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Fort- & Weiterbildung

Versicherungswirtschaft: Beruf für unterschiedlichste Menschen

Beim BWV dreht sich alles um Bildungsangebote für die deutsche Versicherungsbranche. Mit Gütekriterien für Prüfungen schafft der Verband bundesweite Vergleichbarkeit und Objektivität. Über ein neues Berufsbild und darüber, wie es um den Nachwuchs in der Branche steht, spricht Dr. Katharina Höhn im Interview.

<h5>Interview mit Dr. Katharina Höhn, Hauptgeschäftsführerin des <a href="https://www.bwv.de/startseite&quot; target="_blank" >Berufsbildungswerk der Deutschen Versicherungswirtschaft</a> (BWV) e.V.</h5><h5>Ab August gibt es ein neues Berufsbild im Bereich Versicherungen und Finanzanlagen. Warum wurde dies nötig?</h5><p>Die bisherige Ausbildungsordnung ist fast zehn Jahre alt. Im letzten Jahrzehnt hat sich in der Branche viel verändert: Geschäftsprozesse wurden digital, die Bearbeitung von Kundenanfragen stark automatisiert und die verbleibenden Tätigkeiten für die Mitarbeitenden komplexer. Die Produktentwicklung hat die Kundinnen und Kunden an den Anfang gestellt und versucht, mit Arbeitsmethoden wie Design Thinking deren Lebenswelten zu erfassen. InsurTechs wurden in die Prozesse einbezogen, und schließlich hat die Pandemie das „Neue Normal“ in der Arbeitswelt eingeläutet, bei der die Mitarbeitenden mehr Selbstverantwortung und die Leitenden ein neues Führungsverständnis übernehmen. </p><p>Mit dem neuen <a href="https://www.bwv.de/qualifikationen/kaufmann-vfa&quot; target="_blank" >Berufsbild Kaufmann/Kauffrau für Versicherungen und Finanzanlagen</a> bekommen junge Leute das Rüstzeug für all diese Herausforderungen. Wie man der Grafik entnehmen kann, erhalten sie weiterhin breites versicherungsfachliches Know-how. Dann können sie sich mit Wahlqualifikationen spezialisieren.</p><h5> Welche Ausbildung ersetzt es? </h5><p>Sie ersetzt die Ausbildung Kaufmann für Versicherungen und Finanzen, zuletzt teilnovelliert 2014.</p><h5>In welchen Unternehmen wird die Ausbildung zum Tragen kommen? Auch in Maklerhäusern? </h5><p>Das Berufsbild wird in allen Betrieben unserer Branche ausgebildet, um Nachwuchs mit Versicherungs-Know-how zu gewinnen: in Hauptverwaltungen, Geschäftsstellen, Agenturen und Maklerhäusern. Auch Sparkassen, Bankfilialen oder Versicherungsabteilungen der Industrie bilden in dem Beruf aus. Mit den sechsmonatigen Wahlqualifikationen können Maklerinnen und Makler ihren Schwerpunkt auf ihr eigenes Geschäfts­modell setzen. Das kann zum Beispiel das Gewerbekundengeschäft im Baustein „Risiken für Nicht-Privatkunden“ oder das spezifische Maklermodell im Baustein „Betriebswirtschaftliches Arbeiten im Vertrieb“ sein. </p><!--text-long-pagebreak--><!--sub-title||Können Sie sagen, welche Qualifikationen am häufigsten gewählt werden? --><h5>Können Sie sagen, welche Qualifikationen am häufigsten gewählt werden? </h5><p class="zoombild" > <div class="zoomImage"><a href="https://www.asscompact.de/sites/asscompact.de/files/styles/zoom_large/p…; rel="prettyPhoto" title=""><img alt="Versicherungswirtschaft: Beruf für unterschiedlichste Menschen" height="94" src="https://www.asscompact.de/sites/asscompact.de/files/styles/zoom/public/…; typeof="Image" width="200" /><img class="zoomIcon" src="/sites/asscompact.de/themes/asscompact/gfx/zoom_icon.png" width="54"></a></div></p><p>Bei den fünf Wahlqualifikationen eignen sich manche mehr für Innendiensttätigkeiten, egal ob in Versicherungsunternehmen oder Maklerunternehmen, andere mehr für vertriebliche Tätigkeiten. </p><p>Da ein großer Teil der Auszubildenden bei Versicherern beschäftigt ist, gehen wir davon aus, dass die hier benötigten Wahlqualifikationen am häufigsten gewählt werden.</p><h5>Nicht nur, aber insbesondere Maklerbetriebe haben mit Nachwuchssorgen zu kämpfen. Wie beurteilen Sie die Situation?</h5><p>Die Nachwuchssorgen in der Versicherungswirtschaft gibt es, sind aber im Vergleich zu anderen Branchen wie Handwerk, Handel oder Gastronomie bei Weitem noch nicht so gravierend. Unsere Ausbildungserhebung – bei der sich allerdings mehrheitlich Versicherer beteiligen – zeigt, dass 11% der angebotenen Ausbildungsplätze 2020 nicht besetzt werden konnten. Die Befragten geben an, dass mangelnde Eignung der häufigste Grund für dieNicht-Besetzung und die Situation regional äußerst unterschiedlich ist.</p><p>Wir wünschen uns sehr, dass Maklerunternehmen ihren Nachwuchs verstärkt über die klassische Berufsausbildung gewinnen und die Absolventinnen und Absolventen anschließend über eine hochwertige Fortbildung, zum Beispiel zum Fachwirt für Versicherungen und Finanzen, ein sehr hohes Qualifikationsniveau erreichen. Das neue Berufsbild mit seinen Spezialisierungsmöglichkeiten eignet sich hervorragend für eine Ausbildung bei Maklern und im Vertrieb. Die Versicherungswirtschaft hat verstanden, sich um die knappen Talente auch in ihren Social-Media-Kanälen zu bemühen. Wir werben übrigens mit der Kampagne WERDE#INSURANCER (<a href="https://werde-insurancer.de/&quot; target="_blank" >werde-insurancer.de</a>) um Talente.</p><p>Wer wird denn eigentlich gesucht? Welche Voraussetzungen sollten junge Menschen mitbringen, die sich für eine Karriere in der Finanz- und Versicherungsbranche entscheiden?</p><p>Das Gute an der Versicherungswirtschaft ist: Bei uns können die unterschiedlichsten Menschen ihre berufliche Heimat finden. Wichtig sind persönliche Eigenschaften: Eigeninitiative, Eigenverantwortung, schnelle Auffassungsgabe, Offenheit und Experimentierfreudigkeit. Wer ein Teamplayer ist, Interesse an Finanzen und keine Scheu vor Zahlen hat und sich dazu noch gut ausdrücken kann, ist ideal geeignet. Aufgrund des sehr anspruchsvollen Tätigkeitsfelds steigen überwiegend Absolventinnen und Absolventen mit Hochschulreife in eine Ausbildung bei uns ein.</p><h5> Ist der Verdienst ein Grund für den Start?</h5><p>Die hohe Ausbildungsvergütung und die weiteren Arbeits­bedingungen sind sicher ein Plus für die Branche: Mit 1.120 Euro ab Ausbildungsstart nach dem AGV-Tarifvertrag, gültig ab 1. September 2022, liegt die Vergütung beispielsweise über der von Banken. Die Ausbildungsvergütung im Versicherungsvermittlergewerbe – BVK-Tarifvertrag – hat ein niedrigeres Grundniveau von 693 Euro, hier können noch leistungsorientierte Bestandteile dazukommen. Krisensichere Arbeitsplätze, eine – auch in der Pandemie – hochwertige Ausbildung, gute Übernahmequoten und die hohe Bedeutung von Aufstiegsfortbildungen machen die Branche für Berufsstarterinnen und -starter attraktiv.</p><!--text-long-pagebreak--><!--sub-title||Können auch vermehrt junge Frauen für Berufe in der Versicherungswirtschaft gewonnen werden?--><h5>Können auch vermehrt junge Frauen für Berufe in der Versicherungswirtschaft gewonnen werden?</h5><p>Wir sehen – Stand 2020 – 43,3% weibliche Auszubildende in unserer Branche. Der Anteil von Frauen und Männern in der Versicherungswirtschaft insgesamt liegt in den letzten zehn Jahren stabil bei etwa 50:50 – 47,6% Frauen. Im Vertrieb sieht das anders aus: Mit 23,6% im Jahr 2020 sind im Außendienst deutlich weniger Frauen beschäftigt. Es wäre absolut wünschenswert, viel mehr junge Frauen für eine vertriebliche Tätigkeit zu gewinnen. (Quelle: <a href="https://www.agv-vers.de/projekte/women-in-leadership-culture/kennzahlen…; target="_blank" >agv-vers.de/projekte/women-in-leadership-culture/kennzahlen/frauenanteile-in-den-unternehmen.html</a>)</p><h5>Bei Versicherern und in Maklerhäusern werden auch andere Kompetenzen benötigt. Zum Beispiel Büromanagement oder auch Mathematiker und IT-Spezialisten. Wie sieht es denn hier mit Fachkräften aus?