Als Samuel Koch sich 2010 bei einer „Wetten, dass..?“–Sendung schwer verletzte, verfolgte die ganze Nation den Vorfall mit Anteilnahme. Der damals 23-Jährige wollte mit Sprungstiefeln im Vorwärtssalto nacheinander fünf auf ihn zufahrende Autos zunehmender Größe überwinden. Bei dem Sprung über das vierte Fahrzeug stürzte er jedoch und erlitt eine Querschnittslähmung.
Im Jahr 2020 beantragte Koch die Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall. Sowohl bei der gesetzlichen Unfallversicherung als auch vor den Gerichten blieb er damit zunächst erfolglos. Ein Versicherungsschutz als Beschäftigter oder „Wie-Beschäftigter“ komme nicht in Betracht. Koch hatte sein sechsköpfiges Wett-Team selbst zusammengestellt und den gesamten Wettbeitrag eigenständig organisiert, er agierte dabei praktisch als eigener Regisseur. Auch ein Versicherungsschutz im Ehrenamt scheide aus: Zwar war Koch für eine Anstalt des öffentlichen Rechts tätig, doch stand bei seinem Auftritt in der Fernsehsendung vor allem das eigene wirtschaftliche Interesse im Vordergrund: Er wollte sein Können zeigen und Bekanntheit erlangen.
Nicht ausgeschlossen, dass Kläger als Unternehmer seines Teams wie Versicherter zu behandeln ist
Schließlich legte Koch Revision beim Bundessozialgericht (BSG) ein und rügte insbesondere die Verletzung des § 2 Absatz 1 Nummer 1 und Nummer 10 Buchstabe a, Absatz 2 SGB VII. Am Mittwoch hat das BSG entschieden, dass der Wettkandidat als Unternehmer unfallversichert sein kann und hat die Sache an das Landessozialgericht (LSG) zurückverwiesen.
Nach den Feststellungen des LSG lässt sich eine Versicherung als ehrenamtlich Tätiger eindeutig ausschließen. Die ZDF-Sendung verfolgte keine vorrangigen Gemeinwohlzwecke, und der Kläger handelte nicht fremdnützig. Außerdem war er nach den tatsächlichen Gegebenheiten im Rahmen seines Mitwirkendenvertrags als freier Mitarbeiter tätig und nicht als Beschäftigter.
Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass der Kläger als Unternehmer seines Wett-Teams wie ein Versicherter zu behandeln ist, da der Unfall teilweise von einem Mitglied seines Teams verursacht wurde. Nach den gesetzlichen Regelungen werden nicht versicherte Unternehmer wie Versicherte behandelt, wenn sie durch andere Personen, die in ihrem Betrieb tätig sind, einen Unfall erleiden – es sei denn, die zivilrechtliche Ersatzpflicht des Verursachers ist bereits ausgeschlossen. Ob dem Kläger beispielsweise ein Schadenersatzanspruch gegen seinen Vater als Fahrer des Unfallfahrzeugs zusteht, ist bislang weder ausgeschlossen noch abschließend geklärt. Das LSG wird hierzu die erforderlichen Feststellungen treffen müssen. (bh)
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