In einer Zeit, in der der Konkurrenzkampf immer härter und Produkte und Dienstleistungen immer austauschbarer werden, haben potenzielle Käufer die Qual der Wahl. Ist ein Anbieter nicht in der Lage, die gestiegenen Erwartungen zu erfüllen, steht der nächste Wettbewerber bereits in den Startlöchern, um den Deal zur beiderseitigen Zufriedenheit zu besiegeln.
Für den Kunden ist diese Situation ohne Zweifel komfortabel, doch den Vertrieb stellt sie vor enorme Herausforderungen. Das Ansehen von Verkäufern sinkt beständig, und wagt es ein Vertriebsmitarbeiter, potenzielle Interessenten mit unangekündigten Akquise-Telefonaten zu stören, ist die gefühlskalte Abfuhr häufig programmiert. Dass diese Art der Ablehnung nicht leicht zu verkraften ist, ist klar, doch mit ein wenig Umdenken lassen sich Situationen wie diese vermeiden.
Heiratsantrag beim ersten Date? Ganz schlechte Idee!
Stellen Sie sich vor, Sie sitzen an einem lauen Sommerabend in einer Strandbar mit Aussicht auf die Weiten des Ozeans. Im Hintergrund läuft stimmungsvolle Lounge-Musik, die Luft ist klar und frisch und Sie können das Salz des Meeres auf Ihren Lippen schmecken. Als wäre das noch nicht genug, erblicken Sie plötzlich eine hübsche Frau oder einen attraktiven Mann und wissen sofort: Das ist der Traumpartner, auf den Sie immer gewartet haben. Der anderen Person geht es glücklicherweise genauso, weswegen Sie sich zum Essen verabreden und einen netten Abend verbringen. So weit, so gut – doch dann unterläuft Ihnen der entscheidende Fehler: Sie zücken einen Verlobungsring, schwören ewige Liebe, und der Abend ist gelaufen.
Das Szenario ist unrealistisch? Niemand würde so naiv sein, beim ersten Date von ewiger Liebe zu sprechen? Im Vertrieb passieren Situationen wie diese jeden Tag! Kaum zeigt ein Kunde auch nur das geringste Interesse, geht es für den Verkäufer ans Eingemachte. Viel zu schnell werden Stift und Vertrag gezückt, und es heißt: „Einmal unterschreiben, bitte.“ Aus Verkäufersicht mag dieses Verhalten auf den ersten Blick nachvollziehbar sein – warum auch warten, wenn alles passt und die Konkurrenz schon die Messer wetzt? –, doch für den Kunden gibt es häufig nur eine sinnvolle Reaktion: Weg! Und zwar so schnell wie möglich.
Jeder Verkäufer weiß, dass Geschäfte zwischen Menschen gemacht werden, und dennoch lassen selbst erfahrene Vertriebsprofis oft die simpelsten Regeln der menschlichen Interaktion außer Acht. Machen Sie nicht denselben Fehler, sondern nehmen Sie sich die Zeit, Ihren Kunden und seine Bedürfnisse ausgiebig kennenzulernen. Das erste gelungene Date ist noch lange kein Garant für eine langfristig glückliche Beziehung – und das erste Verkaufsgespräch ist es erst recht nicht. Nehmen Sie sich also Ihr Verhalten im Privatleben zum Vorbild und beginnen Sie die erhoffte Partnerschaft wie einen leichten Urlaubsflirt – freundlich, charmant, aber unverbindlich! Nur auf diese Weise haben Sie die Chance, sich mit kleinen Schritten eine solide Beziehung zu erarbeiten, die von gegenseitigem Verständnis und Vertrauen geprägt ist.
Alles auf Anfang – warum Ablehnung nicht das Ende ist
Wenn Menschen nach ihren Gefühlen vor einem wichtigen Date gefragt werden, lautet die Antwort üblicherweise: wohlige Vorfreude, gepaart mit der leichten Angst, zurückgewiesen zu werden. Zwar weiß jeder, dass die Welt von etwas Ablehnung nicht untergeht, doch das Ego leidet nicht gerne und bringt uns deshalb dazu, vielversprechende Möglichkeiten ungenutzt verstreichen zu lassen.
