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AfW - BundesverbandFinanzdienstleistung e.V.

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Provisionsverbot: Ist die Regulierung überhaupt notwendig?

Die Antwort der Bundesregierung auf die kleine Anfrage der CDU zum Provisionsverbot enthalte wichtige Fakten, so der AfW-Verband. Diese würden bekräftigen, dass ein Verbot falsch und mit Blick auf den Verbraucherschutz kontraproduktiv wäre. Kommentar von Frank Rottenbacher, AfW-Vorstand.

Ein Kommentar von Frank Rottenbacher, AfW-Vorstand

Zunächst: Die Bundesregierung möchte sich noch nicht festlegen, ob sie das durch Brüssel vorgeschlagene Provisionsverbot nun gut oder schlecht findet. Gleich mehrfach weist sie in ihren Antworten auf diesen Fakt hin. Das klingt leider noch nach größerem Abstimmungsbedarf zwischen den Ampel-Koalitionären und ich drücke unserer Branche die Daumen, dass die Entscheidung aufgrund von Fakten getroffen werden wird. Eine Katastrophe wäre: Es gibt im Kanzleramt zum Beispiel eine Runde der Fraktionsvorsitzenden und es kommt zu irgendwelchen Deals: „Gibst Du mir das Verbrenner-OK, bekommst Du dafür das Provisionsverbot.“ Auszuschließen ist ein solches Szenario nicht. Und allein das kann einem Sorgen bereiten.

Würde die Bundesregierung in ihrer Gänze das bitte zur Kenntnis nehmen?

Schaut man sich jedoch die Fakten und Statements an, die die Bundesregierung veröffentlicht hat, entdeckt man Erstaunliches. Zum Beispiel: Im BaFin-Register der unabhängigen Honorar-Anlageberater sind derzeit 18 Kredit- und Wertpapierinstitute gelistet. Nach den der BaFin vorliegenden Zahlen ist das durchschnittliche Anlagevolumen 552.000 Euro pro Kunde. Da muss selbst die Bundesregierung von „sehr vermögenden Privatkunden“ sprechen. Honorarberatung scheint somit quasi ausschließlich Besserverdiener besonders anzusprechen und gar nicht den „Otto-Normalverbraucher“. Würde die Bundesregierung in ihrer Gänze das bitte zur Kenntnis nehmen? Dass sich die Honorarberatung noch nicht durchgesetzt hat, wird auch an der nächsten Zahl deutlich: Bundesweit gibt es zusätzlich 306 registrierte Honorar-Finanzanlagenberater mit Zulassung nach Paragraf 34h Gewerbeordnung. Von Marktdurchdringung kann man somit wirklich nicht sprechen.

Wieso Niederlande?

Kommen wir zu den Niederlanden. Niederlande? Wieso Niederlande? Weil es dort schon ein Provisionsverbot gibt und daher alle auf dieses kleine Land schauen. Dort passierte schon, was bei einem Provisionsverbot auch in Deutschland zu erwarten wäre: Das beratungsfreie Geschäft steigt an, weil sich nur noch wenige einige Beratung leisten wollen – oder können. Die Bundesregierung formuliert das so: „Beispielsweise kann der dort nach Informationen der BaFin zu beobachtende Anstieg des beratungsfreien Geschäfts (einschließlich reinem Ausführungsgeschäft, sog. Execution-only) aus Sicht des Verbraucherschutzes durchaus kritisch gesehen werden, da es regulatorisch ein niedrigeres Schutzniveau bietet und deshalb ein besonderes Maß an Finanzkompetenz voraussetzt.“ Kann ein Provisionsverbot zu weniger Verbraucherschutz führen? Die Bundesregierung hält das für möglich, weil sie für ein funktionierendes „Execution Only Geschäft“ Finanzkompetenz – zum Glück – für sinnvoll hält: „Es ist zudem darauf hinzuweisen, dass die automatisierte Finanzportfolioverwaltung nicht für jeden Kleinanleger geeignet ist, da sie eine hinreichende Finanzkompetenz voraussetzt, und der Kleinanleger ein Verständnis dafür haben muss, was die Finanzportfolioverwaltung leisten und auch nicht leisten kann, und was ihre Chancen und Risiken sind.“

Eine fast verrückte Frage

Kommen wir daher am Ende zu einer fast verrückten Frage: Ist die Regulierung, ist ein Provisionsverbot überhaupt nötig? Oder, wie die CDU es in ihrer kleinen Anfrage formuliert: „Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse vor, nach denen die Provisionen in Deutschland systematisch zu einer für den Verbraucher unvorteilhaften Beratung führen?“ Wenn diese Frage die erste der insgesamt 34 Fragen gewesen wäre, hätte man sich die restlichen 33 vielleicht schenken können. Denn die Antwort der Bundesregierung – und sie nimmt sicherheitshalber die BaFin mit hinzu – lautet: „Der Bundesregierung liegen, ebenso wie der BaFin, keine diesbezüglichen eigenen Erkenntnisse für den deutschen Markt vor. Ein Gutachten hierzu ist derzeit nicht in Planung.“

Vielleicht sollte der Vollständigkeit halber noch ergänzt werden, dass in Anbetracht von ca. 36.000 registrierten Finanzanlagenvermittlern und ca. 46.000 registrierten Versicherungsmaklern die Beschwerdequoten bei den jeweiligen Ombudsstellen seit Jahren statistisch ungefähr bei null liegen.

Fazit: Das gibt die Bundesregierung selbst in dem sie schreibt: „Jede Art der Anlageberatung hat Vor- und Nachteile, die der Anleger im Einzelfall gegeneinander abwägen und denen die Aufsicht bei ihrer Tätigkeit Rechnung tragen muss.“ Genau. Lassen wir doch einfach dem Kunden die Wahl, welche Form er bevorzugt. Man könnte das auch als Marktwirtschaft beschreiben.

