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9. März 2023
„Bausparen war nie out“

„Bausparen war nie out“

Im sich ändernden Zinsumfeld hat Bausparen wieder an Popularität gewonnen. Dabei geht es nicht nur um Neubau, sondern auch um Sanierung und Modernisierung. Welche Rolle Nachhaltigkeit spielt und wie staatliche Förderungen zu bewerten sind, erläutert Christian König, Hauptgeschäftsführer des Verbands der Privaten Bausparkassen, im Interview.

Herr König, infolge der gestiegenen Bauzinsen war im vergangenen Jahr vielfach von einer Renaissance des Bausparens die Rede. Ist Bausparen wieder in?

Bausparen war nie out. Durch die Zinswende war es aber auf einmal mega-in. Zinsabsicherung wurde zum Gebot der Stunde. Denn höhere Bauzinsen haben einen hohen Preis.

Geht das ein wenig konkreter?

Angenommen, Sie brauchen einen Kredit über 400.000 Euro und können monatlich 1.500 Euro für Zins und Tilgung zahlen. Vor der Zinswende hätte Ihre Restschuld nach 20 Jahren knapp ein Drittel betragen. Jetzt sind es über 80%. Bei Bausparkassen können Sie sich heute noch Bauzinsen zwischen 1,5 und 2,5% sichern; deutlich unter dem Markt. Das Ergebnis war eine Sonderkonjunktur mit einem Plus beim Bausparvolumen von über 40%.

Wer schließt heutzutage Bausparverträge ab? Eher Besitzer, die modernisieren oder sanieren wollen, oder auch junge Leute?

Sowohl als auch. Vor allem sind es diejenigen, die vielleicht erst in fünf, acht oder zehn Jahren bauen, kaufen oder modernisieren wollen oder dann umschulden müssen. Die sichern sich jetzt unsere niedrigen Bauzinsen. Das ist unser Alleinstellungsmerkmal. Kein anderes Finanzprodukt bietet Ihnen diese Chance. Aber auch junge Menschen greifen zu, um sich ein Finanzpolster aufzubauen. Jeder zehnte neue Bausparer ist unter 20, jeder vierte unter 30.

Verbraucherschützer kritisieren, dass beim Bausparen Zinssicherheit mit niedrigen Guthabenzinsen erkauft wird. Wie ist denn aktuell die Lage? Sind die Bausparkassen nun mit einer Erhöhung der Guthabenzinsen am Zug, um attraktiv zu bleiben?

Niedrigere Guthabenzinsen sind der Preis für niedrigere Darlehenszinsen. Die Tarifgestaltung liegt aber in der ausschließlichen Hoheit der einzelnen Institute, die in einem harten Wettbewerb miteinander und mit anderen Finanzierern stehen. Empfehlungen des Verbands verbieten sich hier.

Es hat einige Aufregung darum gegeben, dass Bausparkassen im Laufe der Niedrigzinsphase hochverzinste Verträge gekündigt haben. Wurde da nicht sehr viel Vertrauen verspielt?

Die negativen Schlagzeilen liegen sechs bis sieben Jahre zurück. Je nach Bausparkasse wurden damals zwischen 1 und 2% des Vertragsbestands gekündigt. Im Februar 2017 entschied der Bundesgerichtshof, unter welchen Bedingungen Kündigungen möglich sind. Damit kehrte wieder Ruhe ein und vor allem Rechts­sicherheit. Inzwischen werden aus den Altverträgen vermehrt Darlehen abgerufen.

Im Finanzierungsgeschäft dominieren jetzt Modernisierung und Sanierung – oder?

Ja. Branchenweit haben die Bausparkassen in den letzten Jahren jeweils rund 40 Mrd. Euro an Baugeldern ausgezahlt. Davon sind gut zwei Drittel in Modernisierungen und Sanierungen geflossen. Die CO2-Abgabe steigt in festgelegten Schritten. Energie bleibt damit teuer. Und die Politik sorgt mit ordnungsrechtlichen Sanierungs- bzw. Umrüstungspflichten für einen weiteren Treiber – national und EU-weit im Kontext der grünen Renovierungswelle. Wohneigentümer tun gut daran, rechtzeitig vorzusorgen, um notwendige Investitionen stemmen zu können.

Wie wichtig ist für Bausparkassen das Thema Nachhaltigkeit?

Energieeffizienz ist heute für den Werterhalt der Immobilie ein entscheidender Faktor. Die ersten Bausparkassen sind mit extra Klimaschutz-Tarifen auf dem Markt. Sie stellen ihren Kunden Energiespar-, Modernisierungs- und CO2-Rechner zur Verfügung. Sie bieten Kooperationen mit Energieberatern an und sind mit Handwerk und Herstellern vernetzt, die sich auf energetische Sanierung spezialisiert haben. Es geschieht schon eine ganze Menge.

