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14. Februar 2022
Wohngebäudeversicherung: „Wir sind der Platzhirsch im Maklermarkt“
Wohngebäudeversicherung: „Wir sind der Platzhirsch im Maklermarkt“

Wohngebäudeversicherung: „Wir sind der Platzhirsch im Maklermarkt“

Die DOMCURA baut ihre Anteile im Maklermarkt im Bereich der Wohngebäudeversicherung kontinuierlich aus und arbeitet an einem arrondierenden Produktportfolio. AssCompact sprach mit Horst-Ulrich Stolzenberg, Vorstand Vertrieb und Marketing, über weitere Pläne, Nachhaltigkeit und das Sturmtief „Bernd“.

Herr Stolzenberg, auch die DOMCURA widmet sich dem Thema Nachhaltigkeit. Kommt die Branche hier so allmählich voran?

Es gibt mittlerweile viele Nachhaltigkeitsinitiativen. Genannt seien hier etwa Fondsanbieter, die sich an den ESG-Kriterien orientieren oder fondsgebundene Versicherungsprodukte mit nachhaltigen Kapitalanlagemöglichkeiten. Zugegeben: Im privaten Sachversicherungsbereich, in dem wir unterwegs sind, besteht zweifelsfrei noch Entwicklungspotenzial. Was insbesondere an der großen Herausforderung liegt, wie man nachhaltige Aspekte für alle Seiten sinnvoll bei den Versicherungsprodukten integrieren kann. DOMCURA ist da tatsächlich schon einen großen Schritt weiter. Denn einerseits planen wir, als Unternehmen bereits 2022 klimaneutral zu sein. Und andererseits konnten wir 2020 Deutschlands erste nachhaltige Wohngebäudeversicherung anbieten, was schon ein echter Meilenstein ist.

Wie genau sieht denn Ihre Produktidee aus?

Das ist ganz einfach: Falls die Wohngebäudeversicherung in Anspruch genommen werden muss, dann soll die Schadenleistung auf die Zukunft einzahlen. Ein Beispiel: Wenn ein dreißigjähriges Gebäude abbrennt, ermöglichen wir zwei spannende Features: Wir kompensieren den durch den Brandschaden entstandenen CO2-Ausstoß – das erfolgt über den Erwerb von Zertifikaten. Und wenn in dem Haus ein Linoleumboden verlegt war, geben wir bis zu 50.000 Euro dazu, wenn der neue Fußboden aus nachhaltigem Material besteht.

In der Kfz-Versicherung spricht man auch von Reparaturen mit gebrauchten Gegenständen. Ist das in der Wohngebäudeversicherung denkbar?

Prinzipiell finde ich die Idee gut. Solange der Kunde aber die freie Wahl des Handwerkers hat, ist es für uns natürlich schwierig, auf dessen Beschaffung oder auf sein Handeln einzuwirken. Hier gibt es also eher noch größere Hürden.

Man bräuchte dann wohl das, was man allgemein als Ökosystem bezeichnet.

Genau. In der Wohngebäudeversicherung sehen wir uns künftig in einem Ökosystem. Da wird es viel mehr um Services als nur um das reine Leistungsversprechen gehen. Neben Handwerkern könnte man etwa mit Leckage-Wächtern zusammenarbeiten. Für Ferienhäuser ist das sehr interessant. Diese Entwicklung wird es unabhängig vom Thema Nachhaltigkeit geben.

Nun wurde schon zuletzt die Wohngebäudeversicherung teurer. Verteuern nachhaltige Bausteine die Prämie zusätzlich?

Bei unserem Zusatzmodul hält sich der Preis im Rahmen, sodass da wirklich alle Kunden, die Interesse haben, zugreifen können. Die Hürde ist meines Erachtens weniger der Preis, sondern das Verständnis der Zielgruppe. Denn die Gebäudeversicherung ist ja ein eher abstraktes Leistungsversprechen, das – glücklicherweise – nur ungefähr 4% aller Kunden jemals in ihrem Leben in Anspruch nehmen müssen. Die meisten Versicherungsnehmer haben demnach keine Service-Erfahrung und wollen deshalb vor allem einen günstigen Schutz. Es kommt also umso stärker auf den versierten Vermittler an, der im Rahmen einer guten Beratungsleistung über den Basis-Schutz hinaus berät und die entsprechenden Leistungen und Services vorstellt.

Die Flutkatastrophe vom Juli 2021 hat einige Hausbesitzer aufhorchen lassen. Steigt die Nachfrage?

