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15. November 2018
VersVermV: Was sich beim Vertrieb von Versicherungsanlageprodukten ändert

VersVermV: Was sich beim Vertrieb von Versicherungsanlageprodukten ändert

Mit starker Verspätung wird in Kürze die Versicherungsvermittlungs-Verordnung in Kraft treten. Nächste Woche wird darüber abschließend im Bundesrat beraten. Für Makler hält die Verordnung höhere Anforderungen beim Vertrieb von Versicherungsanlageprodukten bereit. Was dabei künftig zu beachten ist, erklärt Prof. Dr. Matthias Beenken.

Professor Karel von Hulle, der früher bei der EU-Kommission für die Versicherungsregulierung verantwortlich war, plädierte vor kurzem auf einer Veranstaltung in Münster für einen Rückzug aus dem Verkauf von Versicherungsanlageprodukten auf breiter Front. Denn die Anforderungen seien inzwischen so hoch, dass sie von nicht spezialisierten Maklern und Vertretern, die nur gelegentlich mit diesen Produkten zu tun haben, kaum noch kompetent beraten werden könnten.

Eigentlich geht es nur um Fondsversicherungen

So weit muss man keineswegs gehen. Tatsächlich gelten schärfere Vorgaben, die aber durch entsprechende organisatorische Maßnahmen und einen strikten Beratungsprozess ohne weiteres umsetzbar sind. Betroffen sind alle Lebens- und Rentenversicherungen, die nicht staatlich gefördert werden, kurz gesagt Schicht 3-Verträge.

Die Idee dabei ist, dass fonds- und indexgebundene Versicherungen, die nicht eindeutig zur Altersvorsorge, sondern zur Kapitalanlage dienen, unter den gleichen Anforderungen vertrieben werden wie reine Kapitalanlagen. Ob auch Klassikprodukte darunter fallen sollen, ist umstritten. Im Moment muss man wohl davon ausgehen. Sinnvoll ist es eigentlich nicht, weil bei diesen Produkten keine Anlagestrategie zu vereinbaren und im Lauf der Vertragszeit bei Bedarf anzupassen ist.

Interessenkonflikte vermeiden

Nach § 18 VersVermV müssen alle Vermittler, die Versicherungsanlageprodukte vertreiben, Interessenkonflikte erkennen und nach Möglichkeit vermeiden. Für Makler ist das nichts Neues: Als treuhänderähnliche Sachwalter der Kunden dürfen sie sich bei ihrer Beratung und der Auswahl der Produkte nicht von anderen als den Kundeninteressen leiten lassen. Der beste Schutz vor dem Vorwurf, sich von Interessenkonflikten beeinflussen zu lassen, ist eine gute Beratung und eine dazu passende Beratungsdokumentation. Im Mittelpunkt müssen dabei die objektiven Kriterien stehen, die aus Kundensicht für das ausgewählte Produkt sprechen.

Weiter geht § 19 VersVermV auf Vergütungen ein. Bekommt der Vermittler Provisionen oder Courtagen, oder zahlt er selbst solche, muss er sicherstellen, dass sich diese nicht nachteilig auf die Qualität der Vermittlung auswirken. Insbesondere soll sich der Vermittler nicht davon abhalten lassen, im bestmöglichen Interesse der Kunden zu handeln.

Vergütungen und Anreize prüfen

Vermittler sollten deshalb alle Vergütungsvereinbarungen prüfen, die sie mit den Versicherern geschlossen haben, ob es dort problematische Anreize gibt. Kritisch sollten sie vor allem gegenüber ungewöhnlich hohen Provisions- und Courtagesätzen, gegenüber produktionsabhängigen Staffelvereinbarungen und Bonifikationen sowie gegenüber allen Arten von Incentives sein. Wer sein Geschäft über Pools einreicht, sollte genau hinsehen, was dort angeboten wird, und ob damit eine Steuerung in Richtung ganz bestimmter Versicherer und ganz bestimmter Produkte erreicht wird.

Wenn Vermittler eigene Mitarbeiter oder Untervermittler im Vertrieb einsetzen, sollten sie prüfen, ob sie die nötige Qualifikation für den Vertrieb von Versicherungsanlageprodukten besitzen. Notfalls sollte der Vertrieb besser auf eine qualifizierte Person konzentriert werden. Auch hier sind die Vergütungsvereinbarungen und sonstigen Anreize zu prüfen, ob sie Interessenkonflikte auslösen. Das könnte beispielsweise dann der Fall sein, wenn es für riskantere Produkte mehr Provision gibt als für weniger riskante Produkte, aber der Mitarbeiter selbst in der Kundenberatung entscheiden kann, welche Risikoklasse er dem Kunden zuschreibt.

Näheres zum Thema risikofördernde Anreize findet man in der Delegierten Verordnung 2017/2359 der Europäischen Union, an die auch Vermittler unmittelbar gebunden sind. Deshalb sollten Vermittler von Versicherungsanlageprodukten diese Verordnung unbedingt einmal lesen.

Geeignetheit prüfen

Schon seit 23.2.2018 gilt, dass Vermittler beim Vertrieb von Versicherungsanlageprodukten grundsätzlich eine Geeignetheitsprüfung durchführen müssen. Dazu müssen laut § 7c VVG Kenntnisse und Erfahrungen des Kunden mit vergleichbaren Anlagen, die finanziellen Verhältnisse und Verlusttragfähigkeit sowie Anlageziele und Risikotoleranz erfragt werden.

Es dürfen nur Produkte empfohlen werden, die für den Kunden aufgrund der erfragten Informationen geeignet sind. Dafür haben viele Anbieter Software geschaffen, mit der die Abfrage und anschließende Filterung geeigneter Versicherungsanlageprodukte erleichtert wird. Sofern Makler Software von Versicherern benutzen, sollten sie aber darauf achten, dass diese ausreichend neutral gehalten ist. Man kann von einem Versicherer schlecht erwarten, dass er andere als die eigenen Produkte in der Software zeigt, aber damit hat der Makler noch nicht seine Marktauswahl geleistet.

Selbst wenn der Vermittler nicht alle Informationen vom Kunden erhält, muss er wenigstens die Kenntnisse und Erfahrungen mit vergleichbaren Anlagen in Erfahrung bringen und die Angemessenheit der empfohlenen Produkte prüfen. Bei unangemessenen Produkten ist eine Warnung aussprechen. Makler sollten sich allerdings sehr gut überlegen, ob sie mit einem Kunden zusammenarbeiten wollen, der wichtige Auskünfte über seine Situation verweigert.

Schließlich gibt es Aufzeichnungs- und Berichtspflichten, bei denen geklärt werden muss, wie diese arbeitsteilig zwischen Vermittler und Versicherer erbracht werden. Das alles lässt sich regeln und in einen Beratungsprozess bringen, mit dem sich Versicherungsanlageprodukte problemlos weiter vertreiben lassen.

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