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11. Mai 2020
Wie gefährlich wird die Corona-Krise für Ratenkredite?

Wie gefährlich wird die Corona-Krise für Ratenkredite?

Zehn Millionen Menschen in Kurzarbeit. Über 300.000 neue Arbeitslose. Die Corona-Krise hinterlässt nicht nur psychisch, sondern auch finanziell deutliche Spuren. Dadurch sind auch die Ratenkredite in den Fokus gerückt. Galten sie lange Zeit als lukrativ, könnte nun Ungemach drohen.

Welche Folgen hat die Corona-Krise für den jahrelang boomenden Markt der Ratenkredite? Geht es nach der Auskunftei Crifbürgel, dürfte sich zumindest für die Geldhäuser die Situation verschlechtern. In diesem Jahr müssen sie demnach deutlich mehr Ausfälle einplanen. Die Experten rechnen mit mindestens 100.000 zahlungsunfähigen Verbrauchern. Das wäre ein Plus von immerhin 11% im Vergleich zu 2019. Ohnehin seien bereits jetzt 6,8 Mio. Bundesbürger überschuldet. Die Boston Consulting Group sieht vor allem bei Ratenkrediten mit langen Laufzeiten sowie bei Autokrediten für Gebrauchtwagen und bei Überziehungskrediten erhöhte Ausfallrisiken.

Höhere Bereitschaft zur Kreditfinanzierung

Pessimistisch könnte auch eine aktuelle Umfrage der Norisbank stimmen. Demnach ist der Anteil der Verbraucher, die eine größere Anschaffung planen durch die Corona-Krise zwar von 21 auf 17,5% gesunken. Soll aus den Wünschen aber Realität werden, erwägen deutlich mehr Befragte die Aufnahme eines Kredits. Mehr als zwei von drei Befragten (68,5%) wollen trotz der Corona-Krise einen Kredit zur Konsumfinanzierung aufnehmen. 2019 war es nur etwa jeder zweite (50,2%). In den meisten Fällen wird dabei ein Ratenkredit bevorzugt.

Höhere Kreditsummen

Deutsche Verbraucher nehmen zudem seit der Krise im Schnitt mehr Geld auf. Einer Auswertung von Verivox zufolge lag das durchschnittliche Volumen im März bei 15.676 Euro. Vor Ausbruch der Corona-Krise lag der Wert mit 14.588 Euro noch um mehr als 1.000 Euro niedriger. Das Kreditvolumen hat binnen eines Monats um 7,5% zugelegt, auf Jahressicht sogar um 11%.

Banken schauen genauer hin

Allerdings achten Banken laut Verivox angesichts der unsicheren Zukunft genauer darauf, wem sie Geld anvertrauen und wie viel Kredit sie den Kunden gewähren. Den Verivox-Experten zufolge vergeben die Institute die Ratenkredite derzeit vermehrt an Gutverdiener mit sicherer Beschäftigung. Das verdeutliche auch der gestiegene Anteil der Kredite, die an Beamte vergeben wurden.

Vermittlung von Ratenkrediten attraktiver denn je

Dass einige Banken nun etwas skeptischer prüfen und manche Berufsgruppen kritischer beäugen, bestätigt auch PROCHECK24-Geschäftsführer Daniel Hering. An der Attraktivität der Ratenkreditvermittlung habe die Corona-Pandemie aber nichts geändert – im Gegenteil. „Für Vermittler sind Ratenkredite spannender denn je. Monatliches Sparpotenzial ist gerade in diesen Zeiten wichtig. Vermittler können ihren Kunden so Liquidität in diesen schwierigen Zeiten verschaffen. Langfristig lassen sich mit einer Umschuldung sogar mehrere tausend Euro sparen“, so Hering gegenüber AssCompact. Zudem hebt der Experte hervor, dass die Ratenkreditvermittlung im Gegensatz zu vielen Versicherungs- und Vorsorgeprodukten eine stornofreie Provision beinhaltet.

Zusätzlicher Schub für digitale Abschlüsse

Hilfreich sei in der Corona-Krise auch der hohe Grad der Digitalisierung in der Kreditvermittlung. „Mehr als 50% der Banken bieten mittlerweile einen Online-Abschluss an und auch bei den Kunden ist durch die wochenlangen Kontaktbeschränkungen das Interesse an digitalen Beratungen und Abschlüssen stark gestiegen“, so Hering. „Die Corona-Krise hat die Digitalisierung in der Branche noch einmal vorangetrieben“, bestätigt auch André Lichner, Geschäftsführer der Prohyp GmbH.

Streit um kostenfreie Ratenaussetzung wegen Corona

Neben den Instituten und Verbrauchern beschäftigen die Bau- und Ratenkredite auch die Politik. So sieht das Covid-19-Abmilderungsgesetz vor, Zins- und Tilgungsleistungen für Verbraucherdarlehen die vor dem 15.03.2020 abgeschlossen wurden, für drei Monate und evtl. drei weitere Monate ausgesetzt werden können, wenn der Kreditnehmer von der Corona-Krise getroffen wurde. Unklar bleibt bisher aber die Frage, ob die derzeit nicht zu zahlenden Zinsen nach der Krise nachgezahlt werden müssen. Verbraucherschützer sehen das bisher „sonnenklar“ so. Bisher schließt sich auch die Mehrzahl der Banken dieser Meinung an. Sie fordern aber eine Änderung des Gesetzes, sodass die Zinsen nach der Krise nachgezahlt werden.

Auch Kreditgeber sollen zinslose Hilfen erhalten

Laut einer Gemeinschaftsinitiative der Verbände für Leasing, Factoring, Freie Berufe, Franchise, Fuhrparkmanagementgesellschaften sowie des Bankenfachverbands könnten letztlich Stundungen in Milliardenhöhe notwendig sein, woraus in kürzester Zeit ein potenzielles systemisches Risiko für die gesamte Finanzbranche erwachsen könnte. Zur Abfederung der damit verbundenen Risiken fordern sie deshalb, dass auch Kreditgeber zinslose und staatlich garantierte Liquiditätshilfen in dem Umfang in Anspruch nehmen können, wie sie ihren Kunden Finanzierungsverpflichtungen stunden. Spätestens dann dürften Ratenkredite auch für die Produktanbieter attraktiv bleiben oder wieder werden. (mh)

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