Ja, das ist so. Auch für Häuser in der ZÜRS-Zone 4, also in den Gebieten, die aufgrund ihrer hohen Gefährdungsklasse eigentlich nicht versicherbar sind. Allerdings erlebt DOMCURA schon seit etwa fünf Jahren guten Zuwachs. Wir haben uns damals neu aufgestellt und einen Erfahrungstarif aufgebaut. Das war möglich, weil wir in der Vergangenheit schon Hunderttausende Schäden reguliert und sehr kleinteilig dokumentiert haben. Auf dieser Grundlage können wir den Aktuaren unserer Risikoträger mitteilen, wie viel gewisse Schäden am Ende tatsächlich kosten. 2015 sind wir etwa um 20.000 Verträge gewachsen, im vergangenen Jahr waren es rund fünfmal so viel.

Welche Folgen hat das Sturmtief „Bernd“ darüber hinaus für Ihr Haus?

Wir hatten im Zeitraum von Juni bis Ende August 2021, also in dem Zeitraum, in den auch „Bernd“ gefallen ist, 8.900 Elementarschäden, davon entfallen 3.100 auf „Bernd“. Die Schadenhöhe dieser Fälle ist um einen zweistelligen Faktor höher als ein normaler Elementarschaden. Das sind schon große Volumina.

In dem Erfahrungstarif kann ein solches Ereignis nicht kalkuliert sein?

Ein Jahrhundertereignis wie „Bernd“ wurde in dem Tarif natürlich noch nicht verarbeitet. Aber was im Rahmen der diesjährigen Indexierung in Höhe von 5,54% deutlich wird, ist: Der Verband hat das Ausmaß erkannt und verstanden. Wir sind mittlerweile der Platzhirsch im Maklermarkt. Mehr als jede vierte Wohngebäude-Police wird bei uns abgeschlossen. Der Erfahrungstarif fördert großes Vertrauen bei den Vermittlern – auch hinsichtlich der Qualität unserer Kalkulation. Aber wenn sich solche Fälle wie „Bernd“ häufen, dann hat das Auswirkungen auf die Prämie. Womit wir auch schon bei dem in den zurückliegenden Monaten viel diskutierten Thema wären, ob die Versicherungswirtschaft den Elementarschutz bei Großschäden noch allein tragen kann und sollte.

Wäre eine Pflicht für eine Elementarschutzversicherung die Lösung?

Das könnte ich mir vorstellen. Vor der Hochwasserkatastrophe im vergangenen Sommer waren deutschlandweit lediglich 46% der Gebäude gegen Naturgefahren wie Hochwasser und Überschwemmung versichert. Bei DOMCURA hingegen liegt die Quote der Kunden, die ihre Immobilie zusätzlich gegen Elementargefahren versichern lassen, immerhin bei rund 70%. Was auch daran liegt, dass die Makler, die mit uns zusammenarbeiten, hinsichtlich dieses wichtigen Zusatzschutzes höchst sensibilisiert sind. Aber natürlich ist auch eine höhere Quote wie bei uns noch steigerbar.

Sie haben vorhin schon ZÜRS 4 genannt. Die DOMCURA will auch in dieser Zone versichern. Wie weit sind Sie da gekommen?

Ähnlich wie beim Thema Nachhaltigkeit waren wir auch hier First Mover. Denn wir waren die Ersten, die flächendeckend ZÜRS-4-Immobilien versichert haben. Aber natürlich muss man festhalten, dass es hierbei um gerade einmal 98.000 Objekte in ganz Deutschland geht – im Vergleich zu beispielsweise 20,4 Millionen Adressen der Gefahrenzone ZÜRS 1. Allein daran können Sie schon ablesen, dass der Markt eher überschaubar ist. Aber wir fühlen uns unserem firmeneigenen Motto verpflichtet: Wir versichern alle Dächer, unter denen man wohnen kann.

Und nach der jüngsten Hochwasserkatastrophe überlegen sich bestimmt einige Besitzer von ZÜRS-4-Objekten, ob es nicht doch klüger wäre, die Immobilie trotz einer spürbar höheren Prämie zu versichern.

Nun werden vermutlich wieder viele Häuser dort aufgebaut, wo es brenzlig bleibt. Wie ist da das Zusammenspiel?

