Wer sein Hausgeld nicht zahlt oder den Gemeinschaftsfrieden massiv stört, riskiert das Äußerste: die zwangsweise Entziehung seines Wohnungseigentums. Das Wohnungseigentumsgesetz sieht dies in § 17 WEG als Ultima Ratio vor. Voraussetzung dafür ist eine wirksame Abmahnung. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 04.07.2025 wichtige Weichen für die Praxis gestellt. Eine rechtlicheEinordnung hierzu hat Dr. Jan-Hendrik Schmidt von der Kanzlei W I R Breiholdt Nierhaus Schmidt in Hamburg für den Verband der Immobilienverwalter Deutschland (VDIV) erstellt.
Abmahnung wegen „WEG-schädigenden“ Verhaltens
Eine Eigentümerin, die auch Beiratsmitglied war, wurde von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) „für WEG-schädigendes Verhalten“ abgemahnt. Hintergrund: Streit um Kündigung einer Mitarbeiterin, mögliche „Schützenhilfe“ für die Gegenseite und angeblicher Missbrauch einer Kontovollmacht.
Die Abmahnung wurde durch Beschluss ausgelöst, der schließlich vom Verwalter ausgesprochen wurde. Die Eigentümerin wollte den Beschluss anfechten, was ihr jedoch vor Amts- und Landgericht nicht gelang. Erst der BGH gab ihr grundsätzlich Recht: Eine solche Abmahnung ist angreifbar. Erfolg hatte die Klage dennoch nicht, weil keine formellen Fehler des Beschlusses dargelegt wurden.
Die zentrale Aussage des BGH: Sowohl Beschlüsse, die eine Abmahnung direkt enthalten, als auch Beschlüsse, die den Verwalter lediglich zum Ausspruch ermächtigen, sind gerichtlich selbstständig anfechtbar. Rechtlich macht es keinen Unterschied, ob der Beschluss die Abmahnung unmittelbar ausspricht oder nur vorbereitet. Inhaltlich prüfen die Gerichte in solchen Anfechtungsverfahren jedoch nichts. Es geht allein um formelle Aspekte wie ordnungsgemäße Einladung, korrekte Beschlussform oder ausreichende Bestimmtheit der Beschlussfassung. Ob die Vorwürfe berechtigt sind und ob sie tatsächlich eine Entziehung rechtfertigen könnten, bleibt dem späteren Entziehungsprozess vorbehalten.
Wichtig für Verwalter
Wichtig für die Praxis ist, so Dr. Jan-Hendrik Schmidt, dass eine Abmahnung eindeutig und konkret beschrieben sein muss. Der betroffene Wohnungseigentümer muss klar erkennen können, welches Verhalten ihm vorgeworfen wird, wie er es sofort zu ändern hat und dass im Wiederholungsfall die Entziehung seines Wohnungseigentums droht. Fehlt die deutliche Entziehungsandrohung, liegt keine wirksame Abmahnung vor, sondern lediglich eine Aufforderung zur Unterlassung. Die Abmahnung kann dabei durch Beschluss der Gemeinschaft ausgesprochen werden, durch einen Beschluss, der den Verwalter zum Ausspruch ermächtigt, oder – in eilbedürftigen Ausnahmesituationen – auch durch den Verwalter allein, etwa auf Grundlage von § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG.
Wichtig für Wohnungseigentümer oder Verwaltungsbeiräte
Für Wohnungseigentümer oder Beiratsmitglieder, die sich gegen eine Abmahnung wehren wollen, schlussfolgert Rechtsanwalt Schmidt: Eine Anfechtungsklage kann nur dann erfolgreich sein, wenn ein formeller Beschlussfehler vorliegt und innerhalb der Klagebegründungsfrist schlüssig dargelegt wird. Ob die behaupteten Pflichtverletzungen tatsächlich vorliegen, entscheidet später allein das Gericht im Rahmen der Entziehungsklage. Beschlusskompetenz zur „Herbeibeschlussung“ von Tatsachen gibt es nicht.
Für die GdWE ist relevant, dass ein rechtskräftiges Entziehungsurteil die zwangsweise Veräußerung ermöglicht und dem abzugebenden Eigentümer kein Stimmrecht mehr zusteht. (bh)
BGH, Urteil vom 04.07.2025 – Az. V ZR 77/24
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