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21. Oktober 2025
Trotz Winterdienst: Vermieter haftet bei Sturz des Mieters
Trotz Winterdienst: Vermieter haftet bei Sturz des Mieters

Trotz Winterdienst: Vermieter haftet bei Sturz des Mieters

Auch wenn Vermieter Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft sind, tragen sie die Verantwortung für die Sicherheit der Wege auf ihrem Grundstück. Der BGH macht deutlich: Stürzt ein Mieter auf vereistem Boden, haftet der Vermieter, auch wenn ein Winterdienst beauftragt wurde.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einer aktuellen Entscheidung klargestellt, dass Vermieter, die zugleich Wohnungseigentümer sind, grundsätzlich für Schäden haften, die einem Mieter durch einen Sturz bei Eisglätte auf dem gemeinschaftlichen Grundstück der Wohnungseigentümer entstehen. Hintergrund ist die Frage, inwieweit die Räum- und Streupflicht auf Dritte übertragen werden kann, ohne dass der Vermieter die eigene Haftung verliert.

Sachverhalt: Sturz auf vereistem Weg

Die Klägerin ist Mieterin einer Eigentumswohnung in Solms. Die Wege auf dem Grundstück werden von einer GmbH im Auftrag der Wohnungseigentümergemeinschaft im Rahmen eines professionellen Hausmeisterdienstes im Winterdienst gepflegt. Im Januar 2017 stürzte die Klägerin auf einem zum Haus führenden Weg, der nicht vom Eis befreit war, obwohl Glatteis in der Wettervorhersage angekündigt worden war. Durch den Sturz erlitt sie erhebliche Verletzungen, die langwierige medizinische Behandlungen notwendig machten.

Bisheriger Prozessverlauf

Das Amtsgericht sprach der Klägerin Schmerzensgeld in Höhe von 12.000 Euro zu und erkannte zudem Zinsen sowie Rechtsanwaltskosten an, wies jedoch die weitergehende Klage ab. Auf Berufung der Vermieterin wies das Landgericht die Klage vollständig ab. Es argumentierte, dass die Übertragung der Räum- und Streupflicht auf den professionellen Hausmeisterdienst eine Haftung der Vermieterin nur dann zuließe, wenn diese ihre Kontroll- oder Überwachungspflichten verletzt hätte. Dies konnte das Gericht aber nicht feststellen.

BGH: Vermieterin hat Räum- und Streupflicht

Die Revision der Klägerin hatte Erfolg. Der BGH betonte, dass die Vermieterin aus dem Mietvertrag verpflichtet ist, die Wege auf dem Grundstück während der Wintermonate zu räumen und zu streuen. Diese mietvertragliche Nebenpflicht gilt auch dann, wenn der Vermieter nicht Alleineigentümer des Grundstücks ist, sondern Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft.

Die gegenteilige Auffassung des Landgerichts führe zu einem unterschiedlichen Schutzniveau im Wohnraummietrecht, das sachlich nicht gerechtfertigt und rechtlich nicht haltbar sei. Im vorliegenden Fall gab es keine abweichende Vereinbarung im Mietvertrag, die die Räum- und Streupflicht der Mieterin übertragen hätte.

Zur Erfüllung dieser Pflichten kann sich der Vermieter zwar eines Dritten bedienen, etwa des beauftragten Hausmeisterdienstes. In diesem Fall handelt es sich um einen sogenannten Erfüllungsgehilfen, sodass die Vermieterin für dessen Verschulden wie für eigenes Verschulden haftet.

Vermieter können sich nicht allein auf Winterdienst verlassen

Der BGH hob das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur weiteren Aufklärung der Tatsachen an das Landgericht zurück. Vermieter, die Eigentümer einer Wohnung in einer Eigentümergemeinschaft sind, können sich also nicht allein auf die Delegation des Winterdienstes an eine Hausmeisterfirma berufen, um ihre Haftung gegenüber Mietern auszuschließen. Die Entscheidung unterstreicht die Verantwortung von Vermietern für die Verkehrssicherheit auf den Wegen ihrer Mieter – auch innerhalb einer Eigentümergemeinschaft. (bh)

BGH, Urteil vom 06.08.2025 – Az: VIII ZR 250/23