</h5><p>IT-Spezialistinnen und -Spezialisten sind auch in der Versicherungswirtschaft dringend gesucht. Die IT ist für das Geschäft der Versicherer essenziell – nicht erst seit der Corona-Krise, in der noch mobiles Arbeiten mit Web-Konferenzen und Co. als IT-Herausforderungen hinzukamen. Zukünftig kann das neue Ausbildungs­berufsbild Kaufleute für Versicherungen und Finanzanlagen genutzt werden, um – von der versicherungsfachlichen Seite kommend – IT-affine Auszubildende für eine Tätigkeit an der Schnittstelle zur IT selbst auszubilden. Hierfür gibt es die neue Wahlqualifikationseinheit „Digitalisierungsprozesse initiieren und begleiten“. Auch der Bedarf an Mathematikerinnen und Mathematikern ist hoch. In der Versicherungswirtschaft macht diese Gruppe 13% unter den Akademikerinnen und Akademikern aus. Die Stellen im Bereich des Büromanagements haben sich in den letzten zehn Jahren rückläufig entwickelt, von 3,6% (2010) auf 1,9% (2020). Um den Bedarf an Akademiker­innen und Akademikern zu decken, kooperiert ein Großteil der Versicherungsunternehmen direkt mit Hochschulen, stiftet zum Beispiel Lehrstühle, entsendet Lehrbeauftragte oder positioniert sich in Veranstaltungen. Was das Büromanagement angeht, bildet die Branche auch in diesem Berufsfeld aus, nicht nur im Beruf Kaufleute für Versicherungen und Finanzanlagen. Hier hat die Branche sicher gute Chancen, mit attraktiven Arbeits­bedingungen geeignete Kandidatinnen und Kandidaten für sich zu gewinnen.</p><h5>Für im Vertrieb Tätige gibt es Regeln für die Weiterbildung. Wie sieht es denn insgesamt mit der Weiterbildung in der Branche aus?</h5><p>Das Weiterbildungsengagement unserer Branche ist im Vergleich zu anderen Branchen vorbildlich. Um die Weiterbildung von Versicherungsvermittlerinnen und -vermittlern hatte sich die Branche schon vor der IDD gekümmert, ab 2014 mit der freiwilligen Brancheninitiative „gut beraten“. Ab 2018 wurden die gesetzlichen Vorgaben – 15 Stunden Weiterbildung pro Jahr – dann in die Initiative integriert. Die 149.000 Kontoinhaberinnen und -inhaber haben im Durchschnitt 18 Stunden anrechenbarer Weiterbildung auf ihren Konten dokumentiert. 21.726 Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben 30 Stunden auf ihren Konten nachgewiesen – ein Anspruch, den wir weiter verfolgen wollen. </p><p>Die Weiterbildungsbeteiligung der Innendienstmitarbeitenden ist traditionell hoch. Unsere letzte Sondererhebung mit dem Institut der deutschen Wirtschaft (IW) gemeinsam mit dem AGV zeigte 2017 das überdurchschnittliche Engagement der Versicherungswirtschaft: Unsere letzte Weiterbildungsumfrage (2020) belegt einen erneuten Anstieg um drei Prozentpunkte auf 76% von Mitarbeitenden, die mindestens eine Maßnahme besucht haben, mit durchschnittlich 2,1 Tagen Weiterbildung im Jahr.</p><p>Für erfreulich halten wir die hohe Bedeutung der Fachwirt-Fortbildung. Letztes Jahr haben wir das 50-jährige Bestehen unseres „Meisters der Branche“ gefeiert und wollen nach der Neuordnung des Ausbildungsberufs diese staatlich geregelte und BAföG-geförderte Fortbildung ebenfalls neu ordnen. Denn wir benötigen insbesondere im Vertrieb ein sehr hohes Qualifikationsniveau. Diese Fortbildung schafft ein solides Fundament für alle Funktionen, es gibt auch den Schwerpunkt Vertriebsmanagement. Daran anknüpfend steht dann ein immenses Spektrum an spezialisierenden Weiterbildungen zur Verfügung.</p><!--text-long-pagebreak--><!--sub-title||Die Sachkundeprüfung und Weiterbildung für Vermittler wird häufig kritisiert: nicht tief genug, zu produktorientiert. Wie stehen Sie dazu? --><h5>Die Sachkundeprüfung und Weiterbildung für Vermittler wird häufig kritisiert: nicht tief genug, zu produktorientiert. Wie stehen Sie dazu? </h5><p>Die Sachkundeprüfung ist eine Mindestqualifikation. Sie sichert ein Niveau, das nicht unterschritten werden darf. Die Branche hat diese Hürde für den Einstieg in den Vertrieb vor 30 Jahren selbst eingeführt. Dabei ist das Niveau für eine Mindestqualifikation als hoch anzusehen. </p><p>Als der Gesetzgeber die EU-Richtlinie IMD in deutsches Recht umsetzen musste, gab es aus der Politik zunächst Bedenken gegen eine so umfangreiche Prüfung – schriftlich und praktisch über zwei Tage. Schließlich besteht ein Recht auf freie Berufsausübung, das durch Zulassungsregeln eingeschränkt werden kann, wenn es um ein besonderes Interesse der Allgemeinheit geht. Die Mindestqualifikation dient einem Mindestmaß an Schutz der Kundinnen und Kunden vor Falschberatung; sie ist keine ausreichende Qualifikation für Menschen, die sich als professionelle Vermittlerinnen und Vermittler einen Berufsweg im Versicherungsvertrieb vorstellen. So ist die Sachkundeprüfung nicht angelegt. </p><p>Daher schließt sich eine Verpflichtung zur Weiterbildung an, und dazu steht eine enorme Bandbreite an Angeboten zur Verfügung.</p><h5>Gibt es praktische Tipps, wie Aus- und Weiterbildung in großen und kleineren Betrieben organisiert und forciert werden kann?</h5><p>Junge Menschen auszubilden, ist eine verantwortungsvolle Aufgabe, die sich lohnt, um den eigenen Nachwuchs zu schaffen. Große Betriebe haben eigenes Ausbildungspersonal. In den größeren Unternehmen kümmern sich die Ausbilderinnen und Ausbilder mit Hingabe um die Azubis, die Bestehensquote bei den IHK-Prüfungen liegt bei starken 95%. In kleineren Betrieben ist es wichtig, dass mindestens eine Person sich fachlich und persönlich gut um die Auszubildenden kümmert. Die Teilnahme an der Berufsschule und an überbetrieblichen Bildungsangeboten, zum Beispiel bei den regionalen BWV, sollte sicher­gestellt sein. </p><p>Ähnliches kann für die Weiterbildung gesagt werden: Hauptamtliche Personalentwicklerinnen und -entwickler leisten hervorragende Arbeit in großen Unternehmen. Auch kleinere Betriebe können ihren Mitarbeitenden gute Weiterbildungsmöglichkeiten bieten, indem sie Fortbildungen fördern, zum Beispiel durch Freistellung oder Kostenbeteiligungen. Ergänzend steht eine große Zahl an Online-Bildungsangeboten zur Auswahl. Hier können sich Mitarbeitende in kleinen Sequenzen orts- und zeitunabhängig genau die Inputs holen, die sie für ihre Tätigkeit benötigen. Der Trend geht zu mehr Eigenverantwortung bei der Arbeit und auch bei der Weiterbildung. Dies können auch kleinere Betriebe sehr gut nutzen.</p><p>Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 05/2022, s. 104 ff., und in unserem <a href="https://epaper.asscompact.de/asscompact-05-2022/66810570&quot; target="_blank" >ePaper</a>.</p><p>Lesen Sie auch: <a href="https://www.asscompact.de/nachrichten/beruf-kaufmannkauffrau-f%C3%BCr-v…; target="_blank" >Beruf: Kaufmann/Kauffrau für Versicherungen und Finanzanlagen</a></p><p><i class="font-twelve-italic" >Bild: © juniart – stock.adobe.com</i></p><p><i class="font-twelve-italic" >Grafik: Neues Berufsbild: Kaufmann/Kauffrau für Versicherungen und Finanzanlagen, Strukturmodell zur neuen Ausbildungsordnung, Quelle: Berufsbildungswerk der Deutschen Versicherungswirtschaft (BWV) e.V.</i></p><div id="bbgreadlog-getimage"><img src="/bbgreadlog/getimage/41513546-67C9-452E-8076-E408D017A24B"></div>

 
Ein Interview mit
Dr. Katharina Höhn

Kennen Sie das Durchschnittsalter Ihrer Belegschaft?

