Die Europäische Kommission hat am 20.10.2011 Vorschläge für eine Überarbeitung der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID-II) vorgelegt. Das vorgeschlagene Legislativpaket besteht aus einer Richtlinie und einer Verordnung, deren Ziel es ist, die Finanzmärkte effizienter, widerstandsfähiger und transparenter zu machen und den Anlegerschutz zu stärken. Der neue Rechtsrahmen wird zudem die Aufsichtsbefugnisse der Regulierungsbehörden ausweiten und klare Verfahrensregeln für alle Handelstätigkeiten vorgeben.
Eine Novellierung der Richtlinie war unter anderem erforderlich geworden, da beispielsweise der Hochfrequenzhandel in der ursprünglichen Richtlinie von 2007 noch keine Rolle spielte. Des Weiteren sei die Überarbeitung ein notwendiger Schritt im Sinne des Anlegerschutzes gewesen, erklärte Carsten Ostermann aus dem Referat Wertpapiermärkte der Europäischen Kommission anlässlich eines Vortrages beim 5. MiFID Kongress der Börse Stuttgart am 08.11.2011. „Kein Bereich soll unreguliert bleiben“, so Ostermann. Zentral sei dabei unter anderem eine Ausweitung der Transparenzvorschriften über den Aktienbereich hinaus gewesen.
Erhöhung der Transparenz
Zukünftig sollen für alle Handelsplätze dieselben Transparenzvorschriften gelten. Daher bezieht MiFID-II nun auch eine neue Form von Handelsplätzen ein: die „organisierten Handelssysteme“ (OTF). Des Weiteren besteht die Anforderung, sämtliche Marktdaten an einem einzigen Handelsplatz verfügbar zu machen. Dies soll es den Anlegern erleichtern, sich einen Überblick über alle Handelsaktivitäten in der EU zu beschaffen und eine Entscheidung in voller Sachkenntnis zu treffen.
Stärkung der Aufsichtsbefugnisse
In Abstimmung mit der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) werden die Aufsichtsbehörden unter genau festgelegten Bedingungen über die Möglichkeit verfügen, bestimmte Produkte, Dienstleistungen oder Praktiken zu verbieten, wenn eine Gefahr für den Anlegerschutz, die Finanzstabilität oder das ordnungsgemäße Funktionieren der Märkte besteht.
Verbesserung des Anlegerschutzes
Aufbauend auf den bereits bestehenden umfassenden Vorschriften, sieht die überarbeitete MiFID strengere Anforderungen an Portfolioverwaltung, Anlageberatung und das Anbieten komplexer Finanzprodukte vor. Zur Vermeidung potenzieller Interessenkonflikte wird es unabhängigen Beratern und Portfoliomanagern untersagt sein, Zahlungen an Dritte zu leisten oder Zahlungen Dritter oder sonstige finanzielle Vorteile anzunehmen. Schließlich sollen für alle Wertpapierfirmen geltende Regeln zur Corporate Governance und Verantwortung des Managements eingeführt werden.
Die Börse Stuttgart begrüßt den Entwurf zur Überarbeitung der MiFID. Es sei richtig, die Deregulierung des Wertpapierhandels zu beenden und für mehr Transparenz auf elektronischen Märkten zu sorgen. „Die in den letzten Jahren durch die MiFID entstandenen Schattenmärkte waren der falsche Weg“, so Christoph Lammersdorf, Vorsitzender der Geschäftsführung der Börse Stuttgart.
Anlageberatung bedroht?
Der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) zeigt sich angesichts der vorgelegten MiFID-Revision, die unter anderem vorsieht provisionsbasierte Anlageberatung offen zulegen, besorgt. Der Verband ruft dazu auf, die Anlageberatung und das Wertpapiergeschäft nicht in ihrer Existenz zu bedrohen. Nach MiFID-II darf sich nur unabhängiger Berater nennen, der keine Provisionen von Dritten annimmt. Der BVR kritisiert diese Sichtweise. Die pauschale Klassifizierung der provisionsbasierten Anlageberatung als „abhängig“ lasse den Bezug zur Praxis vermissen und übersehe, dass es die Anleger selbst sind, die bestimmen, ob sie Anlageberatung auf Honorar- oder Provisionsbasis wünschen. Bislang entschieden sich die Anleger in verschwindend geringem Umfang für Honorarberatung. Die Einstufung der provisionsbasierten Anlageberatung als abhängige Beratung sei ein klarer Wettbewerbsnachteil für diese Beratungsform.
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