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Steuern & Recht
31. August 2022
Wann ist ein Reiserücktritt wegen Corona-Angst berechtigt?

Wann ist ein Reiserücktritt wegen Corona-Angst berechtigt?

Gleich in drei Fällen hatte der BGH zu entscheiden, wann ein Rücktritt von einer Pauschalreise angesichts einer Ansteckungsgefahr mit Covid-19 rechtens ist. Die Beschlüsse zeigen, dass die Rechtsfrage nicht pauschal zu beantworten ist, sondern vom jeweiligen Einzelfall abhängig ist.

Wann ist ein Reiserücktritt aufgrund einer möglichen Infektion mit Covid-19 rechtens? Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte nun gleich in drei Fällen darüber zu entscheiden, ob Reiseveranstalter von Reisenden, die vor Beginn von für den Sommer 2020 geplanten Pauschalreisen wegen Corona zurückgetreten waren, eine Entschädigung (Stornogebühren) fordern können. Auch wenn also gerade der dritte Corona-Sommer zu Ende geht, ist diese Rechtsfrage aus dem ersten Sommer der Pandemie juristisch immer noch nicht ganz geklärt.

Anfang August hatte der BGH bereits das erste Verfahren zu diesem Thema erst einmal dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorgelegt, weil wichtige Rechtsfragen zunächst auf europäischer Ebene geklärt werden müssen. Am vergangenen Dienstag nun kam es immerhin in einem Fall (Az.: X ZR 66/21) zu einem klärenden Urteil. In einem dritten Streitfall hat der BGH die Rechtsfrage wieder zurück an das zuständige Landgericht verwiesen.

Mit Mitte 80 und anfälliger Lunge auf Flussreise?

Im vor dem BGH erfolgreichen Verfahren buchte die Klägerin im Januar 2020 eine Donaukreuzfahrt im Zeitraum vom 22.06. bis 29.06.2020 zu einem Gesamtpreis von 1.599,84 Euro. Die Klägerin trat am 07.06.2020 von der Reise zurück und verlangte die Rückzahlung der bereits geleisteten Anzahlung von 319,97 Euro. Die Beklagte berechnete weitere Stornokosten in Höhe von insgesamt 999,89 Euro (85% des Reisepreises, unter Abzug einer Gutschrift). Die Klägerin bezahlte diesen Betrag nicht. Die Flusskreuzfahrt wurde mit einem angepassten Hygienekonzept und einer von 176 auf 100 verringerten Passagierzahl durchgeführt.

Die besondere Konstellation macht Rücktritt rechtens

Der BGH hat in diesem Fall eine unzumutbare Gesundheitsgefährdung der Klägerin insbesondere wegen der räumlichen Verhältnisse an Bord eines Flusskreuzfahrtschiffs, der nicht bestehenden Impfgelegenheit und Therapiemöglichkeiten sowie des fortgeschrittenen Alters bejaht. Dabei wurden auch das Hygienekonzept der Beklagten und der Umstand, dass die im Zeitpunkt des Rücktritts bestehende Reisewarnung befristet war und noch vor Beginn der Reise ablief, berücksichtigt. Der BGH machte in seinem Urteil aber auch deutlich, dass sich Senioren, die noch nach Ausbruch der Pandemie eine Reise gebucht haben, nicht auf dieses Urteil berufen können. Denn: „Nach den Umständen bei Vertragsschluss hätte das Alter der Klägerin einer Teilnahme an der Reise nicht entgegengestanden – erst die Pandemie und die aus ihr folgenden Risiken haben den Charakter der Reise verändert“, heißt es in der Urteilsverkündung. (as)

BGH in Karlsruhe, Urteil vom 30.08.2022, Az.: X ZR 66/21

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