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16. Oktober 2020
„Unsere Switch-Tarife wurden für Makler konzipiert“

„Unsere Switch-Tarife wurden für Makler konzipiert“

Vor einem Jahr hat ONE eine Kfz-Versicherung speziell für den Maklervertrieb gestartet. Mit Wechseltarifen will das InsurTech Umdeckungen einfacher machen. Warum ONE auf den Maklervertrieb setzt und wann die ersten Lebensversicherungsprodukte folgen, verrät Sam Love, Chief Produkt Officer von ONE Insurance, im Interview.

Frau Love, vor etwa einem Jahr hat ONE ihre Kfz-Versicherung speziell für den Maklervertrieb auf den Markt gebracht. Sie waren für den Launch verantwortlich. Was waren die größten Herausforderungen und wie fällt die Bilanz nach einem Jahr aus?

Unsere Kfz-Versicherung wurde innerhalb von nur drei Monaten gelauncht. Mir war gar nicht bewusst, wie außergewöhnlich das für die Branche sein wird. Und ehrlich gesagt, hätten wir zu diesem Zeitpunkt gewusst, wie viel Arbeit dahinter steckt, hätten wir vermutlich gar nicht erst diesen waghalsigen Versuch gestartet. Denn die Markteinführung fiel unserer strategischen Entscheidung zusammen, ONE zum digitalen Maklerversicherer umzuwandeln. Unser Team stand also vor der Aufgabe, das wohl komplexeste P&C-Produkt zu entwerfen und auf den Markt zu bringen – parallel zu den ambitionierten Plänen, ein Maklerportal aufzubauen und maklerorientierte Tarife zu erstellen. Man kann mit Fug und Recht sagen, dass wir auf dem Weg dorthin einige Herausforderungen zu meistern hatten. Da das gesamte ONE-Team allerdings aktiv auf ein gemeinsames Ziel hin arbeitete, konnten wir den Launch in so kurzer Zeit schaffen.

Mit Switch-Tarifen wollen Sie Bestandsumdeckungen einfacher machen. Wie sieht das genau aus? Welche (weiteren) Vorteile ergeben sich bei den Wechseltarifen für Makler?

Die Switch-Tarife wurden für Makler konzipiert. Den eigentlichen Vorteil spüren also die Kunden. Es ist ein einfaches Produkt, dem sie schnell zustimmen werden. Mit den Switch-Produkten können ONE-Makler ihren Kunden einen Rabatt von 5% auf die aktuelle Prämie anbieten, bei gleichbleibendem oder besserem Versicherungsschutz. Alternativ können Kunden ganz ohne Mehrleistung zu einem „grünen“ Versicherungsprodukt wechseln und damit nachhaltige Kapitalanlagen und Projekte unterstützen.

Die Wechseltarife sollen Makler unterstützen, schnellere Abschlüsse zu erzielen. Dafür haben wir beispielsweise den Antragsprozess drastisch gekürzt. Um schnell und unkompliziert passende Angebote unterbreiten zu können, haben wir die Anzahl der Fragen auf ein Minimum reduziert. Alles, was der Kunde tun muss, ist eine aktuelle Rechnung und einige andere Informationen bereitzustellen. Mit einer optischen Zeichenerkennung (OCR) erledigen wir dann den Rest. Für die nächste Kfz-Wechselsaison werden wir weitere Möglichkeiten prüfen, wie wir diesen Prozess für Makler und Kunden noch einfacher machen können.

Wie wird das Angebot denn unter Maklern angenommen? Spielt dabei auch das wefox-Angebot aus Ihrer Gruppe eine Rolle?

Die Reaktion der Makler war überwältigend. Schon Monate vor der Lancierung unseres Maklerangebots und unseres Kfz-Produkts gab positives Feedback. Innerhalb des Teams waren wir uns eigentlich schon sicher, dass sich die Strategie auszahlen würde. Aber dass wir es wirklich geschafft haben, wussten wir erst, als die ersten Umsätze sichtbar wurden. Besonders erfreulich daran ist, dass ein hoher Prozentsatz der Makler auch außerhalb der Wechselsaison aktiv ist. Wir arbeiten seit dem Launch stetig daran, unser Maklerangebot in Deutschland zu erweitern. Mit den Switch-Versionen unserer Haushalts- und Haftpflichtprodukte wollen wir es Maklern ermöglichen, eine noch breitere Kundenbasis anzusprechen. Die Kommunikation mit den Maklern bleibt dabei vollständig digital. Unsere Schwester wefox vertreibt als digitaler Makler unsere Produkte und erhält die gleichen Konditionen wie alle anderen Makler. Wefox genießt die komplett digitale Abwicklung und kann deren Vorteile perfekt nutzen. Aber die eigentliche Nutzung der ONE-Produkte hängt nicht an den wefox-Angeboten.

