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28. Oktober 2025
„Gute Beratung übersetzt Produktlogik in Lebensrealität“
„Gute Beratung übersetzt Produktlogik in Lebensrealität“

„Gute Beratung übersetzt Produktlogik in Lebensrealität“

Seit drei Jahrzehnten begleitet Franke und Bornberg die Entwicklung der BU. Im AssCompact Interview im Rahmen der DKM 2025 erklärt Geschäftsführer Michael Franke warum sachlich fundierte Beratung heute wichtiger ist denn je – und warum die DKM für ihn ein einzigartiger Ort des direkten Austauschs ist.

Interview mit Michael Franke, geschäftsführender Gesellschafter von Franke und Bornberg
Herr Franke, Franke und Bornberg begleitet die DKM schon seit Langem. Was macht die Messe so besonders?

Die DKM ist der jährliche „Marktplatz der Praxis“ – dicht, direkt, ungefiltert. Hier treffen Entscheider, Makler und Produktverantwortliche auf engem Raum zusammen. Wir bekommen aus erster Hand Feedback zu unseren Ratings und geben im Gegenzug Transparenz in Methodik und Markttrends. Diese Dialogdichte macht die DKM aus.

Wie profitieren Makler von der Präsenz von Franke und Bornberg auf der DKM?

Unser Schwerpunkt auf der DKM ist Wissenstransfer. Ein Fokus liegt dabei auf dem Beratungsalltag zum Thema Arbeitskraftabsicherung (AKS). Über den AKS-Kongress bringen wir Produktwissen, Leistungs- und Prozesskenntnis sowie rechtliche Updates zusammen – kompakt, anwendungsnah und neutral.

Im Jahr 1995 haben Sie das erste Produktrating für die Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) veröffentlicht, Sie begleiten also die Entwicklung der BU bereits seit 30 Jahren. Was sind die größten tariflichen Änderungen, die Sie in den letzten drei Jahrzehnten erlebt haben?

Zu Beginn ging es beispielsweise um Meldefristen, rückwirkende Leistungen, Prognosezeiträume und vor allem um die Definition des versicherten Berufs und die Umorganisation bei Selbstständigen. Auch der Geltungsbereich war regelmäßig beschränkt und es gab individuelle Preisanpassungs- oder Bedingungsänderungsklauseln.

Der grundsätzliche Verzicht auf abstrakte Verweisung war um die Jahrtausendwende der erste kritische Schritt der Versicherer, bei dem die Balance zwischen berechtigten Kundeninteressen und Stabilität des Kollektivs betroffen ist. Aus demselben Grund sind die generelle Streichung von Meldefristen und unbefristete rückwirkende Leistungen unter dem Blickwinkel Stabilität kritisch zu sehen.

Danach kamen der Ausbau der Nachversicherungsgarantien und spezielle Regelungen für Hausfrauen/Hausmänner, Schüler, Azubis und Studenten, Einmalleistungen und Wiedereingliederungshilfen, Infektionsklauseln, die ABC-Klausel, Startertarife, Berufsgruppen und Scoringmodelle bei der Tarifierung. In den letzten zehn Jahren prägen vor allem die AU-Leistung (Arbeitsunfähigkeit), verbesserte Teilzeit- und Tätigkeitsklauseln, die Zunahme an Dienstunfähigkeitsklauseln sowie mehr Transparenz in Leistungsprozessen das Bild. Diese Aufzählung macht deutlich, dass die BU leistungsfähiger, aber auch deutlich komplexer geworden ist.

Welche Produktinnovationen oder Tarifbausteine sind derzeit besonders gefragt? Und welche halten Sie für eher marketinggetrieben?

Der Leistungswettbewerb ist überwiegend ausgekämpft. Deshalb kommen auch wenig sinnvolle Leistungsmerkmale in die Diskussion, wie der Verzicht auf konkrete Verweisung oder der Verzicht auf die Prüfung der Umorganisation von Betrieben bei Selbstständigen. Versicherte können in diesen Fällen trotz anerkannter Berufsunfähigkeit ein genauso hohes Einkommen wie vor einer Erkrankung erzielen und dennoch die volle Rente erhalten. Das ist kein Versicherungsschutz im eigentlichen Sinne mehr und schafft Begehrlichkeiten, die das Kollektiv belasten können. Wichtig ist daher nicht der Verzicht auf bestimmte Regelungen, sondern dass die Grundlagen für Anerkennung oder Anlehnung klar definiert sind. Der harte Preiswettbewerb bei gleichzeitig vorhandener hoher Produktqualität hat sowohl die Regulierungspraxis als auch die Stabilität von Kalkulation und Anbietern in den Fokus der Versicherer-Auswahl gerückt.

