini-Gehalt, die schon ein Depot haben, und Gutverdiener mit Konsumschulden. Am Ende ist es, denke ich, eine Frage der Eigenverantwortung.
Wie hat sich dein Bild von der Branche durch das Praktikum verändert, Moritz?
ML Vorher hätte ich einen älteren Herrn im Anzug mit Aktentasche beschrieben – vielleicht leicht grauhaarig, sehr analog unterwegs, ähnlich wie es Adrian schon erwähnt hat. Heute sehe ich das ganz anders. Die Branche ist viel durchmischter geworden. Viele sind sportlicher, kleiden sich lockerer und sind nah an den Themen der jungen Generation. Business Casual statt Krawatte – das finde ich sympathisch.
Was müsste passieren, damit dieses neue Bild auch außen ankommt?
ML Es sollte schon in der Schule anfangen. Dort redet kaum jemand über Geld, und wenn, dann oft negativ. Ich glaube, mehr Offenheit würde helfen – und Sichtbarkeit über soziale Medien. Finfluencer leisten da einen Beitrag, weil sie Finanzen verständlich und nahbar machen.
AS Ich glaube, der beste Weg ist, selbst gute Beispiele zu schaffen und diese z. B. über soziale Medien nach außen zu tragen. Wenn junge Leute moderne, erfolgreiche Unternehmen sehen, ändert sich das Bild automatisch. Coole Firmen sind das beste Gegenmittel gegen alte Klischees.
Apropos soziale Medien: Du bist auch schon auf LinkedIn aktiv, Moritz?
ML Ja. Ich finde es sehr spannend, mich mit anderen auszutauschen. Ich poste regelmäßig – Themen wie Riester-Rente z. B. laufen gut – und habe schon interessante Kontakte geknüpft. Manche Gespräche haben mir völlig neue Sichtweisen eröffnet. Langfristig will ich mir dort ein Netzwerk aufbauen, das ich später für mein eigenes Unternehmen nutzen kann.
AS Das finde ich stark. Mit 16 auf LinkedIn zu starten, zeigt Eigeninitiative. Viele in der Branche machen das erst viel später.
Moritz, du hast Finfluencer erwähnt. Viele in der Branche sehen sie kritisch, auch angesichts der aktuellen Regulierungsdiskussion. Wie seht ihr beide das?
ML Insgesamt sorgen Finfluencer, dadurch dass sie Finanzthemen auch offener ansprechen, dafür, dass sich mehr Menschen, auch jüngere, damit beschäftigen. Das ist meiner Meinung nach eine sehr positive Entwicklung, deshalb würde ich Finfluencer auch weniger kritisch sehen.
AS Ich finde, man sollte das Thema nicht überregulieren. Die Zulassungen nach § 34d oder § 34f sagen wenig über die tatsächliche Beratungsqualität aus. In der Prüfung geht es oft ums Auswendiglernen. Am Ende darfst du dann Anlageprodukte wie eine Rentenversicherung verkaufen, aber über Geldanlage selbst lernt man eigentlich recht wenig. Eine anspruchsvollere Ausbildung – ähnlich wie beim Steuerberaterexamen – könnte allerdings helfen, das Image der Branche zu verbessern.
Bei der Geldanlage ist auch KI ein prominentes Thema. Viele nutzen Chatbots inzwischen, um sich zu Finanzthemen beraten zu lassen. Was hältst du davon, Adrian?
AS Abstand. ChatGPT ist ein Ja-Sager. Das Ergebnis hängt stark davon ab, wie man die Frage formuliert. Viele meiner Kunden nutzen KI, um unsere Beratung nachzuprüfen. Wenn die KI zum gleichen Ergebnis kommt wie wir, freut mich das. Wenn sie etwas anderes sagt, ärgert es mich oft, weil die Begründungen teilweise unsinnig sind.
Moritz, du hast erzählt, dass du dich mit künstlicher Intelligenz über Geldanlage austauschst. Wie genau kann man sich das vorstellen?
ML Ich nutze KI gerne als Hilfsmittel, um neue Denkanstöße zu bekommen, indem ich mit der KI über Finanzthemen diskutiere. Etwa über die Frage, ob es noch sinnvoll ist, in Aktien zu investieren, oder ob man eine stärkere Eigenkapitalrendite bei Immobilien erzeugen kann. Natürlich muss man aufpassen, was man übernimmt, weil es auf die Trainingsdaten und die Fragestellung ankommt. Aber KI kann helfen, Zusammenhänge zu verstehen – gerade wenn man noch am Anfang steht.
Adrian, was würdest du jungen Menschen raten, die in die Finanzbranche einsteigen möchten?
AS Auch wenn das umstritten ist: Ich halte gute Strukturvertriebe für eine hervorragende Ausbildung. Nirgendwo sonst bekommst du so intensive fachliche und vertriebliche Schulung. Natürlich merkt man irgendwann, dass man lieber selbstständig arbeiten möchte – auch viele Jungmakler kommen ja aus dem Strukturvertrieb und gehen dann diesen Weg. Aber als Einstieg ist es top.
Moritz, wie geht’s für dich weiter?
ML Ich will auf jeden Fall in der Finanzbranche bleiben – vielleicht im Bereich Geldanlage, Investment oder Immobilien. Versicherungen sind spannend, aber da muss ich noch tiefer einsteigen. Mein Traum ist, später ein eigenes Unternehmen zu gründen.
AS Ich unterstütze das voll. Ich finde, mehr junge Menschen sollten unternehmerisch aktiv sein, und ich glaube, die Finanzbranche bietet jungen Leuten eine niedrige Einstiegshürde und viele Chancen.
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