Die anhaltenden historischen Niedrigzinsen machen nicht nur Kleinsparern, sondern auch institutionellen Investoren wie Versicherern zu schaffen. Klaus Wiener, Chefvolkswirt des GDV, hält es wegen der drohenden Strafzinsen sogar für möglich, dass Versicherer ihr Geld in Zukunft in Tresoren lagern.
Klaus Wiener, Chefvolkswirt des GDV, hat sich im Gespräch mit dem Tagesspiegel zu den konkreten Folgen des Zinsdilemmas für die Kapitalanlage der Versicherer geäußert. Angesichts dessen, dass im September sogar negative Leitzinsen im Euroraum drohen, schließt er selbst drastische Schritte nicht aus. „Die Europäische Zentralbank betreibt Staatsfinanzierung auf Kosten der Sparer und der Versicherten“, meint Wiener.
Dem GDV-Chefvolkswirt zufolge kauft bereits kaum ein Versicherer mehr Bundesanleihen. Wenn dann noch Anleihen von staatsnahe Emittenten, wie etwa KfW-Papiere. Alternativ rücken Unternehmensanleihen oder Schuldscheindarlehen vermehrt in den Fokus. Auch Kreditfonds gewinnen Wiener zufolge für die Kapitalanlage der Versicherer an Bedeutung. „Aber wenn die Zinsen noch weiter sinken, wird auch das schwierig“, gibt der Experte zu Bedenken.
Während Kleinsparer bei der Bank in aller Regel zumindest noch 0 auf 0 herauskommen, müssen Großinvestoren schon heute oft Strafzinsen zahlen, wenn sie Geld bei ihrer Bank parken. Das sei gerade für die Versicherer ein Problem. „Die Versicherer haben nicht viele liquide Mittel. Das Gros des Geldes ist langfristig investiert“, so Wiener gegenüber dem Tagesspiegel. „Aber je niedriger die Zinsen sind, desto attraktiver wird es, Geld in Tresoren zu lagern.“ Einige Versicherer würden sich diese Möglichkeit derzeit sehr genau ansehen.
Wiener zufolge, sei die Option für Versicherer interessant, da das Geld aufgrund der langfristigen Kapitalanlage gar nicht so häufig gebraucht werde. Auszahlungen an Lebensversicherungskunden seien zudem sehr gut planbar. „Wenn die Zinsen weiter sinken und man das Bargeld nicht verbietet, ist es für die Versicherer zunehmend attraktiv, Geld in den Tresor zu legen“, sagt Wiener im Zeitungsinterview. Dann werde die Option Tresor aber nicht nur für institutionelle Investoren, sondern auch für Privatanleger zunehmend an Attraktivität gewinnen. (mh)
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