Was passiert, wenn ein Versicherungsvertreter seinem Kunden im Rahmen einer Kaskoversicherung die Deckung für einen Schaden zusichert, der Versicherer später aber die Leistung mit Hinweis auf eine Ausschlussklausel verweigert? Ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Saarbrücken bringt Licht in diese Problematik.
Den Fall, der sich mit der Reichweite von Leistungszusagen eines Vertreters befasst, hat Fachanwalt für Versicherungsrecht Wolfgang Benedikt-Jansen für das Rechtsportal anwalt.de analysiert.
Totalschaden auf dem Nürburgring – doch kein Versicherungsschutz?
Im Mittelpunkt des Falls steht ein geleaster BMW M2, der bei einer sogenannten „Touristenfahrt“ auf der Nordschleife des Nürburgrings in einen Totalschaden verwickelt wurde. Der Geschäftsführer der klagenden Firma wandte sich noch am Unfalltag, bevor der Schaden offiziell gemeldet wurde, an seinen Versicherungsagenten mit der Frage, ob eine solche Fahrt von der Vollkaskoversicherung gedeckt sei. Die Antwort kam prompt per E-Mail: „Ja, ist versichert“. Erst danach erfolgte die Schadenmeldung an den Versicherer, die anschließend einen Gutachter beauftragte. Zwischenzeitlich hatte der Versicherungsagent dem Kunden noch mitgeteilt, dass eine Kollegin den Schaden bearbeiten und abrechnen werde, sobald alle Unterlagen vorlägen.
Doch dann lehnte der Versicherer die Leistung ab. Begründung: Laut A.2.16.2 der Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung (AKB) besteht für Fahrten auf Motorsport-Rennstrecken kein Versicherungsschutz – auch dann nicht, wenn es wie bei Touristenfahrten nicht um Höchstgeschwindigkeiten geht.
Wann ist eine Zusage wirklich bindend?
Das OLG Saarbrücken bestätigte die Wirksamkeit dieser Klausel. Entscheidend war in dem Fall jedoch, ob die vorherige Aussage des Agenten den Versicherer trotzdem zur Leistung verpflichtete. Dabei ging es um die juristische Frage eines sogenannten deklaratorischen Schuldanerkenntnisses – also einer Erklärung, durch die ein Anspruch abschließend anerkannt wird. Die Anforderungen dafür sind hoch: Es muss bereits ein Streit oder zumindest eine erkennbare Ungewissheit über den Anspruch bestehen. Zudem muss die Erklärung klar darauf abzielen, diesen Streit verbindlich zu beenden.
Im konkreten Fall verneinte das Gericht diese Voraussetzungen. Die E-Mail-Antwort des Agenten sei eine allgemeine Auskunft über den Versicherungsumfang gewesen, nicht aber ein rechtlich bindendes Anerkenntnis. Auch das Verhalten der Versicherung – etwa die Mitteilung, dass der Schaden bearbeitet werde, oder die Einschaltung eines Gutachters – ändere daran nichts. All dies seien vorbereitende Maßnahmen, die regelmäßig erfolgen, ohne dass damit eine verbindliche Leistungszusage verbunden sei.
Für Anwalt Wolfgang Benedikt-Jansen ist das Urteil von besonderer Bedeutung für die Praxis: Versicherungsnehmer dürften sich nicht vorschnell auf mündliche oder informelle Aussagen eines Vertreters verlassen, vor allem wenn es um Risiken geht, die potenziell vom Versicherungsschutz ausgenommen sind. Die Entscheidung zeige deutlich, dass die Rechtsverbindlichkeit solcher Aussagen nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen greift – und dass ein Irrtum über die Deckung nicht automatisch zu einem Anspruch führt.
OLG Saarbrücken, Urteil vom 12.02.2025 – Az: 5 U 119/23
- Anmelden, um Kommentare verfassen zu können