Die Wechseltarife haben Sie auch in einer ökologisch-nachhaltigen Variante im Angebot.
Worin besteht konkret der Unterschied und wie ist die Resonanz auf diese Produkte?

Die „grün versichert“-Variante, in der jeder unserer Tarife erhältlich ist, bietet Kunden und Maklern drei Vorteile: Die Kapitalanlagen, die aus den „grün versichert“-Tarifen resultiert, wird ausschließlich in nachhaltige Fonds und bei nachhaltigen Banken angelegt. Darüber wacht die Firma „grün versichert“. Für jeden verkauften Tarif wird der Regenwald aufgeforstet und neue Bäume gepflanzt. Dies erfolgt über die Stiftung WeForest, der auch viele andere Unternehmen wie Barclays Bank, Deloitte, Esprit, Nike oder Marriott Hotels. Zuletzt belohnen wir umweltfreundliche Schadenbearbeitung, indem wir die Mehrkosten tragen. Das gilt zum Beispiel, wenn Kunden kaputte Geräte durch umweltfreundliche Geräte ersetzen oder Renovierungsarbeiten mit umweltfreundlichen Materialien ausführen lassen. Die Mehrkosten auf Kundenseite betragen hier maximal 5% gegenüber den klassischen Tarifen.

Im Gegensatz zu manch anderem InsurTech setzen Sie bewusst auf den Maklervertrieb. Halten Sie auch künftig an dieser Strategie fest?

Definitiv. Wir wollen den Versicherungsprozess für Kunden so einfach wie möglich gestalten. Eine fachliche Beratung durch einen Makler ist dabei unabdingbar. Anstatt wie andere InsurTechs zu versuchen, diese Dynamik krampfhaft zu verändern, arbeiten wir mit den Maklern zusammen. Wir wollen den Kunden, neben der persönlichen Beratung, den Vorteil digitaler Produkte bieten. Alle ONE-Kunden haben Zugriff auf die ONE-App, mit der ganz einfach Vertragsänderungen oder Schadensmeldungen online vorgenommen werden können. Es ist kein weiterer Telefonanruf nötig und auf lästigen E-Mail-Verkehr kann auch getrost verzichtet werden.

Dieser hohe Digitalisierungs- und Automatisierungsgrad lässt alle Parteien profitieren. 91% unserer Kundenanfragen werden ganz automatisch bearbeitet, was deutlich schnellere Durchlaufzeiten und eine bessere Kundenerfahrung zur Folge hat. Wir haben bisher viel positive Erfahrung mit Maklern gesammelt und werden auch in Zukunft eng mit ihnen zusammenarbeiten. Unser Ziel ist es, dem Kunden immer mehr digitale Optionen anbieten zu können und ein „Best of both worlds“-Szenario zu schaffen.

Die Corona-Krise hat sich als Antreiber der Digitalisierung erwiesen und stärkt digitale Geschäftsmodelle. Doch nicht jedes InsurTech dürfte auch gestärkt aus der Krise hervorgehen.

Wenn man der Krise etwas Positives abgewinnen kann, dann dass sie verdeutlicht, wie schnell wir uns an Veränderungen anpassen können. Die Umstellung auf „online“ in so vielen Lebensbereichen hat genau das gezeigt. Für das ONE-Team und die gesamte wefox Group verlief dieser Übergang fast nahtlos. Schon kurz vor Beginn des Lockdowns arbeiteten wir zu 100% im Home-Office. Ich war wirklich beeindruckt, wie gut das Team mit dieser Umstellung umgegangen ist. Wir hatten für Anfang April, kurz nachdem wir in den vollständigen Lockdown gegangen sind, eine große Produkteinführung geplant. Dieser Launch wurde um nicht mal einen Tag verfehlt. Gleichzeitig konnten unsere Schaden- und anderen Kundendienst Teams normal weiterarbeiten. Unsere Prozesse und unsere Mitarbeiter haben gezeigt, dass wir trotz unseres jungen Alters reif genug sind, um auch den schwierigsten Umständen standzuhalten. Ich weiß sowohl von Start-ups als auch alteingesessenen Unternehmen, dass dies nicht bei allen der Fall war.

Diese Erfahrung zeigt, dass ein erfolgreiches Jungunternehmen gleichzeitig die Flexibilität eines echten digitalen Herausforderers und die Stabilität eines soliden, hochprofessionellen Unternehmens haben muss. Durch die Krise wurde den Vorteilen digitaler Modelle viel Aufmerksamkeit geschenkt. Aber es wurde nicht so viel über die Bedeutung von robusten und stabilen Prozessen und Führung gesprochen. Unternehmen, die während und nach dieser Krise florieren wollen, müssen aber beides haben.

