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Assekuranz bAV allgemein

Vor Ort beim Kunden: bAV-Beratung auf der Baustelle

Als Spezial-Versicherungsmakler für bAV hat sich BAVcompact auf die betriebliche Altersversorgung von Baufirmen spezialisiert. Die Branche weist einige Besonderheiten auf, die es bei der Projektierung zu berücksichtigen gilt. Was die Beratung der Beschäftigten angeht, heißt es für das Team von BAVcompact mobil sein.

Interview mit Wencke Gattinger, Geschäftsführerin, und Peter Schubert, Kaufmännischer Leiter der BAVcompact GmbH & Co. KG, Spezial-Versicherungsmakler für bAV
Sie haben sich ja auf die bAV-Beratung im Baugewerbe spezialisiert. Wie hat sich bei Ihnen das Geschäft in der Pandemie entwickelt?

Wencke Gattinger: Auch wir hatten durch die Corona-Krise in diesem und im letzten Jahr unsere Herausforderungen. Die Baufirmen haben insbesondere im harten Lockdown im ersten Quartal 2021 die Zugangsbeschränkungen auf den Baustellen verschärft, sodass eine Beratung vor Ort teilweise, auch zum Schutz unseres eigenen Teams, nicht möglich war. Neue Kunden konnten in der Zeit ebenfalls nicht akquiriert werden.

Peter Schubert: Das Jahr 2021 werden wir dennoch positiv abschließen können. Es ist aufgrund von Corona im Baugewerbe zu keinerlei Kurzarbeit, Entlassungen oder gar Insolvenzen im Bestand gekommen und die abgeschlossenen bAV-Verträge sind störungsfrei durchgelaufen.

Was sind denn die besonderen Herausforderungen im Bereich bAV für diese Branche?

Peter Schubert: Die Baubranche hat so ihre Besonderheiten. Ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag sorgt dafür, dass die SOKA-BAU für diese Branche zuständig ist und alle Baubetriebe dort ZVK-pflichtig sind. Diese arbeitgeberfinanzierte Abgabe reduziert die 4% Beitragsbemessungsgrenze für die Sozialversicherungsfreiheit innerhalb der bAV deutlich. Erschwerend kommt hinzu, dass der tarifliche Mindestlohn im Baugewerbe, der aktuell bei 15,70 Euro pro Stunde liegt entsprechend der Mindestlohngruppe 2/West, nicht für eine Entgeltumwandlung genutzt werden darf – abweichend vom gesetz­lichen Mindestlohn. Daneben sind die gewerblichen Mitarbeiter, also etwa 80 bis 90% des Gesamtpersonals in der Baubranche, meistens an unterschiedlichen Standorten anzutreffen, teilweise sogar über ganz Deutschland verteilt. Eine Video­beratung ist in diesem Kundensegment in der Regel nicht möglich. Deshalb beraten wir diese während der Arbeitszeit auf den Baustellen in unseren Beratungsmobilen. Dadurch erreichen wir auch in dieser Branche eine Teilnahmequote von rund 80%.

Nun wurden mit dem BRSG ja bereits eine Reihe von Maßnahmen umgesetzt, um die Durchdringung der bAV zu erhöhen. Damit verbunden sind aber auch immer wieder neue regulatorische Vor­gaben. Welche Herausforderungen ergeben sich daraus in der Praxis?

Wencke Gattinger: Im Baugewerbe liegt oftmals eine Tarifbindung oder eine Anlehnung an den Bautarifvertrag vor. Es ergibt sich im Bestand in der Praxis daher für uns wenig Aufwand in Bezug auf das BRSG. Wir sind in der komfortablen Lage, dass ein Tarifvertrag vom Gesetz abweichende Regelungen, auch zuungunsten der Arbeitnehmer, treffen darf (tarifdispositiv). Kritisch wird es jedoch bei Fremd- bzw. Altzusagen, bei denen diese Spielregeln nicht eingehalten wurden. Der 01.01.2022 rückt näher und die Verunsicherung auch bei den Betrieben ist groß. Wir erhalten hier viele Anfragen von Interessenten. Spätestens dann, wenn von dem jeweiligen Versicherer der Altverträge die Information kommt: „Denken Sie an den gesetzlichen Arbeitgeber­zuschuss von 15% gemäß BRSG“, werden die Entgelt- oder Personalabteilungen und/oder die Geschäftsleitung aufmerksam und die „Hilfe“-Anfragen nehmen zu.

Wie sehr beeinträchtigt das Niedrigzinsumfeld Ihre Vermittlertätigkeit, und trägt die Diskussion um Garantien zur Unsicherheit bei?

Peter Schubert: Die Sicherheit, in einem Niedrigzinsumfeld die richtige Entscheidung für die Zukunft getroffen zu haben, ist die hohe Förderung in Form der tariflichen Arbeitgeberzulage über die gesamte Laufzeit. Die staatliche Förderung, also die Steuer- und Sozialversicherungsersparnisse, der geringe Nettoeigenanteil, ein innovatives Anlagekonzept sowie speziell auf die Bauwirtschaft zugeschnittene Leistungsbausteine geben unserer Zielgruppe viele gute Argumente zugunsten der bAV. Daher haben wir in der Praxis keine Beeinträchtigung.

Nach wie vor sind Arbeitgeber beim Thema bAV zögerlich, weil sie einen hohen Verwaltungsaufwand fürchten. Hier kann die Digitalisierung Abhilfe schaffen. Geht es hier aus Praxissicht denn voran? Oder wie könnten Versicherer Vermittler noch stärker unterstützen?

Wencke Gattinger: Der Verwaltungsaufwand für unsere Kunden ist und war schon immer sehr gering, da wir die meisten Verwaltungsvorgänge schon seit Jahren übernehmen. Wir liefern den Entgeltabteilungen eine digitale und damit papierlose „bAV-Personalakte“ über unser Kunden-Onlineportal. Es sind versichererunabhängig alle Daten, der gesamte Schriftverkehr und alle Dokumente wie zum Beispiel Angebote, Policen, Beratungsprotokolle und Entgeltumwandlungsvereinbarungen für den Kunden hinterlegt. Hier haben sich die Download-Funktionen und die Schnittstellen zu den gängigen Verwaltungsprogrammen innerhalb der Portale der Versicherer in den letzten Jahren deutlich verbessert.

Ihr Onlineportal haben Sie schon angesprochen. Setzen Sie denn in der Beratung auf weitere digitale Unterstützung?

Peter Schubert: Da das Baugewerbe wie eben bereits erwähnt einige Besonderheiten aufweist und es am Markt entsprechende Softwarelösungen nicht gab und bis jetzt auch nicht gibt, haben wir bereits vor langer Zeit eine eigene Beratungssoftware entwickelt. Neben der Dokumentation des gesamten Beratungsprozesses werden alle Dokumente digital unterschrieben und dem Firmenkunden im Kunden-Onlineportal zur Verfügung gestellt. Eine selbst entwickelte Videoberatung bieten wir ebenfalls an, sie kann jedoch in unserem Kundensegment eine persönliche Beratung „Face to Face“ vor Ort nicht ersetzen.

Können auch Maklerkolleginnen und -kollegen von den langjährigen bAV-Erfahrungen im Baugewerbe von BAVcompact profitieren?

Wencke Gattinger: Ja, denn wir sprechen Bau! Unsere Zielgruppen sind Unternehmen mit einem hohen gewerblichen Mitarbeiteranteil und wir haben spezielle Deckungskonzepte für diese Branchen entwickelt. Einige Kolleginnen und Kollegen kooperieren bereits mit uns. Es sind zumeist Sachmakler, die kein bzw. wenig bAV-Geschäft machen oder die gewerblichen Mitarbeiter in der Praxis nicht beraten können, jedoch die Tür für einen Konkurrenzeinbruch über die bAV in ihrem Bestand zumachen wollen. Da wir ausschließlich die bAV für die Mitarbeiter anbieten, gibt es keine Überschneidungen mit den Kolleginnen und Kollegen.

