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16. Oktober 2025
Gericht erkennt Arbeitsunfall bei ehrenamtlicher Gassi-Geherin an
Gericht erkennt Arbeitsunfall bei ehrenamtlicher Gassi-Geherin an

Gericht erkennt Arbeitsunfall bei ehrenamtlicher Gassi-Geherin an

Wer ist zuständig, wenn eine ehrenamtliche Gassi-Geherin beim Hunde-Ausführen stürzt? Das Sozialgericht Oldenburg entschied, dass freiwillige Tätigkeiten in einem Tierheim unter Umständen wie ein Beschäftigungsverhältnis behandelt werden können und Unfälle damit versichert sind.

Ehrenamtliches Engagement ist das Rückgrat vieler sozialer und gemeinnütziger Organisationen. Doch wo endet freiwilliges Engagement, und wo beginnt in Falle eines Unfalls die Zuständigkeit einer Berufsgenossenschaft? Das Sozialgericht (SG) Oldenburg hat entschieden, auch eine ehrenamtliche Helferin in einem Tierheim kann unter bestimmten Umständen unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung fallen. Im konkreten Fall ging es um eine Frau, die regelmäßig Hunde aus dem örtlichen Tierheim ausführte und sich dabei verletzte.

Berufsgenossenschaft verweigerte Anerkennung als Arbeitsunfall

Die Klägerin war seit Jahren für den Tierheimverein einerseits als ehrenamtliche „Gassi-Geherin“ und andererseits zeitweise auch als Kassenprüferin tätig. Beim Ausführen eines im Tierheim untergebrachten Hundes rutschte sie auf einem Trampelpfad aus und zog sich eine Weber-C-Sprunggelenksfraktur zu. Die zuständige Berufsgenossenschaft verweigerte die Anerkennung als Arbeitsunfall. Ihre Begründung: Bei der freiwilligen Tätigkeit handle es sich nicht um eine arbeitnehmerähnliche Beschäftigung.

Wirtschaftlicher Wert der ehrenamtlichen Tätigkeit

Das sah das SG Oldenburg anders. Es stellte klar, dass im vorliegenden Fall alle Merkmale eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses erfüllt seien. Das Ausführen der Hunde habe für den Tierheimverein einen wirtschaftlichen Wert und entspreche dem Willen des „Unternehmers“, also des Vereins. Auch die Mitgliedschaft in einem nichtrechtsfähigen Verein schließe die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses nicht aus.

Entscheidend war für das Gericht zudem, dass das Gassi-Gehen keine satzungsmäßige Vereinspflicht darstellte. Die Tätigkeit ging weit über das hinaus, was typischerweise von Vereinsmitgliedern erwartet werde, und könne nicht allein mit Aspekten des Tierwohls begründet werden. Hinzu kam der erhebliche zeitliche Umfang der Tätigkeit: Die Klägerin führte die Hunde mehrmals pro Woche aus und hatte sich dabei an die Weisungen des Vereins zu halten – etwa feste Abholzeiten und Zuweisung bestimmter Tiere.

Mit dieser Begründung hob das Gericht die Entscheidung der Berufsgenossenschaft auf und erkannte den Unfall als Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung an.

SG Oldenburg, Urteil vom 07.05.2025 – Az: S 73 U 162/21