Die finanziellen Folgen eines Verkehrsunfalls sind in der Regel durch die Kfz-Haftpflichtversicherung abgedeckt. Anders sieht es mit dem eigenen schlechten Gewissen aus, wenn dabei ein Mensch zu Schaden gekommen ist. Noch schlimmer, wenn es sich dabei um ein Kind gehandelt hat. Ein Trost ist da nur, dass der Haftpflichtversicherer auch für etwaige Reha-Maßnahmen aufkommt, die dem Unfallopfer helfen, wieder ein normales Leben führen zu können. Doch was ist, wenn der Versicherer nicht zahlen will, gerade weil es sich bei dem Unfallopfer um ein Kind gehandelt hat? In einem solchen Fall musste nun der Bundesgerichtshof (BGH) ein Urteil fällen.
Versicherer übernimmt Kosten unter Vorbehalt
Ein Autofahrer hatte im Juli 2016 bei einem Verkehrsunfall eine damals 14-Jährige Schülerin schwer verletzt. Um ihren Zustand nach dem Unfall zu bessern, beantragte der Vater des Mädchens bei seinem Rentenversicherungsträger eine stationäre Reha-Maßnahme, die sogenannte Kinderheilbehandlung. Sein Rentenversicherungsträger bewilligte den Antrag und übernahm die Kosten. Die Behandlungskosten in Höhe von 3.300 Euro wollte er sich jedoch vom Kfz-Haftpflichtversicherer zurückholen. Der bezahlte auch, jedoch unter Vorbehalt der Rückforderung.
Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Forderungsübergangs
Nach einer Prüfung des Sachverhalts klagte der Haftpflichtversicherer gegen den Rentenversicherungsträger und verlangte die Rückzahlung der 3.300 Euro nebst Zinsen. Der Versicherer begründete das damit, dass die Forderung nie gemäß § 116 Abs. 1 SGB X auf den Rentenversicherungsträger übergegangen sein konnte. Schließlich sei das geschädigte Mädchen überhaupt nicht rentenversichert gewesen.
Auch Begünstigte können Forderungen übergeben
Vor dem Amtsgericht Landshut sowie im Berufungsverfahren vor dem Landgericht gaben die Gerichte dem Haftpflichtversicherer recht. Der BGH kam jedoch zu einem anderen Urteil. Die Bundesrichter entschieden, dass ein Forderungsübergang auch dann möglich ist, wenn es sich bei der Geschädigten nicht formal um die Anspruchsinhaberin handele. Ob das Mädchen am Versicherungsverhältnis beteiligt oder nur durch die Leistungspflicht begünstigt sei, sei für die Rechtmäßigkeit eines Forderungsübergangs unerheblich.
Einstandspflicht wird noch geprüft
Der BGH hat das Verfahren nun an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Während die Bundesrichter an der Rechtmäßigkeit des Forderungsübergangs nicht zweifeln, stellt sich nämlich weiterhin die Frage, ob überhaupt ein Zusammenhang zwischen dem Unfall und dem Behandlungsbedarf des Kindes besteht. Dem wird nun das Berufungsgericht nachgehen müssen. (tku)
BGH, Urteil vom 19.01.2021 – VI ZR 125/20
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