Am 02.07.2025 hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) über einen Fall entschieden, in dem ein Außendienstmitarbeiter – konkret eine dezentrale Führungskraft in der Assekuranz, die für die Betreuung von 20 Vertriebspartnern zuständig war und dem Manteltarifvertrag für das private Versicherungswesen unterlag – Anspruch auf seine volle variable Vergütung für das Kalenderjahr 2022 geltend machte. In dem Jahre hatte der Mitarbeiter für 62 Kalendertage Elternzeit genommen. Die Klage blieb erfolglos: Das BAG bestätigt, dass bei einer variablen Vergütung auf Basis erfolgreicher Zielerreichung eine Kürzung wegen Elternzeit zulässig ist.
Trotz Zielerreichung Bonus wegen Elternzeit gekürzt
Für das Kalenderjahr 2022 hatte der Arbeitgeber mit dem Kläger eine Zielvereinbarung abgeschlossen mit einem Zielwert von 1.893.448,46 Euro. In dem Jahre nahm er jedoch Elternzeit vom 11. Juli bis 10. August und vom 15. August bis 14. September. Tatsächlich erreichten die Vertriebspartner des Klägers ein „Annual Premium Equivalent“ (APE) von 2.469.570,65 Euro, was rechnerisch 148,1% Zielerreichung und eine variable Vergütung von 43.062,74 Euro brutto zur Folge hatte.
Der Arbeitgeber kürzte davon 7.416,36 Euro brutto. Er begründete dies damit, dass die variable Vergütung zeitanteilig wegen der Elternzeit zu kürzen sei. Der Kläger war der Ansicht, die gesamte vereinbarte Produktionsvergütung stünde ihm zu, schließlich habe er die Ziele erreicht. Zudem sei in der geltenden Gesamtbetriebsvereinbarung (GBV) keine explizite Kürzungsregelung für Elternzeit enthalten.
Grundsatz: Ohne Arbeit kein Lohn
Das BAG folgte dieser Argumentation jedoch nicht. Entscheidend war für das Gericht, dass die variable Vergütung fester Bestandteil des vereinbarten Zieleinkommens war und damit dem klassischen Austauschverhältnis zwischen Arbeitsleistung und Entgelt unterfiel. Auch wenn das Ergebnis – gemessen am APE der betreuten Vertriebspartner – formal erreicht wurde, habe der Kläger während der Elternzeit keine Arbeitsleistung erbracht. In dieser Zeit ruhte das Arbeitsverhältnis vollständig. Fehlt aber die arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit, entfällt nach den gesetzlichen Regelungen zugleich der Anspruch auf die Gegenleistung, also die Vergütung. Dies folgt dem Grundsatz: „Ohne Arbeit kein Lohn“. Das gilt nach Auffassung des BAG unabhängig davon, ob eine Betriebsvereinbarung ausdrücklich eine Kürzung für Elternzeiten vorsieht oder nicht.
Besonders betonte das Gericht, dass es sich bei der variablen Vergütung im konkreten Fall nicht um eine rein erfolgsabhängige Prämie handelt, die allein an ein objektives Ergebnis des Vertriebsgebiets anknüpft. Vielmehr setze das System auf eine kontinuierliche, persönliche Betreuung der Vertriebspartner durch die Führungskraft. Genau diese Arbeitsleistung sei während der Elternzeit unmöglich gewesen – und damit sei auch kein Anspruch auf die vollständige variable Vergütung entstanden. Die unterjährige Abwesenheit habe deshalb zwingend zu einer zeitanteiligen Kürzung geführt. (bh) BAG, Urteil vom 02.07.2025 - Az: 10 AZR 119/24
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