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7. Mai 2015
VOTUM: „Ein Nebeneinander der Vergütungsformen bildet den besten Weg“

VOTUM: „Ein Nebeneinander der Vergütungsformen bildet den besten Weg“

Am 12.05.2015 findet in Frankfurt am Main die vierte Auflage der POOLS & FINANCE statt. AssCompact spricht im Vorfeld mit den Veranstaltern über die Branche, die Rahmenbedingungen und natürlich über die POOLS & FINANCE. Heute steht Martin Klein, Geschäftsführer des VOTUM Verband Unabhängiger Finanzdienstleistungs-Unternehmen in Europa e.V., Rede und Antwort.

Herr Klein, Finanzvertrieben weht ein kräftiger Wind entgegen. Kritik von außen, Regulierung, Kostendruck und immer neue Anforderungen. Wie gut geht es Ihren Mitgliedsunternehmen?

Tatsächlich konnten viele unserer Mitgliedsunternehmen im zurückliegenden Geschäftsjahr wieder steigende Umsatzzahlen feststellen. Natürlich stellen Regulierungsintensität und die Schnelligkeit der Abfolge von Regulierungsvorhaben auch mittlere und größere Vertriebs- und Poolunternehmen vor Herausforderungen. Letztendlich sind dies jedoch Faktoren, welche das Geschäftsmodell fördern. Die gesetzlichen Anforderungen und der berechtigte Anspruch der Verbraucher an eine qualitativ hochwertige Versicherungs- und Anlageberatung können heute von einem Vermittler als One-Man-Show kaum erfüllt werden. Dieser benötigt die Einbindung und Unterstützung durch ein Vertriebs- oder Poolunternehmen, welches ihm regulatorisch den Rücken freihält und bei der Produktauswahl sowie im Beratungsprozess unterstützt. Auch die zunehmende Einbindung digitalisierter Arbeitsabläufe bedarf einer professionellen Unterstützung.

Das regulatorische Umfeld ist daher nach unserer Wahrnehmung für die größeren Vertriebe und Pools weniger herausfordernd, als die Tatsache, dass die Finanzmarktkrise seit dem Jahr 2009 zu einem deutlich zurückhaltenden Anlegerverhalten geführt hat, welches durch den nahtlosen Übergang in die Niedrigzinsphase fortdauert. Die Finanzvertriebe konkurrieren derzeit nicht etwa mit einem wieder erstarkten Bankenvertrieb, sondern mit einer allgemeinen Neigung des Kunden hin zu mehr Konsum und weniger Vorsorgebereitschaft. Wenn es den Beratern gelingt, diese Verunsicherung auf Seiten des Kunden aufzunehmen und ihm die Notwendigkeit einer Privaten Altersvorsorge mit Lösungsmöglichkeiten vor Augen zu führen, zeigen sich für den gut aufgestellten Allfinanzdienstleistungsvertrieb weiterhin hervorragende Marktchancen. Wir können unsere Mitgliedsunternehmen dabei dadurch unterstützen, dass wir ihnen frühzeitig zukünftige Entwicklungen auf regulatorischer Ebene aufzeigen und in einem diesbezüglich einzigartigen Verbandsumfeld gemeinsam auf Produktgeber- und Vertriebsebene Markteinschätzungen und Lösungen diskutieren.

Es sind vor allem die Interessen größerer Finanzvertriebe, die Sie vertreten. Hier ist die Kritik oft besonders hart und sie kommt nicht nur von Verbraucherschützern, sondern auch aus der Branche selbst. Wie sehr ärgert Sie das und können Sie das auch manchmal nachvollziehen?

Es ist tatsächlich verwunderlich, wenn selbst gestandene Marktteilnehmer zur Begründung der besonderen Ehrbarkeit ihrer Berufsgruppe undifferenziert über die vermeintlichen Fehlleistungen von strukturierten Vertriebsunternehmen schwadronieren. Hier werden mit Unkenntnis vorhandene Klischees bedient, um sich den Applaus der eigenen Klientel zu sichern. Bei den Mitgliedsunternehmen des VOTUM Verbandes stand die Abkehr von einem Produktverkauf hin zu Vermittlung eines Absicherungs- und Anlagekonzeptes auf Basis der Gesamtanalyse der Kundensituation bereits in der Gründungsphase des VOTUM Verbandes im Vordergrund. Dies zu einem Zeitpunkt, in dem im Ausschließlichkeitsvertrieb häufig eine Monoproduktkultur gepflegt wurde.