Demografischer Wandel und Akademisierungstrend erschweren die Fachkräftesicherung für Betriebe im Vermittlungsgeschäft. Die strategische Personalakquise und -bindung gewinnt an Bedeutung. Der Beitrag präsentiert Erfolgsfaktoren für eine proaktive Herangehensweise.

Ein Artikel von Dr. Alexander Ströhl, Redakteur AssCompact

Bei den kaufmännischen Berufen im Versicherungs- und Finanzbereich steigt die Engpassquote – also der Anteil der offenen Stellen in Engpassberufen an allen offenen Stellen – nach Angaben des Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (KOFA) kontinuierlich an. Gründe sind der demografische Wandel, ein verändertes Bildungsverhalten sowie die gute Beschäftigungssituation am Arbeitsmarkt. Eine besondere Herausforderung beim Thema Fachkräftesicherung liegt für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) darin, dass sie im Wettbewerb um Fachkräfte nicht die gleiche personelle und finanzielle Ausstattung wie Großunternehmen haben.

Dabei haben KMU viele Stärken als Arbeitgeber: flache Hierarchien, abwechslungsreiche Aufgaben, eigenverantwortliches Arbeiten, eine starke Mitarbeiterorientierung und Familienfreundlichkeit. Doch zu wenige KMU punkten damit. Je frühzeitiger sich KMU also dem Thema Fachkräftesicherung und -bindung in Form einer internen Unternehmensanalyse widmen, desto besser können sie Handlungsbedarfe im Hinblick auf das Finden, das Binden sowie das Qualifizieren von Personal erkennen.

Kennen Sie eigentlich das Durchschnittsalter Ihrer Belegschaft?
Analyse der Personalstruktur

Um sicherzustellen, dass auch zukünftig das passende Personal mit entsprechendem Qualifikationsniveau beschäftigt ist, ist der Blick auf die gegenwärtige Personalsituation unerlässlich. Mittels einer Analyse der derzeitigen Altersstruktur des Personals ist ein demografisch bedingter Ersatzbedarf frühzeitig zu ermitteln. Idealerweise werden dabei die voraussichtlichen altersbedingten Austritte fortgeschrieben. Eine Ergänzung verschiedener Annahmen und Szenarien über die künftige Entwicklung – etwa hinsichtlich der allgemeinen Geschäftsentwicklung und des Unternehmensumfelds – runden die Altersstrukturanalyse ab.

Die Analyse legt offen, wo und wann kurz-, mittel- und längerfristig Personalengpässe auftreten könnten, die sich negativ auf den wirtschaftlichen Erfolg auswirken. So führt beispielsweise ein hohes Durchschnittsalter schnell zu einem Personalengpass, wenn das alters­bedingte Ausscheiden mehrerer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ansteht. Zumal altersbedingte Belegschaftsabgänge auch einen erheblichen Verlust an erfahrungsbasiertem Wissen wie das Wissen um Kundeneinstellungen und -präferenzen oder auch Kontakte zu persönlichen Netzwerken und „direkte Drähte“ zur Folge haben.

Analyse des Rekrutierungsprozesses

Ein zentraler Bestandteil der Personalarbeit ist die Rekrutierung neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, um den bestehenden bzw. künftigen Personalbedarf abzudecken. Daher ist es empfehlenswert, die bisherige Rekrutierungspraxis in Bezug auf Zielgruppen und Rekrutierungskanäle eingehend zu überprüfen. Insbesondere die Kontaktherstellung mit jungen potenziellen Fachkräften durch Praktikumsangebote oder Werkstudentenjobs, aber auch durch Kooperationen mit allgemeinbildenden Schulen eignet sich als Rekrutierungsstrategie. Gegenwärtig wichtige Rekrutierungskanäle sind außerdem Anzeigen in Online-Stellenbörsen wie StepStone oder indeed, Karriereseiten über Social Media, aber auch persönliche Kontakte der Beschäftigten und Mitarbeiterempfehlungen.

Analyse der Weiterbildungsmaßnahmen

Ein weiterer Erfolgsfaktor ist die Nutzung interner Weiterbildungspotenziale. Als Teil der strategischen Personalplanung dient Weiterbildung dazu, einzelne Fachkräfte systematisch in ihrer persönlichen Entwicklung zu unterstützen. So geht die angedachte Übernahme von Projekt- und Führungsverantwortung oder von Fachkarrieren bei einzelnen Mitarbeitern im besten Fall mit Weiterbildungsmaßnahmen einher. Im Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen Weiterbildungsmaßnahmen im Versicherungsvertrieb können zunächst klassische Lehrveranstaltungen der Anpassung individueller Kompetenzen an sich verändernde berufliche Anforderungen dienen. Dazu zählt der Erwerb weiterer berufsspezifischer Kenntnisse in einem Spezialgebiet (betriebliche Altersvorsorge, Generationenberatung oder Gewerbekundengeschäft) oder sozialer Fertigkeiten wie der Umgang mit Konfliktsituationen. Weiter können Fachkräfte mit abgeschlossener Berufsausbildung durch eine geregelte Aufstiegsfortbildung wie Fach- oder Betriebswirt für Versicherungen und Finanzen für anspruchsvolle Fach- und Führungstätigkeiten qualifiziert werden.

Beseitigung „blinder Flecken“ durch Netzwerkarbeit

Die genannten personalbezogenen Analysetools können jedoch eines nicht vermeiden: die Existenz strategischer blinder Flecken. Solche Flecken können die Wahrnehmung der Wettbewerbsrealität in der Personalakquise entscheidend verzerren mit der Folge von Fehlentscheidungen und ineffektiven Maßnahmen. Ein Erfolgsfaktor zur Beseitigung verzerrter Wahrnehmung ist das Verlassen der eigenen „Blase“, zum Beispiel durch Anbahnung einer regen Netzwerktätigkeit. Bezogen auf die Personalakquise erweitert die aktive Teilnahme an regionalen Ausbildungs- und Berufsmessen, an Stellenbörsen der Wirtschaftskammern oder auch an regionalen Firmenkontaktmessen den Such- und Entdeckungsradius des eigenen Maklerhauses erheblich.

Daneben sind in vielen Regionen Deutschlands – ausgehend von regional ansässigen Wirtschaftskammern – sowohl kurzzeitige Austauschformate wie Personalforen oder -kongresse als auch dauerhafte personalarbeitsbezogene Netzwerke und Initiativen entstanden. Dieser überbetriebliche Austausch bündelt Know-how im Personalbereich, um gegenseitig von bereits vorhandenen Erfahrungen bei anderen Unternehmen zu profitieren. Zudem ermöglicht eine branchen- und unternehmensgrößenübergreifende Zusammenarbeit eine praxisnahe Entwicklung effektiver Lösungsansätze für die personalrelevanten Herausforderungen der Gegenwart und der Zukunft.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 05/2022, S. 102 f., und in unserem ePaper.

Bild: © pathdoc – stock.adobe.com

Grafik: AS, Quelle: eigene Forschungsarbeiten

 

Impulse sammeln rund um das Thema Gewerbeversicherung

Beim AssCompact Gewerbe-Symposium dreht sich alles um Versicherungsschutz für Gewerbekunden. Vermittler können sich über neue Lösungen im Bereich der Gewerbeversicherung informieren und haben ausreichend Gelegenheit zum persönlichen Austausch mit Branchenkollegen und Produktanbietern.

Auch wenn die Digitalisierung im Gewerbesegment längst Einzug gehalten hat und sich somit Beratungs- und Betreuungsprozess effizienter gestalten lassen, bleibt der Bereich ein individuelles und komplexes Feld. Der Bedarf an Absicherung ist bei Gewerbekunden so vielfältig und breit gefächert wie die Branchen, in denen die jeweiligen Firmen unterschiedlichster Größe angesiedelt sind. Auf den jeweiligen Bedarf abgestimmte Versicherungslösungen sind gefragt, fordern aber vom Vermittler und Versicherer gleichermaßen das entsprechende Know-how.

Aktuelle Lösungen im Blick

Hierzu sollten gerade Vermittler nicht nur ihre Zielgruppe sowie deren Absicherungsbedarf kennen, sondern auch die Produkte, die für das jeweilige Unternehmen relevant sind. Unerlässlich ist es zudem, neue Risiken im Blick zu haben und um die Möglichkeiten zu wissen, wie sich der Versicherungsschutz sinnvoll erweitern lässt.

AssCompact Gewerbe-Symposium: Drei Termine, drei Orte

Eine gute Gelegenheit, auf dem Laufenden zu bleiben, bietet das Gewerbe-Symposium aus der Reihe der AssCompact Wissen Veranstaltungen. Bei dem kompakten Weiterbildungstag mit einem breit gefächerten Programm dreht sich alles um Risiken im Gewerbesegment und passende Versicherungslösungen. Das Gewerbe-Symposium gastiert in diesem Jahr in drei Städten der Republik. Zum Auftakt geht es am 21.06.2022 nach Dortmund, am 23.06.2022 macht die Veranstaltung dann Station in Ha­nau und zum Abschluss lädt das AssCompact Gewerbe-Symposium am 30.06.2022 nach München.