Hier steht die schriftliche Antwort der Bundesregierung an die Unions-Bundestagsfraktion zum Download für Verfügung.

Bild: © Frank Rottenbacher

 

AfW: Franziska Geusen neu im Vorstand

Franziska Geusen wurde neu in den Vorstand des AfW gewählt. Sie soll mit ihrer Erfahrung in den Bereichen Digitalisierung und Social Media frischen Wind in den Verband bringen. Matthias Wiegel legt sein Mandat nieder, bleibt dem Verband jedoch als Generalbevollmächtigter erhalten.

Vorstandswechsel beim AfW Bundesverband Finanzdienstleistung e. V.: Franziska Geusen wurde am 24.02.2023 neu in den Vorstand gewählt. Sie ist seit 2019 Geschäftsführerin der Hans John Versicherungsmakler GmbH, einem Spezialmakler für Vermögenschadenhaftpflichtversicherungen in Hamburg. Geusen soll insbesondere ihre Expertise aus den Bereichen Versicherung, Digitalisierung und soziale Medien in die Verbandsarbeit einbringen. Der Vorstand des AfW besteht somit künftig aus Norman Wirth, Frank Rottenbacher und Franziska Geusen.

„Ich freue mich riesig, dass wir mit Franziska Geusen im Vorstand deutlich mehr als nur ein Zeichen hin zu jung, weiblich und kompetent setzen können. Sie steht für einen Generationenwechsel, um den unsere konservative, männlich dominierte Branche nicht herumkommen wird“, so Norman Wirth, geschäftsführender Vorstand des AfW.

Indessen legt Matthias Wiegel sein Vorstandsmandat nieder, das er seit 2017 innehatte. Er bleibt dem AfW jedoch erhalten und kümmert sich ab sofort als Generalbevollmächtigter des Verbandes um die Gewinnung und Betreuung von Fördermitgliedern. (sts)

Bild: © AfW

 

Vermittlerverbände aktualisieren Formulierungshilfen

Die gesetzgeberischen Vorgaben über die Informationspflichten rund um die Nachhaltigkeitsberatung im Vermittlerbetrieb haben sich zum Jahresbeginn erneut verschärft. Die Vermittlerverbände AfW und VOTUM haben nun darauf mit der Aktualisierung ihrer Formulierungshilfen reagiert.

Mit der EU-Transparenzverordnung (TVO) verfolgt die Europäische Union das Ziel, privates Kapital vermehrt in nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten umzulenken. Ziel ist die Erreichung von Klimaneutralität in der EU bis 2050 – und die TVO ist ein Baustein davon. Das Gesetzeswerk trat bereits am 10.03.2021 EU-weit in Kraft. Und seither müssen nicht nur Produktgeber nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten erfüllen. Auch Versicherungs- und Anlagevermittler – in der TVO kollektiv als Finanzberater bezeichnet – haben entsprechende Informationspflichten. Grundsätzlich sind die Pflichten, die sich für Finanzberater aus der TVO ergeben, zu unterscheiden zwischen

  • Informationspflichten im Rahmen des eigenen Internetauftritts und
  • vorvertraglichen Informationspflichten im Rahmen der Beratungsdokumentation.
TVO hat bereits mehrere Novellierungen hinter sich

Seit Inkrafttreten im März 2021 hat die EU-Kommission bereits mehrere Novellierungen in der TVO vorgenommen. Für Vermittler von Versicherungsanlageprodukten war dabei die Einführung der sogenannten ESG-Abfragepflicht eine vergleichsweise markante Änderung in der Kundenberatung (AssCompact berichtete: AfW und VOTUM erneuern Leitfaden zur Transparenzverordnung). Und anlässlich der jüngsten Ergänzung in der TVO zu Beginn des Jahres haben nun die Vermittlerverbände AfW Bundesverband Finanzdienstleistungen e. V. (AfW) und VOTUM Verband Unabhängiger Finanzdienstleistungs-Unternehmen in Europa e. V. (VOTUM) auch ihre Formulierungshilfen für Versicherungs- und Anlagevermittler wiederholt aktualisiert. „Mit der jüngsten Aktualisierung von VOTUM und AfW bieten wir allen Versicherungs- und Anlagevermittlern in Deutschland praxisnahe Hilfestellungen und Rechtssicherheit bei der Umsetzung der Transparenzverordnung“, kommentiert VOTUM-Vorstand Martin Klein die Aktualisierung der Formulierungshilfen.

EU-Vorgaben werden immer detaillierter

Mit Blick auf die durch die am 01.01.2023 in Kraft getretene jüngste Ergänzung der TVO sind die Pflichten für Finanzberater nun neuerlich erweitert worden, heißt es in der Pressemitteilung von AfW und VOTUM. Dies betreffe insbesondere die nun geltende zusätzliche Vorgabe, dass Berater im Rahmen ihres Online-Auftritts eine dezidierte Erklärung über die Berücksichtigung der wichtigsten nachteiligen Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren bei der Anlageberatung abgeben müssen. Für VOTUM-Chef Klein weisen die Vorgaben aus Brüssel inzwischen allerdings eine realitätsfremde Granularität auf. Nun werde seitens des EU-Gesetzgebers sogar der Wortlaut für Zwischenüberschriften auf Internetseiten vorgeschrieben, kritisiert er. „Dem ursprünglichen und lobenswerten Ziel, mehr Kapital in nachhaltige Geldanlagen zu leiten, nutzen diese gesetzgeberischen Vorgaben jedoch nicht“, so Klein weiter.