Die Verbreitung der Arbeitskraftabsicherung ist immer noch auf relativ niedrigem Niveau, trotzdem stagniert der Markt stagniert aktuell. Kann die betriebliche Arbeitskraftabsicherung (bAKS) als Türöffner genutzt werden, auch für Vermittler?

Der Markt stagniert in absoluten Zahlen zwar nicht, aber prozentual zu der Entwicklung der Anzahl der Erwerbstätigen fällt er zurück. Auch was das Verhältnis Einkommen zu versicherter Rente angeht. Die bAKS kann einen wichtigen Beitrag leisten, denn sie schafft neben Vertrauen auch niedrigere Einstiegshürden, wie vereinfachte Gesundheitsprüfung, Kollektivkonditionen und idealerweise Zuschüsse des Arbeitgebers. Für Vermittler ist die bAKS ein effizienter Zugang zu Belegschaften mit hohem Multiplikator, inklusive Cross- und Upselling in private Lösungen.

Welche anderen sinnvollen Optionen gibt es für Versicherte? Die Grundfähigkeitsversicherung wird ja öfter mal als Alternative zur BU ausgewiesen, aber Ihr Haus betont immer wieder, dass dies nicht der Fall ist…

Die Grundfähigkeitsversicherung (GF) ist ein sinnvolles Produkt, aber keine direkte BU-Alternative, sondern eine Form der mittelbaren Absicherung der Arbeitskraft mit einer anderen Logik. Die GF versichert den Verlust exakt definierter Fähigkeiten. Wenn diese Fähigkeiten das Berufsbild prägen, dann entsteht durch diese Absicherung ein Zusammenhang mit der Arbeitskraft. Vielfach scheitert es an einer sinnvollen Absicherung durch eine BU, weil der Preis zu hoch liegt oder es bereits Befassungen mit psychischen Belastungen der zu versichernden Personen gab. Bei passendem Berufsbild und versperrtem Zugang zur BU, ist es fast schon eine Pflicht, die GF mit Kunden zu besprechen. Genauso sollte aber auch die Erwerbsunfähigkeitsversicherung (EU) fester Bestandteil des Lösungsangebots sein. Die EU hat dasselbe Konstrukt, wie die BU. Nur ist nicht die Fähigkeit versichert, den eigenen Beruf, sondern jegliche berufliche Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes für mindestens drei Stunden nicht mehr ausüben zu können. Dass diese Schwelle regelmäßig erreicht wird, zeigt schon die beeindruckende Zahl von 1,75 Millionen laufenden EU/EMI-Renten der gesetzlichen Rentenversicherung, die einen vergleichbaren Leistungsbegriff hat. Die EU erst gar nicht anzubieten ist nach unserer Auffassung der größte Fehler der Branche im Bereich der Arbeitskraftabsicherung. Sachlich ist diese Auslassung nicht zu begründen.

Welche Rolle spielt hier die richtige Beratung?

Eine zentrale. Gute Beratung übersetzt Produktlogik in Lebensrealität: Tätigkeitsanalyse, realistische Leistungsziele, saubere Gesundheitsangaben, das Aufzeigen der möglichen Produktlösungen und klare Priorisierung zwischen Beitrag und Leistung. Wichtig sind Erwartungsmanagement und Dokumentation – beides reduziert spätere Enttäuschungen und Streit. Derzeit ist Beratung oft noch zu emotional und zu wenig wissenschaftlich geprägt. (...) Ganz grundsätzlich muss die Ausbildung für Vermittler zum Experten in der Arbeitskraftabsicherung neu gestaltet werden. Derzeit definieren sich Experten vor allem durch Bedingungsauslegungen. Das ist aber nur ein kleiner Teil der Aufgabe. Es fehlt ein wissenschaftlich basierter Beratungsansatz, der den Produktlösungsbaukasten sachlich einbezieht. Auch Kenntnisse über Sozialsysteme und deren Wirkung im Leistungsfall fehlen durchweg. Im Ergebnis der aktuellen Vermittlungspraxis stehen sich im Jahr 2024 folgende Zahlen gegenüber: 12,5 Millionen Erwerbstätige unter 35 Jahren zu 188.000 zusätzlichen Versicherten mit oft viel zu niedrig abgesicherten Renten. Diese Zahlen machen den Qualifizierungsbedarf deutlich.