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7. Februar 2024
„Wir rechnen mit einer Belebung des Baufinanzierungsmarktes“

„Wir rechnen mit einer Belebung des Baufinanzierungsmarktes“

2023 war für die Immobilienbranche und speziell für den Baufinanzierungsmarkt herausfordernd. Wie die Erwartungen für das noch junge Jahr 2024 ausfallen, dazu hat AssCompact nachgefragt bei Stefan Münter, Co-CEO und Vorstand von Europace.

Interview mit Stefan Münter, Co-CEO und Vorstand von Europace
Herr Münter, das zurückliegende Jahr war kein einfaches für die Immobilienbranche. Wie fällt Ihr persönliches Fazit aus?

Wir kannten in der Immobilienbranche lange Zeit nur eine Aufwärtsentwicklung. 2023 haben wir eine Zeitenwende erlebt: Verwaiste Bauträgerprojekte, Grundstücke, die an Gemeinden zurückgegeben werden, und Mieten, die genauso rapide steigen wie die Zinsen im Jahr 2022. Auf dem Gesamtmarkt ist das Volumen verglichen zum Jahr 2022 etwa um ein Drittel gesunken – auf etwa 165 Mrd. Euro, auf Monatsbasis liegen wir etwa bei der Hälfte vor der Korrektur. In den vergangenen Wochen ging es wieder ein wenig aufwärts. Wir haben letztes Jahr eine Seitwärtsbewegung erlebt, wobei sich die Marktbedingungen seit Anfang Dezember sichtlich verbessert haben.

Die schwierige Marktentwicklung hat auch Spuren bei der Hypoport-Gruppe hinterlassen, zu der Europace gehört. Wie sind Sie mit Ihrer Kreditplattform durch dieses herausfordernde 2023 gekommen?

Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht, haben als Antwort auf das herausfordernde Jahr die Kosten gesenkt und die Produktivität im Unternehmen erheblich gesteigert. Notwendige Investitionen in Zukunftsthemen konnten wir weiterführen, sodass wir jetzt durchaus optimistisch nach vorne schauen. Somit ist unser Unternehmen auf das aktuelle Marktgeschehen eingestellt.

Konnten Sie die Digitalisierung und Ihre digitalen Services wie geplant vorantreiben?

Ja, das war uns möglich. Wir haben im vergangenen Jahr weiter in unsere Produkte investiert und werden auch in diesem Jahr unser Tempo halten.

Was steht hier für das laufende Jahr auf der Agenda?

Dieses Jahr liegt unser Fokus auf der nahtlosen Verbindung der Immobilien- und Finanzierungssuche, um bedeutende Vorteile für Finanzberater und Endverbraucher zu schaffen. Wir konzentrieren uns darauf, den gesamten Prozess für unsere Plattformnutzer zu optimieren, indem wir Prozesse vereinfachen, beschleunigen, und die Verlässlichkeit auf der Plattform erhöhen. Gleichzeitig entwickeln wir Lösungen in Bezug auf die Themen Energieeffizienz, Modernisierung und Sanierung privat genutzter Immobilien.

Lassen Sie uns auf den Immobilienmarkt blicken: Das Jahr 2022 markierte wie erwähnt einen Wendepunkt mit erstmals wieder sinkenden Preisen. Dies hat sich auch 2023 zunächst fortgesetzt. Wie haben sich denn die Preise über das Jahr gesehen entwickelt?

Die Baupreise sind zunächst deutlich gestiegen, die Grundstückspreise mit der Zinswende eher gesunken, der Neubau in Summe ist in den Transaktionen deutlich zurückgegangen. Bei den Bestandsimmobilien erwarten wir dagegen keinen weiteren Preisverfall, ausgenommen weiterhin energetisch schlecht isolierte Gebäude. Hier sind die Transaktionszahlen deutlich weniger zurückgegangen und werden durch die Situation am Mietmarkt zusätzlich stabilisiert.

Und was erwarten Sie für 2024?

Der Markt hat den Boden gebildet und wir rechnen für dieses Jahr mit einer Belebung des Baufinanzierungsmarktes mit Immobilienpreisen auf aktuellem Niveau. Bei einem Rückgang der Bauzinsen werden Verkäufer auch wieder höhere Preiserwartungen testen.

Angesichts der gestiegenen Finanzierungszinsen waren Verbraucher zurückhaltend und die Nachfrage nach Immobilienkrediten ist eingebrochen. War zuletzt wieder eine Erholung zu spüren?

Anfang Dezember 2023 erlebten wir bereits eine Belebung des Finanzierungsmarktes. Mit den nun etwas gesunkenen Zinsen werden wir auch wieder verstärkt Käufer und Käuferinnen sehen, die sich ihren Traum von der eigenen Immobilie erfüllen.

Wie blicken Sie auf die kommenden Monate, was die Nachfrage angeht?

Durchaus optimistisch. Der Mietmarkt bleibt angespannt und zwingt zur Auseinandersetzung mit dem Erwerb eines Eigenheims. Die Baufinanzierungszinsen liegen wieder deutlich unter 4% und die Investitionsbereitschaft wird wieder steigen. Hinzu kommt der umfassende Modernisierungsbedarf im Immobilienbestand in Deutschland.

Neben Zinsentwicklung und Inflation sorgte auch die Debatte um das Heizungsgesetz für Verunsicherung. Nun stehen die Eckpunkte der Förderung fest. Wie beurteilen Sie generell die neu aufgelegten staatlichen Förderungen?

In den letzten Jahren gab es immer wieder neue Rahmenbedingungen für die Förderungen. Für Käuferinnen und Käufer wird es durch die Wechsel und auch die Kompliziertheit der Fördermaßnahmen schwieriger, den Überblick zu behalten. Wichtig ist, klare Rahmenbedingungen zu schaffen, die auch eingehalten werden können, sowie grundsätzlich den Neubau zu fördern.

Wo sehen Sie seitens der Politik noch Handlungsbedarf?

Deutschland ist gut zur Hälfte ein Mieterland. Ein ernst zu nehmender Wert, denn die eigene Immobilie ist der beste Weg, um Altersarmut zu vermeiden. Die Politik sollte Rahmenbedingungen schaffen, um das zu unterstützen. Wir brauchen angemessene Förderungen für den Neubau sowie den Wegfall der Grunderwerbsteuer für den Ersterwerb. Investitionen in Modernisierung und Erneuerung sollten für die Eigentümer und Eigentümerinnen möglich sein und ich wünsche mir, dass wir bei den Themen Nachhaltigkeit und CO2-Neutra­lität Mieter und Eigentümer mit auf den Weg nehmen.

Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 02/2024 und in unserem ePaper.

Porträtfoto: © Europace