Vermittlerverbände fördern Austausch zwischen Anbietern und Beratern

Norman Wirth, Geschäftsführender AfW-Vorstand, ergänzt: „Die Regulierungsdichte beim Thema ESG wird immer unüberschaubarer und die Begrifflichkeiten immer unübersichtlicher. Gerade darum wollen wir gemeinsam Halt und sachliche sowie weitestgehend praxisnahe Orientierung geben.“ Trotz der Kritik an den EU-Vorgaben sind sich die beiden Vermittlerverbände darüber einig, dass das Thema Nachhaltigkeit kein kurzfristiger Trend ist. Daher sollte ihrer Einschätzung nach auch im Rahmen einer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung durch die Branche proaktiv agiert werden. Die beiden Verbände werden daher weiterhin aktiv den Austausch zwischen Anbietern und Finanzberatern zur Umsetzung von Nachhaltigkeitszielen in der Versicherungs- und Finanzanlagenberatung fördern. (as)

Die gemeinsam von AfW und Votum aktualisierten Hinweise und Formulierungsvorschläge stehen unter "EU-Transparenzverordnung (TVO)" kostenfrei zum Download zur Verfügung.

Bild: © christianchan – stock.adobe.com

 

So viel Umsatz und Gewinn haben Vermittler 2022 erwirtschaftet

Der Gewinn unabhängiger Vermittler stieg 2022 durchschnittlich auf 75.000 Euro. Das hat das 15. AfW-Vermittlerbarometer ergeben. 50% der Vermittler lagen jedoch unterhalb 55.000 Euro. Frank Rottenbacher sagt daher auch mit Blick auf ein Provisionsverbot, Berlin müsse nicht regulatorisch eingreifen.

 

So viel Umsatz und Gewinn haben Vermittler 2022 erwirtschaftet

 

Das 15. AfW-Vermittlerbarometer zeigt Umsatz und Gewinn, die unabhängige Versicherungs- und Finanzanlagenvermittlerinnen und -vermittler im Jahr 2022 durchschnittlich erwirtschaftet haben. Ergebnis: Der Gewinn kletterte im Durchschnitt auf ca. 75.000 Euro. Im Jahr 2021 lag er noch bei 64.100 Euro. Der durchschnittliche Umsatz im Jahr 2022 betrug den Befragten zufolge 196.000 Euro.

Gruppe mit Gewinn über 300.000 Euro größer geworden

Dass sich der durchschnittliche Gewinn erhöht hat, führt der AfW hauptsächlich darauf zurück, dass die Gruppe mit Gewinnen über 300.000 Euro laut Befragung größer geworden ist. AfW-Vorstand Frank Rottenbacher geht wie folgt auf die Zahlen ein: „Die Entwicklung, dass kleine Vermittlerbüros aufgeben oder übernommen werden, spiegelt sich in diesen Zahlen wider.“ Durch die Schaffung größerer Einheiten und durch den Einsatz digitaler Technik könne die Effizienz gesteigert werden. Diese Digitalisierung verbessere Prozesse sowie die Kundenkommunikation, was zu Umsatzwachstum führe, so Rottenbacher.

 

So viel Umsatz und Gewinn haben Vermittler 2022 erwirtschaftet

 

„Berlin muss nicht regulatorisch eingreifen“

Bei rund einem Viertel lag der Gewinn bei über 100.000 Euro. 50% der Vermittlerinnen und Vermittler erreichten einen Gewinn unterhalb von 55.000 Euro. In diesem Zusammenhang äußert Rottenbacher sich auch in Richtung Politik bezüglich eines Provisionsverbots: „So erfreulich der Anstieg des durchschnittlichen Gewinns auch ist, wenn bei 50% der Vermittlerinnen und Vermittler der Gewinn unter 55.000 Euro liegt, dann sind wir weit weg von einer Neiddiskussion und das ist eine wichtige Information in Richtung Politik – gerade in Zeiten, in denen über ein Provisionsverbot diskutiert wird. Berlin muss nicht regulatorisch eingreifen, um ungerechtfertigte Gewinne zu verhindern.“

Im Durchschnitt gut durch das Jahr gekommen

Die Auswertung nach Erlaubnisbereichen ergibt folgende Ergebnisse: Vermittlerinnen und Vermittler, die ausschließlich eine Erlaubnis nach § 34d GewO haben, machten durchschnittlich 64.000 Euro Gewinn. Vermittlerinnen und Vermittler, die ausschließlich Finanzanlagen nach § 34f GewO vermitteln, kamen auf 80.000 Euro. Im Durchschnitt seien die unabhängigen Vermittlerinnen und Vermittler laut AfW somit gut durch das Jahr 2022 mit seinen dramatischen Ereignissen und einer sehr hohen Preissteigerung gekommen.

Über das AfW-Vermittlerbarometer

Am 15. AfW-Vermittlerbarometer haben im November und Dezember 2022 insgesamt 1.305 Vermittlerinnen und Vermittler teilgenommen. Beim aktuellen Vermittlerbarometer kam erstmals eine veränderte Form der Datenerhebung zur Anwendung, bei der die Teilnehmerinnen und Teilnehmer exakte Umsatzwerte anstatt Umsatzgrößenklassen angeben konnten. Die aktuellen Werte sind somit genauer. (lg)

Bild: © patpitchaya – stock.adobe.com; Grafiken: © AfW

 

Das sind die Folgen des Provisionsverbots in Großbritannien

Bereits seit 2012 gilt in Großbritannien ein Provisionsverbot in der Anlageberatung. Nun ist ein erstes Zwischenfazit gezogen worden. Demnach hat zwar das Vertrauen in die Beratung zugenommen, allerdings klafft die Beratungslücke zwischen den Einkommensgruppen zunehmend auseinander.

