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30. August 2022
Wie wirkt sich die Zinswende auf die PKV-Beiträge aus?

Wie wirkt sich die Zinswende auf die PKV-Beiträge aus?

Nach vielen Jahren der Nullzins-Politik hat die EZB im Juli den Leitzins angehoben; weitere Schritte sollen folgen. Doch wie beeinflusst diese Wende die Höhe der PKV-Beiträge? Das fragte der PKV-Verband seinen hauseigenen Geschäftsführer Holger Eich.

Die Zinswende der Europäischen Zentralbank (EZB) beeinflusst auch die Kapitalanlagen der privaten Krankenversicherer. Grundsätzlich nämlich haben insgesamt steigende Zinsen auch höhere Erträge in der Zukunft zur Folge. Doch was bedeutet der Zinsanstieg dann für die Kalkulation der PKV-Beiträge? Stehen womöglich sogar Beitragsentlastungen für PKV-Versicherte im Bereich des Möglichen? Darüber hat der PKV-Verband mit Holger Eich, Geschäftsführer und Chef-Mathematiker im PKV-Verband, gesprochen.

Je höher der Zins, desto geringer die Beiträge

Grundsätzlich wirke sich die Anhebung des Leitzinses sogar sofort auf die Berechnung des sogenannten aktuariellen Unternehmenszinses (AUZ) aus, so Eich. Beim AUZ, der von den einzelnen privaten Krankenversicherern individuell festgelegt wird, handelt es sich laut Eich um den unternehmensindividuellen Höchstrechnungszins. Das heißt, bei einer Beitragsanpassung oder bei Kalkulation eines neuen Tarifs darf der Versicherer keinen höheren Rechnungszins als den AUZ festlegen. Und dieser Rechnungszins wiederum beeinflusst die Beitragshöhe. „Denn er gibt vor, welche Erträge das Unternehmen am Kapitalmarkt in der Zukunft erwartet. Je höher diese Erträge sind, desto weniger Beiträge sind erforderlich, um die Versicherungsleistungen zu garantieren und die Alterungsrückstellungen aufzubauen. Kurz gesagt gilt das Grundprinzip: Je höher der Zins, desto geringer die Beiträge“, erläutert Eich im Interview mit dem PKV-Verband. Allerdings beeinflusst der Zinssatz der EZB zunächst nur kurzfristige Anlagen und ist damit nur einer von vielen Faktoren des AUZ.

Talsohle der Durchschnittsverzinsung könnte erreicht sein

Trotz der langjährigen Niedrigzinsphase liegt die Durchschnittsverzinsung bei den PKV-Unternehmen gegenwärtig bei immer noch über 2%, was auch am langfristigen Anlagehorizont der Versicherer liege. Allerdings werde die Zinswende kurzfristig nur geringe Auswirkungen auf die Kalkulation haben. Denn: „Niemand wird nun eine langfristige Anlage, für die er einen Zins in Höhe von etwa 2% erhält, in eine kurzfristige Anlage umschichten, weil er dort jetzt 0,5 statt 0% Zinsen erhält“, so Eich. Aber die Zinsanhebung der EZB markiere nun eben eine entscheidende Trendumkehr. Schließlich sei damit die Talsohle der Zinsentwicklung aller Voraussicht nach erreicht, sodass auch der AUZ grundsätzlich wieder steigen könne und künftig höhere Erträge am Kapitalmarkt zu erwarten seien.

Höherer Zins kann Beitragserhöhung zumindest mindern

Was aber bedeutet nun die Zinswende konkret für die Beitragsentwicklung in der PKV? „Die Entlastung durch einen höheren Zins kommt auf jeden Fall bei den Versicherten an. Darauf achten bereits die Treuhänder“, merkt Eich an. Allerdings: Davon unberührt bleibt es ungewiss, ob die Kunden diese Zinswende auch in Form einer Beitragssenkung spüren. Denn das wiederum hänge von der Gesamtentwicklung ab. Und hier spielen auch noch andere gewichtige Einflussfaktoren eine Rolle wie der medizinisch-technische Fortschritt, die Inflation, aber auch die ungewissen Folgen des Krieges in der Ukraine. Aller Voraussicht nach machen diese Geschehnisse Beitragsanpassungen wahrscheinlich, gibt Eich zu bedenken: „Da unterscheidet sich die PKV nicht von anderen Branchen.“ Aber es gibt auch einen Lichtblick: Im Zweifel nämlich werde ein höherer Zins eine notwendige Beitragserhöhung zumindest mindern, resümiert der PKV-Chef-Mathematiker zum Abschluss des Interviews. (as)

Das vollständige Interview kann hier aufgerufen werden.

Bild: © HNFOTO – stock.adobe.com