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15. April 2023
„Der Maklermarkt war damals hungrig und voller Tatendrang“

„Der Maklermarkt war damals hungrig und voller Tatendrang“

AssCompact feiert die 25 und fragt anlässlich des Jubiläums bei Branchenvertretern nach, die AssCompact schon lange begleiten oder auch erst neu für sich entdecken. Diesmal ist das Hermann Hübner, Vorstandsvorsitzender der VEMA eG.

Interview mit Hermann Hübner, Vorstandsvorsitzender der VEMA eG
Herr Hübner, AssCompact feiert die 25, die VEMA hat dieses Jubiläum gerade hinter sich gelassen. Wie kam es eigentlich zur Gründung der VEMA?

Damals im VMV Verband Mittelständischer Versicherungsmakler – heute fusioniert in den BDVM – keimte die Idee, die Kräfte der etwa 450 Mitglieder nicht nur berufsständisch, sondern auch wirtschaftlich zu bündeln. Der Start waren gemeinsam entwickelte Deckungskonzepte, welche für die Kunden besseren Versicherungsschutz bieten als die Standardprodukte und die eigene Wettbewerbsposition stärkten. Auf der Seite der Versicherungsnehmer zu stehen, ist die DNA der VEMA-Mitglieder. Schon bald folgte die erste Abwicklungsplattform. Der Begriff „Einkaufsgemeinschaft“ trifft sehr gut, was man sich vorstellte – und umsetzte.

Wie würden Sie den Maklermarkt damals beschreiben?

Der war damals hungrig und voller Tatendrang. Die Regulierung des Versicherungsmarkts war 1994, also nur wenige Jahren zuvor, gefallen. Nun konnte man als Versicherungsmakler theoretisch eigene Vertragsbedingungen mit den Versicherern für seine Kunden verhandeln. Theoretisch deshalb, weil mittelständische Versicherungsmakler alleine nicht das Geschäftsvolumen hatten, damit Versicherer individuelle Vertragsbedingungen akzeptierten. Es war eine wichtige und interessante Zeit, in der sich der Versicherungsmakler als Alternative zum Vertreter bei KMU und im gehobenen Privatkundenbereich immer mehr positionieren konnte.

Und mit Blick auf die Versichererseite?

Die war noch nicht wirklich digitalisiert. Manche Policen kamen sogar noch aus den Schreibzimmern. Viel lief über persönliche Beziehungen. Man kannte und schätzte sich. Der Risikoappetit war viel ausgeprägter als heute. Manchmal sehnt man sich nach „den guten alten Zeiten“. Aber vielleicht hat man das Schlechte auch verdrängt.

Die Versicherer agierten in der Regel sehr vorsichtig bei Leistungserweiterungen – ging es in der Vergangenheit doch immer nur um die Prämie, da die Bedingungen weitestgehend genormt waren.

Wollte ein Makler ein eigenes Deckungskonzept umsetzen, war es stark von der Person abhängig, mit der er verhandelte. Manche waren offen, andere nicht. Auch hier half die Genossenschaft, da die Nutzung eines Konzepts durch mehrere hundert Maklerbetriebe einfach größere Stückzahlen versprach als die eines einzelnen Versicherungsmaklers. Eventuell sah uns der ein oder andere Versicherer ein Stück weit auch als Versuchsballon, um zu sehen, ob so etwas geht und wie sich das entwickeln kann. Mit den meisten Versicherern von damals kooperieren wir bis heute erfolgreich.

Mit Blick auf das Heute sehen wir, dass Maklerbetriebe sich immer mehr Unterstützung suchen. Bei Pools, Dienstleistern, Maklerverbünden oder einer Genossenschaft wie der VEMA. Wie geht diese Entwicklung weiter?

Diese Entwicklung wird weiter anhalten. Die Geschäftsanteile, die über Intermediäre vermittelt werden, steigen weiter. Allein aus betriebswirtschaftlichen Gründen ist es ratsam, wenn nicht jeder Versicherungsmakler das Rad für sich immer wieder neu erfindet. Dass man nicht einfach weitermachen kann, wie man es vor zwanzig Jahren getan hat, zeigt sich an allen Stellen. Rechtliche Regularien fordern Zeit und Einsatz – da ist ein kompetenter Ansprechpartner mit konkreten Umsetzungsmöglichkeiten willkommen.

Kunden möchten sich heute vor dem Erstkontakt gerne selbst über ein Thema informieren. Da sind zum Beispiel zentral gesteuerte, aber dennoch individuelle Landingpages eine willkommene Unterstützung.