Die EU-Kommission denkt über die Einführung eines EU-weit geltenden Provisionsverbots in der Anlageberatung nach (AssCompact berichtete: Die Debatte um ein Provisionsverbot ist zurück). Denn nach Auffassung der EU-Finanzmarktkommissarin Mairead McGuinness würden in der EU Kleinanlegern weiterhin Produkte verkauft werden, die teurer seien als kostengünstigere Alternativen, die ebenfalls auf dem Markt erhältlich sind. Und den Grund dafür liefert die ranghohe EU-Beamtin gleich mit: das provisionsbasierte Vergütungssystem. Kritiker eines solchen Vorhabens bezweifeln allerdings, dass damit dem Schutz des Kleinanlegers wirklich geholfen sei. Stattdessen könne man mit niederschwelligen Maßnahmen wie verschärften Transparenzvorschriften oder Preisobergrenzen arbeiten (AssCompact berichtete: EU-Provisionsverbot: Streit geht in neue Runde).

Provisionsverbot soll einen attraktiven Markt für Kleinanleger schaffen

Nichtsdestotrotz hält die EU-Kommission an ihrem Plan fest. Und mit Blick auf die EU existieren schon zwei Länder, in denen bereits seit geraumer Zeit ein Provisionsverbot in der Anlageberatung gilt – nämlich in Großbritannien (UK) und in den Niederlanden. In UK wurde ein solches Verbot 2012 eingeführt. Das Regulierungspaket namens Retail Distribution Review (RDR) untersagt in UK seitdem Provisionen für Anlageprodukte aller Art. Ziel des Regulierungspakets war es, einen widerstandsfähigen, effektiven und attraktiven Markt für Kleinanleger zu schaffen, dem die Verbraucher vertrauen. Und anlässlich des nun 10-jährigen Bestehens des Provisionsverbots haben Vertreter von Finanzaufsicht, Verbänden und Beratungsunternehmen nun eine Zwischenbilanz gezogen.

In UK dominiert ein ganzheitlicher Beratungsansatz

Grundsätzlich werde der Beratungsmarkt in UK von der ganzheitlichen Beratung dominiert, erklärt etwa Rechtsanwalt Norman Wirth. Der geschäftsführende Vorstand beim AfW Bundesverband Finanzdienstleistung e. V. (AfW) nahm selbst an einer Veranstaltung in London teil, wo über zehn Jahre Retail Distribution Review (RDR) diskutiert wurde, und berichtet darüber für den deutschen Markt. Und mit ganzheitlicher Beratung meint Wirth, dass der Berater die gesamte finanzielle Situation und die Ziele eines Verbrauchers berücksichtige und Empfehlungen ausspreche, um diese zu erreichen. Hierauf würden über 90% der Einnahmen der Beratungsunternehmen entfallen. Und Zielkunden seien nach wie vor überwiegend wohlhabende Verbraucher. Denn der durchschnittliche beratene Kunde verfüge über ein Vermögen von umgerechnet über 170.000 Euro.

Provisionsverbot hatte nicht nur negative Folgen

Doch wie hat sich nun das Provisionsverbot auf die Anlageberatung in UK ausgewirkt? Nach Auffassung des Panels oben genannter Veranstaltung, das mit Vertreterinnen und Vertretern der Finanzaufsicht, von Verbänden, Beratungsunternehmen und Anbietern besetzt war, brachte das Verbot keineswegs nur negative Folgen. So sei die Zahl der Beratungsunternehmen nicht signifikant eingebrochen. Die Qualität sei insgesamt sogar erhöht worden und das Vertrauen der Bevölkerung in die unabhängige Beratung sei gestiegen. Die britische Finanzaufsicht FCA stellte jedoch fest, dass viele Verbraucher mittlerweile ihr Geld in bar halten, anstatt es zu investieren. So würden sie die Möglichkeit verpassen, ihr Geld längerfristig besser für sich arbeiten zu lassen. Eine 2019 durchgeführte Verbraucherstudie der FCA ergab nämlich, dass 54% der britischen Erwachsenen mit einem investierbaren Vermögen von 10.000 Pfund (entsprechen derzeit rund 11.400 Euro) oder mehr, das heißt fast zehn Millionen Menschen, in den letzten Jahren keine formelle Unterstützung bei ihren Investitionsentscheidungen erhalten hätten.

Höhe des Anlagevermögens und Beratungsquote hängen zusammen

Des Weiteren belegt die FCA-Studie, dass insbesondere vermögende Menschen in den Genuss einer professionellen Finanzberatung gelangen. So hätten zwar 17% der Erwachsenen in UK mit einem Anlagevermögen von über 10.000 Pfund in den letzten zwölf Monaten eine regulierte Finanzberatung in Anspruch genommen. Allerdings klettert dieser Prozentsatz ebenso schnell mit dem investierbaren Vermögen an. Lag dieses zwischen 100.000 und 250.000 Pfund, hätten sich bereits 25% der Verbraucher professionell beraten lassen. Und bei Haushalten mit einem investierbaren Vermögen oberhalb 250.000 Pfund lag die Beratungsquote bei etwa 38%.

Beratungslücke zwischen den Einkommensgruppen nimmt zu

Zudem hatte das Provisionsverbot auch eine Zugangsbeschränkung zu professioneller Finanzberatung zur Folge. Rund 40% der Beratungsunternehmen haben mittlerweile einen Schwellenwert an verfügbarem Vermögen für Neukunden. Bei mehr als der Hälfte der Anbieter beträgt dieser Wert 50.000 Pfund, andere liegen noch deutlich darüber. „Die Erfahrungen aus Großbritannien sind als ambivalent zu beschreiben“, kommentiert Norman Wirth diese Zwischenbilanz. Zwar gäbe es durch die RDR mehr Qualität und mehr Vertrauen in die Berater, aber eben auch eine große Beratungslücke gerade bei den Bevölkerungsgruppen, die es am nötigsten hätten. Gerade wegen dieser Lücke, so hofft Wirth, solle Brüssel die Entwicklungen in Großbritannien sehr genau analysieren. Denn Menschen aus mittleren und unteren Einkommensgruppen dürften nicht von einer individuellen, unabhängigen Beratung abgeschnitten werden. (as)

Bericht zur Studie der britischen Finanzaufsicht FCA: Evaluation of the impact of the Retail Distribution Review and the Financial Advice Market Review

Bild: © fotogestoeber – stock.adobe.com

 

ESG-Abfragepflicht in der Finanzberatung verzögert sich

Die Einführung der ESG-Abfragepflicht in der Finanzberatung wird sich verzögern. Das hat der AfW bekannt gegeben. Ursache seien Verzögerungen bei der Abstimmung des Verordnungsentwurfs, erklärt das Bundeswirtschaftsministerium.