Das Interview lesen Sie auch in AssCompact 12/2021, S. 40 f., und in unserem ePaper.

Bild: © antonmatveev – stock.adobe.com

 
Ein Interview mit
Wencke Gattinger
Peter Schubert

EIOPA: Deutsche Versicherer bestehen Stresstest

Die EIOPA hat die Ergebnisse des diesjährigen Stresstests der Versicherungsbranche veröffentlicht. Deutsche Versicherer erhielten dabei ein positives Ergebnis. Die Versicherungswirtschaft insgesamt erweist sich als widerstandsfähig.

Die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA) hat die Ergebnisse ihres Stresstests 2021 für Versicherungsunternehmen veröffentlicht. 43 große europäische Versicherungsgruppen sowie ein Einzelunternehmen wurden in dem Stresstest geprüft. Auch aus Deutschland waren fünf Versicherer dabei: Allianz, Münchener Rück, HDI, R+V und Alte Leipziger-Hallesche. Das Ergebnis ist positiv ausgefallen: Die deutsche sowie die europäische Versicherungsbranche haben sich im Test-Szenario als widerstandsfähig erwiesen.

Besonders Lebensversicherer beobachten

Dr. Frank Grund, Exekutivdirektor Versicherungs- und Pensionsfondsaufsicht der BaFin schätzt die Resultate wie folgt ein: „Die Ergebnisse des Stresstests zeigen, dass die Versicherungsbranche auch in Stressszenarien grundsätzlich widerstandsfähig ist.“ Ohne die im Jahr 2032 auslaufenden Übergangsmaßnahmen sähen die Ergebnisse aber teilweise deutlich schlechter aus, so Grund. Zum Niedrigzins ergänzt Grund: „Das Niedrigzinsumfeld bleibt eine Herausforderung. Wir werden besonders die Situation der Lebensversicherer weiter genau im Auge behalten.“

Krisenfest im Zinsrückgang

Im diesjährigen Stresstest-Szenario wurde von der EIOPA insbesondere mit einem Zinsrückgang mit Verwerfungen am Kapitalmarkt gerechnet. Ein deutlicher Rückgang der Solvenzquoten wäre die Folge. Dies würde auch die deutsche Versicherungsbranche betreffen. Dennoch zeigt sich, dass das europäische Versicherungssystem insgesamt Widerstandsfähigkeit hätte und robust aufgestellt wäre. Auch die Maßnahmen für langfristige Garantien (Long Term Guarantee – LTG) entwickelten die intendierte antizyklische Wirkung. „Der Rückgang der Solvenzquoten wäre für die deutschen Teilnehmer verkraftbar“, schließt Grund aus den Ergebnissen. „Die Versicherer zeigen sich insgesamt krisenfest.“

Neu: Liquiditätsbetrachtung

Der Gesamteindruck wird also auch von den Ergebnissen der deutschen Teilnehmer untermauert. Die deutschen Versicherungsunternehmen, die in den Test einbezogen waren, verfügten im angenommenen Stress-Szenario über genügend liquide Mittel zur Deckung des Liquiditätsbedarfs, so ein weiteres Ergebnis. Denn zum ersten Mal gab es beim EIOPA-Stresstest auch eine Liquiditätsbetrachtung. Daran waren 117 Unternehmen beteiligt. So wird den betrachteten europäischen und deutschen Unternehmen der Versicherungsbranche eine grundsätzliche Robustheit bescheinigt.

Schwachstellen

Petra Hielkema, Vorsitzende der EIOPA sagte zu den Ergebnissen: „Der Stresstest hat gezeigt, dass europäische Versicherer ihre finanzielle Gesundheit selbst inmitten harter ökonomischer Bedingungen beibehalten können. Ich freue mich, dass die Teilnehmer zu keinem Zeitpunkt von einer Post-Stress-Vermögenslage berichteten, in der die Verpflichtungen der Versicherer gegenüber Versicherungsnehmern gefährdet gewesen wären.“ Hielkema kritisierte jedoch: „Unter der Oberfläche dieser positiven Ergebnisse gibt es aber oft eine starke Abhängigkeit von den Übergangsmaßnahmen, die 2032 auslaufen werden. In den kommenden Monaten werden wir unsere Aufmerksamkeit diesen Schwachstellen widmen, die durch den Test aufgezeigt wurden. Wir werden auch an Gesetzgeber appellieren, die Offenlegung von individuellen Ergebnissen als gesetzliche Anforderung in Betracht zu ziehen.“ (lg)

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Nur ein Zahlenvergleich? Bewertung von Direktversicherungstarifen

2022 sinkt der Garantiezins für Lebensversicherungen. Dies führt voraussichtlich aber nicht zum üblichen Jahresendgeschäft zur Sicherung des bisherigen Garantiezinses. Denn im Markt haben sich längst neue bAV-Direktversicherungstarife durchgesetzt, bei denen der Garantiezins eine untergeordnete Rolle spielt.

Ein Artikel von Markus Keller, Geschäftsführer der febs Consulting GmbH

Mit einem Garantiezins von 0,25% lassen sich Beitragsgarantien aufgrund der Kosten innerhalb eines Tarifs praktisch nicht mehr darstellen. Daher werden bei Direktversicherungen nur mehr beitragsorientierte Leistungszusagen nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 Betriebsrentengesetz (BetrAVG) eingesetzt, die nach der wohl vorherrschenden Meinung auch Leistungen unterhalb der eingezahlten Beiträge ermög­lichen. Das führt dazu, dass zum Beispiel 90% oder gar nur mehr 55% der eingezahlten Beiträge als Garantiekapital bei Rentenbeginn zugesagt werden.

In Verbindung mit dem sinkenden Garantieniveau werden meist fonds- bzw. indexgebundene Tarife eingesetzt. Aufgrund der Besonderheiten indexgebundener Tarife beziehen sich nachfolgende Ausführungen nur auf fondsgebundene Tarife. Dabei nutzt man in der Regel Hybridmodelle mit zwei oder auch mehr „Töpfen“, in denen die Beiträge angelegt werden. Dabei dient Topf eins der sicheren Anlage, um die Garantieleistungen erbringen zu können. Topf zwei wiederum soll durch eine kapitalmarktnahe Anlage wie einen Fonds, ein Sondervermögen etc. für eine auskömmliche Rendite sorgen.

Vorbei die guten alten Zeiten des reinen Zahlenvergleichs

Ein Vergleich klassischer Tarife ist zumindest hinsichtlich der Altersleistungen einfach: Auf Basis des Garantiezinses, der Überschüsse und der Kosten sowie weitere Berechnungsparameter ergeben sich Garantie- und Gesamtleistungen, die man unter sonst gleichen Bedingungen vergleichen kann bzw. konnte. Beim Angebotsvergleich von fondsgebundenen Hybridmodellen hingegen spielen viele weitere, auch qualitative Punkte eine wichtige Rolle.