Unsere Mitglieder schätzen die herausragende fachliche und digitale Kompetenz der VEMA, welche den Arbeitsalltag entlastet und Freiräume für Neukundenakquise und Beratung schafft.

Und dann haben wir noch das wichtige Thema Weiterbildung mit unserer Akademie besetzt – ohne die kein Versicherungsmakler mehr bestehen kann.

Es sind so viele Bereiche, die ein Versicherungsmaklerbetrieb alleine nicht stemmen kann. Sich hier Partner zu holen, ist ein logischer Schritt.

Im Wettbewerb mit anderen Intermediären punkten wir außer mit der gesamtheitlichen Dienstleistung insbesondere durch unsere genossenschaftliche Basis. Über 4.300 VEMA-Partner mit 28.000 Anwendern nutzen unser Angebot. Die Weiterempfehlungsbereitschaft liegt bei 97%. Das spricht für sich.

Hätten Sie sich mal vorstellen können, dass Makler und Pools solch interessante Assets für Private-Equity-Investoren werden können?

Ja. Es ist eher verwunderlich, dass es so lange gedauert hat, bis man diese Investmentmöglichkeit entdeckte und sich vorher auf InsurTechs konzentrierte. Bei Letzteren zeigte sich, dass nur mit Visionen und der Aussicht auf den Riesenerfolg in unserer Branche regelmäßig kein Geld zu verdienen ist. Das Gleiche kann den Private-Equity-­Investoren aber auch im Versicherungsmaklermarkt passieren, denn Kundenverbindungen und Kundenberater sind ein „flüchtiges Gut“. Wer die Besonderheiten des Maklermarktes als Investor nicht kennt, wird sehr schnell Abschreibungen auf seine Assets vornehmen müssen. Ich gehe davon aus, dass mindestens 70% der Private-Equity-Investoren ihr Investment in die Branche noch bereuen werden. Die verstehen nicht, wie der Maklermarkt funktioniert.

Unsere Gründungsmitglieder haben sehr bewusst die Rechtsform der Genossenschaft gewählt, damit die Mitglieder nicht eines Tages vom Wohlwollen der Finanzinvestoren abhängig sind.

Digitalisierung, Demografie, Nachhaltigkeit und Regulierung sind die übergreifenden Themen in der Branche. Welche Treiber werden entscheidend sein?

Hier kann man sich nicht wirklich auf einen Aspekt festlegen. Alles ist wichtig und greift ineinander. Wer das bedenkt und sich gut aufstellt, wird weiter Erfolg haben. Wir unterstützen unsere Kollegen dabei mit voller Kraft.

Dann doch noch einmal der Vergleich zu früher: Fallen Ihnen relativ spontan weitere zwei oder drei Aspekte ein, die heute in der Finanz- und Versicherungsvermittlung ganz anders sind als vor einem Vierteljahrhundert?

Früher fand Beratung nur innerhalb eines überschaubaren Zirkelschlags um den Sitz eines Maklers statt. Man traf sich zum persönlichen Gespräch. Heute können die Kollegen dank Onlineberatung bundesweit aktiv sein. Das schafft sehr viel mehr Chancen als früher.

Man wird heute kaum noch auf einen Kunden treffen, der sich nicht zumindest ein wenig mit Eigenrecherche auf das Gesprächsthema vorbereitet hat. Das führt zu „besseren Fragen“ und mehr Verständnis für den Zweck einer Versicherungslösung.

Was stimmt Sie über die genannten Themen hinaus pessimistisch und was optimistisch?

Pessimistisch stimmt mich gar nichts. Optimistisch – da weiß ich gar nicht wo ich anfangen soll. Mein „Traumberuf Versicherungsmakler“ – lassen Sie uns dazu gerne ein separates Interview führen.

Und wenn wir Sie zum Abschluss noch zum 25-jährigen Bestehen von AssCompact befragen würden, wäre Ihre Antwort?

Die AssCompact steht für ein Vierteljahrhundert fundierten Branchenjournalismus und zählt zur täglichen Pflichtlektüre vieler unserer Mitglieder und Mitarbeiter. Danke dafür und „Weiter so!“

Zur Person

Hermann Hübner ist Vorstandsvorsitzender der VEMA eG. Sein eigenes Maklerbüro im oberfränkischen Heinersreuth berät Privat- und Gewerbekunden.

Die Maklergenossenschaft hat ihren Hauptsitz ebenfalls in Heinersreuth; die VEMA-Akademie ist in Karlsruhe beheimatet. AssCompact begleitet Hermann Hübner von Anfang an – und umgekehrt.

Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 04/2023, S. 48 f., und in unserem ePaper.

Bild: © Hermann Hübner, VEMA

 
Ein Interview mit
Hermann Hübner