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3. Juli 2019
Heißes Eisen Mietendeckel

Heißes Eisen Mietendeckel

Der Berliner Senat will fünf Jahre lang die Mieten deckeln. Die Frage, ob dies rechtlich zulässig ist, beschäftigt Anwälte, Immobilienverbände und den Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages. Derweil hat die Deutsche Wohnen als erster Immobilienkonzern eine Grenze festgelegt, von der an die Mieten nicht mehr steigen sollen. 

Berlin will per Gesetz einen Mietendeckel einführen, wonach die Mieten fünf Jahre lang nicht mehr steigen dürfen, um die angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt zu beruhigen. Dazu hat der Berliner Senat vor Kurzem Eckpunkte vorgelegt (AssCompact berichtete). Darin wird unter anderem die Miete bei Wiedervermietung auf die Höhe beschränkt, die der Vormieterhaushalt gezahlt hat. Geht es nach dem Berliner Senat, soll das Gesetz 2020 in Kraft treten und rückwirkend ab 18.06.2019 gelten. Inzwischen setzen sich Rechtsanwälte und Immobilienverbände mit der Frage auseinander, ob dieses Vorhaben rechtens ist und es liegen konkurrierende Gutachten vor. Auch der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags hat ein Gutachten zum Mietendeckel erstellt und hält das Vorhaben Medienberichten zufolge für rechtlich fragwürdig.

Verstößt der Mietendeckel gegen die Verfassung?

Der CSU-Bundestagsabgeordnete Hans Michelbach hat das Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes in Auftrag gegeben. Die Bundesgesetzgebung entfalte laut Gutachten im Bereich des Zivilrechts eine Sperrwirkung für die Landesgesetzgebung. „Nach wohl herrschender Meinung wurde das Zivilrecht durch den Bund bereits so umfassend geregelt, dass für landesrechtliche Regelungen auf diesem Gebiet kaum mehr Möglichkeiten bestehen“, heißt es in dem Gutachten, dass die Nachrichtenagentur dpa vorliegen hat. Michelbach wird aus einer Mitteilung mit den Worten zitiert, der Senat greife mit seinem Mietendeckel in abschließend geregelte Zuständigkeiten des Bundes ein.

Doch in dem Gutachten wird auch angeführt: „Eine Zuständigkeit der Länder für ein Verbot von Mieterhöhungen könnte sich aus der Gesetzgebungskompetenz für das Wohnungswesen ergeben.“

Ebenfalls als verfassungswidrig hatte den Mietendeckel auch ein Rechtsgutachten der Rechtsanwaltskanzlei Greenbert Traurig im Auftrag des Bundesverbands Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFS) eingestuft. „Berlin hat in dieser Frage keine eigene Gesetzgebungskompetenz,“ erklärt Susanne Klabe, die Geschäftsführerin des BFW Landesverbands Berlin/Brandenburg e. V. (AssCompact berichtete).

Forderung nach bundesweitem Mietendeckel

Demgegenüber verweist ein Rechtsgutachten der Mietrechts- und Verfassungsexperten Franz Mayer und Markus Artz von der Universität Bielefeld für die SPD-Fraktion auf die Verfassung von Berlin, die ein Recht auf Wohnen vorsieht (im Unterschied zum Grundgesetz) und auf die Verordnungsermächtigung im Bürgerlichen Gesetzbuch, wonach Landesregierungen bei Wohnungsnot über Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten bestimmen können. Demnach bestehe grünes Licht für den Mietendeckel. Derweil geht die SPD noch einen Schritt weiter und schlägt vor, den Mietendeckel bundesweit zu übernehmen.

Weniger Investitionen in Wohnungsneubau durch Mietendeckel?

Bei den Bundesbürgern findet der Mietendeckel alles andere als einhellige Zustimmung. Dies zeigt eine repräsentative Civey-Umfrage im Auftrag des ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss, Spitzenverband der Immobilienwirtschaft. Demnach meint fast jeder Zweite, dass ein Mietendeckel zu weniger Investitionen in den Wohnungsneubau führe. „Der Mietendeckel ist ein Beleg für Politikversagen in Berlin und schadet letztlich den jetzigen Mietern und zukünftigen Bewohnern einer Stadt am meisten“, erklärt ZIA-Präsident Dr. Andreas Mattner. „Denn dadurch werden Investitionen und Modernisierungen, die wir dringend brauchen, verhindert. Nicht zuletzt verstößt ein Mietendeckel gegen die Berufsfreiheit gewerblicher Vermieter und gegen die grundgesetzlich gewährleistete Vertragsfreiheit beider Mietvertragsparteien.“

Deutsche Wohnen mit eigenem Mietendeckel

In der Zwischenzeit legte die Deutsche Wohnen im Rahmen einer Selbstverpflichtung als erster Immobilienkonzern eine Grenze fest, von der an die Mieten nicht mehr steigen sollen. Der Konzern verpflichtet sich, die Bruttowarmmiete nach Modernisierungen nur so zu erhöhen, dass sie maximal 30% des Nettoeinkommens eines Haushaltes beträgt. Zudem sollen künftige Mieterhöhungen nach Mietspiegel so begrenzt werden, dass ein Haushalt maximal 30% seines Nettoeinkommens für die Nettokaltmiete aufwenden muss – selbst wenn der Mietspiegel weitere Erhöhungen zulassen würde. Außerdem will der Konzern jede vierte neu zu vermietende Wohnung an Mieter mit Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein vergeben. 

Der Vorstoß der Deutsche Wohnen wird kontrovers diskutiert. Kritiker unterstellen dem Konzern einen PR-Coup. Das Unternehmen wolle mit den Maßnahmen einen Mietendeckel torpedieren. Skeptisch wird auch hinterfragt, wie der Konzern die Selbstverpflichtung praktisch umsetzen will. (tk)

Bild: © wichaiphoto – stock.adobe.com

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