Bereits seit 02.08.2022 müssen Versicherungsvermittler bei der Beratung über Versicherungsanlageprodukte die Nachhaltigkeitspräferenzen ihrer Kundschaft ermitteln und abfragen. Wegen einer Gesetzeslücke waren 34f-Vermittler hingegen bisher von dieser Abfragepflicht zu nachhaltigen Finanzanlageprodukten ausgenommen. Aus dem zuständigen Bundeswirtschaftsministerium hieß es dazu, dass die Novellierung der Finanzanlagenvermittlungsverordnung (FinVermV) zeitig im Jahr 2023 erfolgen solle. Doch nun hat der AfW Bundesverband Finanzdienstleistungen e. V. (AfW) bekannt gegeben, dass sich die Gesetzesänderung verzögern wird.

Verordnungsentwurf liegt offiziell immer noch nicht vor

Denn aus dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) wurde dem AfW auf Nachfrage mitgeteilt, dass sich die Änderung der FinVermV auf Ende März 2023 verschieben wird. Damit müssten, so der AfW, Finanzanlagenvermittler nach § 34f Gewerbeordnung (GewO) voraussichtlich erst ab April 2023 die Nachhaltigkeitspräferenzen ihrer Kunden erfragen. Als Grund nannte das BMWK Verzögerungen bei der Abstimmung des Verordnungsentwurfs. Laut BMWK liege der Verordnungsentwurf offiziell auch noch gar nicht vor. Dies wiederum hätte zur Folge, dass sich der Bundesrat nun wahrscheinlich erst am 31.03.2023 mit dem Verordnungsentwurf befassen werde. „Damit erhalten die Finanzanlagenvermittler eine letzte Verlängerung, um sich auf die neue Pflicht vorzubereiten. Alle 34f-Vermittler sollten sich nun informieren und ihre Beratungsprozesse so gestalten, dass sie zukünftig die Nachhaltigkeitspräferenzabfrage durchführen können“, empfiehlt AfW-Vorstand Frank Rottenbacher. (as)

Bild: © New Africa – stock.adobe.com

 

LV-Merkblatt der BaFin: Das sagen die Vermittlerverbände dazu

Die BaFin hat ihr Merkblatt über eine verschärfte Prüfung der Vertriebspraxis bei Lebensversicherungen zur Konsultation gestellt. Mehrere Vermittlerverbände haben nun eine Stellungnahme dazu abgeben. Was also loben sie und was wird daran scharf kritisiert?