Wer hat bei der Partnersuche wohl mehr Chancen auf Erfolg? Derjenige, der sich vor lauter Angst vor Zurückweisung nicht traut, einen anderen Menschen anzusprechen, oder derjenige, der sich denkt, von zehn potenziellen Partnern wird schon einer Ja sagen? Die Antwort liegt auf der Hand und ist auch im Vertrieb von wesentlicher Bedeutung. Verkäufer, die davor zurückscheuen, Kaltakquise zu betreiben, werden niemals so erfolgreich sein wie ihre Kollegen, die jede Absage als einen weiteren Schritt in Richtung Ziel wahrnehmen. Irgendwann klappt es immer, und wer sich bewusst macht, dass Zurückweisungen zur Vertriebsarbeit dazugehören, ist der Konkurrenz eine Nasenlänge voraus.
Versuchen Sie deshalb, wichtige geschäftliche Erstkontakte wie einen Flirt zu sehen – einen Business-Flirt sozusagen –, und machen Sie sich bewusst, dass der Nutzen einer Ansprache die damit verbundene Gefahr bei Weitem übersteigt. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt, und selbst wenn Sie Ablehnung erfahren sollten, sind Sie zumindest einen Schritt in die richtige Richtung gegangen und haben bestenfalls sogar noch etwas daraus gelernt.
Mit aufrichtigem Interesse direkt ins Kundenherz
Je angespannter ein Verkäufer ist, desto größer wird auch die Wahrscheinlichkeit, dass im Erstgespräch die Chemie nicht stimmt. Wie bei jeder zwischenmenschlichen Unterhaltung ist Authentizität auch bei Businessmeetings das A und O, und wer sich krampfhaft bemüht, den richtigen Ton zu treffen, kann nur verlieren. Aber wie geht es besser?
Grundsätzlich verlaufen Gespräche dann erfolgreich, wenn sie für beide Seiten spannend und unterhaltsam sind. Für Verkäufer bedeutet das, dass sie davon absehen sollten, den klassischen Werbespruch „Mein Haus, mein Boot, mein Auto!“ nachzuahmen, um dem Kunden zu imponieren. Ihre Gesprächspartner interessieren sich nicht dafür, wie stolz Sie auf Ihr Produkt sind, sondern sie interessieren sich dafür, welchen individuellen Nutzen sie aus Ihrem Angebot ziehen können. Diesen Nutzen herauszuarbeiten, ist die wichtigste Aufgabe eines jeden Kundenberaters, und dafür benötigen Sie sowohl Zeit als auch aufrichtiges Interesse an der anderen Person.
Attraktivität macht sich bezahlt
Attraktivität beeinflusst unser Denken und Handeln. Babys betrachten attraktive Gesichter besonders ausgiebig, und eine Studie der Michigan State University hat ergeben, dass Unternehmen mit gut aussehenden leitenden Angestellten überdurchschnittlich viel Erfolg haben. Unfair? Auf jeden Fall, aber manche Dinge sind eben nicht zu ändern. Was Sie allerdings ändern können, ist der Eindruck, den Sie bei Ihren Kunden hinterlassen. Schon ein einfaches Lächeln kann wahre Wunder bewirken, und je stärker Sie die Anziehungskraft Ihrer Produkte betonen, desto besser. Eine Partnerschaft kann nur funktionieren, wenn beide Seiten davon profitieren, und wenn Sie in der Lage sind, Ihrem potenziellen Kunden den Nutzen einer Zusammenarbeit zu vermitteln, sind Sie Ihrem Ziel einer erfolgreichen Geschäftsbeziehung schon einen großen Schritt näher.
Letztlich ist eine Geschäftsanbahnung eben doch wie ein Flirt in Ihrer Lieblingsbar: Mit einem attraktiven Angebot, aufrichtigem Interesse und dem Mut, eine Abfuhr zu kassieren, steht Ihrem Erfolg nichts mehr im Wege. Nur auf den Heiratsantrag sollten Sie in jedem Fall verzichten. In geschäftlichen Beziehungen reicht die Einladung zu einer Vertragsunterzeichnung zum richtigen Zeitpunkt völlig aus.
Den Artikel lesen Sie auch in AssCompact 08/2016, Seite 84 f.

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