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29. Juli 2016
BaFin: Verbot des Retailvertriebs von Bonitätsanleihen geplant

BaFin: Verbot des Retailvertriebs von Bonitätsanleihen geplant

Aus Anlegerschutzgründen beabsichtigt die BaFin, Vermarktung, Vertrieb und Verkauf von Bonitätsanleihen an Privatkunden zu verbieten. Dazu wurde gestern der Entwurf der beabsichtigten Allgemeinverfügung veröffentlicht. Bis zum 02.09.2016 kann dazu schriftlich Stellung genommen werden.

Die BaFin plant, den Retailvertrieb von Zertifikaten zu verbieten, die sich auf Bonitätsrisiken von Referenzunternehmen beziehen. „Strukturierte Produkte, die sich auf Kreditrisiken beziehen, können für institutionelle Investoren eine sinnvolle Anlagealternative sein. In die Hände von Privatkunden gehören sie aus unserer Sicht aber nicht“, begründet Exekutivdirektorin Elisabeth Roegele den Schritt der Aufsicht. Man sei sich bewusst, dass die Zertifikateindustrie damit vor Herausforderungen gestellt werde, so Roegele. „Aber gerade weil der Zertifikatemarkt bei uns in Deutschland einen hohen Stellenwert hat, dessen Ruf und Glaubwürdigkeit von zentraler Bedeutung sind, müssen wir bei einzelnen Produkten intervenieren.“

Hohe Produktkomplexität und Risiko von Interessenkonflikten

Die BaFin habe bei den Bonitätsanleihen vor allem wegen der hohen Produktkomplexität erhebliche Bedenken für den Anlegerschutz. Bei Bonitätsanleihen sind Kreditrisiken von Referenzunternehmen ausschlaggebend für Verzinsung und Rückzahlung des investierten Geldbetrags. Von besonderer Relevanz ist dabei, ob ein Kreditereignis in Bezug auf die zugrunde liegende Referenzverbindlichkeit eintreten wird. Privatkunden können dies in der Regel nicht bewerten. Für sie ist nicht erkennbar, wie groß die Wahrscheinlichkeit für die Rückzahlung des Anlagebetrags ist und ob die Übernahme des Kreditrisikos durch die Höhe des Zinsversprechens adäquat vergütet wird. Als problematisch sieht die BaFin auch das in der Produktstruktur angelegte Risiko eines Interessenkonflikts an. Emittenten sind einerseits Produzenten der Bonitätsanleihen, die an Privatkunden abgesetzt werden. Andererseits unterhalten sie aber auch Geschäftsbeziehungen zu den Unternehmen, deren Bonitätsrisiken sie in ihren Produkten zugrunde legen, und treten etwa selbst als Kreditgeber auf. Die gängigen Vertragsbedingungen für Bonitätsanleihen räumen den Emittenten in diesem Zusammenhang erheblichen Spielraum ein.

Produktbezeichnung irreführend

Anlegerschutzbedenken bestehen aber auch darin, dass bereits die Produktbezeichnung „Bonitätsanleihe“ irreführend ist. Anders als der Name nahelegt, handelt es sich dabei nicht um Anleihen im klassischen Sinne. Der Anleger ist bei wirtschaftlicher Betrachtung nämlich gerade nicht (Anleihe-) Darlehensgeber, sondern übernimmt vielmehr eine ähnliche Rolle wie ein Versicherungsgeber und damit das Risiko des Kreditereignisses. Diese „Rollenverwirrung“ lässt Bonitätsanleihen bei Privatanlegern fälschlicherweise als Zinspapiere erscheinen.

Die BaFin hatte in den letzten Monaten untersucht, inwieweit Bonitätsanleihen aktiv auch an Privatkunden vertrieben werden und ob diese ausreichend über die Risiken aufgeklärt werden. Dabei habe sich gezeigt, dass Emittenten Bonitätsanleihen gezielt für den Absatz an Privatkunden produzieren. Die Auswertung der Beratungsdokumentation habe deutlich gemacht, dass diesen Kunden die Funktionsweise der Produkte in der Regel nicht adäquat erklärt wird.

Mit dem Verbot macht die BaFin von ihrer Möglichkeit zur Produktintervention Gebrauch. Das Kleinanlegerschutzgesetz führte diese im Juli 2015 ein. Die Aufsicht kann seitdem die Vermarktung, den Vertrieb und den Verkauf bestimmter Finanzprodukte beschränken oder verbieten, etwa um Anleger zu schützen (§ 4b Wertpapierhandelsgesetz). (ad)