Skandalunternehmen, wie MEG, S & K und Infinus, wurde die Mitgliedschaft im Verband konsequent verweigert. Die Beratungsqualität, die heute von den Mitgliedsunternehmen, insbesondere gegenüber Privatkunden angeboten wird, braucht sich nicht zu verstecken.

Komplex wirtschaftliche Zusammenhänge werden einige Verbraucherschützer und Marktteilnehmer immer dazu verführen, vereinfachende Erklärungsmodelle und Stigmatisierungen zu nutzen. Es ist jedoch festzustellen, dass mit dieser Schwarzweiß-Malerei ein Verbrauchernutzen nicht erbracht wird. Dies ist aktuell bei der stereotypen Diskussion zur angeblichen Güte der Honorarberatung und der vermeintlichen Unzulänglichkeit der Provisionsberatung zu beobachten. Für die Berufsgruppe der Anwälte behauptet keiner, dass diese allein deshalb, weil sie Honorare vereinnahmen, gute Leistungen erbringen. Gerade im Bereich des Anlegerschutzes, in dem viele Verfahren nur auf Grund des Honorarinteresses der Kanzleien geführt werden, wäre es heilsam, wenn erst bei Eintritt des Erfolgs eine anteilige Provision fließen würde.

Als Reaktion auf die Kritik von außen haben Sie ein Gütesiegel entwickelt und Ihren Mitgliedern einen Vergütungskodex verschrieben. Findet das überhaupt den Weg in die Öffentlichkeit?

Das VOTUM Gütesiegels war weniger eine Reaktion auf vermeintliche Kritik, sondern entsprach dem Wunsch der Mitglieder, die von diesen erbrachte Qualität ihrer Dienstleistung transparent zu machen. Die Mitgliedsunternehmen hatten sich bereits zur Gründung des Verbandes einem Ehrenkodex unterworfen. Die Entwicklung wurde im Übrigen aus dem Kreis der Mitgliedsunternehmen getragen und nicht von außen über die Verbandsführung aufoktroyiert.

Die Inhalte des Gütesiegels gingen zum damaligen Zeitpunkt über den Stand der gesetzlichen Vorgaben hinaus. So hatten sich die Mitgliedsunternehmen bereits hier freiwillig verpflichtet, einen Deckungsschutz in der Vermögensschadens-Haftpflichtversicherung über die gesamte Bandbreite der von ihm angebotenen Produktpalette vorzuhalten und nicht nur in der Versicherungsvermittlung. Auch war eine Dokumentation des Beratungsprozesses verbindlich festgelegt.

Vieles davon ist heute gesetzliche Basis. Wir sind daher dazu übergegangen, aus den Bestandteilen des VOTUM Gütesiegels und des von uns mit den anderen Vermittlerverbänden entwickelten Vermittlerkodexes ein neues VOTUM Leitbild zu entwickeln, welches das Gütesiegel ersetzt.

Soweit Sie nach dem Vergütungskodex fragen, ist dieser aktuell noch in Abstimmung und nicht verabschiedet. Hier stehen insbesondere Fragestellungen zu hybriden Vergütungsmodellen im Vordergrund. Das Nebeneinander von Provision und Honorar soll einen für den Verbraucher fairen und transparenten Rahmen erhalten, der geeignet ist, häufig geäußerte Bedenken entgegen zu wirken.

VOTUM ist auch auf europäischer Ebene aktiv und setzt sich mit dem europäischen Dachverband FECIF für die Belange seiner Mitglieder ein. Wie ist in Europa der Diskussionsstand zur weiteren Regulierung der Finanzvermittlung?

Die Regulierungsprojekte MiFID II und PRIIPs wurden bereits im letzten Jahr verabschiedet und befinden sich nunmehr in der Umsetzungsphase. Hier gehen wir derzeit für den freien Finanzanlagevertrieb nicht von einschneidenden Änderungen in Deutschland aus, da bereits bei der Abfassung der Finanzanlagenvermittlerverordnung die Ausgestaltung mit Blick auf den damaligen europäischen Diskussionsstand vorgenommen wurde. Die Regulierungsaktivitäten auf europäischer Ebene haben sich hier aktuell auf die europäische Wertpapieraufsicht ESMA verlagert, welche technische Empfehlungen zur Umsetzung von Richtlinienvorgaben entwickelt. Hier gilt es, weiterhin besondere Aufmerksamkeit auch bei kleinsten Detailformulierungen zu wahren, da ansonsten durch diese Hintertür der Regulierung ungewollte und demokratisch nicht legitimierte Eingriffe drohen. Dies ist häufig Kernerarbeit, da die umfangreichen Textvorgaben weniger Aufmerksamkeit erlangen als die breit diskutierten Richtlinienvorhaben.

