AssCompact suche
Home
Immobilien
24. Juli 2023
Baufinanzierung: „Aus der Talsohle sind wir raus“

Baufinanzierung: „Aus der Talsohle sind wir raus“

Die Baufinanzierung hat schon bessere Zeiten erlebt. Über die aktuelle Situation am Markt und die Erwartungen sprach AssCompact mit zwei Baufinanzierungsexperten. Dabei ging es auch um die Fragen, was eine gute Baufinanzierung ausmacht und welche Bedeutung die Geschäftsstelle vor Ort hat.

Interview mit Benjamin Papo, Chief Sales Officer bei der Bilthouse-Gruppe, und Oliver Kohnen, Head of Franchise bei Baufi24
In den vergangenen Monaten musste das Baufinanzierungssegment einen Einbruch des Neugeschäfts verkraften. Die Stimmung in der Branche ist auf einen Tiefstand gefallen. Kürzlich war von einer leichten Aufhellung die Rede. Können Sie dies bestätigen?

Benjamin Papo: Aus der Talsohle sind wir raus. Die Menschen haben sich an die neue Zinsrealität gewöhnt, zum Teil sind auch die Immobilienpreise im Bestand etwas gesunken, was Kaufgelegenheiten geschaffen hat. Was aus unserer Sicht aber wichtig bleibt: Der Staat muss Anreize setzen, um den Neubau wieder in Schwung zu bringen.

Was erwarten Sie für die kommenden Monate auf dem Markt für Baufinanzierungen? Nimmt der Wettbewerbsdruck weiter zu bzw. trennt sich nun die Spreu vom Weizen?

Benjamin Papo: Von alleine wird sich beim aktuellen Zinsniveau nichts ändern, zumal die Europäische Zentralbank (EZB) im Juli voraussichtlich noch einen Zinsschritt machen wird. Und bis Ende 2024 wird die Inflationsrate deutlich über 2% liegen; bis dahin bleiben auch die Zinsen hoch. Das bedeutet, dass der Markt erst einmal nicht wieder auf das Niveau von vor zwei Jahren kommt. Dennoch erwarten wir, dass die Kaufkraft in Deutschland aufgrund von Gehaltserhöhungen steigen wird und dazu beiträgt, dass Immobilien wieder leistbarer werden. Und bei stark steigenden Mieten wird das Thema Wohneigentum für viele Menschen immer relevanter. Wir erwarten daher, dass sich der Markt Schritt für Schritt erholt. Dennoch ist eine Konsolidierung in der Baufi-Branche sehr wahrscheinlich, wir beobachten sie schon jetzt.

Sie wollen das Netz an Baufi24-Beratern und Geschäftsstellen bis 2024 deutlich ausbauen. Ist das angesichts des herausforderndes Marktumfelds ein günstiger Zeitpunkt?

Oliver Kohnen: Sicherlich ist das aktuelle Marktumfeld herausfordernd. Aber genau jetzt suchen Berater/innen und Baufinanzierungsvermittler/innen einen starken Partner an ihrer Seite. Mit unserer Angebotspalette für potenzielle Geschäftsstellenleiter/innen haben wir uns breit aufgestellt und bieten Unternehmern in verschiedenen Phasen genau das passgenaue Angebot. Zudem bin ich der Ansicht, dass man in genau diesen Zeiten den Grundstein für weiteres Marktwachstum legt. Der Wunsch nach der eigenen Immobilie ist weiterhin sehr hoch, der Markt findet derzeit eine neue Balance und genau dafür stellen wir uns heute gut auf.

Wie und wo wollen Sie die Berater akquirieren?

Oliver Kohnen: Es gibt nicht den einen Akquisekanal. Unsere Berater/innen und Geschäftsstellenleiter/innen sollten natürlich aus dem Bereich der Baufinanzierung kommen und die entsprechenden Qualifikationen mitbringen. Ansonsten sind wir offen und können über unsere eigene Academy Bewerber/innen fit für Baufi24 machen.

Welche Bedeutung hat denn heute die Geschäftsstelle vor Ort überhaupt noch?
Die Banken schränken ihr Filialnetz ja immer mehr ein – oder sehen Sie gerade darin Potenzial?

Oliver Kohnen: Das ist eine valide Frage und neben den von Ihnen genannten Einschränkungen des Filialnetzes hat die Corona-Pandemie auch gezeigt, was alles im Home-Office möglich ist. Dennoch darf man eines nicht vergessen: Es geht bei der Baufinanzierung um die wahrscheinlich – zumindest finanziell – wichtigste Entscheidung im Leben. Wir möchten Wohnträume verwirklichen und dabei spielt das richtige Finanzierungskonzept eine wesentliche Rolle. Zudem ist die Kenntnis des regionalen Immobilienmarktes wichtig, ebenso der Banken vor Ort. Ein persönliches Gespräch in einer unserer Geschäftsstellen bietet genau für eine solch wichtige Entscheidung den richtigen Rahmen. 300.000 Euro sollte man nicht mal eben so im Vorbeigehen abschließen.

