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10. Juni 2022
Wirecard: Arrestbefehl bestätigt
Man holds gavel judge with lawyer

Wirecard: Arrestbefehl bestätigt

Das LG München I hat nun den Arrestbefehl gegen den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Wirecard AG, Dr. Markus Braun, über 140 Mio. Euro bestätigt. Ohne Arrestverhängung bestehe die Gefahr, dass die Vollstreckung des Urteils vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde.

Die auf aktienrechtliche Fragestellungen spezialisierte 5. Kammer für Handelssachen des Landgerichts München I (LG) hat mit Endurteil den sich gegen den früheren Vorstandsvorsitzenden der Wirecard AG, Dr. Markus Braun, richtenden Arrestbefehl vom 30.12.2021 über 140 Mio. Euro bestätigt.

Der klagende Insolvenzverwalter konnte zur Überzeugung der Kammer glaubhaft machen, dass Braun seine Pflichten als Vorstandsmitglied der Wirecard AG verletzt hat. Die Pflichtverletzung sah die Kammer darin, dass über eine Tochtergesellschaft der Wirecard AG im März 2020 ein weiteres Darlehen über 100 Mio. Euro an eine in Singapur gegründete Gesellschaft ohne Stellung von Sicherheiten ausgezahlt worden war, obwohl aus einem früheren Darlehen Zahlungsrückstände aufgelaufen waren.

Eine weitere zur Schadensersatzpflicht führende Pflichtverletzung von Dr. Markus Braun sah die Kammer darin, dass unter seiner Beteiligung der Vorstand am 20.12.2019 die Zeichnung zweier Schuldverschreibungen über insgesamt weitere 100 Mio. Euro beschlossen habe, ohne zuvor die Werthaltigkeit der in der Schuldverschreibung verbrieften Forderungen hinreichend geprüft zu haben.

Da von den insgesamt abgeflossenen 200 Mio. Euro nur 60 Mio. Euro an die Wirecard AG zurückflossen, beträgt der zu ersetzende Schaden 140 Mio. Euro.

Auch den Arrestgrund hat das LG München I bejaht, also die Gefahr, dass ohne Arrestverhängung die Vollstreckung des Urteils vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde. Die Gefahr ergebe sich vor allem daraus, dass Braun kurz vor dem Zusammenbruch der Wirecard AG über seine Beteiligungsgesellschaft gehaltene Aktien der Gesellschaft veräußert habe. Der Arrestbefehl sei rechtzeitig innerhalb der mit seiner Zustellung beginnenden Monatsfrist vollzogen worden, weil der Antrag auf Erteilung einer Vermögensauskunft hierfür als ausreichend anzusehen sei. Der von der Staatsanwaltschaft München I veranlasste Vermögensarrest stehe einer Vollstreckung weder im In- noch im Ausland entgegen. Da derartige Vollstreckungsmaßnahmen vor allem auch in Immobilien in Österreich und Frankreich innerhalb dieser Frist ergriffen worden seien, gehe die Kammer auch deshalb von einer rechtzeitigen Vollziehung aus.

Den Arrestbefehl über 35 Mio. Euro gegen die Beteiligungsgesellschaft von Dr. Markus Braun wurde hingegen aufgehoben und der Antrag auf Erlass eines Arrestbefehls zurückgewiesen. Hier sah es das LG nicht als hinreichend glaubhaft gemacht an, dass der Geschäftsführer, dessen Wissen und Verhalten sich die Beteiligungsgesellschaft zurechnen lassen muss, es für möglich hielt und billigend in Kauf nahm, dass mit Geldern der Gesellschaft in Form einer Kreislaufzahlung ausgereichter Darlehen über mehrere andere Gesellschaften letztlich ein zurückzuzahlendes Darlehen von Braun getilgt worden war. (ad)

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

LG München I, Urteil vom 09.06.2022 – 5HK O 17659/21

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