Breites Themenspektrum der Fachvorträge

Die Veranstaltung findet in Kooperation mit dem Technologieunternehmen und Gewerbespezialisten THINKSURANCE als fachlichem Partner statt. In ihren Vorträgen spannen die Experten der mitwirkenden Versicherer einen weiten Bogen über das Geschäftsfeld. Die Themen reichen von der Betriebshaftpflicht über Technische Versicherungen bis hin zu digitalen Tools und Lösungen im Maklervertrieb. Zum Abschluss der Veranstaltung geht es im Rahmen einer Podiumsdiskussion um aktuelle Fragen und Entwicklungen im Gewerbeversicherungsmarkt. Somit erhalten Vermittler mit Gewerbeexpertise wie auch Neulinge im Firmenkundengeschäft vielfältige Impulse für die eigene Beratungspraxis.

Persönlicher Austausch und Networking

Das Gewerbe-Symposium ist nicht nur eine gute Gelegenheit, Fachwissen zu tanken, sondern auch das berufliche Netzwerk zu erweitern. Das Weiterbildungsevent findet bewusst wieder als reine Präsenz­veranstaltung statt, um die Vernetzung und den persönlichen Kontakt innerhalb der Branche zu stärken. Vor und nach den Vorträgen können Vermittler mit Branchenkollegen und Produktanbietern ins Gespräch kommen und sich an den Ständen der Aussteller über aktuelle Entwicklungen, Produkte und Konzepte im Gewerbebereich informieren.

Weiterbildungszeit sammeln

Mit dem Besuch der Vorträge können teilnehmende Vermittler bis zu 330 Weiterbildungsminuten sammeln. Im Anschluss besteht die Möglichkeit, die Weiterbildungszeit an die Initiative „gut beraten“ zu übermitteln.

Weitere Informationen zur Veranstaltung unter: asscompact.de/gewerbe-symposium
Direkt zur kostenfreien Anmeldung geht es hier.

Bild: © ipopba – stock.adobe.com

 

Duales Studium: Schulabgänger finden das Angebot unübersichtlich

Duale Studiengänge sind beliebt bei jungen Menschen, auch versicherungsbezogene Angebote, sagt Prof. Dr. Thomas Köhne von der HWR Berlin. Mit AssCompact spricht er über das duale Studium und wann die Nachwuchsgewinnung darüber auch für Maklerunternehmen sinnvoll ist.

Interview mit Prof. Dr. Thomas Köhne, Fachleiter Versicherung, Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin (HWR Berlin)
Das duale Ausbildungssystem gilt als besonderes Erfolgsmodell Deutschlands. Wie ist denn die Entwicklung im Bereich Versicherungen?

Das duale Ausbildungssystem ist vielschichtig, es gibt sehr unterschiedliche Varianten. Als Leiter zweier dualer Bachelor-Studiengänge an unserer Hochschule möchte ich heute insbesondere über diese Form der dualen akademischen Ausbildung sprechen. Duale Studiengänge sind sehr beliebt bei jungen Menschen – und das gilt auch für versicherungsbezogene Angebote. Zugleich bilden auch Versicherer und Vermittler in zunehmendem Ausmaß über duale Studienangebote aus.

Welche dualen Ausbildungsmöglichkeiten in Richtung Finanz- und Versicherungsbranche gibt es an Ihrer Hochschule?

Wir bieten zwei unterschiedliche duale Bachelorstudiengänge mit integrierter Praxisphase an, das heißt, Drei-Monats-Blöcke an der HWR Berlin wechseln sich mit Drei-­Monats-Blöcken in den ausbildenden Unternehmen an deutschlandweit verteilten Standorten ab. So ist auch das Einzugsgebiet unserer Studierenden und Ausbildungspartner deutschlandweit und nicht auf Berlin begrenzt. Zum einen bieten wir einen auf die Industrieversicherung ausgerichteten Studiengang BWL/Industrieversicherung an, der in dieser Form einmalig ist. Zum anderen bieten wir den klassischen Studiengang BWL/Versicherung an, der vertriebsorientiert ist und sich neben Versicherungslehre, Marketing und Vertrieb auf die Sparten des Privat- und Gewerbekundensegments ausrichtet. Hier sind die Studierenden in der Praxisphase oftmals im Vertrieb im Einsatz. Beide Studiengänge führen zum akademischen Titel Bachelor of Arts und sind Intensivstudiengänge, die mit 210 (anstelle der üblichen 180) Credits einhergehen, was für die Studierenden besonders attraktiv ist, weil es eine mögliche spätere Belegung berufs­begleitender Masterstudiengänge deutlich erleichtert.

Wer sich für ein Studium interessiert, muss sich erst einen Arbeitgeber suchen. Wer gehört denn insbesondere zu Ihren Partnerunternehmen?

Das ist richtig. Zu unseren Partnerunternehmen gehören zahlreiche Versicherer, große und kleinere Vermittlerbetriebe sowie im Industrieversicherungsbereich zusätzlich die internationalen Industriemakler und auch firmenverbundene Vermittler. Die bei uns ausbildenden Partnerunternehmen sind auf unserer Studiengang-Website gelistet. Interessierte Schüler und Schülerinnen werden von dort an die Unternehmen weitergeleitet oder – und das ist der überwiegende Teil – von den Ausbildungspartnern direkt rekrutiert.

Wir wissen um den Fachkräfte­mangel. Insbesondere von Maklerhäusern hören wir immer öfter, wie schwer es ist, Nachwuchs zu finden. Spüren Sie aber auch ein höheres Engagement von Maklerbetrieben?

Das Engagement von Makler­betrieben nimmt kontinuierlich zu. Aber meines Erachtens wird es dem faktisch bestehenden Nachwuchsproblem bei Weitem noch nicht gerecht. In dieses Thema müssten die Maklerbetriebe flächendeckend noch viel mehr Aufmerksamkeit und Ressourcen investieren. Von selbst kommen junge Leute nicht oder nur sehr selten auf die Idee, den Beruf des Versicherungsmaklers anzustreben. Diesen Beruf und den potenziellen Arbeitgeber im Zuge eines attraktiven Studiums durch ein 18-monatiges praktisches Learning by Doing kennenlernen zu können, ist eine riesige Chance für alle Beteiligten.

Wann macht es denn Sinn für einen Maklerbetrieb, ein duales Studium anzubieten?

Die Nachwuchsgewinnung über ein duales Studium ist dann sinnvoll, wenn dieses Thema strategisch und langfristig angegangen werden soll. Dieser Weg eignet sich nicht für unmittelbare Lösungen und kurzfristige Personalbeschaffung. Bei unserem dualen Studium handelt es sich um eine Erstausbildung, die im Regelfall zeitnah an das Abitur oder Fachabitur anschließt. Sie stellt eine Investition in die Zukunft dar: Auch wenn die Studierenden natürlich während der dreimonatigen Praxisphasen schon aktiv mit­arbeiten können, sind sie noch in der Ausbildung – das heißt, sie sind weder akademisch noch berufs­bezogen „fertig“. Der Vorteil daran ist jedoch, dass ein Maklerbetrieb dadurch junge Nachwuchskräfte rekrutieren und über drei Jahre für sein Unternehmen begeistern und gewinnen kann, bevor diese bereits in andere Branchen „abgewandert“ sind.

Was sind denn die Voraussetzungen aufseiten des Maklerbetriebs?

Formelle Voraussetzungen sind – genau wie bei klassischen Auszubildenden – eine Ausbildereignungsbescheinigung, die Vorlage eines Ausbildungsplans und ein zwischen Maklerbetrieb und Auszubildenden geschlossener Ausbildungsvertrag, der auch eine entsprechende Ausbildungsvergütung vorsieht.

Bezüglich der Größe oder der Struktur des Maklerbetriebs gibt es keine Vorgaben. Man sollte jedoch bedenken, dass die Auszubildenden in den drei Monaten der Praxisphase regelmäßige Betreuung benötigen. Diesbezüglich hilfreich sind Erfahrungen im Bereich der klassischen beruflichen Ausbildung.

Worin unterscheiden sich denn in der Regel die Studienangebote? Gibt es heute mehr Spezialisierungen oder bestimmte Kompetenzen, die im Vordergrund stehen?

