Das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg hat die Berufung eines Versicherungsnehmers gegen ein Urteil des Landgerichts (LG) Frankfurt (Oder) zurückgewiesen. Der Versicherungsnehmer hatte von seinem Wohngebäude- und Hausratversicherer eine Zahlung von mehr als 106.000 Euro verlangt. Es ging um einen Leitungswasserschaden, der sich angeblich im Jahr 2019 ereignet hatte. Der Versicherer lehnte die Zahlung jedoch ab, weil der Schaden erst eineinhalb Jahre später gemeldet wurde und seiner Ansicht nach nicht mehr überprüfbar war. Daraufhin klagte der Versicherungsnehmer. Der Versicherer warf ihm wiederum vor, die Schadensmeldung absichtlich verzögert zu haben. Grund dafür soll gewesen sein, dass der Versicherungsnehmer zunächst den Ausgang eines anderen Rechtsstreits abwarten wollte.
Verspätete Schadensmeldung führt zur Leistungsverweigerung
In diesem früheren Verfahren hatte der Versicherungsnehmer bereits Leistungen wegen eines Leitungswasserschadens aus dem August 2018 gefordert. Der Versicherer hatte daraufhin im Februar 2019 den Vertrag wegen angeblicher arglistiger Täuschung angefochten. Er war der Meinung, der Versicherungsnehmer habe falsche Angaben zur Wohnfläche gemacht. Das LG Frankfurt (Oder) entschied damals jedoch zugunsten des Versicherungsnehmers: Es verurteilte den Versicherer zur Zahlung und stellte fest, dass der Vertrag nicht durch die Anfechtung aufgehoben worden war.
Im November 2020 meldete der Versicherungsnehmer dann eben den weiteren Leitungswasserschaden. Dieser soll im August 2019 entstanden sein, weil bei der Reparatur des ersten Schadens aus August 2018 ein Abwasseranschluss unsachgemäß installiert worden sei.
Eine vom Versicherer beauftragte Gutachterin kam nach Besichtigung und Prüfung der Unterlagen zu dem Ergebnis, der zweite Schaden lasse sich nicht eindeutig vom ersten abgrenzen. Der Versicherer lehnte daher eine Zahlung ab.
Verletzung der Obliegenheiten
Der Versicherungsnehmer entgegnete, der erste Schaden sei vollständig behoben worden, der neue klar davon zu unterscheiden. Er habe seine Pflichten nicht verletzt, sondern den Schaden zunächst dokumentiert, weil der Versicherer zuvor den Vertrag angefochten hatte. Er sei davon ausgegangen, dass der Fall ohnehin nicht bearbeitet würde, und habe eine Beeinträchtigung des laufenden Prozesses zum ersten Schaden vermeiden wollen.
Der Versicherer hielt dagegen, es sei nicht mehr feststellbar, welcher Schaden durch welches Ereignis entstanden sei. Eine Prüfung sei unmöglich, da die Meldung erst eineinhalb Jahre nach dem Eintritt erfolgt sei. Außerdem habe der Versicherungsnehmer seine Anzeige- und Mitwirkungspflichten verletzt: verspätete Meldung, Verstoß gegen das Veränderungsverbot und fehlende Unterlagen.
Das LG gab dem Versicherer Recht: Er habe sich auf die Obliegenheitsverletzungen berufen und die Leistung vollständig verweigern dürfen. Der Kläger habe arglistig gehandelt, indem er den zweiten Versicherungsfall nicht unverzüglich angezeigt habe, um so seine Prozessaussichten in dem laufenden Prozess um die Anfechtung des Versicherungsvertrages nicht zu gefährden. Schließlich scheiterte er auch mit seiner Berufung vor dem OLG Brandenburg.
Einzelfall entscheidend: Urteil im Kontext der Umstände
Rechtsanwalt Jens Reichow von der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow ordnet das Urteil in einem Beitrag ein: Das OLG Brandenburg habe mit seiner Entscheidung klargestellt, dass ein Versicherungsnehmer, der sich auf die Unwirksamkeit einer Anfechtung beruft und damit den Fortbestand seines Versicherungsvertrages geltend macht, auch weiterhin an die Pflichten aus diesem Vertrag gebunden ist. Dazu gehört insbesondere, Schäden fristgerecht zu melden, um den Versicherungsschutz für weitere Schadensfälle nicht zu gefährden. Reichow betont jedoch, dass immer die konkreten Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen seien und nicht jeder Fall gleich zu beurteilen sei.
OLG Brandenburg, Urteil vom 24.06.2025 – Az: 11 U 183/24
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