Um Berater zu gewinnen, setzen sie auf Franchisemodelle mit Gestaltungsfreiheit. Welche Anforderungen muss man denn erfüllen, um Baufi24-Berater zu werden, und was bieten Sie ihren Partnern?

Oliver Kohnen: Neben den spezifischen Qualifikationen braucht man vor allem Lust auf Menschen, Leidenschaft für das Thema Baufinanzierung und Engagement für unsere Kunden, um ihnen den Weg ins eigene Zuhause so einfach wie möglich zu machen. Unseren Partnern bieten wir verschiedene Modelle. Baufi-Profis erhalten ein exklusives Vertragsgebiet, ein sehr attraktives Provisionsmodell bis hin zu Sonderprovisionsmöglichkeiten. Für vertrieblich ambitionierte Baufinanzierungsberater mit wenig oder keiner Erfahrung als Unternehmer bieten wir sogar ein Angestelltenmodell an. Eine Art Karrierebegleitung zum Unternehmer. Daneben gibt es Support von unseren internen Abteilungen sowie ein top Ausbildungs- und Schulungskonzept.

Lassen Sie uns einen Blick auf die Kunden werfen: Vor allem die stark gestiegenen Bauzinsen haben bei angehenden Häuslebauern für Verunsicherung gesorgt. Stellen sich die Kunden nun allmählich auf das „New Normal“ bei den Bauzinsen ein?

Benjamin Papo: Ja, diese Entwicklung beobachten wir in der Tat. Natürlich brauchten die Häuslebauer einen Moment der Gewöhnung, nachdem sie es über eine Dekade lang mit Niedrigst- oder Nullzinsen zu tun hatten. Andererseits lagen die Bauzinsen in der Vergangenheit auch schon deutlich höher; zudem sind im Bestand die Preise teilweise gefallen. Das hat dann einige motiviert, wieder an den Markt zurückzukehren. So schnell wird sich an der Zinssituation ja auch nichts ändern – warum also warten, wenn eine Finanzierung seriös darstellbar ist?

Haben sich die Erwartungen der Kunden an eine Finanzierungsberatung in den vergangenen Monaten gewandelt?

Oliver Kohnen: Nicht unbedingt. Wichtig ist vielen Kundinnen und Kunden weiterhin eine Kombination von digitaler und persönlicher Beratung, zudem eine effiziente und schnelle Abwicklung der Baufinanzierung. Allerdings mussten wir während der Phase des starken Zinsanstiegs teilweise fast schon Lebensberatung leisten. Manch einer konnte sich Anfang 2022 noch eine Finanzierung leisten, 2023 nicht mehr. Da ist die Enttäuschung natürlich groß, wenn Lebensentwürfe platzen. Aufgrund der Debatte um das Gebäudeenergiegesetz hat zudem die Nachfrage nach Energiethemen stark zugenommen.

Was macht denn Ihrer Meinung nach eine gute Baufinanzierung aus?

Oliver Kohnen: Ein guter Baufinanzierungsberater muss gut auf den Kunden eingehen und die Customer Journey von der Anfrage bis zum Abschluss der Finanzierung zu einem positiven Erlebnis machen können. Das bedarf fachlicher, aber auch menschlicher Qualifikationen. Empathie und Menschenkenntnis ist dabei sehr wichtig, aber auch Effizienz und Schnelligkeit, damit der Kunde zum Schluss auch seine Traumimmobilie mit einer maßgeschneiderten Finanzierung kaufen kann. Unser Credo ist, dass unsere Kunden die für sie beste Finanzierung bekommen sollen, auch wenn man vielleicht noch einen bei den Nachkommastellen besseren Zins bekommen könnte.

In der Bilthouse-Gruppe haben sich mehrere Baufinanzierungsvermittler zusammengeschlossen. Erwarten Sie in dem Bereich eine ähnliche Konsolidierung wie im Versicherungsmaklermarkt?

Benjamin Papo: Wir sehen bereits, dass bei den großen Plattformen der Anteil des Volumens von Einzel- bis kleineren Vermittlern im Vergleich zum Vorjahr abnimmt. Gleiches hören wir auch aus dem Markt. Somit ja – es wird eine Konsolidierung geben. Nennen wir es besser Professionalisierung. Hinsichtlich der Prozesse und Effizienz. Hinsichtlich Beratungsqualität am Kunden und gegenüber den Bankpartnern. Sowie hinsichtlich Marken und damit der Fähigkeit zur Kundengewinnung.

Bild Newsletter: © sommart – stock.adobe.com; Porträtfotos: © Bilthouse/Baufi24