Diese Frage seriös zu beantworten, würde den Rahmen unseres Interviews bei Weitem sprengen. Die Vielfalt der Studienangebote ist enorm und nimmt kontinuierlich zu. 2019 gab es in Deutschland allein über 1.600 duale Studiengänge für die Erstausbildung. Neben den öffentlich-rechtlichen Hochschulen – zu denen auch die HWR Berlin gehört – treten immer mehr private Anbieter in den Bildungsmarkt ein, entsprechend gibt es auch immer mehr Spezialisierungen. Für junge Schulabgänger ist das Angebot unübersichtlich, teils verwirrend. Die Gefahr, etwas zu studieren, was man später nicht beruflich nutzen kann, steigt damit. Unsere beiden Studiengänge begegnen dem durch ihre Berufs- und Branchenbezogenheit: Der Abschluss ist ein allgemeiner Bachelor-Abschluss in BWL, entsprechend zielt ein Teil des Lehrstoffs darauf ab und dieses Wissen ist branchenübergreifend für Kaufleute nutzbar. Zugleich fördert ein zweiter großer Teil des Studieninhalts die fachlichen, produkt­bezogenen und methodischen Branchenkompetenzen, die dazu führen, dass die Absolventen und Absolventinnen in der Versicherungsbranche gefragt sind und ihnen viele Möglichkeiten offenstehen. Bezogen auf den Maklerbetrieb bedeutet das für den Studiengang BWL/Versicherung, dass sowohl die betriebswirtschaftlichen als auch die versicherungsbezogenen Studienschwerpunkte der Tätigkeit des Versicherungsmaklers zugutekommen und dort verlangte Kompetenzen vermitteln. Für das Industrieversicherungsangebot gilt das entsprechend.

Welchen Eindruck haben Sie denn von den Studierenden, die zu Ihnen kommen? Wie würden Sie die junge Generation anhand Ihrer Charaktere beschreiben?

Die jungen Menschen sind sehr aufgeschlossen, kommunizieren digital und sind anspruchsvoll. Insbesondere sind sie noch offen für viele Richtungen. Sie haben ja noch keine oder nur wenige berufliche Eindrücke und Erfahrungen. Das heißt, dass sie sich während und teils durch die dreijährige Ausbildung noch stark entwickeln und Präferenzen ausbilden. Ich halte wenig davon, eine ganze Generation in Schubladen zu stecken wie Gen X, Y, Z. Tatsächlich gibt es sehr unterschiedliche Vorstellungen: Einige möchten die „Welt“ kennenlernen und beim Studium oder beruflich möglichst unterschiedliche Standorte aufsuchen, andere bevorzugen es demgegenüber, am ursprünglichen Wohnort zu studieren und zu arbeiten, weil man sich diesem sozial verbunden fühlt. Wichtig erscheint mir die Feststellung, dass man die jungen Leute in dieser Phase ihres Lebens begleiten und mitformen kann, mitunter eine Art Erwartungsmanagement betreiben sollte, damit ein gemeinsames und realistisches Verständnis über künftige Entwicklungsmöglichkeiten geschaffen wird.

Duales Studium an der HWR Berlin

An der HWR Berlin gibt es nach Angaben der Hochschule über 2.200 duale Studienplätze. Theorie und Praxis werden dabei über drei Jahre konsequent miteinander verbunden. Studiert werden können zum Beispiel die Studiengänge BWL/Versicherung oder BWL/Industrieversicherung. Mehr Informationen gibt es hier.

Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 05/2022, S. 110 f., und in unserem ePaper.

Bild: © Tierney – stock.adobe.com

 
Ein Interview mit
Prof. Dr. Thomas Köhne

Nachwuchs gewinnen mit überlegtem Ausbildungskonzept

In der Versicherungsbranche herrscht Nachwuchsmangel. Maklerbetriebe sollten sich daher eigene Ausbildungskonzepte aufbauen, empfiehlt Ronald Perschke von GOING PUBLIC!. Er erklärt, wo der Nachwuchs herkommt, wie eine Ausbildung im Maklerbetrieb funktioniert und wie sich diese Investition lohnt.

Ein Beitrag von Ronald Perschke, Vorstand GOING PUBLIC!, Akademie für Finanzberatung AG

In fast allen Wirtschaftsbranchen herrscht Nachwuchsmangel. Das gilt besonders für die Versicherungs- und Finanzbranche. Der hohe Altersdurchschnitt führt zu einem Rückgang der vorhandenen Vermittler, zugleich wurde die Gewinnung von Nachwuchs immer mehr zurückgefahren. Die Ausbildungsquote bei Banken und Versicherungen liegt aktuell noch bei 4% bis 6,2%. Weniger als ein Fünftel davon wird in Maklerbetrieben oder Agenturen ausgebildet.

Ein allgemein entspannter Arbeitsmarkt, das relativ schlechte Image der Branche und eher überzogene Erwartungen, Beratung durch Digitalisierung ersetzen zu können, führen dazu, dass qualifizierte junge Menschen für unsere wichtige Branche schwerer zu begeistern sind. Dabei wird oft übersehen, dass Finanzprodukte nicht „sexy“ und oftmals komplex sind, also aktiv verkauft und beraten werden müssen.

Die geringe Ausbildungsquote bei Vermittlern ist vor allem darin begründet, dass in der Vergangenheit stark auf die Gewinnung von Mitarbeitern „aus dem Markt“ gesetzt wurde. Aus den genannten Gründen wird das aber immer schwieriger und – aufgrund des entspannten Arbeitsmarktes – tendenziell auch teurer. Deshalb empfiehlt es sich für Maklerbetriebe, mehr eigene Ausbildungskonzepte aufzubauen und die eigene Nachwuchsgewinnung selbst in die Hand zu nehmen.

Die Nachwuchsgewinnung in die Hand nehmen

Dafür bietet sich das Berufsbild „Kaufleute für Versicherungen und Finanzanlagen“ (IHK) sowie ein Bachelor-Studium mit Versicherungs- und Finanzausrichtung an. Beides lässt sich auch flexibel kombinieren, wenn man geeignete Bewerber für ein solches „duales Qualifizierungsmodell“ hat.

Seit 2008 hat GOING PUBLIC! (GP) mit Praxispartnern, den IHKs sowie der Hochschule Kaiserslautern (HSKL) schrittweise das „Premium-Ausbildungskonzept“ entwickelt. Im Gegensatz zum klassischen Ausbildungsweg absolvieren die Azubis den Schulanteil an der Akademie von GP. Sie beenden die Ausbildung aber mit dem gleichen Abschluss bei der IHK. Dadurch, dass GP Träger der Ausbildung ist, können sie diese an den Anforderungen des Vermittlerbetriebs ausrichten. So verbringt der Nachwuchs 80% seiner Ausbildungszeit im Betrieb. Die Azubis sind somit über drei Jahre Ausbildung ca. 100 Tage mehr im Betrieb als bei staatlichen Modellen, wodurch sich das Schulgeld schnell refinanziert.

Für ambitionierte Nachwuchskräfte mit Abitur steht in Kooperation mit der HSKL der berufsintegrierte Fernstudiengang „Bachelor of Arts – Fachrichtung Finanzberatung für Unternehmen und Privatkunden“ zur Verfügung. Dieser lässt sich mit der Berufsausbildung verzahnen, entweder gleich zu Beginn oder zeitversetzt.

Modernes Lehr- und Lernkonzept

In allen Modellen konzentriert sich der Maklerbetrieb auf die praktische Ausbildung. GP bzw. die Hochschule entlasten den Praxispartner von vielen formellen Pflichten der Ausbildungsorganisation und achten auf eine gute Verzahnung von Theorie und Praxis.

Dozenten aus der Praxis, Fokus auf die für die Ausbildung wichtigen Inhalte und hybrides Lernen mit einer digital erprobten Lernplattform sind integrale Bestandteile des Lehr- und Lernkonzepts.

Suchwege für Makler- und Vermittlerbetriebe

Der favorisierte Weg zur Nachwuchsgewinnung sollte zunächst das eigene Netzwerk sein: Mitarbeiter, Kunden, Umfeld. Regionale Einrichtungen wie Schulen, Arbeitsagenturen usw. können angesprochen und zum Beispiel Praktika offeriert werden. Bei streuenden Suchwegen wie Anzeigen, Messen etc. ist der Vermittler meist so stark im Wettbewerb zu größeren Unternehmen, dass es sich nicht lohnt, weil man finanziell und in der Professionalität dort oft nicht mithalten kann.

Durch das Premium-Ausbildungskonzept kann der Vermittlerbetrieb auf sich aufmerksam machen und die Ausbildungskompetenz zum Beispiel auf der eigenen Homepage darstellen.

Bei der Bewerberauswahl – gerade aus dem persönlichen Umfeld – sollte man sich selbst und auch dem Bewerber gegenüber ehrlich sein: Ist derjenige wirklich für die beruflichen Anforderungen des sehr kommunikativen und vertriebsorientierten Vermittlerberufes geeignet? Schon oft wurden aus einem Gefallen heraus Azubis eingestellt und aus einer Fehlauswahl entwickelte sich die Ansicht: „Ausbildung funktioniert ja doch nicht.“ Die Eignung kann man recht gut über eine Kombination aus Auswahlgespräch, Probearbeit oder Assessment-Center testen. Hat der Makler dabei wenig Erfahrung, kann GP den Prozess begleiten. Die Investition zahlt sich bei gelungener Auswahl schnell aus, da man auf diesem Weg langjährig zufriedene Mitarbeiter selbst prägen und binden kann. Ausbildung ist zunächst immer eine Investition von Zeit und Geld. Dazu muss man bereit sein. In einer mehrjährigen Ausbildung erhält man spätestens im Laufe des zweiten Jahres so viel zurück, dass sich die Investition schon innerhalb der Ausbildungszeit rechnet.