<p>Die nationale Finanz- und Versicherungsaufsicht BaFin hat im Herbst ein „Merkblatt zu wohlverhaltensaufsichtlichen Aspekten bei kapitalbildenden Lebensversicherungen“ vorgelegt und zur Diskussion gestellt (AssCompact <a href="https://www.asscompact.de/nachrichten/lebensversicherung-bafin-r%C3%BCc…; target="_blank" >berichtete</a>). Mit den neuen Leitlinien will die Aufsichtsbehörde „sicherstellen, dass kapitalbildende Lebensversicherungen Kundinnen und Kunden einen angemessenen Nutzen bieten und Interessenkonflikte beim Vertrieb dieser Produkte vermieden werden“. Die Marktteilnehmer waren aufgerufen, zum dem Text bis zum 15.01.2023 ihre Stellungnahmen einzureichen. Diese Möglichkeit haben einige Branchenverbände genutzt.</p><h5>BDVM: Hochwertige Beratung fördert Verbraucherschutz</h5><p>Der Bundesverband Deutscher Versicherungsmakler e. V. (BDVM) befürwortet grundsätzlich das Ziel, einen angemessenen Kundennutzen bei der Vermittlung von Versicherungslösungen in den Vordergrund zu stellen und monetäre Fehlanreize zu vermeiden, wie es in der schriftlichen Stellungnahme des Verbandes heißt, die AssCompact vorliegt. Allerdings könne die Bewertung der Geeignetheit eines Produkts aufgrund ihrer Vielzahl und der Vielschichtigkeit der Produktarten nicht pauschal erfolgen, moniert der Verband. Vielmehr könne die Geeignetheit in der Regel nur nach einer individuellen, qualifizierten Beratung festgestellt werden, womit sich der Verband wohl gegen eine standardisierte Regelung durch ein aufsichtsbehördliches Merkblatt wehrt. Außerdem stellt die BDVM-Stellungnahme klar, dass eine so verstandene hochwertige Beratung mit einer angemessenen Vergütung und damit auch mit Kosten verbunden sei. Und eine gute Beratung und Betreuung würden grundsätzlich zu einem besseren Produktverständnis und und auch zu einer geringeren Stornowahrscheinlichkeit führen.</p><h5>BDVM wünscht Nachbesserungen</h5><p>Mit Blick auf die im Merkblatt angedeutete Festlegung von Produkt- bzw. Kostenvorgaben fordert der BDVM Nachbesserungen. Insbesondere solle nach Verbandsauffassung eine stärkere Berücksichtigung des Zielmarktes sowie eine differenziertere Betrachtung der Kostenblöcke erfolgen. Beim Punkt „Zielmarkt“ solle eine Aufteilung in in private und betriebliche Altersversorgung erfolgen. Denn die beiden Vorsorgelösungen würden sich in sehr vielen Aspekten wie der durchschnittlichen Vertragslaufzeit, der Stornoquoten oder der Abschluss- und Verwaltungskosten unterscheiden. Und beim Punkt „Kostenblöcke“ schlägt der BDVM eine Aufteilung in </p><ul><li>Kosten durch Beratung und Betreuung beim Vermittler</li><li>Kosten der Verwaltung beim Versicherer und </li><li>Produktkosten</li></ul><p>vor. „Mit dieser Differenzierung würde eine zielgerichtetere Erfassung und Kontrolle der einzelnen Kosten ermöglicht und eine zu starke Kostenbelastung des Produktes reduziert“, schreibt der BDVM in seiner Stellungnahme an die BaFin.</p><!--text-long-pagebreak--><!--sub-title||BVK verweist auf die bereits bestehende Qualitätssicherung--><h5>BVK verweist auf die bereits bestehende Qualitätssicherung</h5><p>Neben dem BDVM haben sich weitere Vermittlerverbände mit einer Stellungnahme zum Merkblatt an die BaFin gewandt. Zum Thema Stornierungsverhalten merkt der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute e. V. (BVK) an, dass nicht jeder Vertragsstorno als Beleg für eine eingeschränkte Beratungsqualität des Vermittlers herangezogen werden könne. Mit Verweis auf die niedrigen Beschwerdquoten beim Versicherungsombudsmann erläutert der BVK, dass längst nahezu alle Lebensversicherer Qualitätskriterien, wie die Stornoquote, Weiterbildungsmaßnahmen oder auch die Agenturvertragsdauer für eine kundenorientierte Verhaltenssteuerung im Vertrieb umsetzen würden. Daher befürchtet der BVK, dass mit dem von der BaFin verfolgten Veröffentlichung eines Merkblattes ein weiterer Eingriff in die Privatautonomie der Vermittler erfolge.</p><h5>AfW befürchtet Eingriff in die Vergütungsstrukturen</h5><p>Der AfW – Bundesverband Finanzdienstleistung e. V. (AfW) begrüßt zwar, dass die ursprünglich geplanten Aufsichtsstandards inklusive einer Provisionsbeschränkung ausbleiben, befürchtet aber einen Eingriff in die Vergütungsstrukturen am Markt durch die Hintertür. Besonders schwer wiegt der AfW-Auffassung nach, dass das Merkblatt eine faktische Pflicht zu Provisionssenkungen durch ein Exekutivorgan auf unterster Ebene, also noch unterhalb eines BaFin-Rundschreibens oder einer Auslegungsentscheidung, vorsieht. Für ein solches Vorgehen sieht der AfW allerdings keine gesetzliche Grundlage gegeben.</p><h5>VOTUM wirft BaFin eine Mogelpackung vor</h5><p>Der Vermittlerverband VOTUM Verband Unabhängiger Finanzdienstleistungs-Unternehmen in Europa e. V. (VOTUM) wirft der BaFin mit dem Merkblatt eine Mogelpackung vor. Denn „unter dem Vorwand, den Versicherungsgesellschaften Anleitungen für ihre Produktentwicklungsprozesse zu geben, werden nahezu ausschließlich Vorgaben und Eingriffe in die Gestaltung der Vertriebsvergütung formuliert“, heißt es in der VOTUM-Stellungnahme. Außerdem macht sich dieser Verband für eine ganzheitliche Lösung auf europäischer Ebene stark und kritisiert den nun von der BaFin eingeschlagenen „deutschen Sonderweg“.</p><h5>BFV: Kundennutzen nicht nur auf den Renditeaspekt beschränken</h5><p>Die Bundesarbeitsgemeinschaft zur Förderung der Versicherungsmakler (BFV) kritisiert, dass sich die BaFin in ihrem Merkblatt zur Beurteilung des Kundennutzens einzig auf den Renditeaspekt beschränkt. Dieses Vorgehen greife zu kurz, so der BFV. Denn es gäbe weitere Aspekte, die den Kundennutzen ausmachen, insbesondere die Beratung, Vermittlung und Betreuung. Außerdem würde laut BFV jede weitere Regulierung, Auflage und Forderung zu weiterem Personalbedarf und somit zu höheren Kosten führen, mit negativen Folgen für die Rendite der Produkte.</p><h5>BDV: Das Beratungsangebot würde sich verknappen</h5><p>Der Bund der Deutschen Vermögensberater e. V. (BDV) moniert unterdessen, dass eine Mindestrendite von 2% nach Kosten die fondsgebundene Lebensversicherung privilegieren würde. Der BDV weist daraufhin, dass dieses Produkt allerdings nicht immer im Einklang mit den Kundeninteressen stehe. Außerdem müsste die staatliche Förderung für Lebensversicherungen wie Steuervorteile und Zulagen, anders als im Merkblatt angelegt, bei der Rendite aus Kundensicht mitberücksichtigt werden. Der BDV warnt daher davor, dass sich das Beratungsangebot stark verknappen werde, und Kunden nicht mehr in der Breite vorsorgen oder die falschen Verträge abschließen würden. (as)</p><p><i class="font-twelve-italic" >Bild: © fotogestoeber – stock.adobe.com</i></p><div id="bbgreadlog-getimage"><img src="/bbgreadlog/getimage/205694CF-8E1C-4F55-A5DC-9509FF17146A"></div>

 

Die Debatte um ein Provisionsverbot ist zurück

Die Europäische Kommission forciert ihren Plan, ein EU-weit geltendes Provisionsverbot bei der Vermittlung von Versicherungen und Finanzanlagen einzuführen. Denn MiFID II habe bisher kaum für Verbesserungen in der Finanzberatung gesorgt. Vermittler- und Beraterverbände bringen sich dagegen in Stellung und üben am Vorhaben scharfe Kritik.