Es ist tatsächlich so, dass in einigen Gebieten entlang der Ahr der Wiederaufbau am alten Ort nicht erlaubt ist. Dort müssen Ausgleichsflächen gefunden werden. Genau dieser Aspekt hat allerdings gravierende Auswirkungen für Versicherungsnehmer. Denn, was vielleicht nicht jeder weiß: Die Wohngebäudeversicherung ist in aller Regel eine Neuwertversicherung. Das bedeutet: Wenn ein 20 Jahre altes Haus weggeschwemmt wurde, dann würde die Versicherung normalerweise den Neuwert dieses Objektes erstatten. Voraussetzung: Das Haus wird dort wieder aufgebaut, wo es zuvor gestanden hat. Wenn nun aber dort ein Wiederaufbau untersagt wird und das Haus an einer anderen Stelle errichtet werden soll, dann sind die Versicherer nur dazu verpflichtet, zum Zeitwert zu entschädigen. Wir bei DOMCURA wollen aber nicht, dass Versicherungsnehmer in einem solchen Fall schlechter gestellt werden. Deshalb sind wir mit unseren Risikoträgern diesbezüglich im Gespräch. Denn das Thema dürfte künftig eine große Rolle spielen.

Die Wohngebäudeversicherung wird wohl weiter komplizierter. Aber wie gefährlich ist es für Ihr Haus, sich so sehr auf diese Sparte zu konzentrieren?

Lassen Sie es mich so sagen: Wir gehen bewusst dieses Risiko ein. Unsere Strategie sieht allerdings vor, dass wir ein arrondierendes Produktportfolio entwickeln. Das bedeutet: Wir statten unsere Versicherungsprodukte wie Hausrat, Unfall, Haftpflicht oder Gewässerschadenhaftpflicht mit speziellen Features aus, sodass man als Einfamilienhaus- oder Mehrfamilienhausbesitzer eigentlich gar nicht an unserem Angebot vorbeikommt. Bei dieser Optimierung unseres Produktportfolios gehen wir natürlich nicht wahllos vor, sondern orientieren uns an unserer Wohngebäudeversicherung und deren Zielgruppe.

Das wird demnächst passieren?

Sie werden künftig immer häufiger sehen, dass wir damit werben: „Schließen Sie doch bei uns die Privathaftpflicht ab, wenn Sie Einfamilienhausbesitzer sind.“ Oder wir erklären: „Ihr teuerstes Gut haben Sie bei uns abgesichert, was ist aber, wenn Ihre Arbeitskraft ausfällt oder wenn Ihre Gesundheit Schaden nimmt?“ Wir werden also weitere Produkte dazu addieren, mit denen wir heute nicht unterwegs sind. Das alles wollen wir sukzessive umsetzen. Und zwar immer dann, wenn ein Produkt-Update ansteht.

Sie schränken dabei auf das Privatgeschäft ein. Wie sieht es mit Gewerbe aus?

Wir bieten in diesem Jahr einen neuen Rahmenvertrag für den gewerblichen Wohnungsanbieter an, also die Hausverwalter und die Kommunen, die eigene Objekte haben. Dieses überarbeitete Konzept zahlt noch stärker auf die Bedürfnisse der Hausverwalter ein und bereichert somit den Markt.

Vorhin haben Sie den versierten Sachmakler erwähnt. Wie läuft die Zusammenarbeit mit den Vermittlern?

Wir verstehen uns als Freund des Maklers. Für dieses Verständnis wurden wir anfangs etwas belächelt. Aber es ist nun einmal so, dass wir uns sehr für die Geschicke unserer Vermittler interessieren und unsere Services und Vertriebsunterstützung deshalb auch stetig ausbauen. Wenn gewünscht, können wir auch bis in die Gestaltung des Betriebs der Vermittler hinein unterstützen. So ist für uns beispielsweise vorstellbar, dass wir die Betreuung eines Bestandes übernehmen, die Courtage aber beim Makler verbleibt. Das sind Ideen, die für unsere Geschäftspartner sicherlich sehr interessant sein dürften.

Bild: AssCompact Chefredakteurin Brigitte Horn und Horst-Ulrich Stolzenberg, Vorstand Vertrieb und Marketing der DOMCURA, beim Interview.

 

Leserkommentare

Comments

Gespeichert von Erwin Daffner … am 15. Februar 2022 - 09:07

"Wenn nun aber dort ein Wiederaufbau untersagt wird und das Haus an einer anderen Stelle errichtet werden soll, dann sind die Versicherer nur dazu verpflichtet, zum Zeitwert zu entschädigen."

Tatsächlich gilt:

"Ist die Wiederherstellung an der bisherigen Stelle rechtlich nicht möglich oder wirtschaftlich
nicht zu vertreten, genügt es, das Gebäude an anderer Stelle innerhalb der Bundesrepublik
Deutschland zu errichten." (Quelle: Musterbedingungen GDV).

Andere Konzepte regeln diesen Punkt sogar noch großzügiger.

"Linoleum ist ein ökologischer Bodenbelag, bestehend aus Leinöl, Korkmehl und Jute."

Und für dessen Ersatz zahlt die Domcura einen Zuschuss?