Langfristige Bindung guter Nachwuchskräfte

Motivierte junge Leute suchen Perspektiven. Das heißt Verantwortung, Erfolgsaussichten und Weiterbildungsmöglichkeiten im Betrieb. Zum Beispiel über die Qualifikationsstufen Fachwirt/Bachelor/Master kann man junge Leute an das eigene Unternehmen binden und erfolgreiche Ausbildung damit noch krönen.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 05/2022, S. 108f., und in unserem ePaper.

Bild: © Blue Planet Studio – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Ronald Perschke

AKS-Symposium bringt Makler auf den neuesten Stand

Welche neuen Produktlösungen gibt es bei AKS? Wie behalten Maklerinnen und Makler bei der Fülle an Produkten überhaupt noch den Durchblick? Und was sind die Herausforderungen im Vertrieb? Die Antworten dazu lieferte das AKS-Symposium von AssCompact Wissen in München und Wiesbaden.

Neun Versicherer mit neun unterschiedlichen Produktlösungen im Bereich Arbeitskraftabsicherung; dazu ein Expertenvortrag von Michael Franke, geschäftsführender Gesellschafter des Analysehauses Franke und Bornberg GmbH und Mitveranstalter des Symposiums, über die aktuellen Trends bei AKS sowie eine lebhafte Schlussdebatte über die Herausforderungen im Vertrieb von AKS-Produkten: Was überhaupt brauchen freie Vermittlerinnen und Vermittler mehr?

Das AKS-Symposium des Veranstalters AssCompact Wissen hat für Maklerinnen und Makler nun eine hervorragende Gelegenheit geboten, sich über neue Produktlösungen und Trends bei der Arbeitskraftabsicherung auszutauschen und mit Kolleginnen und Kollegen sowie den Vertreterinnen und Vertretern seitens der Versicherer auf den Präsenzveranstaltungen in München und Wiesbaden entspannt in den Austausch zu gehen. „Wir haben das AKS-Symposium ganz bewusst als reine Präsenzveranstaltung durchgeführt, da für uns der persönliche Austausch im Vordergrund steht, um die Vernetzung in der Branche weiter zu stärken“, resümierte Jochen Leiber, Leiter Vertrieb und Prokurist bei der bbg Betriebsberatungs GmbH.

Trends bei der Arbeitskraftabsicherung

Das AKS-Symposium wartete dabei mit einem breit gefächerten Programm auf. Auch in diesem Jahr wirkten namhafte Gesellschaften mit: Barmenia, Basler, Canada Life, Continentale, Dialog, Nürnberger, SIGNAL IDUNA, Swiss Life und VOLKSWOHL BUND. In ihren Vorträgen informierten die AKS-Expertinnen und -Experten der Unternehmen über zeitgemäße Versicherungskonzepte und gaben Impulse für die Beratungspraxis. Ein neuer Trend wurde dabei in allen Vorträgen deutlich: Die Risiken für eine Berufsunfähigkeit (BU) durch Hobbys wie Quadfahren oder Mountainbiking steigen gegenwärtig stark an, sodass in naher Zukunft die Absicherung gegen diese Risiken wohl teurer werden wird als gegen schwere Erkrankungen, so die Schlussfolgerung seitens der Versicherer. Außerdem stand auch die Versicherbarkeit von psychischen Erkrankungen im Vordergrund der Vorträge, denn ihre Leistungshäufigkeit hat in den zurückliegenden Jahren stark zugenommen. Entfielen 1998 noch rund 6% der BU-Leistungsfälle auf psychische Erkrankungen, waren es 2021 bereits etwa ein Drittel. Nach Ausbruch der Corona-Pandemie gesellt sich mit Long Covid – mit den Erscheinungen „Ermattung“ oder „innere Unruhe“ – ein weiterer BU-Leistungsauslöser hinzu, der die Versicherer vor neue Herausforderungen stellt.

Franke und Bornberg präsentiert AKS-Index

Der Expertenvortrag von Michael Franke beleuchtete im Anschluss die aktuellen Entwicklungen in der AKS-Produktlandschaft. Während bei der BU oder auch der Erwerbsunfähigkeitsversicherung kaum Neuerungen bei den Produkten hinzukommen, ist die Entwicklung im Bereich der Grundfähigkeiten weiterhin außerordentlich dynamisch, analysierte der Experte. Daher beobachte das Analysehaus Franke und Bornberg bei den Grundfähigkeiten zum einen eine immer feinere Zerlegung von Leistungsauslösern – das sogenannte stripping down. Zum anderen fragmentieren die Grundfähigkeiten an sich in immer mehr Leistungsbausteine. Allein für die Grundfähigkeit „Hände gebrauchen“ existieren gleich mehr als zehn unterschiedliche Definitionen bei den Versicherern. „Somit bewegt sich die Produktentwicklung in einem kreativen Freiraum, der verschiedenste Leistungsauslöser und Bausteine hervorbringt“, schlussfolgert Franke. Für Vermittlerinnen und Vermittler stiegen dadurch die Herausforderungen, in der zunehmend unübersichtlichen Tariflandschaft die beste Auswahl für ihre Kunden und Kundinnen zu treffen. Abhilfe könne hier der AKS-Index schaffen, so Franke weiter. Dieser Index wurde anhand wissenschaftlicher Kriterien entwickelt und macht den Abdeckungsgrad möglicher Auslöser für den Verlust der Arbeitskraft in Abhängigkeit des Tätigkeitsstatus, der Produktqualität sowie des Tätigkeitsbezugs transparent. So können Vermittlerinnen und Vermittler unterschiedliche Konzepte hinsichtlich ihrer AKS-Eignung einfacher vergleichen.

Herausforderungen im Vertrieb von AKS-Produkten

Zum Abschluss des AKS-Symposiums lud der versierte Moderator der Veranstaltung, Christian Monke – Fachlicher Leiter Analyse bei Franke und Bornberg –, zur Podiumsdiskussion, die sich insbesondere den Herausforderungen im Vertrieb von AKS-Produkten widmete. Übereinstimmend kristallisierte sich in der munteren Diskussion heraus, dass es dem Thema AKS, vor allem aber auch der BU, in der Gesellschaft an Stellenwert fehle. Thomas Pollmer, Leiter Produktmanagement Leben im Continentale Versicherungsverbund, führt diese gering geschätzte Bedeutung auf die Erwartungshaltung zurück, dass das „soziale Kissen“ in Deutschland die Menschen im Verlustfall der Arbeitskraft schon auffangen werde. Außerdem sei eine BU nun mal recht teuer, führten wiederum andere Diskussionsteilnehmer an.

AKS-Symposium brachte Makler auf den neuesten Stand

Norbert Walter, Vorstandsbeauftragter der Barmenia Lebensversicherung, gab unterdessen an die Versicherer gerichtet zu bedenken, dass man den Kunden/die Kundin schon auch am „point of sale“ abholen müsse. Denn die jungen Menschen seien im Vergleich zu vor etwa 20 Jahren sehr viel aufgeklärter bei dem Thema Existenzsicherung. Daher sei es Aufgabe der Versicherer, die jungen Menschen bei ihren Bedürfnissen und Erfordernissen anzusprechen, um dieser Bevölkerungsgruppe die Relevanz von AKS zu verdeutlichen. Gleichzeitig erfordere die zunehmende Flexibilisierung und Pluralisierung von Lebens- und Berufsbiografien dynamische und lebensphasenbezogene Versicherungskonzepte, lautete abschließend die einhellige Meinung unter den Diskussionsteilnehmern und -teilnehmerinnen. (as)

Bild: © Muchnik

 

Durch Ausbildung den eigenen Bedarf decken

Die GMFS Versicherungsmakler GmbH ist ein Dienstleistungsunternehmen, das in Kooperation mit der HWR Berlin Studierende im dualen Studium ausbildet. Über Nachwuchssuche, Praxiserfahrungen und die Vorteile für Studierende sowie Unternehmen sprach Steffen Schulz von GMFS mit AssCompact.

