Darf sich ein Versicherungsmakler als unabhängig bezeichnen? Diese Frage beschäftigte nun das Oberlandesgericht (OLG) Dresden in einem Verfahren, das der Bundesverband der Verbraucherzentralen gegen ein Leipziger Maklerunternehmen angestrengt hatte. Im Kern ging es um wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche.
Das Unternehmen bezeichnete sich auf seiner Website als unabhängig und warb mit einer unabhängigen Beratung. Zudem heißt es, die Verbraucherzentrale Chemnitz empfehle nach ihren Beratungen regelmäßig einen unabhängigen Makler wie das eigene Haus. Darüber hinaus stellte das Unternehmen seine gesetzlich vorgeschriebene Vermögensschadenhaftpflichtversicherung als einen großen Mehrwert für Kunden dar.
Das Landgericht (LG) hatte die Klage zunächst abgewiesen. Das OLG Dresden sah dies nun anders und gab der Klage nach.
Gericht: Provision steht nicht für Unabhängigkeit
Nach Ansicht des OLG Dresden verstehen viele Verbraucher die Bezeichnung „unabhängiger Versicherungsmakler“ so, dass die Beratung völlig frei von finanziellen Interessen gegenüber Versicherern erfolgt. Das Wort „unabhängig“ vermittle den Eindruck, dass der Makler keine Vorteile von Versicherern erhalte und somit ausschließlich im Interesse seiner Kunden handele.
Die Argumentation ist bekannt und wird von Verbraucherschützern immer wieder ins Feld geführt: Versicherungsmakler erhalten Provisionen bzw. Courtagen von den Versicherern. Diese wirtschaftliche Verflechtung widerspreche der Erwartung einer vollständigen Neutralität. Dem folgte das OLG Dresden. Nach Auffassung des Gerichts kann die Werbung mit dem Begriff „unabhängig“ deshalb irreführend sein, weil sie beim Verbraucher ein falsches Bild erweckt und seine Entscheidung beeinflussen kann. Die Darstellung als unabhängiger Versicherungsmakler verstoße gegen die Trennung von Versicherungsmakler und Versicherungsberater.
VSH ist kein besonderes Merkmal
Auch die Darstellung der gesetzlich vorgeschriebenen Vermögensschadenhaftpflichtversicherung als besonderer Vorteil für Kunden sei irreführend. Diese Versicherung ist für alle Versicherungsmakler verpflichtend. Dies auf der Webseite aufzuführen, sei in Ordnung, so das Gericht, sie als „großen Mehrwert“ zu bewerben, verstoße gegen das Verbot, mit Selbstverständlichkeiten (Per-se-Verbot) zu werben. Zudem fand das Gericht auch keinen Nachweis, dass die Verbraucherzentrale Empfehlungen für das Unternehmen aussprach. Insofern sei auch dies zu unterlassen. (bh)
OLG Dresden, Urteil vom 28.10.2025 – Az: 14 U 1740/24
Die Verbraucherzentrale hat das Urteil auf ihrer Website veröffentlicht.
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