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4. August 2021
Die Folgen des BGH-Urteils zur Erhöhung von Bankgebühren

Die Folgen des BGH-Urteils zur Erhöhung von Bankgebühren

Die deutschen Kreditinstitute müssen unter Umständen einen halben Jahresgewinn in die Rückzahlung von Gebühren stecken. Das geht aus Prognosen der BaFin zum BGH-Urteil über unerlaubte Gebührenerhöhungen hervor. Den Banken war verboten worden, das Schweigen ihrer Kunden als Zustimmung zu werten.

Nachdem der Bundesgerichtshof (BGH) Ende April geurteilt hatte, dass Banken ihre Gebühren nicht ohne Zustimmung der betroffenen Kunden erhöhen dürfen, steigt der Druck auf die Kreditinstitute zunehmend. Das Verbot der sogenannten Zustimmungsfiktion und die damit zusammenhängenden Rückzahlungsverpflichtungen setzen Sparkassen, Genossenschaftsbanken und Privatbanken unter Zugzwang – vor allem, seitdem sich auch die BaFin in den Streit eingeschaltet hat.

BaFin wirft Auge auf Verhalten der Banken

Die Finanzaufsichtsbehörde BaFin hatte über eine Sprecherin mitgeteilt, dass die von dem Urteil betroffenen Kreditinstitute in erster Linie selbst auf die Entscheidung des BGH reagieren müssten. „Wir als Aufsicht haben darauf selbstverständlich ein wachsames Auge“, ergänzte die Behördensprecherin jedoch, wie unter anderem das Handelsblatt berichtete.

Zahlreiche haben bereits reagiert

Das Urteil des BGH, das in einem Verfahren gegen die Deutsche-Bank-Tochter Postbank ergangen war, hatte bereits dazu geführt, dass Deutsche Bank und Commerzbank drei- bzw. zweistellige Millionenbeträge zurückstellten, um Rückzahlungen und Mindereinnahmen ausgleichen zu können. Die ING strich die betroffenen Gebühren bzw. Gebührenerhöhungen und die comdirect legte ihre Pläne für Gebührenerhöhungen einstweilen auf Eis (AssCompact berichtete).

Große Herausforderungen für Bankenbranche

Der Präsident des Sparkassenverbands Bayern, Ulrich Reuter, sieht den Sparkassensektor unter anderem wegen des BGH-Urteils zur Gebührenerhöhung massiv unter Druck. Daneben stellen jedoch auch das Niedrigzinsumfeld und das Thema Prämiensparverträge (AssCompact berichtete) aktuelle Herausforderungen für die Sparkassen dar.

Hoher bürokratischer Aufwand

Die Genossenschaftsbanken hingegen sehen weniger die drohenden Rückzahlungen als Problem, sondern vielmehr den bürokratischen Aufwand. Wenn die Kreditinstitute ihre Gebührenmodelle zukünftig nicht mehr einfach über AGB-Änderungen durchsetzen können – in deren Rahmen das Schweigen des Kunden als Zustimmung interpretiert wurde –, müssen sie ihre Kunden individuell ansprechen und aktiv deren Zustimmung für Gebührenerhöhungen einholen. Aktuell seien die Genossenschaftsbanken bereits dabei, ihre rund 27 Millionen Privatkunden über das Urteil des BGH zu informieren und bilaterale Vereinbarungen abzuschließen, wie Gerhard Hofmann vom Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken (BVR) betont.

Wie stark sind die einzelnen Banken betroffen?

Wie aus den Reaktionen der Kreditinstitute deutlich wird, sind längst nicht alle Banken und Sparkassen gleich stark von dem Gebührenurteil betroffen. Die Banken- und FinTech-Experten von finanz-szene.de haben sich die Auswirkungen des BGH-Urteils auf die deutschen Kreditinstitute hier in einer großen Analyse angesehen. In einem zweiten Teil nimmt der Experte Christian Kirchner auch noch 15 besonders relevante Institute einzeln unter die Lupe. Diese Analyse ist hier zu finden.

BaFin sieht Halbjahresgewinn in Gefahr

Die BaFin selbst erachtet die möglichen Auswirkungen auf die deutschen Banken als dramatisch. Die Finanzaufsicht prognostiziert, dass die Rückzahlungen, die das BGH-Urteil nach sich ziehen wird, im schlimmsten Fall den halben Jahresgewinn der deutschen Banken vereinnahmen könnten. (tku)

Welche Bedeutung dem BGH-Urteil auch für Makler zukommt, hat Rechtsanwalt Stephan Michaelis für AssCompact hier zusammengefasst.

Bild: © Artem – stock.adobe.com