Garantieniveau und -leistungen

Auch bei neuen Tarifen sind zunächst das Garantieniveau bzw. die sich daraus ergebenden Garantieleistungen (Kapital und Rente) von Interesse. Da jedoch die Garantieleistungen lediglich den „Worst Case“-Fall darstellen, sollte vielmehr darauf geachtet werden, wie bei späterem Rentenbeginn das Gesamtkapital in eine Rente umgerechnet wird. Dies hängt vom verwendeten Rentenfaktor ab (= monatliche Rente aus 10.000 Euro Kapital). Manche Anbieter garantieren auskömmliche Faktoren, andere hingegen gar keine bzw. absurd niedrige. In diesen Fällen besteht das Risiko, dass sich trotz eines hohen Gesamtkapitals bei Rentenbeginn eine niedrigere Rente ergibt als bei Mitbewerbern. Abseits der Zahlen gilt: Ein niedrigeres Garantieniveau muss nicht zwingend nachteilig sein, da dann größere Beitragsteile in die kapitalmarktnahe Anlage fließen sollten. Je länger die Vertragslaufzeit, desto vorteilhafter sollte sich ein niedrigeres Garantieniveau auswirken. Für kurze Vertragslaufzeiten (bis ca. zehn Jahre) muss in der Regel ohnehin ein klassischer Tarif genutzt werden.

Sichere Anlage

Um die Garantien erfüllen zu können, fließt ein Teil der Beiträge ins klassische Sicherungsvermögen des Versicherers und nicht in die kapitalmarktnahe Anlage. Dieser „Motor“ kann anhand der üblichen Kriterien bewertet werden: Versichererkennzahlen zur Einschätzung der Finanzkraft, deklarierte Überschüsse der letzten Jahre inkl. Bewertungsreserven und Schlussüberschüsse.

Fonds-/Kapitalmarktnahe Anlage

Beim Vergleich der Fonds – sowohl aktiv gemanagte als auch passive ETFs – bzw. kapitalmarktnahen Anlage wie zum Beispiel Sondervermögen innerhalb eines Fondstarifs eröffnet sich ein eigenes Vergleichsuniversum. So setzt eine Beurteilung von Fonds tiefer gehende Anlagekenntnisse voraus: Um welche Anlageklasse handelt es sich? Gibt es einen längerfristigen „Track Record“ zu Renditen und Volatilität bei konstantem Fondsmanagement? Handelt es sich um ein klar definiertes Anlagekonzept? Wie sehen die Fondskennzahlen aus wie etwa Sharpe Ratio, Information Ratio, griechische Buchstaben? Sind vergleichbare Fonds besser? Hier gilt es, in die einschlägigen Fondsdokumente einzutauchen. Zwar kann auch daraus nicht die zukünftige Wertentwicklung abgeleitet werden. Aber es geht auch mehr darum, sagen zu können, welche Wertentwicklung man – positiv wie negativ – mit ziemlicher Sicherheit nicht erwarten kann.

Kosten

Zwar mag die Wertentwicklung unbekannt sein, die Kosten sind es nicht! Je höher die Kosten – wie etwa Abschlusskosten in % der Beitragssumme, Verwaltungskosten in % der Beiträge bzw. des Deckungskapitals etc. –, desto höher muss die Wertentwicklung ausfallen, um diese Kosten zu rechtfertigen. Auch der Vergleich von Fondskosten fördert große Unterschiede zutage: So haben auch in fondsgebundenen Tarifen vielfach schon ETFs Einzug gehalten, die durch niedrige Kosten und transparente (Index-)Anlage punkten.

Gesamtleistungen

Schlussendlich ergeben sich aus angenommener Wertentwicklung und den Kosten auch bei fondsgebundenen Tarifen Gesamtleistungen, die unter sonst gleichen Bedingungen verglichen werden können. Dabei berücksichtigen Versicherer in der Regel mehrere Wertentwicklungsszenarien, zum Beispiel 1%, 3% oder 6% pro Jahr. Die banale Frage, die aber oft schwer zu beantworten ist: Macht die Angabe der Gesamtleistungen unter Berücksichtigung einer bestimmten Wertentwicklung Sinn? 6% per annum in Verbindung mit Geldmarkt- oder Rentenfonds beispielsweise darf man wohl getrost als unrealistisch bezeichnen und bei Vergleichen aussortieren. Und worauf bezieht sich die angegebene Verzinsung: auf beide Töpfe oder nur den kapitalmarktnahen? Rendite vor oder nach Kosten? Exakt vergleich­bare Angebote sind meist gar nicht zu bekommen.

Tarifgestaltung

Ebenfalls rein qualitativer Art ist die Beurteilung der Tarifgestaltung. So finden etwa bei dynamischen Hybridmodellen zwischen den „Töpfen“ Umschichtungen statt, die von einem Algorithmus gesteuert werden. Dies kann im schlimmsten Fall zu „Lock-in-Effekten“ führen: Bei Marktverwerfungen wird das Vertragsguthaben in den sicheren Topf umgeschichtet, in dem man dann hängen bleibt. Statische Modelle, bei denen es nicht oder nur in fest definierten Fällen zu Umschichtungen kommt, sind dagegen transparenter.

Zusätzliche Dienstleistungen

Gerade aus Arbeitgeber-, aber auch aus Vermittler- bzw. Beratersicht werden zusätzliche Dienstleistungen von Interesse sein. Gibt es beispielsweise standardisierte Schnittstellen zu Online-Plattformen? Können die üblichen Unterlagen auch ausschließlich digitalisiert übermittelt werden? Sind Online-Tools für Musterberechnungen verfügbar? Kann eine Microsite ins Intranet eingebunden werden? Obgleich diese Punkte mit den späteren Leistungen nichts zu tun haben, können sie das berühmte „Zünglein an der Waage“ sein.

Ein Quäntchen Glück kann nie schaden!

Selbst bei mit größter Sorgfalt ausgeführten Tarifvergleichen bleiben leider Unschärfen: Es mangelt in der Praxis an Aussagen der Ver­sicherer zur Wahrscheinlichkeitsverteilung der diversen Wertentwicklungsszenarien. Was bringen Leistungsangaben auf Basis einer Wertentwicklung von 6% p. a., wenn diese nach allen Regeln der Wahrscheinlichkeit nicht erwartet werden kann? Hier wäre es sehr hilfreich, es gäbe beispielsweise auf Basis von Simulationsberechnungen Verteilungskurven zur erwarteten Rendite. Denn viele Arbeitnehmer sind von der tatsächlichen Wertentwicklung fondsgebundener Direktversicherungen enttäuscht. Entweder zu Recht oder auch deshalb, weil allein aufgrund des Worts „fondsgebunden“ unrealistische Renditen erwartet wurden.

2022: Das Jahr der Angebotsvergleiche

Da die Versicherer die BZML sukzessive abschaffen und zudem reihenweise neue Tarife lancieren, steht für viele Arbeitgeber die Auswahl neuer Tarife an, zum Beispiel auch – vergleichsweise neu – bei rückgedeckten Unterstützungskassen. Es gibt also auch im nächsten Jahr noch viel zu tun in der bAV!

Diesen Artikel lesen sie auch in AssCompact 12/2021, S. 38 f., und in unserem ePaper.

Bild oben: © fidaolga – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Markus Keller

Nachhaltigkeit und bAV: Der richtige Einstieg für Vermittler

Nachhaltigkeit ist der große Trend, vor allem auch in der Altersvorsorge. Gerade in der bAV bietet sich Vermittlern beim Thema nachhaltige Betriebsrente viel Vertriebspotenzial, denn die Zielgruppe ist groß. Doch was macht eine Betriebsrente überhaupt nachhaltig und wie kann der Einstieg für Vermittler gelingen?

Von Dr. Henriette Meissner, Generalbevollmächtigte bAV Die Stuttgarter und Geschäftsführerin der Stuttgarter Vorsorge-Management GmbH und Per Protoschill, Prokurist und Leiter Vertriebsunterstützung bAV der Stuttgarter Vorsorge-Management GmbH

Nicht erst seit dem Bundestagswahlkampf und den anschließenden Sondierungsgesprächen ist das Thema „Nachhaltigkeit“ einer DER Megatrends. Auch die betriebliche Altersversorgung (bAV) bleibt aus Sicht der möglichen künftigen Bundesregierung zentral und „wichtig für ein gutes Leben im Alter“. Vermittler sind bei der Beratung und Einrichtung von betrieblichen Versorgungssystemen ein wichtiger Erfolgsfaktor und genießen bei ihren Firmenkunden hohes Vertrauen. Und da sich spätestens seit der verpflichtenden Anwendung der Transparenzverordnung auch Vermittler mit dem Thema Nachhaltigkeit hinsichtlich Anbieter- und Produktauswahl und dem eigenen Betrieb beschäftigen müssen, stellt sich die Frage, wie der Einstieg in eine nachhaltige betriebliche Altersversorgung gut gelingen kann.

