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4. März 2021
„Das aktuelle Kapitalmarktumfeld bietet eine Reihe von Chancen“

„Das aktuelle Kapitalmarktumfeld bietet eine Reihe von Chancen“

Dennis Lübcke leitet seit Juli 2020 den Vertrieb bei Goldman Sachs Asset Management (GSAM) in Deutschland und Österreich. Dort setzt er nicht nur auf Massenthemen, sondern auch auf ausgewählte Potenzialbereiche, in denen die Gesellschaft besondere Stärken hat.

Herr Lübcke, 2020 war aus vielen Gesichtspunkten ein herausforderndes Jahr. Wie blicken Sie allgemein auf 2021?

Zumindest das aktuelle Kapitalmarktumfeld bietet aus meiner Sicht eine Reihe von Chancen – sowohl auf der Aktien- wie auch auf der Renten- und Alternative-Seite.

Auf welche Bereiche legt GSAM in diesem Jahr die Produkt- und Vertriebsschwerpunkte?

Auf Produktseite ist der Bereich fundamentale Aktien stark. In den Bereichen Emerging-Markets-Aktien und ESG schlagen sich unsere Produkte im Marktwettbewerb gut. In den Datenbanken und Ratings stehen wir in diesen Segmenten recht weit vorne – und wir sehen auch mehr Zuflüsse in diese Assets. Bei Emerging Markets haben wir zudem auch einen der größeren Corporate-Bonds-Fonds am Markt, der 2020 gute Zuflüsse verbucht hat. Das dürfte sich hoffentlich auch in diesem Jahr so verhalten.

Aus welchem Grund?

Weil die Asset-Klasse weitere Potenziale bietet und zugleich bekannter wird. Im Anleihebereich gehen Investoren oft erst in die Staatsanleihen einer Region, bevor sie deren Unternehmensanleihen für sich entdecken. Angesichts der niedrigen Renditen vonUS- und Euro-Anleihen gewinnen auch Unternehmensanleihen aus den Emerging Markets als mögliche Alternative zunehmend an Relevanz. Ähnliches gilt für den Bereich Global Fixed Income.

Gibt es weitere Fokussierungen?

Auch in Nischenthemen wie beispielsweise Japan-Aktien haben wir produktseitig gutes Alpha generiert und die lokale Benchmark zum Teil um 15 Prozentpunkte outperformed. Es gibt also viele verschiedene Themen und Bereiche, in denen wir auf der Produktseite gut aufgestellt sind.

Wollen Sie sich unter anderem mit solchen Spezialthemen vom Markt bzw. der Konkurrenz absetzen, wo mittlerweile zum Teil fast ausschließlich auf das Thema Multi Asset gesetzt wird?

Natürlich fließt derzeit ein sehr großer Teil der Zuflüsse in Multi-Asset-Anlagen. Auch wir haben Produkte in diesem Bereich, die eine starke Perfomance aufweisen. Man muss aber immer schauen, dass man nicht einfach nur der nächste Me-too-Anbieter von etwas momentan Gefragtem ist. Das gilt für Multi Asset genauso wie zum Beispiel auch für ETFs. Unternehmen brauchen Alleinstellungsmerkmale, und wir müssen diese klar kommunizieren. Multi Asset ist für uns ein wichtiges Thema – aber nicht ausschließlich, so wie bei manchem Wettbewerber. Wenn jemand nach starken Produkten in den Bereichen Fixed Income oder Equities sucht, wird er genauso auf uns stoßen.

Im ETF-Bereich setzen Sie zum Beispiel auf einen Active-Beta-­Ansatz. Was bedeutet das?

Wir haben uns überlegt, wie man innovativ und intelligent einen Mehrwert zu bisherigen Produkten liefern kann. Das Ergebnis sind Active-Beta-ETFs, zum Beispiel für große US-Aktien und für Aktien aus Emerging Markets, die wir seit 2019 auch deutschen Anlegern anbieten. Die Fonds verfolgen eine performanceorientierte Methode, die darauf ausgerichtet ist, Aktien anhand von vier bewährten Faktoren zu kaufen: guter Wert, starkes Momentum, hohe Qualität und niedrige Volatilität. Sie bilden also nicht nur einen großen Index so gut wie möglich nach, sondern sollen mit strategischem Mehrwert die Leitindizes schlagen.

