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17. August 2022
„Schnell, sachkundig, kostenfrei für die Verbraucher“

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„Schnell, sachkundig, kostenfrei für die Verbraucher“

Im Falle einer Streitigkeit in Versicherungsangelegenheiten: Wie wird der Verbraucher denn überhaupt auf die Schlichtungsstelle aufmerksam?

Die Unternehmen und auch die Vermittler sind gesetzlich gehalten, in ihren Produktinformationen und Geschäftsbedingungen auf eine Verbraucherschlichtungsstelle und deren Kontaktdaten hinzuweisen. Diese gesetzliche Pflicht besteht auch, wenn es konkret zu einem Konflikt kommt. Für die Vermittler und die Versicherer ist es aber ratsam, das Instrument der Schlichtung proaktiv zu nutzen. Kommt es also zu Meinungsverschiedenheiten, kann dem Kunden aktiv der Vorschlag gemacht werden, den Versicherungsombudsmann als neutrale, unabhängige Stelle um seine Einschätzung zu bitten. Das kann auch der Erhaltung oder Wiederherstellung der Kundenzufriedenheit dienen. So lässt sich die Chance nutzen, die das Schlichtungsverfahren auch für die Vermittler und Unternehmen birgt.

Wie läuft ein Schlichtungsverfahren beim Ombudsmann für Versicherungen für gewöhnlich ab und wo liegen die Grenzen der Schlichtung?

Nachdem der Schlichtungsantrag auf einem der Kommunikationskanäle gestellt ist, bittet unser Servicecenter die Beschwerdeparteien darum, die Unterlagen einzureichen, die für die Beurteilung der Angelegenheit erforderlich sind. Liegen diese vor und hat auch der Versicherer oder der Vermittler Stellung genommen, prüft unsere juristische Abteilung die Sache. Je nach Ergebnis wird der Beschwerdegegner um Abhilfe gebeten, es wird ein Vergleich vorgeschlagen oder dem Beschwerdeführer wird in verständlicher Weise erläutert, weshalb das von ihm beanstandete Verhalten des Unternehmens oder des Vermittlers rechtlich in Ordnung ist. Es gibt allerdings auch Fallgestaltungen, die sich nicht für das vereinfachte und allein auf Grundlage der vorliegenden Unterlagen geführte Ombudsmannverfahren eignen. Wir vernehmen keine Zeugen und holen keine neuen Sachverständigengutachten ein. Auch komplexe, nur mit großem Aufwand zu klärende Sachverhalte oder Rechtsfragen eignen sich nicht für eine Entscheidung im Ombudsmannverfahren; ebenso wenig ungeklärte grundsätzlich bedeutsame Rechtsfragen. Diese Konflikte sind den staatlichen Gerichten vorzubehalten. Abgesehen von dem Aufwand, den die Verbraucherstreitschlichtung in der Kürze des zur Verfügung stehenden Zeitrahmens von grundsätzlich 90 Tagen nicht leisten kann, ist das auch mit Rücksicht darauf so, dass bei einer den Versicherer bindenden Entscheidung diesem der Weg zu den Gerichten – mit seinen erweiterten Beweisführungsmöglichkeiten – versperrt wäre. Aber auch in diesen Fällen können wir den Beteiligten einen Schlichtungsvorschlag unterbreiten, der die Risiken eines etwaigen Prozesses miteinbezieht und für eine schnelle, aber dennoch interessengerechte Konfliktlösung auf Augenhöhe wirbt.

Laut Jahresbericht 2021 betrug die Zahl zulässiger Beschwerden rund 14.000. Wie viele davon gingen denn überhaupt zugunsten des Verbrauchers aus und warum sind etwa 4.000 Beschwerden von vornherein unzulässig?

Die Erfolgsquote liegt bei den zulässigen Beschwerden gegen Versicherer in der Lebensversicherung im Durchschnitt bei 29%, in den anderen Sparten bei etwa 45%. Unter Erfolg verstehen wir ein Ergebnis, das den Beschwerdeführer seinem Ziel wirtschaftlich näher bringt. Dazu gehören also neben Entscheidungen zugunsten des Beschwerdeführers auch Teilabhilfen oder ein Vergleich. Bei den Beschwerden gegen Vermittler, die nach einer eigenen Verfahrensordnung geführt werden, haben wir bei den zulässigen Beschwerden eine Erfolgsquote, die in den letzten Jahren zwischen 17% und 30% schwankt.

Unzulässig sind Beschwerden, wenn etwa zuvor der Anspruch noch nicht beim Versicherer geltend gemacht worden ist, wenn es kein eigener Anspruch aus einem Versicherungsvertrag gegen den Vertragspartner ist oder wenn es die private Kranken- oder Pflegeversicherung betrifft, die bekanntlich eine eigene Schlichtungsstelle hat. Auch in solchen Fällen können unsere Entscheidungen für die Kunden aber hilfreich sein, weil sie Hinweise für ihr weiteres Vorgehen erhalten.

Inwiefern kann der Ombudsmann denn bei den Versicherern Einfluss geltend machen, das Dickicht an Versicherungsbedingungen möglichst verbraucherfreundlich zu gestalten?

Der Einfluss auf die Fassung der Bedingungen kann nur ein mittelbarer sein. Wenn wir bei der Prüfung zu dem Ergebnis kommen, dass einzelne Klauseln unklar sind, dann geht das bei ihrer Auslegung bekanntlich nach der Regelung im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) zulasten des Verwenders. Bestehen Zweifel, ob einzelne Bedingungen den Verbraucher unangemessen benachteiligen und deshalb möglicherweise unwirksam sind, dann bleibt eine solche Entscheidung zwar als rechtsgrundsätzlich den staatlichen Gerichten vorbehalten. Wir können das nicht aussprechen, sondern nur darauf hinweisen und einen Schlichtungsvorschlag unterbreiten. Es ist dann Sache des Versicherers, daraus etwaige Konsequenzen zu ziehen und die Bedingungen anders zu fassen.

 
Ein Interview mit
Dr. h. c. Wilhelm Schluckebier