Neben den gestiegenen Finanzierungszinsen sorgen Inflation und hohe Baukosten dafür, dass sich viele Menschen das Eigenheim schlichtweg nicht mehr leisten können und Wohneigentum zum Luxus wird. Handelt die Regierung hier schnell genug?

Wohneigentumsbildung ist der Wohnraumschaffer Nummer 1 in Deutschland. Nur wissen das noch viel zu wenige. Fakt ist: Allein die Zahl der jährlich neu gebauten Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern liegt deutlich über der von Mietwohnungen in neu gebauten Mehrfamilienhäusern. Eigentumswohnungen, die größtenteils vermietet werden, kommen hinzu. Wer in eigene vier Wände zieht, macht üblicherweise eine größere Mietwohnung frei. Wohneigentumspolitik ist damit auch Mieterpolitik. Unser größter Wunsch ist, dass die Politik dies stärker verinnerlicht und daraus Konsequenzen zieht.

Anfang Juni soll es eine neue Wohneigentums­förderung geben. Wie zufrieden sind Sie damit?

350 Mio. Euro werden für zinsgünstige KfW-Darlehen zur Verfügung gestellt. Nur für den Neubau. Und nur bei hohen Energiestandards. Das alles bei geringeren Einkommensgrenzen als beim Baukindergeld, bei dem 10 Mrd. Euro zur Verfügung gestellt wurden. Die Politik muss hier nachlegen. Vor allem durch stärkere, frühzeitige und zweckgerichtete staatliche Sparanreize. Mangelndes Eigenkapital ist heute nämlich das größte Hindernis beim Wohneigentumserwerb.

Wohn-Riester kann ab Januar 2024 auch für energetische Sanierungen eingesetzt werden.
Wie bewerten Sie diesen Schritt? Sie fordern ja schon seit geraumer Zeit eine grundlegende Reform.

Die Politik hat damit ein Zeichen gesetzt für den dauerhaften Substanzerhalt der Immobilie mit der Perspek­tive, im Alter nicht nur mietfrei zu leben, sondern auch mit überschaubaren Energiekosten. Statt „Wohn-Riester“ sagen wir aber lieber „Eigenheimrente“ in Form der ersparten Miete. So heißt es auch offiziell. Die muss einfacher und schlanker werden. Unsere Vorschläge dazu liegen auf dem Tisch. Fakt ist aber auch, dass viele Menschen nicht in der Lage sind, auf zwei Wegen gleichzeitig für ihr Alter vorzusorgen: mit einer Geldrente und einer Eigenheimrente. Die Eigenheimrente muss eine frei wählbare und gleichberechtigte Alternative zu einer wie auch immer gearteten Geldrente bleiben.

Sie haben kritisiert, dass die BaFin bei der Einführung des sektoralen Systemrisikopuffers für Wohn­immobilienkredite dem Risiko­profil der Bausparkassen nicht gerecht geworden ist …

Ja. Ein Großteil unseres Geschäfts fließt, wie erwähnt, in die Sanierung des Gebäudebestands. Die Gefahr einer Blasenbildung kann ich hier überhaupt nicht erkennen. Wir bauen darauf, dass die Aufsicht die Notwendigkeit dieser Entscheidung gerade auch vor dem Hintergrund des europäischen Wettbewerbs in regelmäßigen Abständen überprüft.

Was ist Ihre Prognose für den Wohnimmobilienmarkt?

Die mit der Inflation einhergehenden Realeinkommenseinbußen verunsichern derzeit viele Bau- und Kaufwillige. Die warten lieber die weitere Entwicklung ab. In einzelnen Regionen sind die Immobilienpreise leicht gesunken. Einen Absturz befürchten wir in dem für uns relevanten Marktsegment aber nicht. Der Neubau lahmt. Ein künftig noch knapperes Angebot trifft auf eine hohe und noch zunehmende Nachfrage. Auch aufgrund der Zuwanderung. 2022 ist die Bevölkerungszahl in Deutschland immerhin um über eine Million gestiegen. Die Marktlogik spricht eher für Kaufen als Mieten.

Und welche Erwartungen haben Sie für das laufende Jahr im Neugeschäft?

Zinsabsicherung bleibt ein zentrales Thema. Für 2023 rechnen wir deshalb mit einer Verstetigung unseres Neugeschäfts auf hohem Niveau.

Porträtfoto: Verband der Privaten Bausparkassen; Aufmacherbild: © Andrey Popov – stock.adobe.com