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8. Dezember 2022
Rentenkasse: Finanzstärke sieht anders aus

Rentenkasse: Finanzstärke sieht anders aus

Die gesetzliche Rentenkasse hat einen Überschuss erzielt – und schon wird ihre finanzielle Stabilität gelobt. Doch sowohl der Blick auf die Einnahmen- als auch auf die Ausgabenseite lassen daran erhebliche Zweifel aufkommen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Dr. Alexander Ströhl, Redakteur AssCompact

Tatsächlich: Die Deutsche Rentenversicherung wird es 2022 schaffen, einen Überschuss in Milliardenhöhe zu erzielen. Ausgaben in Höhe von rund 355 Mrd. Euro stehen Vorausberechnungen zufolge Einnahmen von rund 357 Mrd. Euro gegenüber. Prompt ist die Vorstandsvorsitzende der Deutschen Rentenversicherung, Anja Piel, nach vorne geprescht und hat Verfassung und finanzielle Lage der gesetzlichen Rentenversicherung in hohen Tönen gelobt. Ihrer Meinung nach seien die Einnahmen hoch und die Beiträge niedrig. Alles gut also.

Dieses Loblied auf die Rentenkasse ist allerdings höchstens die halbe Wahrheit. Dazu genügt schon der Blick auf die Einnahmenseite. Denn bei genauerem Hinsehen stellt diese sich keineswegs so rosig dar, wie es die Vorstandsvorsitzende glaubhaft machen will. Ein ganz entscheidender Grund für die niedrigen Beiträge sind nämlich die jährlich massiven Zuwendungen aus dem Bundeshaushalt. Allein 2021 betrugen die Überweisungen aus dem Sozialhaushalt an die Rentenkasse rund 78 Mrd. Euro. Diese Summe entspricht einem Anteil an den Beitragseinnahmen in der gesetzlichen Rente von knapp 20%. Tendenz klar steigend. Damit werden mittlerweile knapp 9% aller Steuereinnahmen in Deutschland direkt an die Rentenkasse weitergereicht.

Ausgabenwelle ohne Beispiel rollt an

Und der Blick auf die Ausgabenseite lässt an der Finanzstärke der gesetzlichen Rentenversicherung noch mehr zweifeln. Bereits heute stehen einem Altersrentner nur noch etwa 1,8 Beitragszahler gegenüber. Und die jüngste Bevölkerungsprognose des Statistischen Bundesamtes hält alarmierende Zahlen parat: Demnach wird die Zahl der über 67-Jährigen – und damit der Altersrentner – bis Mitte der 2030er-Jahre um vier Millionen Menschen wachsen. Die Zahl der Rentner wird damit spätestens 2035 die 20-Millionen-Marke überschreiten. Damit rollt auf die gesetzliche Rentenkasse eine Ausgabenwelle ohne Beispiel zu. Und diese Welle trifft auf eine sinkende Anzahl an Menschen im Erwerbsalter – und damit auf eine sinkende Zahl an Beitragszahlern.

Gewiss, die Bilanz der gesetzlichen Rentenkasse könnte angesichts der demografischen Entwicklung hierzulande deutlich schlechter sein. Und ja, die gesetzliche Rente wird weiterhin die wichtigste Säule der Altersvorsorge bleiben. Unabhängig davon, wie sich das Verhältnis von Einnahmen zu Ausgaben entwickelt. Notfalls wird eben an einfachen Lösungen wie am Bundeszuschuss oder am Beitragssatz geschraubt. Aber niemand sollte die finanzielle Situation der Rentenkasse unnötig beschönigen. Die Lage dafür ist einfach zu schlecht.

Welche Meinung haben Sie dazu? Schreiben Sie mir gerne unter stroehl@asscompact.de

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