Gibt es noch weitere Bereiche, die GSAM mit ETF-Produkten abdeckt?

Daneben haben wir im Wachstumsmarkt China als einer der ersten Anbieter auch noch einen ETF für festverzinsliche Staatsanleihen aufgelegt, die auf dem chinesischen Festland ausgegeben werden und auf den chinesischen Yuan lauten. Der ETF hat bereits ein Volumen im dreistelligen Millionen­bereich. Wichtig ist übergreifend, dass die Kosten der ETFs trotz eines teils aktiven bzw. speziellen Ansatzes niedrig bleiben. Die Gesamtkostenquoten liegen daher zwischen 0,14 und 0,49%.

Ebenfalls im Trend liegen Alternatives. Spüren Sie das bei GSAM auch?

Wir sind über alle Distributionskanäle und Asset-Klassen hinweg einer der größten Alternatives-Anbieter. Weltweit gehören wir zu den Top Vier in diesem Bereich. Wir haben als eine der wenigen Banken auch auf unserer Bilanz in Alternatives investiert. In der Tat haben auch wir zuletzt eine hohe Nachfrage in diesem Bereich gesehen, speziell bei institutionellen Investoren. Alternative Investing ist ein wichtiger Wachstumsparameter für Goldman Sachs, in dem wir zukünftig noch breiter präsent sein und auf die Besonderheiten der einzelnen Untermärkte eingehen wollen. Wir arbeiten zudem intensiv daran, das Thema auch über den institutionellen Bereich hinaus zu etablieren.

Wo sehen Sie generell die größten Unterschiede zwischen institutionellen und privaten Anlegern?

Was sich ähnelt, ist die starke Nachfrage nach Aktien. In der Vergangenheit waren institutionelle Anleger stark im Rentenbereich aktiv. Aktuell ziehen sie auf der Aktienseite aber kräftig nach. Auf der privaten Seite geht die Nachfrage derzeit stärker in Richtung Themenfonds.

Welche Rollen spielen professionelle Vermittler für den Vertrieb von GSAM-Produkten an die Gruppe der privaten Anleger?

Das ist ein sehr wichtiges Segment für Goldman Sachs. Wir sind sehr am Dialog mit Vermittlern interessiert und wollen auch personell weiter wachsen, um unsere Klientelnachfrage bestmöglich zu betreuen.

2020 hat sich die Kommunikation zwischen Gesellschaften und Vermittlern zum Teil stark geändert. Digitale Kommunikation hat sich insbesondere aufgrund der Corona-Pandemie etabliert. Dürfte das auch einen nachhaltigen Effekt haben?

Das ist eine gute Frage. Der digitale Informationsweg schafft sicherlich mehr Effizienzen. Er ermöglicht es gerade in schwierigen Marktphasen, Vermittler und ihre Kunden mit Informationen zu versorgen, um Orientierung zu geben. Wie nachhaltig die Veränderungen sind, ist schwer konkret vorherzusagen.

Einiges dürfte aber erhalten bleiben. In der Vergangenheit war zum Beispiel kaum jemand zu Hause oder im Büro per Videokonferenzsystem erreichbar. Das hat sich geändert, sodass eine Reihe von Konferenzen und Meetings durch Videokonferenzen ersetzt wird. Die technischen Möglichkeiten dafür sind mittlerweile zweifellos vorhanden.

Digitale Kommunikation hat definitiv Fahrt aufgenommen. Stößt sie in manchen Bereichen allerdings nicht auch an ihre Grenzen?

Ja. Bestehende Beziehungen lassen sich zum Beispiel zwar auch digital pflegen. Wenn man sich zwei, drei Jahre kennt, kann man auch ganz gut digital kommunizieren. Wenn man sich allerdings noch nicht kennt, ist es dagegen schwieriger. Da ist ein persönlicher Kontakt doch etwas ganz anderes. Für den Aufbau von persönlichen Beziehungen sind klassische Kontaktwege unerlässlich. Und vor allem langfristig ist es wichtig, ein persönliches Netzwerk aufzubauen, denn das kann gerade in schwierigen Phasen hilfreich sein. Das gilt für Vermittler genauso wie für Asset-Manager.

Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 02/2021, Seite 54 f. und in unserem ePaper.

Bild: © Eisenhans– stock.adobe.com

 
Ein Interview mit
Dennis Lübcke