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23. November 2020
Informationspflichten und Haftungsrisiken in der bAV

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Informationspflichten und Haftungsrisiken in der bAV

In einer Grundsatzentscheidung Anfang 2020 hat das Bundesarbeitsgericht verdeutlicht, wie weit die Informationspflichten für Arbeitgeber und ihre Berater gehen, wenn sie Mitarbeiter hinsichtlich einer betrieblichen Altersversorgung beraten. Prof. Dr. Martin Diller, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Partner der Wirtschaftskanzlei Gleiss Lutz Hootz Hirsch, ordnet das Urteil ein und gibt praktische Tipps.

Informationspflichten sind überall dort wichtig, wo Entscheidungen zu treffen sind. Bei der arbeitgeberfinanzierten betrieblichen Altersversorgung gibt es für den Mitarbeiter nichts zu entscheiden, und deshalb spielt es keine große Rolle, ob und welche Informationen er bekommt. Ganz anders ist es bei der arbeitnehmerfinanzierten Entgeltumwandlung. Der Mitarbeiter muss entscheiden, ob er Gehaltsansprüche zugunsten einer späteren Versorgung opfert. Insoweit ist es wie bei jeder anderen Geldanlage auch: Enttäuschungen sind vorprogrammiert. Mal ändern sich die steuerlichen oder sozialversicherungsrechtlichen Rahmenbedingungen, mal stellt sich der erhoffte Anlageerfolg nicht ein. Ein vorzeitiger Jobwechsel kann die Umwandlungsentscheidung nachteilig machen, familiäre Veränderungen (Scheidung) können den Wunsch auslösen, bereits eingezahlte Beträge aus dem Versorgungssystem wieder herauszuziehen.

In all diesen Fällen ist es verlockend für den Mitarbeiter, auf die Verletzung von Informations- oder Hinweispflichten durch den Arbeitgeber oder seine Berater zu pochen. Denn die Verletzung solcher Pflichten löst einen Schadensersatzanspruch aus, und im deutschen Schadenrecht gilt der Grundsatz der „Naturalrestitution“: Der Geschädigte ist so zu stellen, als seien alle Pflichten zu 100% korrekt erfüllt worden. Für die Entgeltumwandlung heißt das, dass bei falscher oder unvollständiger Information entweder die Altersversorgungsleistungen aufzustocken sind oder sogar der Arbeitgeber die umgewandelten Beträge nachzuzahlen hat. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in einer kürzlich veröffentlichten Grundsatzentscheidung vom 18.02.2020 (3 AZR 206/18) die Voraussetzungen und Grenzen der Informationspflicht bei betrieblicher Altersversorgung zusammengefasst und weiterentwickelt. Die Entscheidung ist für Arbeitgeber und ihre Berater von großer Bedeutung.

Worum ging es?

Ein Arbeitgeber hatte mit einer zur Sparkassen-Finanzgruppe gehörenden Pensionskasse einen Rahmenvertrag zur Entgeltumwandlung geschlossen. Auf einer Betriebsversammlung informierte ein Vertreter der örtlichen Sparkasse, der als „Fachberater für betriebliche Altersversorgung“ angekündigt worden war, die Mitarbeiter über Fragen der Entgeltumwandlung und damit zusammenhängende steuerrechtliche Aspekte. In der Folgezeit konnten sich die Mitarbeiter in Einzelgesprächen mit dem Sparkassenvertreter weiter informieren lassen. Der spätere Kläger schloss daraufhin eine Entgeltumwandlungsvereinbarung über die Pensionskasse ab. Zwei Monate später änderten sich die sozialversicherungsrechtlichen Rahmenbedingungen zuungunsten des Klägers. Dieser verklagte den Arbeitgeber auf Schadensersatz mit der Begründung, der vom Arbeitgeber eingeschaltete „Fachberater“ habe von dem Gesetzgebungsvorhaben gewusst oder hätte davon jedenfalls wissen müssen, und darauf hätte er die Mitarbeiter hinweisen müssen. Das Versäumnis des „Fachberaters“ sei dem Arbeitgeber zuzurechnen. Nachdem das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm dem Kläger noch recht gegeben hatte, schmetterte das BAG seine Klage ab.

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