Bei der Versicherungsvermittlerrichtlinie (IDD – ehemals IMD 2) besteht bei den Teilnehmern des derzeit geführten europäischen Trilog-Verfahrens die Hoffnung, dieses noch bis zur Jahreshälfte vor Übergabe der Ratspräsidentschaft an Luxemburg zu beenden. Wir sind da bei der Kürze des verbleibenden Zeitraums und der schleppenden Terminierung des Trilogs ein wenig skeptisch. Es zeichnet sich jedoch eindeutig ab, dass auch hier das Gespenst pauschaler Provisionsverbote gebannt werden konnte und die zukünftige Richtlinie nicht dazu führen wird, bewährte Geschäftsmodelle in Frage zu stellen.

In anderen Ländern hat die Honorarberatung schon Einzug gehalten. Was hören Sie diesbezüglich von Ihren europäischen Kollegen?

Das Gehörte zeigt, dass man sich immer sehr genau einen Blick vor Ort verschaffen sollte und Pauschalbeurteilungen hier gänzlich fehl am Platz sind. Schon die Behauptung, dass in England ein flächendeckendes Provisionsverbot und eine Hinwendung zur Honorarberatung erfolge, ist fehlerhaft. Das Provisionsverbot erstreckt sich nicht auf Biometrie und Sachversicherungsprodukte, sondern ist ausschließlich begrenzt auf Anlageprodukte. Außerhalb dieses Bereichs werden daher selbstverständlich auch in England weiterhin Provisionen vereinnahmt. Auch im Anlagebereich ist zu beobachten, dass nur bei vermögenden Kunden wirklich eine Honorarberatung angeboten und durchgeführt wird. Die restliche Kundschaft wird entweder auf Abwicklungsplattformen verwiesen, oder bekommt das Angebot sogenannter einfach strukturierter Produkte, in denen jedoch häufig auch weiterhin Vergütungen für den Vermittler eingearbeitet sind. Es handelt sich hierbei um eine Form der Honorarvermittlung, bei der der Kunde die auf das Produkt hinzugerechnete Vergütung des Beraters genehmigt. In Holland zeigt sich eine deutliche Fehlentwicklung des Marktes zu Lasten des freien Vertriebes. Dem Kunden wird hier von den Banken eine vermeintlich kostenfreie Beratungsleistung zugesagt, bei der die Banken offensichtlich andere Refinanzierungsmöglichkeiten nutzen wollen. Im Vergleich zu England ist hier daher ein noch deutlicherer Rückgang des freien Vertriebes zu beobachten. Beide Marktentwicklungen bestätigen daher aus unserer Sicht die Position von VOTUM, dass ein Nebeneinander der Vergütungsformen den besten Weg bildet.

Sie sind das erste Mal Mitveranstalter der POOLS & FINANCE. Welche Erwartungen haben Sie?

Uns ermöglicht die Messe einen Blick an die Basis, und die Möglichkeit eines direkten Dialoges mit den freien Vermittlern, um uns von ihnen unmittelbar die Themen abzuholen, die sowohl im Rahmen zukünftiger Regulierungen zu beachten sind, aber auch in dem innerhalb unseres Verbandes gepflegten Dialog mit den unterschiedlichen Produktgeber Gruppen. Die Pools & Finance wird sicherlich von denjenigen besucht werden, die aktiv an der Fortgestaltung ihres Berufsumfeldes interessiert sind, daher hoffen wir auf interessante Dialoge. (kb)

Interesse an der POOLS & FINANCE 2015 teilzunehmen? Unter http://poolsandfinance.de/votum können Sie sich kostenlos anmelden.

 
Ein Artikel von
Martin Klein, Geschäftsführer VOTUM Verband Unabhängiger Finanzdienstleistungs-Unternehmen in Europa e.V.