Es kommt nur noch selten vor, dass heutzutage ausgerechnet ein Brief für viel Aufregung in der Vermittlerbranche sorgt. So sieht zum Beispiel der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute e. V. (BVK) „das Aus für rund 200.000 Versicherungsvermittler in Deutschland“ kommen. Und auch beim Bundesverband Finanzdienstleistungen e. V. (AfW) klingt es recht dramatisch, wenn von einem „Verlust einer Vielzahl von Arbeitsplätzen und der Vernichtung von Existenzen von vielen Gewerbetreibenden“ die Rede ist.

EU-Finanzkommissarin forciert Einführung eines Provisionsverbots

Doch worauf nimmt die heftige Kritik des BVK und des AfW Bezug? Richtig: auf einen Brief. Genauer gesagt auf einen Brief, den die EU-Kommissarin Mairead McGuinness – zuständig für Finanzdienstleistungen, Finanzstabilität und die Kapitalmarktunion – an Markus Ferber (CSU), Abgeordneter im Europäischen Parlament, geschrieben hat – mit brisantem Inhalt. In dem Schreiben, das AssCompact vorliegt, konkretisiert die EU-Finanzkommissarin den Plan, ein EU-weites Provisionsverbot im Rahmen der EU-Kleinanlegerstrategie bei der Anlageberatung einzuführen. Und dann könnte es der Fall sein, dass zukünftig in der gesamten Europäischen Union Finanz- und Versicherungsprodukte nur noch auf Honorarbasis vermittelt werden dürfen.

EU-Studien: Verkaufsanreize würden Anlageprodukte unnötig verteuern

Hauptargument der Kommissarin ist, dass die Änderungen an der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie (MiFID II) zu keinen wesentlichen Verbesserungen hin zu einer vermehrt unabhängigen Finanzberatung geführt haben. Vielmehr sei, so das Schreiben, im Kleinanlegersegment der auf Verkaufsanreize – ergo Provisionen – gestützte Vertrieb weiterhin das wichtigste Modell für den Verkauf von Anlageprodukten. Und laut EU-Finanzkommissarin deuten Studien von EU-Kommission und EU-Aufsichtsbehörden wiederholt darauf hin, dass im provisionsbasierten System Kleinanlegern häufig Produkte verkauft werden, die teurer sind als andere, kostengünstigere Alternativen, die ebenfalls auf dem Markt erhältlich sind. Und McGuinness wird noch deutlicher. So geht sie auf Basis der Studien davon aus, dass Produkte, für die Verkaufsanreize gezahlt werden, im Durchschnitt etwa 35% teurer sind als Anlageprodukte, für die keine solche Verkaufsanreize gezahlt würden. Eine Stärkung der Verbraucherinteressen auf den Kapitalmärkten sei laut EU-Kommissarin mit MiFID II also nicht erreicht worden.

EU-Vorhaben deutete sich bereits im Dezember an

Dass die Europäische Kommission im Rahmen ihrer EU-Kleinanlegerstrategie nun zum wiederholten Mal die Einführung eines EU-weit geltenden Provisionsverbot forciert, war bereits im vergangenen Dezember abzusehen. Beim AfW-Hauptstadtgespräch war durch einen CDU-Finanzexperten im Bundestag bekannt geworden, dass die Provisionsverbot-Initiative in Brüssel demnächst in einem Verordnungsentwurf der EU-Kommission münden werde (AssCompact berichtete). Und die Äußerungen der EU-Finanzkommissarin McGuinness deuten nun in die gleiche Richtung.

BVK: EU schade dem Verbraucherschutz selbst

Doch Vermittler- und Beraterverbände bringen sich in Stellung und üben scharfe Kritik am EU-Vorhaben. BVK-Präsident Michael Heinz etwa wirft der EU-Kommission nun selbst die Schwächung des Verbraucherschutzes vor, sofern sie an der Einführung eines Provisionsverbotes festhalten sollte. „Die Kunden sind kaum bereit, vorab für eine Beratung ein dreistelliges Honorar zu bezahlen“, so Heinz. Heinz befürchtet zudem, dass viele Menschen, darunter insbesondere Geringverdiener, im Zuge der Pläne der Brüsseler Behörde auf eine nötige Absicherung verzichten müssten oder sich eben ohne Beratung um ihre Vorsorge kümmern müssten. Denn bereits jetzt zeige die geringe Akzeptanz der Honorarberatung, dass diese nicht im Kundeninteresse sei, schreibt der BVK-Chef. Der BVK halte daher ein Provisionsverbot für völlig unverhältnismäßig, da es eine gesamte Branche in ihrer Existenz gefährde – zumal Vermittler nach dem Versicherungsaufsichtsgesetz bereits dazu verpflichtet seien, im bestmöglichen Interesse des Kunden zu beraten.

AfW: Qualifizierte Beratung gibt es nicht zum Nulltarif

Mit Verweis auf die Situation in Großbritannien übt man auch beim AfW scharfe Kritik an den Plänen von EU-Finanzkommissarin McGuinness. Denn dort hätten nach Einführung des Provisionsverbots auf Beratung angewiesene Kleinanleger keine persönliche Beratung mehr erhalten. In der EU wäre dies dann binnen kürzester Zeit der Fall, spekuliert man beim AfW. Außerdem befürchtet der Beraterverband, dass im Falle eines Provisionsverbots selbsternannte Experten ohne Qualifikation im Internet oder die Verbraucherzentralen noch mehr Zulauf erhalten würden. Doch „qualifizierte Beratung zu nachhaltigen Finanz- und Versicherungsprodukten aus der ganzen Breite des Marktes, die die Wünsche und insbesondere Bedürfnisse der Kunden abbilden, gibt es nicht zum Nulltarif“, so Norman Wirth, geschäftsführender Vorstand des AfW. Der AfW werde – wie auch der BVK – in Zusammenarbeit mit den nationalen und europäischen Partnern alles dafür tun, dass die Pläne von EU-Finanzkommissarin McGuinness nicht realisiert werden. Dennoch: Die Debatte um ein Provisionsverbot bei der Vermittlung von Vorsorge- und Anlageprodukten ist eindeutig zurück. Und schon im Frühjahr will die EU-Kommission ihre konkreten Pläne für eine Privatanleger-Strategie vorstellen. Es braut sich etwas zusammen in Brüssel. (as)

Bild: © Menyhert – stock.adobe.com

 

Kommt ein Provisionsverbot durch die EU-Kommission?

Vorhaben wie die Aktienrente haben Einfluss auf die unabhängige Vermittlerschaft. Über die Entwicklungen haben AfW-Verband und Finanzexperten von FDP, CDU und SPD auf einer Veranstaltung diskutiert. Doch über allem schwebt ein drohendes Provisionsverbot durch die EU-Kommission.

Aktienrente, Zukunftsfinanzierungsgesetz, Riester-Reform und immer wieder das Provisionsverbot: An Themen mit Einfluss auf die unabhängige Vermittlerschaft und Bezug zur Politik mangelt es keineswegs. Daher standen die genannten Vorhaben und Gesetzesinitiativen eines jährlich stattfindenden Hauptstadtgesprächs des AfW – Bundesverband Finanzdienstleistung e. V. (AfW) auf der Agenda in Berlin. Auf Einladung des Verbandes trafen unter anderem die Finanzexperten der Bundestagsparteien FDP, SPD und CDU zusammen, um darüber zu diskutieren.

FDP und CDU sprechen sich gegen Provisionsverbot aus

Und die Finanzexperten von FDP und CDU sprachen sich gleich deutlich gegen ein Provisionsverbot aus. Dr. Carsten Brodesser, CDU-Bundestagsabgeordneter, erläuterte: „Es gibt Kräfte in Europa, die Provision für Teufelszeug halten.“ Dabei sei provisionsgestützter Vertrieb ein fairer und gerechter Weg, eine Vertriebsleistung darzustellen, so das CDU-Mitglied im Finanzausschuss weiter. In Großbritannien gebe es etwa seit Einführung eines De-facto-Provisionsverbots in der Altersvorsorge für weite Teile der Bevölkerung kein bezahlbares Beratungsangebot mehr.

Schon im Januar 2023 könnte es so weit sein

Der CDU-Mann hat zugleich davor gewarnt, dass die Provisionsverbot-Initiative in Brüssel demnächst in einem Verordnungsentwurf der EU-Kommission münden wird – und damit plötzlich wieder auf dem Tisch läge. Schon im Januar 2023 könnte es so weit sein. Dabei schien beim Thema Provisionsbegrenzung etwas Ruhe einzukehren, hatte doch die Finanzmarktaufsicht BaFin in einem kürzlich veröffentlichten Merkblatt zum Vertrieb von Lebensversicherungen Begriffe wie „Provisionsbegrenzung“, „Provisionsdeckel“ oder eben „Provisionsverbot“ nicht mehr weiter erwähnt (AssCompact berichtete: Lebensversicherung: BaFin rückt von Provisionsbegrenzung ab). Die eingeladene SPD-Bundestagsabgeordnete Frauke Heiligenstadt äußerte sich zum Thema „Provisionsverbot“ zurückhaltender. Sie bekannte aber, dass es eine Provisionslösung für Menschen mit niedrigeren Einkommen geben müsse, weil diese sich kein Honorar für eine Beratung leisten werden.

Zulassung von höheren Renditechancen in der bAV?

Neben dem Thema „Provisionsverbot“ standen noch weitere Themen zur Debatte, darunter die Altersvorsorge. Hier bekannte Anja Schulz, FDP-Bundestagsabgeordnete, dass seit Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine einige Themen in den Hintergrund gedrängt wurden. Dennoch habe man wichtige finanzpolitische Vorhaben in Angriff nehmen können. So solle die gesetzliche Aktienrente im Haushalt 2023 verankert werden. Und Dr. Florian Toncar, FDP, und parlamentarischer Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, kündigte an, dass zwischen Finanz- und Arbeitsministerium derzeit die Stärkung der bAV erwogen werde. So sei im Gespräch, in der zweiten Säule höhere Renditechancen zuzulassen, so der FDP-Politiker. In der dritten Säule trete die FDP dafür ein, dass die Säulen der Altersvorsorge nicht vermischt werden und der Staat nicht in Konkurrenz zu privaten Anbietern trete. Allerdings herrsche hier unter den Regierungsparteien am meisten Beratungsbedarf, sagt Toncar. Außerdem solle die Aktienkultur hierzulande zum Beispiel durch einen Freibetrag für Gewinne von Aktien und Fondsanteilen gefördert werden. (as)

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AfW: Umfrageaufruf zum 15. Vermittlerbarometer

Alle Vermittler im Versicherungs- und Finanzanlagenbereich, aber auch mit Zulassung zur Darlehensvermittlung, sind aufgerufen, sich noch bis Ende November an der Online-Umfrage zum 15. AfW Vermittlerbarometer zu beteiligen.

Der Bundesverband Finanzdienstleistung AfW ruft alle Vermittlerinnen und Vermittler auf, sich am 15. AfW Vermittlerbarometer zu beteiligen Mit der Online-Umfrage, die ab sofort unter www.vermittlerbarometer.de zu erreichen ist, erhält der Bundesverband Finanzdienstleistung AfW wichtige Informationen für seine politische Interessenvertretung direkt aus der Branche.

Die Umfrage ist anonym und richtet sich an alle Vermittlerinnen und Vermittler im Versicherungs- und Finanzanlagenbereich, aber auch mit Zulassung zur Darlehensvermittlung. Die Teilnahme dauert laut AfW ca. 15 Minuten und ist noch bis zum 30.11.2022 erreichbar unter www.vermittlerbarometer.de (ad)

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