<h5>Interview mit Steffen Schulz, LL.M., Gesellschafter und Geschäftsführer bei der GMFS Versicherungsmakler GmbH</h5><h5>Herr Schulz, Ihr Unternehmen ist Partnerunternehmen der HWR Berlin beim dualen Studium. Was veranlasst Sie, ein duales Studium anzubieten?</h5><p>Das hat zwei ganz unterschiedliche Aspekte. Zum einen wird es zunehmend schwerer, junge Menschen für eine Ausbildung in einem Versicherungsmakler­büro zu begeistern. Hier sehen wir das duale Studium als ein zusätzliches Angebot an potenzielle Bewerber, mit uns ins Gespräch zu kommen.</p><p>Darüber hinaus werden auch die Anforderungen an die zukünftigen Mitarbeiter in Versicherungsmaklerbüros immer größer. Während Wissen in der Vergangenheit eine sehr glange Halbwertszeit hatte, verkürzt sich diese in zunehmendem und stetig schneller werdendem Maße.</p><p>Die klassische Ausbildung zum Kaufmann oder zur Kauffrau für Versicherungen und Finanzen setzt aber bei der althergebrachten Vermittlung von Wissen an. Dieses wird den Azubis in den Berufsschulen vermittelt, in den Ausbildungsbetrieben durch die praktische Anwendung gefestigt. Dieses Wissen ist dann für den „dauerhaften Gebrauch im Arbeitsleben“ bestimmt.</p><p>Ein Studium geht hier einen anderen Weg. Im Rahmen des Studiums steht das Lernen der Hilfe zur Selbsthilfe im Vordergrund. Es geht hier nicht nur darum, Fachwissen zu vermitteln, sondern auch in großen Teilen darum, den Studierenden das Wissen an die Hand zu geben, sich neue Themenkomplexe selbst anzueignen und eigenständig Problemlösungswege zu entwerfen. Genau diese Skills benötigen wir anschließend auch in der Praxis.</p><h5>Welche Struktur erfordert das im Maklerbüro?</h5><p>Die notwendige Struktur im Ausbildungsbetrieb unterscheidet sich nicht grundlegend von der notwendigen Struktur für die Ausbildung von Azubis. Von Vorteil ist es sicherlich, wenn es auch im Unternehmen Ausbildung mit akademischem Hintergrund gibt.</p><p>Die Studierenden wechseln ihre Einsatzorte in Blöcken. Sie sind also einen Block über in der Hochschule und dann wieder einen längeren Zeitraum im Betrieb. Dies ermöglicht es uns als Ausbildungsbetrieb, die Studierenden auch in etwas umfangreicheren Projekten einzusetzen.</p><h5>Was erwarten Sie sich davon? Welche Praxiserfahrungen haben Sie hier gemacht?</h5><p>Wir erhoffen uns, durch dieses zusätzliche Angebot eine größere Zahl von Bewerbern auf uns aufmerksam zu machen. Nur durch eigene Ausbildung können wir unseren Bedarf an Nachwuchskräften decken. Unsere bisherigen Erfahrungen zeigen, dass die Ausbildung im Rahmen des dualen Studiums im Vergleich zur klassischen Kaufmannsausbildung einen deutlichen Mehrwert bietet.</p><h5>Lässt sich der Nachwuchs nur schwer finden?</h5><p>Absolut! Die Zeiten, in denen man als Versicherungsmaklerunternehmen nach einem mehrstufigen Auswahlverfahren die „Qual der Wahl“ zwischen mehreren geeigneten Bewerbern hatte, sind passé. Heute geht es schon lange nicht mehr um den „War for Talents“, also den Kampf um die besten Talente – heute geht es grundsätzlich darum, Mitarbeiter zu finden, die den Aufgaben gewachsen sind und entsprechend ausgebildet wurden.</p><p>Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 05/2022, S. 112, und in unserem <a href="https://epaper.asscompact.de&quot; target="_blank" >ePaper</a>.</p><p><i class="font-twelve-italic" >Bild: © NDABCREATIVITY – stock.adobe.com</i></p><div id="bbgreadlog-getimage"><img src="/bbgreadlog/getimage/43F77CBA-C589-4182-80D2-496D64D84E1B"></div>

 
Interview mit
Steffen Schulz

Recruiting: Arbeitsplatz findet Arbeitnehmer

Mit einer anfangs etwas ungewöhnlich anmutenden Idee trifft der Karriere­spezialist Hans Steup möglicherweise genau den Zahn der Zeit. Der Fachkräftemangel ist Realität und Unternehmen müssen sich etwas einfallen lassen, um Mitarbeiter zu gewinnen. Kreativität könnte also belohnt werden …

<h5>Ein Artikel von Hans Steup, Karrierespezialist und Social-Media-Experte sowie versicherungskarrieren.de-Gründer</h5><p>Neulich las ich über einen Stahlbauer, der sich auf seiner Internetseite bei potenziellen Mitarbeitern bewirbt. Kein Druckfehler: Gunnar Barghorn, der Chef des gleichnamigen Unternehmens bei Bremen, schickt seine Bewerbungsunterlagen an Menschen, die sich für einen Arbeitsplatz interessieren. Mit Lebenslauf, Anschreiben und allem, was dazu gehört.</p><h5>(Un)Sichtbarer Arbeitgeber</h5><p>Dass sich Unternehmen bei Kandidaten bewerben müssen, geistert als Floskel seit über zwanzig Jahren durchs Land. Gerne belächelt, ist es heute knallharte Realität. Der Fachkräftemangel ist kein Mythos mehr. Obwohl Gunnar Barghorn in einem Vortrag sagt: „Die Fachkräfte sind ja da. Sie sind nur woanders. Weil mein Schxxxladen nicht attraktiv genug ist.“</p><p>Ich gehe einen Schritt weiter: „Wenn jemand Sie als Arbeitgeber nicht sieht, ist es so, als ob es Ihr Unternehmen oder Ihre Abteilung nicht gibt. Sie existieren nicht.“</p><h5>Sichtbarkeit steigern, Lebenslauf schreiben</h5><p>Gehen Sie nicht davon aus, dass jeder Versicherungsmensch in Ihrer Region Ihr Unternehmen als Arbeitgeber wahrnimmt. Und gehen Sie nicht davon aus, dass alle wissen, dass Ihr Gewerbe- oder Industrie­betrieb eine Inhouse-Versicherungsabteilung hat. Wussten Sie, dass die Johanniter einen Versicherungsdienst haben? Und Lidl?</p><p>Wie steigern Sie also Ihre Sichtbarkeit als Arbeitgeber und die Reichweite Ihrer Stellenangebote?</p><p>Drehen Sie den Spieß um und schreiben Sie für Ihr Unternehmen einen Lebenslauf. Besser noch, für jede Abteilung, die Mitarbeiter sucht. Schließlich erwarten Sie von Bewerbern ja auch individuelle Unterlagen und keine Blabla-Vorlage aus dem Internet.</p><p>Dann schreiben Sie für jede Stelle ein Motivationsschreiben.</p><p>Anstatt „Hiermit bewerbe ich mich bei Ihnen UM einen Arbeitsplatz“ schreiben Sie: „Hiermit bewerbe ich mich bei Ihnen MIT einem Arbeitsplatz.“ Fassen Sie sich kurz. Eine Seite. Gehen Sie auf XING und LinkedIn und suchen Sie nach passenden Kandidaten.</p><!--text-long-pagebreak--><!--sub-title||In der Rolle des Kanditaten--><h5>In der Rolle des Kanditaten</h5><p>Adressieren Sie jede Bewerbung mit Namen und Ort des Kandidaten. Unterschreiben Sie jede Bewerbung mit einem blauen Stift. Fügen Sie ein Foto von sich (Geschäftsführung) oder von der Führungskraft bei, die in Zukunft mit dem Kandidaten arbeiten wird. Ergänzen Sie Ihre Gehaltsvorstellung. Und bieten Sie ein Vorstellungsgespräch an. Und machen Sie ein PDF draus.</p><p>Na? Fühlt sich komisch an, darüber nachzudenken, oder? Jetzt spüren Sie, was Kandidaten fühlen, wenn sie sich bei Ihnen bewerben und den Job unbedingt haben wollen.</p><h5>Anstellen und warten … oder?</h5><p>Wenn Sie Arbeitgeber sind, und diesen Text nur lustig finden, dann haben Sie in Zukunft ein Problem. Egal, ob Sie Fach- oder Führungskräfte suchen oder Nachwuchskräfte, die frisch aus der Schule und von der Uni kommen: Die Schlange der Arbeitgeber ist länger als die Schlange der Kandidaten. Lassen Sie sich was einfallen, um bei möglichen Kandidaten wenigstens in die Vorauswahl und bestenfalls in die enge Wahl zu kommen. Wenn Sie warten, bis Prinzen und Prinzessinnen auf einem weißen Pferd anreiten, dann können Sie lange warten.</p><h5>Der letzte Mitarbeiter, den Sie eingestellt haben </h5><p>Sie wissen nicht, wie Sie eine starke Bewerbung schreiben? Dann fragen Sie den letzten Mitarbeiter, den Sie eingestellt haben. Eine individuelle Jobstory im Experten-Netzwerk der <a href="https://www.versicherungskarrieren.de/&quot; target="_blank" >VersicherungsKarrieren</a> kann Sie ebenfalls dabei unterstützen, Ihr Unternehmen bei passenden Kandidaten in Ihrer Region bekannt zu machen. Oder bundesweit.</p><p>Also, für welches Stellenangebot schreiben Sie Ihre erste Bewerbung als Unternehmen?</p><p>Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 05/2022, S. 113, und in unserem <a href="https://epaper.asscompact.de/asscompact-05-2022/66810570&quot; target="_blank" >ePaper</a>.</p><p><i class="font-twelve-italic" >Bild: © Elnur – stock.adobe.com</i></p><div id="bbgreadlog-getimage"><img src="/bbgreadlog/getimage/FD6688FC-5BBB-41E1-B5FD-1845B71A5265"></div>

 
Ein Artikel von
Hans Steup

Der Digital Recruiting Index für Versicherungen

Nachwuchssorgen gibt es in der Branche genau wie zunehmende Digitalisierung der Unternehmen. Als Lösungsansatz ergibt sich aus diesen zwei aktuellen Themen das Digital Recruiting. Wie es darum bei den Versicherern steht, hat disphere interactive zusammen mit der Hochschule Fresenius Hamburg untersucht.

