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5. Mai 2021
Erbrecht: Wann schuldet der Erbe eine Rechnungslegung?

Erbrecht: Wann schuldet der Erbe eine Rechnungslegung?

Kümmert sich ein Sohn um die Bankgeschäfte seiner Mutter, ist er nach ihrem Tod gegenüber den Miterben nicht immer zur Rechnungslegung verpflichtet. Das geht aus einem Urteil des OLG Braunschweig in einem Fall hervor, in dem die Schwester und Miterbin gegen ihren Bruder geklagt hatte.

Streit zwischen Geschwistern ist keine Seltenheit. Kommen dann noch Begehrlichkeiten im Hinblick auf das Erbe der Eltern hinzu, kann der Streit häufig nur noch rechtlich geklärt werden. In einem derartigen Fall musste nun das Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig entscheiden, ob der Sohn einer Erblasserin seiner Schwester und Miterbin zur Auskunft über die Bankgeschäfte verpflichtet ist, die er vor dem Tod der Mutter in deren Namen erledigt hat.

Sohn kümmert sich um Bankangelegenheiten seiner Mutter

Der Sohn hatte sich zu Lebzeiten seiner Mutter um ihre Bankgeschäfte gekümmert. Die Frau hatte ihrem Sohn zu diesem Zweck nicht nur eine Bankvollmacht, sondern auch eine Vorsorgevollmacht für den Fall ihrer Pflege- und Betreuungsbedürftigkeit erteilt. Nachdem die Mutter gestorben war, erhob die Tochter als Miterbin gegen ihren Bruder eine sogenannte Stufenklage.

Ist der Sohn rechenschaftspflichtig?

In der ersten Klagestufe ging es nun zunächst darum, ob der Sohn der gesamten Erbengemeinschaft eine übersichtliche und belegte Aufstellung aller Bankgeschäfte vorlegen muss, die er im Namen der Mutter getätigt hat. Der Bruder hatte die Forderung der Schwester abgelehnt, woraufhin diese zuerst vor dem Landgericht Braunschweig klagte und schließlich im Berufungsverfahren vor das OLG Braunschweig zog.

Rechnungslegung erst ab Eintritt der Pflegebedürftigkeit

Vor dem OLG hatte die Klage nur zum Teil Erfolg. Voraussetzung für einen Anspruch auf Rechnungslegung sei, so der Zivilsenat, dass die Mutter den Bruder rechtsverbindlich mit der Vornahme der Bankgeschäfte beauftragt habe. Ein solcher Auftrag ergebe sich nicht aus der Vollmacht an sich. Der Eindruck der Richter habe sich jedoch nach einer ausführlichen Anhörung beider Geschwister und der Vernehmung eines Zeugen gewandelt. Aufgrund der wirtschaftlichen Bedeutung der Geschäfte legte das OLG fest, dass die Mutter dem Sohn einen Auftrag erteilt habe, allerdings erst für den Zeitpunkt, als sie pflege- und betreuungsbedürftig geworden sei. Denn in diesem Zustand habe die Mutter ihre Bankgeschäfte weder selbst wahrnehmen noch deren Vornahme durch den Sohn kontrollieren können.

Auskunftspflichten des Sohnes

Da sich für die Zeit vor der Betreuungsbedürftigkeit keine Auftragserteilung feststellen lasse, müsse der Sohn eine Rechnungslegung ab dem Zeitpunkt der Betreuung liefern. Für die Zeit davor sei er jedoch verpflichtet, der Erbengemeinschaft Auskünfte zu erteilen, so das OLG. Eine zusätzliche schriftliche Abrechnung schulde er nicht.

Stufenklage wird vor dem Landgericht fortgesetzt

Ob der Sohn der Erbengemeinschaft aus diesem oder einem anderen Zeitraum Geldbeträge zahlen muss, hatte das OLG jedoch nicht zu entscheiden. Das bleibt nun dem Landgericht Braunschweig vorbehalten, wo das Verfahren im Rahmen der Stufenklage fortgesetzt wird. (tku)

OLG Braunschweig, Urteil vom 28.04.2021 – 9 U 24/20

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