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23. September 2020
Kfz-Versicherung: Volle Kraft voraus

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Kfz-Versicherung: Volle Kraft voraus

Die Kfz-Versicherung ist geprägt von einem harten Wettbewerb. Nun droht neue Konkurrenz aus Kalifornien. Zugleich stehen die Versicherer vor der Herausforderung, neue Risiken infolge des technologischen Fortschritts entsprechend abzusichern. Und nicht zuletzt gilt es, die Folgen der Corona-Krise zu meistern. Eine Standortbestimmung von Michael Franke, Geschäftsführer der Franke und Bornberg GmbH.

Die Kraftfahrzeugversicherung bringt es in Deutschland auf stolze 28,5 Mrd. Euro Prämieneinnahmen im Jahr. Sie ist damit das unangefochtene Schwergewicht der Schaden- und Unfallversicherung. Zudem gilt „Kraft“ als die Einstiegssparte schlechthin. Wer das Auto hat, hat den Kunden, sagt eine Vertriebsregel. Niedrige Vertragsquoten je Kunde sprechen jedoch eine andere Sprache. Unter Maklern ist der Wert umstritten. Manche vermitteln Kfz-Versicherungen nur noch, wenn weitere Verträge bei ihnen platziert werden. Andernfalls lohne der Aufwand nicht, heißt es.

Mit mangelnder Profitabilität kämpfen Kfz-Versicherer schon lange. Zwischen 2008 und 2013 fuhren sie sogar Verluste ein. Seit dem Turnaround im Jahr 2014 liegt die Schaden-/Kostenquote („Combined Ratio“) der Kfz-Sparte knapp unter 100% – aber nicht bei allen Gesellschaften. Von 34 Unternehmen, die Daten für den map-report „Rating deutscher Autoversicherer“ 2019 beigesteuert hatten, mussten immerhin vier Schaden-/Kostenquoten zwischen 102 und 106,7% verbuchen (im Mittel der Jahre 2014 bis 2018).

Ein traditionell starker Wettbewerb verhindert, dass noch höhere Preise durchsetzbar sind. Vergleichsportale befeuern den Run auf die vermeintlich besten Prämien jedes Jahr aufs Neue. Wer vergleicht, spart mehr, so das Motto der aktuellen Wechselsaison. Von Leistungen ist deutlich seltener die Rede. Für Versicherte kann das im Schadenfall fatale Folgen haben.

Tops und Flops – Aktuelle Trends bei Kfz-Tarifen

Dabei gibt es aus Kundensicht durchaus erfreuliche Entwicklungen in der Autoversicherung. Denn trotz des günstigen Beitragsniveaus setzen Kfz-Versicherer zunehmend auf Qualität. Leistungsmerkmale, die früher nur Spitzentarife gekennzeichnet haben, sind in der Mitte des Marktes angekommen. Das gilt zum Beispiel für die Neupreisentschädigung für 24 Monate oder den Zusammenstoß mit Tieren anstelle der früheren Beschränkung auf Haarwild. Versicherungsbedingungen wurden in den letzten Jahren verständlicher und sind übersichtlicher aufgebaut. Eine gegenläufige Entwicklung beobachten die Analysten von Franke und Bornberg allerdings bei Online-Versicherern, die vor allem junge Kunden ins Visier nehmen. Diese werden mit vermeintlich einfachen Bedingungen und günstigen Kfz-Prämien geködert. Wer den Lockrufen folgt, spart meist am falschen Ende und muss das im schlimmsten Fall teuer bezahlen.

Vor einiger Zeit als spannende Innovation gepriesen, ist es um Telematiktarife vergleichsweise ruhig geworden. Diese wollen vorausschauendes und situationsgerechtes Fahren mit Prämiennachlässen belohnen. Und vielleicht auch dafür sorgen, dass Versicherer die Datenhoheit beim Fahrverhalten nicht vollständig den Fahrzeugherstellern überlassen. Doch die Zahl der Telematik-Anbieter ist niedrig. Die Transparenz bleibt oft auf der Strecke, wenn wichtige Regelungen nur in separaten Sonderbedingungen zu finden sind. Autofahrer dürften zudem einigermaßen verwirrt sein, weil jeder Versicherer andere Kriterien zur Bewertung des Fahrverhaltens heranzieht. Auch die technische Infrastruktur unterscheidet sich je nach Anbieter. Vor diesem Hintergrund kann es nicht überraschen, dass Ende 2019 nur ungefähr 300.000 Versicherte einen Telematiktarif abgeschlossen hatten. In Theorie und Berichterstattung spielt Telematik offensichtlich eine weitaus größere Rolle als in der (Fahr-)Praxis.

 
Ein Artikel von
Michael Franke