<h5>Ein Artikel von Sven Keese, Dozent an der Hochschule Fresenius und Managing Partner bei disphere interactive</h5><p>Die Versicherer sind im Umbruch. Wahrscheinlich ein wenig mehr als andere Branchen. Das ist nichts Neues. Allen Branchen gemein ist, dass digital affine Mitarbeitende, die das jeweilige Geschäftsmodell neu denken und mit ihrem Mindset und ihren Skills die digitale Transformation vorantreiben, händeringend gesucht werden. Für Unternehmen ist es schwieriger denn je, die passende Fachkraft für ihr Unternehmen zu finden. Laut einer DIHK-Umfrage gehört der Fachkräftemangel schon jetzt zu den Top-drei-Risiken für Unternehmen. Dazu kommen speziell bei Versicherungen noch Nachwuchssorgen im Vertrieb. Parallel hierzu hat die Digitalisierung für einen größeren Umschwung bei der Personalbeschaffung und -gewinnung in Unternehmen gesorgt. Neue Bedürfnisse zukünftiger Fachkräfte entstanden und entstehen noch immer, wodurch Unternehmen gezwungen sind, sich auch hier umzustrukturieren und nachhaltig neue, digitale Prozesse zu erschaffen. In diesem Zusammenhang spielen Themen wie Employer Branding und Digital Recruiting eine fast unverzichtbare Rolle. Der demografische Wandel tut sein Übriges und verwandelt den Arbeitsmarkt immer mehr in einen Käufermarkt.</p><p>Doch wie gelingt es in Zeiten des Fachkräftemangels, Bewerber mit den passenden Fähigkeiten zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu finden? Und wie kann ich mich als Versicherungsunternehmen als attraktiver Arbeitgeber gegenüber den „Digital Talents“ positionieren? </p><p>Studierende und gleichzeitig digitale Talente der Hochschule Fresenius Hamburg setzten sich unter der fachlichen Leitung von Prof. Dr. Yorck von Borcke, Studiendekan und Leiter der Media School, Anfang 2020 erstmals mit dem Status quo des Digital Recruiting anhand der DAX-30-Unternehmen auseinander und entwickelten in Zusammenarbeit mit <a href="https://www.disphere.com/&quot; target="_blank" target="_blank" >disphere interactive</a> die erste Version des <a href="https://www.hs-fresenius.de/blog/wissen/digital-recruiting-index-der-da…; target="_blank" >Digital Recruiting Index</a> (DRX). Die entwickelte Scoringcard-Matrix bildet die Basis des DRX für Versicherungen, dessen Ziel es ist, ein Instrument für die Versicherungsunternehmen zu erschaffen, mit welchem sie einen Status quo ihrer Digital-­Recruiting-Prozesse erhalten können und mögliche Potenziale aufgezeigt bekommen. Über 530 mögliche Touchpoints wurden untersucht und 50.000 Datensätze in den einzelnen Kategorien generiert. </p><h5>Und das Ergebnis? Da geht noch was!</h5><p>Die Auswertungen ergaben, dass insbesondere in den Kategorien „Stellenbörsen“, „Bewertungsplattformen“ und „Eigene Karriereseite für Absolventen“ ein Aufholbedarf besteht. Im Durchschnitt wurde über alle analysierten Versicherungen ein Score von nur 23% bei der eigenen Karriereseite für Absolventen erreicht. Lediglich ein Bruchteil der Versicherer besitzt eine separate Karriereseite mit Einstiegsjobs für Universitäts- oder Hochschulabsolventen. </p><p>Ein weiteres Handlungsfeld wurde im Bereich der Bewertungsplattformen identifiziert. Über alle Versicherungen wurde ein Durchschnittsscore von 48% erreicht. Ins­besondere die mangelhafte Pflege der Darstellung der Unternehmensprofile auf den Plattformen Kununu und Glassdoor waren auffällig. Teilweise wurden Unternehmensprofile auf diesen Plattformen nicht offiziell von den Unternehmen verwaltet. Einen hohen Gesamtscore mit positiver Weiterempfehlungsrate und einer hohen Interaktionsrate in Bezug auf Kritik oder Fragestellungen konnten übrigens die Versicherer HUK-COBURG, HanseMerkur, LV1871 und HDI aufweisen. Die herausgearbeiteten Quick-Wins, die als Handlungsempfehlungen für eine ressourcenschonende und trotzdem erfolgreiche Mängelbehebung verstanden werden können, sollten definitiv in hohem Grad erfüllt werden. Es sind die grund­legenden Kernelemente – die Hausaufgaben, um digitale Talente ansprechen zu können. Hierbei gilt es, Unternehmensprofile auf jeglichen Plattformen topaktuell und detailliert zu befüllen. Unabhängig von der Plattform können diese Unternehmensprofile als digi­tale Visitenkarte der Unternehmen verstanden werden.</p><p>Ratsam ist es, auch Medienbrüche zu vermeiden und den digitalen Talenten eine hohe Usability im Sinne möglichst einfacher Bewerbungsprozesse zu bieten. Ähnlich wie die Unternehmensprofile können auch die Stellenausschreibungen als Visitenkarte verstanden werden. Hierbei sollte zum einen ein Fokus auf die Darstellung und Formatierung der Stellenausschreibungen auf den unterschiedlichen Plattformen gelegt werden.</p><!--text-long-pagebreak--><!--sub-title||„Erst Hausaufgaben machen, dann TikTok“--><h5>„Erst Hausaufgaben machen, dann TikTok“</h5><p>Zum anderen sind vor allem die arbeitsqualitätssteigernden Indikatoren essenziell in den Stellenausschreibungen zu nennen. Hierbei besteht die Herausforderung, dass die Versicherungsunternehmen potenziell noch keine modernen Arbeitskulturen mit Indikatoren wie flexibles Arbeiten, Work-Life-Balance-Maßnahmen, agiles Projektmanagement, Karriereentwicklungsmaßnahmen und Mobilitätsangeboten ausweisen. Dabei werden genau diesen Indikatoren in dem DRX die stärksten Gewichtungen zugeschrieben. </p><p>Abschließend wünschen sich digitale Talente bei der Jobbewerbung effiziente und schnelle Abläufe im Bewerbungsprozess. One-Click-Bewerbungen müssen Einsatz finden, um den Bewerbungsprozess so schnell und einfach wie möglich zu gestalten. Nur wenige Versicherungen haben diese Funktion in den Bewerbungsprozess integriert. Oftmals müssen Bewerber durch verschiedene Anmeldemasken mit zahlreichen Untermenüs navigieren, um zum eigentlichen Upload der Bewerbung zu gelangen. Möchte man als digital­affiner Arbeitgeber wirken, so muss auch der Bewerbungsprozess dies beweisen können.</p><h5>Über den Autor</h5><p>Sven Keese ist Dozent an der Hochschule Fresenius im Masterstudiengang „Digitales Management & Leadership“ und Managing Partner bei <a href="https://www.disphere.com/&quot; target="_blank" target="_blank" >disphere interactive</a>. disphere ist Digitalberatung, -agentur und Technologieentwickler und fokussiert sich auf die digitale Transformation des Vertriebes und der B2B2C-Kommunikation. Das Unternehmen unterstützt seine Kunden – vornehmlich aus der Finanzdienstleistung – entlang der digitalen Wertschöpfungskette, unter anderem im Datenschutz und Recruiting.</p><p>Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 05/2022, S. 114 f., und in unserem <a href="https://epaper.asscompact.de/asscompact-05-2022/66810570&quot; target="_blank" >ePaper</a>.</p><p><i class="font-twelve-italic" >© Feodora – stock.adobe.com</i></p><div id="bbgreadlog-getimage"><img src="/bbgreadlog/getimage/62150078-4E7F-4A5B-9C99-CD5E99A6074E"></div>

 
Ein Artikel von
Sven Keese