Nachhaltigkeit in aller Munde

Alle wollen „Nachhaltigkeit“ – von UN über EU-Kommission bis hin zu den nationalen politischen Handlungsträgern. Bei allen sind mehr oder weniger konkret formulierte Pläne hin zu nachhaltigem Wirtschaften zu finden. Auch die Wirtschaft hat – teilweise auch schon länger – den Megatrend erkannt. Und nicht zuletzt sind es die Verbraucher, die sich in vielen Bereichen ihres Lebens mehr Nachhaltigkeit wünschen.

Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Risiken wie der Klimawandel sind eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Doch was ist genau unter „Nachhaltigkeit“ zu verstehen? Eine einheitliche Definition ist bis heute nicht auszumachen. Immerhin gibt es zum Beispiel durch die Taxonomie-­Verordnung der EU Anhaltspunkte, was unter nachhaltigem Wirtschaften zu verstehen ist.

Gleichzeitig ist mit dem Green Deal der EU ein Plan formuliert, nach dem Europa bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent werden soll. Ein Erfolgsfaktor dafür ist es, Kapital in nachhaltige Anlagen umzulenken – also Anlagen, die einen positiven Beitrag nach den sogenannten ESG-Kriterien leisten. Die Bezeichnung ESG steht für: E(nvironment) – Umwelt, S(ocial) – Soziales und G(overnance) – (gute) Unternehmensführung. Diese Nomenklatur ist auf jeden Fall hilfreich, sich einer Begriffsdefinition für Nachhaltigkeit zu nähern.

Nach den UN-Zielen für nachhaltige Entwicklung sind Tätigkeiten wirtschaftlichen Handelns dann als nachhaltig anzusehen, wenn sie positiv auf eines oder mehrere dieser Ziele wirken. So ist etwa wirtschaftliches Handeln, das die Gefahr von Altersarmut vermindert, nachhaltig. Gleiches gilt, wenn dadurch finanzielle Gleichstellung von Männern und Frauen gefördert wird.

Nachhaltige Betriebe bieten nachhaltige Betriebsrenten

Wenn ein Altersvorsorgeprodukt nachhaltig ist oder als nachhaltig beworben wird, muss für den Kunden klar erkennbar sein, warum das so ist und wie genau das funktioniert. So gibt die Transparenzverordnung je nach Produktausgestaltung verschiedene Anforderungen an entsprechende Informationen zur Nachhaltigkeit vor.

In der Praxis bedeutet das für die Produktanbieter unter anderem, dass Aussagen zur Kapitalanlage zu treffen sind, die im Rahmen des Produktes vorgenommen wird. Darüber hinaus sind (vorvertrag­liche) Informationen bzw. auf der Internetseite des Unternehmens zum Umgang mit dem Thema Nachhaltigkeit und zur Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsrisiken auf Unternehmensebene zu geben.

Auf diese Weise sollen Vermittler und ihre Kunden in die Lage versetzt werden, die Nachhaltigkeit von Unternehmen und ihren jeweiligen Altersvorsorgeprodukten zu bemessen.

Power-Formel für eine nachhaltige Betriebsrente: ESG3

Doch was genau macht dann eine Betriebsrente zu einer „nachhaltigen“ Betriebsrente? Die Antwort darauf liefert die Power-Formel für die nachhaltige Betriebsrente – und die ist gleich dreifach nachhaltig. Die Nachhaltigkeit einer Betriebsrente kommt in mehreren Dimensionen zum Ausdruck:

  • ESG1 = Die Einrichtung einer Betriebsrente ist sozial, denn die Belegschaft erhält mehr soziale Sicherheit.
  • ESG2 = Eine Betriebsrente mit freiwillen Zuschüssen des Unternehmens erhöht die soziale Absicherung der Beschäftigten.
  • ESG3 = Zusätzlich nachhal­tige Kapitalanlage der Betriebsrente wirkt auf alle drei Aspekte E-S-G positiv.

So ist eine Betriebsrente ein soziales und damit nachhaltiges Handeln des Arbeitgebers, denn er unterstützt die Belegschaft beim Aufbau einer zusätzlichen und geförderten Altersversorgung, zum Beispiel im Rahmen einer Entgeltumwandlung. Darüber hinaus kann das Unternehmen zusätzliche Verantwortung übernehmen, indem es sich an der Finanzierung der Betriebsrente beteiligt. Dieses Engagement zahlt auf die Dimensionen „sozial“ und „unternehmerische Verantwortung“ (Governance) ein. Und schließlich können durch ein nachhaltiges Finanzierungsinstrument für die Betriebsrente weitere Nachhaltigkeitsziele wie sauberes Wasser und Energie, Maßnahmen zum Klimaschutz und menschenwür­dige Arbeit gefördert werden.

Der richtige Einstieg für Vermittler

Durch die Transparenzverordnung können sich Vermittler heute schon positiv beim Thema Nachhaltigkeit positionieren, etwa bei der Auswahl nachhaltig tätiger Unternehmen und entsprechender Produkte. Unterstützung dabei liefern Produktbeschreibungen und Unternehmensinformationen der Anbieter. Rating-Institute untersuchen zunehmend Unternehmen und Produkte in Bezug auf Nachhaltigkeit. Nützlich für Vermittler ist der ESG-Finder der Brancheninitiative Nachhaltigkeit in der Lebensversicherung (branchen-initiative.de), bei der Die Stuttgarter eines der Gründungsmitglieder ist. Vermittler als erster Ansprechpartner für die passgenaue Eindeckung von Vorsorge­lösungen ihrer Kunden können nachhaltige Umsetzungen durch gezielte Fragen maßgeschneidert einbinden.

Fragen zur Einrichtung einer dreifach nachhaltigen Betriebsrente:

  • Wollen Sie Ihr Unternehmen mit einer Betriebsrente nachhaltig ausrichten?
  • Wollen Sie Ihre Betriebsrente positiv gegenüber Ihrer Belegschaft, Kunden und Anteilseignern darstellen, etwa im Rahmen der CSR-Berichterstattung?
  • Wollen Sie Ihr nachhaltiges Engagement bei der Betriebsrente gegenüber Ihrer Belegschaft dokumentieren, zum Beispiel mit einem jährlichen Anlagebericht und einem Zertifikat für die Arbeitnehmer?
  • Wollen Sie bei Ihrer Personalsuche besonders punkten, weil Sie sich glaubwürdig als nachhaltiges Unternehmen positionieren und eine nachhaltige Betriebsrente anbieten?

Die GrüneRente der Stuttgarter hat sich dabei als Produkt seit 2013 bereits vielfach im Einsatz bei der nachhaltigen bAV bewährt. Nützliche Tipps für die Umsetzung einer nachhaltigen bAV finden Vermittler auf www.bavheute.de und gruenerleben.stuttgarter.de.

Mit der geplanten Überarbeitung der Vertriebsrichtlinie IDD im Jahr 2022 ist außerdem zu erwarten, dass die Kundenwünsche in Bezug auf Nachhaltigkeit im Rahmen der Zielmarktbestimmung und der Geeignetheitsprüfung im Beratungs­prozess für Vermittler explizit abzufragen und zu dokumentieren sind. Dies kann letztlich dazu beitragen, dass die Nachhaltigkeitspräferenzen der Kunden selbstverständlich mit beraten werden. Bleibt zu hoffen, dass Versicherern und Vermittlern bis dahin auch entsprechende detaillierte Umsetzungsvorgaben gemacht werden und so Nachhaltigkeit in einem sicheren Rahmen gefördert werden kann.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 12/2021, S. 46 f., und in unserem ePaper.

Bild: © peterschreiber.media – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Dr. Henriette Meissner
Per Protoschill

BdV-Vorstand Kleinlein erneuert Kritik an Lebensversicherern

Im Journalisten-Gespräch hat BdV-Vorstand und Sprecher Axel Kleinlein seine kritischen Ansichten über Lebensversicherungsprodukte bekräftigt. Dabei beanstandete er neben ihrer Intransparenz auch die Rentenkalkulation sowie die Garantieabsicherung der Versicherer.

Der Vorstandssprecher des Bundes der Versicherten e.V. (BdV), Axel Kleinlein, hat seiner Kritik am System der Altersvorsorge durch Lebensversicherungen erneut Nachdruck verliehen. Im Gespräch mit Journalisten bemängelte er dabei nicht nur die Produkte an sich, sondern betonte insbesondere auch die Kalkulation der Rentenhöhe und die Praxis der Garantieabsicherung durch die Versicherer.

Intransparente Konzeption von Lebensversicherungsprodukten

Zunächst missbilligte Kleinlein die Konzeption der Lebensversicherungsprodukte zur Altersvorsorge als falsch und intransparent. Anhand einer grafischen Darstellung der Zusammenhänge zwischen der Prämie des Kunden, der Kapitalanlage des Versicherers und der Verwendung der daraus entstehenden Erträge am Kapitalmarkt wurden den versammelten Journalisten gleich mehrere Missstände aufgezeigt: Zum einen gehen die Versicherten bereits durch hohe Abschlusskosten in Vorleistung, sodass die Rendite zunächst schon negativ ausfalle. Zum anderen werde den Versicherten verschleiert dargestellt, wie die Kosten für Todesfälle, laufende tatsächliche Kosten und die Abführung von Steuern und Dividenden bilanziell die Rückstellungen für die Beitragsrückgewähr schmälern und damit den Versicherten Kapitalbestände für die spätere Auszahlung schleichend entzogen werden.

Fehlerhafte Rentenkalkulation und unsaubere Garantieabsicherung

Mit Verweis auf den großen Einfluss der angenommen Lebenserwartung des Versicherten auf die künftige Rentenhöhe beschuldigte der BdV-Sprecher die Lebensversicherer auch fehlerhafter Rentenkalkulationen. Im Vergleich zu den amtlichen Sterbetafeln, aber auch zu den Zahlen der Rentenversicherung schätzten die Versicherer zur Berechnung der Rentenhöhe mittels ihrer DAV04R-Standardverordnung die Lebenserwartung des Versicherten als viel zu hoch ein. Die kalkulierte Rente für den Versicherten falle unter diesen Bewertungsprinzipien zu niedrig aus. Da viele der so Versicherten viel zu früh versterben würden, finanzierten sie mit ihrer vergleichsweise hohen Prämie lediglich die Ansprüche der nächsten Generation mit. Abschließend monierte Kleinlein auch die unsauberen Praktiken der Garantieabsicherung durch die Versicherer. Das Niedrigzinsumfeld zwinge die Versicherer dazu, Gelder, die eigentlich in die Überschussbeteiligung der Lebensversicherungsprodukte fließen sollten, zur Absicherung etwaiger Zinsgarantien anderer Produktsparten zur Verfügung zu stellen. Gerade auch die regulatorisch verpflichtende Zinszusatzreserve der Versicherer entziehe der Überschussbeteiligung bei Lebensversicherungsprodukten zusätzliches Kapital, das dann den Versicherten nicht zur Verfügung stehe. „Die Kunden, die im Rentenbereich zu früh versterben, füttern die Bereiche, in denen die Versicherer die Zinsgarantien nicht erfüllen können“, kommentierte Kleinlein diese Praxis. (as)

Bild: © Thomas Reimer – adobe.stock.com

 

bAV: Selbstabschlussstrecke von Xempus für Arbeitgeber

Xempus hat ab sofort eine digitale Selbstabschlussstrecke für Arbeitgeber im Portfolio und macht hierbei gemeinsame Sache mit Fonds Finanz. Mit dem „Xempus manager“ können Vermittler ohne bAV-Fokus ihren Firmenkunden digitale bAV zugänglich machen, indem sie als Tippgeber fungieren.

Mit der volldigitalen bAV-Selbstabschlussstrecke für Arbeitgeber will das Münchener InsurTech Xempus insbesondere kleine und mittelständische Firmen erreichen, bei denen die bAV-Durchdringung noch gering ist. „Gerade bei kleinen und mittleren Unternehmen ist der bAV-Nachholbedarf groß. Wir folgen einer Marktentwicklung“, erklärt Xempus-CEO Tobias Wann. „Arbeitgeber haben jetzt die Wahl, ob sie analog oder volldigital bAV einführen möchten.“ Vermittlern ohne bAV-Fokus bietet sich mit dem „Xempus manager“ die Möglichkeit, ihren Firmenkunden digitale bAV zugänglich zu machen.

Vermittler als Tippgeber

Hierzu laden Vermittler ihre Firmenkunden als Tippgeber via Link ein. Auf der Xempus-Plattform können Arbeitgeber dann selbst aus den Optionen „Sparpaket“, „Topvorsorge“ und „Individualpaket“ ein Angebot auswählen und bAV digital im Unternehmen einführen. Teil des „Xempus manager“ ist das Arbeitnehmerportal „myXempus“, mit dem Arbeitnehmer ihr Angebot online einsehen und auswählen können.

Wer im Laufe der Abwicklung doch persönliche Beratung in Anspruch nehmen möchte, kann Fonds Finanz hinzuziehen. An den Start geht Xempus mit der Fonds-Finanz-Tochter Pension Benefits AG. Ansprechpartner für technische Fragen ist der Xempus-Service. Erster Tarifpartner ist HDI. Weitere Vertriebe und Produktanbieter sollen laut Unternehmensangaben folgen.

Vermittlern mit bAV-Fokus steht weiterhin der „Xempus advisor“ zur Verfügung, um Arbeitgeber und Arbeitnehmer individuell und IT-gestützt bis zum Abschluss zu beraten. (tk)

Bild: © ipopba – stock.adobe.com

 

bAV: Alte Leipziger setzt auf Unterstützungskasse

Die Alte Leipziger hat grünes Licht erwirkt für die fondsgebundene Rückdeckung der Leistungen aus Unterstützungskassen im Wege der beitragsorientierten Leistungszusage. Für die U-Kassenversorgung setzt die Alte Leipziger auf das neue bAV-Produkt AL_DuoSmart.

Bei der Unterstützungskasse (U-Kasse) handelt es sich um eine der ältesten Formen der betrieblichen Altersversorgung (bAV). Die Alte Leipziger zählt hier zu den Pionieren und hatte bereits Mitte der 1980-er Jahre kleinen und mittleren Unternehmen solche Versorgungen angeboten. In den vergangenen Jahren stand der Durchführungsweg für viele Vermittler nicht mehr im Fokus. Da die Zuwendungen zu einer Fondspolice bislang als steuerlich nicht abzugsfähig galten, war die Finanzierung der Zusagen an starre Garantien geknüpft. Fondspolicen auszuschließen betrachteten aber viele Marktteilnehmer als nicht mehr zeitgemäß. Wie die Alte Leipziger Lebensversicherung mitteilt, konnte in Gesprächen mit der Finanzverwaltung nun eine Wende erzielt und die Bahn geebnet werden für die fondsgebundene Rückdeckung der Leistungen aus U-Kassen im Wege der beitragsorientierten Leistungszusage.

Neue Lösung für U-Kassenversorgung

Bei der Alte Leipziger kommt für die U-Kassenversorgung das neue bAV-Produkt AL_DuoSmart zum Einsatz, bei dem die Beiträge sowohl in einem ertragsorientierten Fondskonzept als auch im Sicherungsvermögen angelegt werden. Mindestens 80% der Beiträge sind garantiert. Bei diesem Garantieniveau bleibe Spielraum für die Kapitalanlage bei besseren Ertragschancen und gleichzeitiger Begrenzung der Risiken.

In den letzten drei Jahren vor Rentenbeginn wird zur Absicherung des erreichten Guthabens der Anteil der klassischen Anlage gesteigert.

Zwar dominiert der Durchführungsweg „Direktversicherung“ im bAV-Markt, doch die Beitragshöhe darin ist begrenzt. In U-Kassen sind die Beiträge dagegen in unbegrenzter Höhe steuerfrei. Sie eignen sich für besonders hohe Dotierungen, die beispielsweise Gesellschafter-Geschäftsführer gerne nutzen. (tk)

Bild: © hkama – stock.adobe.com

 

bAV: Direktversicherung kein pfändbares Arbeitseinkommen

Gehört eine monatlich von einer Arbeitgeberin auf dem Weg der Entgeltumwandlung gezahlte Versicherungsprämie in eine Lebensversicherung zum pfändbaren Einkommen einer Arbeitnehmerin? Ihr Ex-Mann hatte geklagt, das BArbG hat eine Entscheidung getroffen.

Ein geschiedener Ehemann hat gegen die Arbeitgeberin seiner Ex-Frau geklagt. Im Rahmen der Scheidung war es zu einer Vereinbarung über die Aufteilung von Schulden aus einem laufenden Bauprozess gekommen. In diesem Zusammenhang wurde die Ex-Frau im Wege eines familiengerichtlichen Versäumnisbeschlusses zur Zahlung von 22.679,60 Euro nebst Zinsen an ihren Ex-Mann verpflichtet. Aufgrund dieses Versäumnisbeschlusses erwirkte der Kläger einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss über das gegenwärtige und zukünftige Arbeitseinkommen der Ex-Frau. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wurde ihrer Arbeitgeberin im November 2015 zugestellt. Im Mai 2016 schlossen die Frau und ihre Arbeitgeberin eine Entgeltumwandlungsvereinbarung. Diese hatte eine betriebliche Altersversorgung im Wege einer Direktversicherung zum Gegenstand. Nach dem Versicherungsvertrag ist Versicherungsnehmerin die Arbeitgeberin, Begünstigte ist die Ex-Frau des Klägers. Der von der Arbeitgeberin monatlich in die Direktversicherung einzuzahlende Beitrag beträgt 248,00 Euro. In der Folgezeit leistete die Arbeitgeberin aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses Zahlungen an den Kläger, wobei sie bei der Ermittlung des pfändbaren Einkommens der Ex-Frau den monatlichen Versicherungsbeitrag in Höhe von 248,00 Euro unberücksichtigt ließ.

Mit seiner Klage begehrt der Kläger von der Arbeitgeberin seiner Ex-Frau höhere Zahlungen. Er hat die Auffassung vertreten, dass die Entgeltumwandlung das pfändbare Einkommen seiner Ex-Frau nicht reduziere. Diese habe mit der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses die Verwertungszuständigkeit über ihre Forderung verloren. Im Übrigen gelte der Rechtsgedanke des § 850h ZPO.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr teilweise stattgegeben. Mit der Revision begehrt die Arbeitgeberin der Ex-Frau nun die vollständige Abweisung der Klage.

BArbG: Kein pfändbares Einkommen

Die Revision vor dem Bundesarbeitsgericht war erfolgreich, wie das Bundesarbeitsgericht in einer Pressemitteilung bekanntgibt: Vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien, dass der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer eine Direktversicherung abschließt und ein Teil der künftigen Entgeltansprüche des Arbeitnehmers durch Entgeltumwandlung für seine bAV verwendet werden, liegt insoweit grundsätzlich kein pfändbares Einkommen im Sinne von § 850 Abs. 2 ZPO mehr vor.

Daran ändert auch der Umstand, dass die Entgeltumwandlungsvereinbarung erst nach Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses getroffen wurde, im konkreten Fall deshalb nichts, weil die Ex-Frau mit der mit ihrer Arbeitgeberin getroffenen Entgeltumwandlungsvereinbarung von ihrem Recht aus § 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG auf bAV durch Entgeltumwandlung Gebrauch gemacht hat und der hier vorgesehene Betrag nicht überschritten wurde. Laut § 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG kann der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber verlangen, dass von seinen künftigen Entgeltansprüchen bis zu 4% der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung durch Entgeltumwandlung für seine bAV verwendet werden.

Bei einer an § 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG orientierten normativen Betrachtung stellt die von der Ex-Frau mit ihrer Arbeitgeberin getroffene Entgeltumwandlungsvereinbarung keine den klagenden Ex-Mann als Gläubiger benachteiligende Verfügung im Sinne von § 829 Abs. 1 Satz 2 ZPO dar. In einem solchen Fall scheidet zudem ein Rückgriff auf § 850h ZPO aus. Ob eine andere Bewertung dann geboten ist, wenn – anders als hier – ein höherer Betrag als der in § 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG vorgesehene umgewandelt wird, musste der Senat im konkreten Fall nicht entscheiden. (ad)

BArbG, Urteil vom 14.10.2021, Az.: 8 AZR 96/20; Vorinstanz: LAG München, Urteil vom 14.08.2019, Az.: 11 Sa 26/19

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Altersvorsorge: Das muss die künftige Bundesregierung angehen

Die Altersvorsorge ist eine der größten Baustellen für die künftige Regierung – egal wie diese aussehen wird. Den Reformbedarf bei der geförderten privaten Altersvorsorge haben die Wahlprogramme aller Parteien bereits erkannt. Nun gilt es, diesen in die Tat umzusetzen. Dabei darf die künftige Qualität der Beratungsdienstleistung nicht zu kurz kommen.

Von Martin Stenger, Sales Director Business Development Insurance & Retirement bei Franklin Templeton

16 Jahre Angela Merkel haben unserem Land einen Stempel aufgedrückt. Die Kanzlerin wird in die Geschichte eingehen, weil sie Deutschland verändert und Weichen gestellt hat wie kein Zweiter vor ihr. Vor allem die letzten Jahre ihrer Kanzlerschaft, in der Merkel dauerhaft aus dem Krisenmodus heraus zu agieren schien, waren aber auf verschiedenen Gebieten durch Reformstau gekennzeichnet, sind Zukunftsprojekte liegen geblieben, blieben Fragen unbeantwortet. Fragen, die nun von Mitgliedern der neu gewählten Regierung dringend angegangen werden müssen.

Die ausgebliebene Reform der staatlich geförderten privaten Altersvorsorge ist das vielleicht drängendste Beispiel. Die bevorstehende Absenkung des Höchstrechnungszinses von 0,9 auf 0,25% infolge des Niedrigzinsdrucks bedeuten praktisch das Aus geförderter Altersvorsorgeprodukte mit 100%-­Beitragsgarantie. Viele Versicherer haben bereits angekündigt, ab dem neuen Jahr keine entsprechenden Produkte mehr anbieten zu können. Damit droht vor allem Geringverdienern und Familien eine Versorgungslücke bei geförderten Altersvorsorgeverträgen.

Absenkung des Garantieniveaus auf 80% notwendig

Die Wahlprogramme aller Parteien haben den Reformbedarf bei der geförderten privaten Altersvorsorge erkannt. Nun muss die neu zu bildende Koalition abstimmen, um die unterschiedlichen Vorstellungen in einen Konsens zu gießen. Um keine Zeit mit Grabenkämpfen zu vergeuden, sollte sofort eine leicht umzusetzende Minimalreform in Gang gesetzt werden, um die Angebotslücke zu schließen. Dazu bedarf es nur einer Absenkung des gesetzlich verpflichteten Garantieniveaus von 100% auf 80% oder gar einer weiteren Reduktion. Die Außenkommunikation einer neuen Koalition wird dann die Aufgabe haben, den Bürgern klarzumachen, dass im Falle einer solchen Reform den Versicherten nicht etwa weniger Bezüge zur Verfügung stünden, sondern dass eher das Gegenteil der Fall sein wird: Die Versicherten werden eine Steigerung ihrer Bezüge erfahren, da es den Anbietern mit dieser Minimalreform möglich sein wird, renditeträchtigere Produkte bei einer gleichzeitigen Risiko­absicherung anzubieten.

Alle Parteien gefordert

Alle Parteien sind aufgefordert, diese Minimalreform in Koalitionsverhandlungen zu berücksichtigen, um sich für die notwenigen Anpassungen der privaten geförderten Altersvorsorge Zeit und Handlungsoptionen zu schaffen, die nicht zulasten ihrer Wähler gehen, denn die Absenkung des Garantieniveaus auf 80% ist ein unverzichtbarer Schritt im Interesse aller Vorsorgesparer in Deutschland.

Gemeinsamkeiten gibt es etwa bei CDU und SPD. Beide forderten im Wahlkampf eine verpflichtende Einbeziehung von Selbstständigen in die gesetz­liche Altersvorsorge, um den Mittelstand in Deutschland zu stärken. Bei der privaten Altersvorsorge setzten sich beide Parteien für staatliche Standardvorsorgeprodukte ein. Auch gibt es hier eine gemeinsame Schnittmenge mit den Grünen, die einen Bürgerfonds als Ersatz für die Riester-Rente vorgeschlagen haben.

Pro und Contra von Staatsfonds

Aus Sicht der Versicherungsvermittler wäre es begrüßenswert, einen Blick auf das Konzept der FDP zu werfen, deren Ideen den Vorstellungen der Maklerschaft am nächsten kommen. Sie forderte im Wahlkampf eine gesetzliche Aktienrente, die sich mithilfe eines Staatsfonds umsetzen ließe, finanziert durch die Abzweigung von zwei Prozentpunkten aus dem Umlagesystem.

Allerdings bedeutet ein Staatsfonds auch immer die Gefahr des Missbrauchs der Ein­lagen, etwa in Krisensituationen. In Irland geriet der staatliche Pensionsreservefonds NPFR während der Finanzkrise 2008 in Schief­lage. Die Regierung vergriff sich am Pensionsfonds zur Bankenrettung. Spanien verabschiedete 2012 sogar ein Gesetz, um auf den Staatsfonds regulär zugreifen zu können. Hinzu kommt, dass ein am Markt dominierender Staatsfonds auch wettbewerbsrechtlich problematisch sein kann.

Das Problem mit den Staatsfonds scheinen viele Parteien lieber verdrängen zu wollen. Die auch von den Grünen vertretene Auffassung, dass ein breit aufgestellter Staatsfonds keine Garantien mehr benötige, kann vor dem Hintergrund dieser Beispiele nicht ernsthaft aufrechterhalten werden, wenn ein Zugriff nach Begehrlichkeiten nicht vermieden werden kann.

Hat Vorsorgeberatung noch eine Zukunft?

Was die Zukunft der Beratungsdienstleistung betrifft, hat vor allem die CDU zuletzt eine erstaunliche Kehrtwende hin zur Position der Grünen vollzogen, die sich bei der privaten Altersvorsorge für eine Opt-out-Option ohne Abschlusskosten einsetzt. Einer Konsens­findung ist das zuträglich, der künftigen Qualität der Beratungsdienstleistung hingegen nicht. Es kann und darf nicht im Interesse der Versichertengemeinschaft liegen, wenn zentrale Fragen der Altersvorsorge in Zukunft bei den Personalabteilungen der Unternehmen hängen bleiben.

Stattdessen sollte es weiter finanzielle Anreize für Vorsorgesparer geben, etwa durch die Steuergesetze. Fehlen diese Anreize, würden die Ausgaben der Bundesbürger rasch konsumorientierter werden, die Auswirkungen wären volkswirtschaftlich fatal. Das Thema Provisionsverbot war hingegen zuletzt von keiner Partei ernsthaft verfolgt worden. Sowohl die CDU als auch die FDP scheinen sich mit dem Dualismus, der sich zwischen Honorar- und Provisionsberatung herausgebildet hat, arrangieren zu können.

Klimaziele berücksichtigen

Da der Klimaschutz zuletzt so stark an Bedeutung gewonnen hat, dass er weit über die Fridays-for-­Future -Bewegung und selbst über die Parteigrenzen der Grünen hinweg ausstrahlt, sodass sich sogar ein Olaf Scholz veranlasst sah, sich im Wahlkampf als „Klimakanzler“ zu positionieren, kann davon ausgegangen werden, dass das künftige Altersvorsorgemodell – in welcher Ausgestaltung auch immer – darauf ausgerichtet sein wird, die Pariser Klimaziele stärker zu berücksichtigen.

Berater müssen ab dem 02.08.2022 ihre Kunden fragen, in welchem Umfang ihre Altersvorsorge nachhaltig gestaltet werden soll. Hier ist der Kapitalmarkt bereits weitestgehend dem EU-Aktionsplan gefolgt und hat Produkte entwickelt, die „Paris-aligned“ sind und strenge Kriterien anlegen. Die Klima-Referenz-Benchmarks sollen vor allem die Transparenz von Anlageinstrumenten garantieren und das Risiko von Greenwashing durch gemeinsame Standards, Ziele und quantitative Größen auf ein Minimum senken. Paris-aligned OGAW-konforme Smart-Beta-ETFs etwa sind ein Beispiel dafür, wie die neuen Klima-Benchmarks der EU die Entwicklung flexibler Instrumente für die Portfolio-Allokation vorangetrieben haben. Hier bestehen gute Chancen für ein aktienorientiertes Vorsorgemodell, das am ehesten in der Lage sein wird, solche neuartigen klimafreundlichen Produkte in das Vorsorgekonzept zu integrieren.

Den Artikel lesen Sie auch in AssCompact 10/2021, Seite 52 f., und in unserem ePaper.

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Ein Artikel von
Martin Stenger

Die digitale bAV-Bestandsverwaltung in der Praxis

Die Bestandsverwaltung in der bAV ist auf Digitalisierungskurs. Um Daten gemeinsam zu verwalten, ist die Vernetzung von Unternehmen, Vermittlern und Versicherern erforderlich. Das gelingt etwa über das Firmenportal der Alte Leipziger, das seit 2019 bei Apollo im bayerischen Schwabach eingesetzt wird.

Interview mit Christine Schwarz, Head of Payroll bei Apollo, Paul Herbst, Geschäftsführer der Denken für Morgen GmbH, und Dr. Jürgen Bierbaum, Vorstandsmitglied der ALH Gruppe
Frau Schwarz, Apollo nutzt seit 2019 das Firmenportal der Alte Leipziger, um dort die bAV seiner Mitarbeiter zu verwalten. Warum?

Christine Schwarz: Apollo befindet sich seit einigen Jahren auf einem konsequent erfolgreichen Weg der Digitalisierung. So wurde unter anderem 2018 die digitale Personalakte eingeführt und damit war klar, dass auch alle Vorgänge, die die gesamte bAV betreffen, auf eine effiziente, papierlose Plattform überführt werden.

