PFAS ist eine Abkürzung für per- und polyfluorierte Chemikalien. Sie kommen in Verbraucherprodukten und in der Industrieproduktion vor. Einige PFAS-Stoffe können schädlich sein, deshalb plant die EU auf Betreiben einiger Mitgliedsländer ein PFAS-Verbot. Ein Vorschlag zur Beschränkung liegt der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) vor. Bis zum 25.09.2023 konnten interessierte Kreise Stellung beziehen. Auf Basis dieser Konsultationsbeiträge erstellt die ECHA nun eine Bewertung der vorgeschlagenen Beschränkung. Hierfür hat sie zwölf Monate Zeit. Wie lange es aber bis zur endgültigen Entscheidung dauert, ist unklar, während die einen von ersten Verboten bis zum Ende dieses Jahres ausgehen, geben andere 2025 als möglichen Zeitrahmen an.
Folgen für Berufshaftpflicht- und Produkthaftpflichtversicherung
Zum jetzigen Zeitpunkt jedenfalls gibt es noch keine Entscheidung, aber Versicherungsmakler stellen fest, dass Versicherer schon heute bei Neu- und Bestandskunden nachfragen, ob in ihren Unternehmen PFAS verwendet werden. So kritisiert die VSMA GmbH vehement die Forderung einiger Haftpflichtversicherer, PFAS grundsätzlich aus den Haftpflichtverträgen auszuschließen. Die VSMA GMBH ist Versicherungsmakler für den Maschinen- und Anlagenbau und gehört zum Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e. V. (VDMA). Als Ausschlussgrund führen die Versicherer gegenüber den Maklern an, dass die Rückversicherer sich bei dem Risiko zurückziehen würden. Befürchtet werden Klagewellen, wie es sie in den USA gegenüber PFAS-Herstellern bereits gibt. Zudem ergibt sich auch ein Nachhaltigkeitsrisiko aufgrund der ESG-Verpflichtungen.
Pauschales Verbot geht Industrie zu weit
„Mit einem pauschalen Verbot von rund 10.000 PFAS-Industriechemikalien, das sowohl gefährliche als auch ungefährliche Stoffe umfasst, schießt die EU weit über das Ziel hinaus“, erklärt VSMA-Geschäftsführer Birger Jeurink. Und weiter: „Unverzichtbare Bauteile wie Dichtungen wären betroffen und damit viele Alltagsprodukte. Auch für wichtige Technologien der Energiewende sind PFAS-Stoffe oft unersetzlich. Sie kommen beispielsweise bei der Herstellung von Windkraftanlagen, Brennstoffzellen, Solaranlagen oder Wärmepumpen zum Einsatz." Der VDMA fordert deshalb Ausnahmeregelungen für Fluorpolymere und für PFAS, die sich in Maschinen befinden und nicht in direktem Kontakt mit der Umwelt stehen.
Vorschnelle Reaktion der Versicherer
Haftpflichtansprüche wegen PFAS-bedingter Schäden aus den Versicherungsverträgen auszuschließen, hält Jeurink für eine vorschnelle Überreaktion. Die vorgelegten Musterklauseln umfassen alle per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen und hätten einen vollständigen PFAS-Ausschluss zur Folge. „Dafür haben wir als Versicherungsmakler für den Maschinen- und Anlagenbau und Tochterunternehmen des VDMA aktuell keinerlei Verständnis“, bestätigt auch die Haftpflichtspezialistin des Hauses, Claudia Sedlacek-Dechert.
Auch die Maklergruppe GGW beobachtet, dass Versicherer hinterfragen, ob möglicherweise PFAS verwendet wurden oder werden. Bei Lagerung solcher Stoffe oder bei Verwendung von PFAS in den Produkten des Kunden wird man einen PFAS-Ausschluss in den Haftpflicht-Versicherungsvertrag einfordern, um Personenschäden und Umweltsanierungskosten auszuschließen, heißt es in einem Online-Beitrag des Maklerunternehmens. Seiner Ansicht nach könnte ein Verbot sogar noch in diesem Jahr kommen.
Betrachtung des Einzelrisikos
Grundsätzlich fordern auch weitere Industrie- und Gewerbemakler jeweils eine Betrachtung des Einzelrisikos und seine jeweilige Exponierung, Pauschalausschlüsse seien nicht angebracht. „Es wäre unverantwortlich gegenüber der Industrie, voreilig und ohne Detailkenntnisse einen Ausschluss zu fordern“, erklärt Birger Jeurink. Ein konstruktiver Dialog, wie bereits bei der GVNW-Fachtagung im September angeboten, sei jetzt das Gebot der Stunde, so der Versicherungsmakler. (bh)
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