In welche Richtung geht es mit ONE?

ONE wird weiter wachsen und Maklern das Leben einfacher machen. Wir werden unsere Produktpalette schrittweise verbreitern. Als Nächstes werden wir Wohngebäude-, Tier- und Unfallversicherungen anbieten. In 2021 wollen wir in das Segment Krankenzusatzversicherung einsteigen. Und 2022 sollen dann die ersten Lebensversicherungsprodukte von ONE auf den Markt kommen. Unser Anspruch bleibt immer der gleiche: Wir wollen unseren Maklern einen möglichst schlanken und schnellen Beratungs- und Abschlussprozess ermöglichen. Unsere Entscheidungen sollen in Echtzeit und fallabschließend erfolgen. Kunden und Makler sollen nie auf ONE warten müssen. Diesen Anspruch zu erfüllen wird gerade im Kranken- und Lebensversicherungsbereich eine große Herausforderung.

Unser Ziel bleibt die ONE-Police, eine Versicherung, die das gesamte Leben des Kunden abdeckt. Auch diese Police soll unserer Philosophie folgen, Maklern und Kunden möglichst wenig Aufwand zu verursachen. Die ONE-Police soll sich auf Basis von Daten, die wir aus verschiedenen Quellen sammeln, automatisch an das Leben unserer Kunden anpassen.

Gleichzeitig bereiten wir uns auf die internationale Expansion vor. Der Markteintritt in die Schweiz und nach Polen steht unmittelbar bevor. Auch Italien und Österreich stehen auf unserer Liste. Auch in diesen Ländern wollen wir unserem Anspruch treu bleiben: Attraktive Produkte und Angebote für Kunden sowie einfache und schnelle Prozesse für die Makler.

Bei Versicherern sind nach wie vor relativ wenige Frauen in den Chefetagen zu finden. Wie erleben Sie die Entwicklung in der InsurTech-Szene?

Ich habe Aktuarwissenschaften und Mathematik studiert. Dass ich in einem „traditionell männlichen“ Umfeld arbeiten würde, war mir von Anfang an bewusst. Versicherungen, Finanzen, Technik und IT sind alles Bereiche, in denen Frauen bisher unterrepräsentiert waren – insbesondere in Führungspositionen. In meinen früheren Positionen war es üblich, von zehn Personen am Vorstandstisch die einzige Frau zu sein. Als ich mich nach einer neuen beruflichen Herausforderung umsah, wurde mir nochmal vor Augen geführt, wie unausgewogen die Tech-Szene war, nicht nur im Versicherungswesen. Von den etwa einem Dutzend Entscheidungsträgern, mit denen ich Gespräche führte, war nur eine weiblich.

Bei der wefox Gruppe haben wir das Glück, einige herausragende weibliche Führungskräfte zu haben, darunter unsere Chief Platform Officer Anna Vogel und Chief Risk Officer Marie-Hélène Ebneter. Es gibt auch einige sehr talentierte Frauen, die sich als geeignete Führungspersönlichkeiten herauskristallisieren – was mir viel Hoffnung gibt, dass die nächste Generation eine ausgewogenere Geschlechterverteilung am Vorstandstisch haben wird.

An welchen Stellschrauben gilt es denn Ihrer Meinung nach anzusetzen, um künftig mehr Führungspositionen mit Frauen zu besetzen – gerade in der Versicherungsbranche?

Das Problem kann nur behoben werden, indem man die Ursache bekämpft. Und diese Ursache findet sich bereits ganz am Anfang. Wir müssen sicherstellen, dass gleich viele junge Frauen wie Männer schon zu Beginn ihrer Karriere gefördert werden. Untersuchungen von McKinsey und leanin.org zeigen, dass der Glaube, dass Frauen nicht so „ehrgeizig“ sind oder die Belegschaft vorzeitig verlassen, überholt ist. Eine gleichberechtigte Förderung von Frauen auf jeder Karrierestufe würde die vorherrschende Diskrepanz weitgehend korrigieren.

Natürlich ist es auch wichtig, schon jetzt mehr Beispiele für weibliche Führungskräfte in der Industrie zu haben. Vergleichbare, konkrete Vorbilder können Frauen, die bereits in der Branche tätig sind, inspirieren und motivieren. Ich glaube, dass der Branchenwandel sich positiv auf diese Neuverteilung auswirken wird. Versicherungen entwickeln sich immer mehr von einer komplexen Finanzdienstleistung zu einem mehr auf den Menschen ausgerichteten Präventiv-Geschäft hin. Weibliche Führungskräfte können für diese Neuausrichtung ein wahrer Segen sein. Aus meiner Erfahrung bei ONE weiß ich, dass wir bereits jetzt viele kompetente, zukünftige Führungskräfte in der Branche haben.