Wie lange dauerte die Einführung, bis alle Mitarbeiter- und Vertragsdaten in das Portal überführt waren?

Christine Schwarz: Apollo war, gemeinsam mit dem Dienstleister für die bAV, einer von wenigen Pilot-Firmenkunden bei der Implementierung des Firmenportals. Wie bei einem Pilotprojekt nicht ungewöhnlich, kam es anfänglich zu Reibungsverlusten. Die Übertragung der relevanten Daten und Verträge in das Portal dauerte etwa ein halbes Jahr. Das Feintuning war dann nach etwa einem Jahr abgeschlossen. Der Aufwand hat sich gelohnt. Jetzt läuft so weit alles.

Firmenportale sollen Verwaltungsprozesse in der bAV für die beteiligten Parteien vereinfachen und beschleunigen. Welche Erfahrungen macht hier Apollo Optik?

Christine Schwarz: Durch die Verwaltung und Betreuung der gesamten bAV durch unseren externen Dienstleister konnten wir bei Apollo den administrativen Aufwand und die damit verbundenen Personalkosten bereits in der Vergangenheit deutlich reduzieren. Dieser Effekt hat sich durch die Nutzung der digitalen Plattform, vor allem im Tarifbereich, nochmals spürbar verstärkt. Der große Vorteil des Firmenportals liegt aus unserer Sicht darin, dass Veränderungen, die bei bAV-Verträgen sehr oft vorkommen, nicht mehr wie früher umständlich per Mail an den Vermittler bzw. den Versicherer geschickt werden müssen, sondern direkt am Bildschirm bearbeitet werden und innerhalb von maximal 60 Minuten sichtbar sind.

Manche Vermittler stehen Firmenportalen kritisch gegenüber, fürchten sie doch, dass ihre Arbeit mit dem Abschluss des Vertrags beendet ist und sie in Folgeberatungen nicht mehr zum Zuge kommen. Ist diese Sorge berechtigt?

Paul Herbst: Diese Angst ist aus unserer Sicht unbegründet. Eine Besonderheit des Firmenportals der Alte Leipziger ist nämlich, dass der Vermittler die bAV steuern kann, sofern der Kunde damit einverstanden ist. Denn für jeden Prozess kann zwischen beiden festgelegt werden, welche Aufgaben der Vermittler übernimmt und welche auf Wunsch des Kunden von der Alte Leipziger wahrgenommen werden sollen. Wer sich primär auf den Abschluss konzentriert und darüber hinaus keine oder wenig Service­leistungen bietet, hat das Nachsehen, mit oder ohne Firmenportal. Aber ohne digitale Verwaltung und auch Beratung der Mitarbeitenden über virtuelle Kanäle wird es im qualifizierten bAV-Geschäft zukünftig nicht (mehr) gehen.

Inhouse-Lösung oder Makler – wer ist bei Apollo Optik für die Verwaltung der Daten und die laufenden Anpassungen und Aktualisierungen zuständig?

Paul Herbst: Wir bieten unseren Firmenkunden seit jeher ein Full-Service-Paket, das von der Ein-Mann-GmbH bis zu größeren mittelständischen Unternehmen mit mehreren Tausend Mitarbeitern gerne angenommen wird. Daher werden bei Apollo sämtliche Geschäftsvorfälle durch uns bearbeitet und umgesetzt; seit gut einem Jahr können wir auch die Policierung der Neuzugänge selbst anstoßen. An Apollo gehen somit alle relevanten Daten und Unterlagen nur noch in digitaler Form und HR wird maximal entlastet.

Die Alte Leipziger bietet ihren bAV-Kunden das Portal kostenlos an. Lohnt sich das für den Versicherer?

Dr. Jürgen Bierbaum: Ja, unbedingt. Denn wir verstehen uns schon lange nicht nur als Produkt-, sondern auch als Serviceanbieter. Die zur Gruppe gehörende Alte Leipziger Pensionsmanagement GmbH berät bereits seit den 1970er-Jahren Unternehmen in Fragen der betrieblichen Altersversorgung: Dazu gehören etwa versicherungsmathematische Gutachten, betriebswirtschaftliche Analysen und juristische Stellungnahmen. Bei der Betreuung der Firmen arbeiten wir eng mit deren Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern sowie mit ihren Beratern (Makler, Mehrfachvermittler und Generalagenten) zusammen. Unser Angebot an die Arbeitgeber, das Firmenportal als Verwaltungstool zu nutzen, bietet ihnen und den Vermittlern einen Mehrwert, wie Frau Schwarz und Herr Herbst bereits dargestellt haben, und passt genau in unser Profil als moderner, digital aufgestellter bAV-Versicherer.

Die bAV ist historisch besonders papierreich. Man verbindet mit ihr Umzugskartons mit Papier. Ist das digitale Firmenportal ein Beitrag zur Nachhaltigkeit?

Dr. Jürgen Bierbaum: Noch vor gar nicht langer Zeit verschickten die Mitarbeiter der Alte Leipziger einmal jährlich tatsächlich große Mengen an gedrucktem Papier an die Arbeitgeber. Wird hingegen das Firmenportal genutzt, werden selbst Originalverträge und Nachträge nicht mehr ausgedruckt, sondern sind im Portal hinterlegt. Die Duplikate erhalten die Arbeitnehmer direkt von der Alte Leipziger und nicht mehr wie früher im Umweg über den Arbeitgeber oder den Vermittler. Über die Versandkosten gibt die Alte Leipziger einen Teil der ersparten Verwaltungskosten an den Arbeitgeber bzw. den Vermittler weiter. Nun bereiten wir vor, dass die Arbeitnehmer ihre Vertragsunterlagen künftig im Original über unsere App fin4u erhalten können. Sie sehen also: Das sind viele Schritte, um das Geschäftsfeld nachhaltig und ressourcenschonend zu getalten.

Die wenigsten Vermittler haben Lust und Zeit, sich die Funktionsweisen von bis zu einem Dutzend Portale anzueignen. Wann wird sich das Firmenportal der Alte Leipziger für Fremdversicherer öffnen?

Dr. Jürgen Bierbaum: In der Realität ist es ja so, dass Unternehmen zum Beispiel eine Direktversicherung bei dem einen Ver­sicherer und die Direktzusage bei einem anderen Versicherer abgeschlossen haben. Zur Vereinfachung der Verwaltungsabläufe ist es deshalb für sie elementar wichtig, dass auch Fremdverträge über das Firmenportal verwaltet werden können. Eine Lösung wird für 2022 vorbereitet.

Über die Interviewgeber

Christine Schwarz ist Head of Payroll bei Apollo, mit rund 900 eigenen sowie Franchise-Geschäften der filialstärkste Optiker Deutschlands. Die bei Apollo eingesetzten bAV-­Lösungen sind Pensionskassen und Direktzusagen, die bei der Alte Leipziger rück­gedeckt sind.

Dr. Jürgen Bierbaum ist Vorstandsmitglied und zuständig für das Ressort „Lebensversicherung“ bei der ALH Gruppe. Auf diese Sparte entfielen 2020 Beitragseinnahmen in Höhe von 2,8 Mrd., davon mehr als 40% auf die betriebliche Altersversorgung.

Paul Herbst ist Geschäftsführer der Denken für morgen GmbH. Sie bietet Privat- und Firmenkunden individuelle Lösungen und langfristige Betreuung bei privater und betrieblicher Alters­versorgung.

Das Interview lesen Sie auch in AssCompact 09/2021und in unserem ePaper.

Bild: © Maksym Yemelyanov – stock.adobe.com

 
Interview mit
Dr. Jürgen Bierbaum
Paul Herbst
Christine Schwarz