AssCompact suche
Home
Steuern & Recht
27. Oktober 2020
WEG-Reform: Mehr Freiheit für Immobilienverwalter?

WEG-Reform: Mehr Freiheit für Immobilienverwalter?

In seinem Vortrag auf der DKM digital.persönlich hat Thorsten Thurau einen Überblick über die Herausforderungen für die Vermögensschadenhaftpflicht durch die WEG-Novellierung geboten. Der Rechtsanwalt sieht mit der Neufassung Unklarheiten sowie Haftungsrisiken auf die Branche zukommen.

Die Neufassung des WEG hat passend zum Namen einen langen Weg hinter sich. Noch in diesem Jahr wird sie nun jedoch in Kraft treten – am 01.12.2020. Wie Thorsten Thurau von der Gothaer Allgemeine Versicherung AG jedoch in seinem Vortrag auf der digitalen Messeplattform der DKM verdeutlichte, gehen mit der Novellierung auch viele Unsicherheiten und neue Haftungsrisiken für Immobilienverwalter einher. Und die wirken sich auch auf die Vermögensschadenhaftpflichtversicherer aus.

Hohe Schäden durch Verwaltertätigkeit

Jedes Jahr verursachten Verwalter Schäden in Höhe von 200 Mio. Euro im Rahmen ihrer Verwaltertätigkeit, gab Thurau zu bedenken. Betriebskostenabrechnungen und Mieterhöhungen seien häufig fehlerhaft und von den jährlich 250.000 Prozessen im Wohnraummietrecht sei jeder fünfte Prozess auf den Immobilienverwalter zurückzuführen. Diese Statistiken verdeutlichten die Relevanz des Themas. Und diese rechtlichen Auseinandersetzungen verteilten sich auch nicht auf einige wenige schlecht verwaltete Wohnungseigentümergemeinschaften. Vielmehr hatten 45% aller Gemeinschaften in den letzten 10 Jahren mindestens ein Gerichtsverfahren aufgrund von Verwaltungsfehlern zu bestreiten.

Haftungskritische Eckpunkte des reformierten WEG

 

 Mehr Freiheit für Immobilienverwalter?

 

Thurau konzentrierte sich in seinem Vortrag hauptsächlich auf jene Änderungen am WEG, die seiner Ansicht nach besonders haftungskritisch sind. Ein Beispiel dafür war, dass die Eigentümer nach dem reformierten WEG nun einen Anspruch auf bestimmte bauliche Maßnahmen wie E-Ladesäulen hätten (AssCompact berichtete), jedoch nach Wortlaut des Gesetzes nicht, wenn das eine grundlegende Umgestaltung der Wohnanlage zur Folge hat oder andere Wohnungseigentümer unbillig benachteiligt würden. Ab wann jedoch eine grundlegende Umgestaltung oder eine unbillige Benachteiligung vorliegt, wird im Gesetzestext nicht ausgeführt. Um hier Klarheit zu schaffen, werden wohl noch Urteile und weitere Literatur abgewartet werden müssen.

Neu gefasste Stellung des Verwalters und mehr Aufgaben

Doch diese beiden Beispiele waren nicht die einzigen, die laut Thurau noch ungenügend spezifiziert sind. Auch Begriffe wie „größere Anlage“ oder „kleinere Reparaturen“ im Gesetzestext werden nicht definiert. Das ist auch insofern problematisch, da die WEG-Novellierung die Ausübung der Verwaltung ausschließlich auf die Gemeinschaft der Eigentümer überträgt – bisher waren Verwalter und Gemeinschaft gleichermaßen für die Ausübung der Verwaltung zuständig. Der Immobilienverwalter ist von Dezember an lediglich noch im Auftrag der Eigentümergemeinschaft tätig und hat nach Außen hin unbeschränkte Vollmachten. Genau darin liegt jedoch ein bedeutendes Haftungsrisiko.

Vermehrt Rechtsstreitigkeiten zu erwarten

 

 Mehr Freiheit für Immobilienverwalter?

 

Ein Verwalter, der im Zuge der Gesetzesreform erweiterte Aufgaben und Befugnisse erhält, jedoch nur noch im Auftrag der Eigentümergemeinschaft tätig ist, kann natürlich auch schneller den Unmut der Eigentümer auf sich ziehen, wodurch sich zumindest perspektivisch ein höheres Risiko für rechtliche Auseinandersetzungen ergibt, so Thurau. In diesem Zusammenhang kritisiert der Experte der Gothaer auch, dass sich der Gesetzgeber nicht zu einem verpflichtenden Sachkundenachweis für Verwalter durchringen konnte. Vielmehr besteht jetzt lediglich ein Anrecht der Eigentümer auf einen zertifizierten Verwalter. Wenn die Eigentümer dementsprechend den Nachweis einer Zertifizierung forderten, müsse der Immobilienverwalter nachweisen, dass er seiner Fortbildungspflicht nachgekommen ist. Ob die im Gesetzestext vorgesehen Fortbildungspflicht jedoch ausreichend ist, bezweifelt nicht nur Thurau – sie umfasst lediglich 20 Stunden innerhalb von drei Jahren. (tku)

Bild: © stokkete – stock.adobe.com

Die DKM digital.persönlich läuft noch bis zum 29.10.2020. Hier ist eine Anmeldung möglich. Wenn Sie schon angemeldet sind, gelangen Sie hier direkt auf die digitale Messeplattform.

Lesen Sie zum Thema WEG-Reform auch: