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27. März 2024
Wer hat schon Lust auf Notfallplanung? Sie etwa?

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Wer hat schon Lust auf Notfallplanung? Sie etwa?

Die rechtzeitige Vorsorge für den Unternehmensnotfall ist entscheidend, um rechtliche Risiken zu minimieren und die Geschäftskontinuität sicherzustellen. Doch ohne angemessene Vorsorge können unerwartete Ereignisse zu großen Problemen führen. Rechtsexpertin Ulrike Specht, Fachanwältin für Erbrecht, erläutert wichtige Schritte der betrieblichen Notfallplanung.

Erbfolge klären

Wer den Gesellschaftsanteil schlussendlich erhält, hängt neben dem Gesellschaftsvertrag zusätzlich von der Erbfolgeregelung ab. Hier ging das schief. Denn der Unternehmer wollte, dass seine Tochter den Betrieb alleine übernimmt. Weil er die Erbfolge aber nicht geregelt hatte, rückten Tochter und Ehefrau in die Gesellschafterposition nach. Er hätte das ganz einfach vermeiden können, indem er per Testament zum Beispiel seine Tochter als Alleinerbin einsetzt. Und damit die Ehefrau nicht leer ausgeht, hätte er für sie Vermächtnisse anordnen können. Derartige Regelungen zur Erbfolge in Kombination mit Vermächtnissen können im Übrigen auch mit Blick auf Pflichtteilsansprüche und die Erbschaftsteuer sinnvoll sein.

Besonders wichtig ist hierbei, dass Gesellschaftsvertrag und die Regelung der Erbfolge immer aufeinander abgestimmt sein müssen. Ist das nicht der Fall, führt dies zu großen praktischen Problemen, zum Beispiel dann, wenn im Testament die Ehefrau als Alleinerbin benannt ist, der Gesellschaftsvertrag aber regelt, dass nur Abkömmlinge in die Gesellschafterposition nachfolgen können. Ein solcher Widerspruch führt häufig dazu, dass die verbleibenden Gesellschafter die Gesellschaft alleine weiterführen, aber eine Abfindung an die Erben leisten müssen. Gerade diese finanzielle Belastung ist selten gewünscht und auch der Gedanke der Gründungsgesellschafter, dass die Kinder einmal den Betrieb übernehmen, wird nicht realisiert. Solche Regelungen sind durchaus sinnvoll, weil beispielsweise Mitgesellschafter nicht möchten, dass ihnen „irgendwelche“ Erben als neue Gesellschafter vor die Nase gesetzt werden. Das Gesamtkonzept muss aber passen.

Vollmachten errichten

Der Unternehmer hätte mit entsprechenden Vollmachten seinen Angehörigen auch das Verfahren zur Bestellung eines Notgeschäftsführers ersparen und stattdessen für eine fast nahtlose Kontinuität in der Vertretung der GmbH sorgen können.

Denn in die Position des Geschäftsführers rückt der Erbe nie nach. Vielmehr ist es so, dass der Geschäftsführer durch Gesellschafterbeschluss bestellt wird. Ist der einzige Gesellschafter dazu aber nicht in der Lage, dann muss vor allem in eilbedürftigen Angelegenheiten ein Notgeschäftsführer über das Amtsgericht bestellt werden. Das ist nicht nur im Todesfall, sondern auch dann notwendig, wenn der Gesellschafter geschäftsunfähig wird und für diesen Fall keine Vorsorge getroffen ist.

Dabei wäre es so einfach gewesen, mit einer entsprechend formulierten notariellen Vollmacht auch hier den Hinterbliebenen Mühe zu ersparen. Eine Vollmacht sollte dabei nicht nur das operative Geschäft erfassen, sondern auch das Gesellschafter-Stimmrecht. Werden zudem ein paar weitere Anordnungen in die Vollmacht aufgenommen wie beispielsweise, dass die Vollmacht über den Tod hinaus gilt, dann kann der Bevollmächtigte auch nach dem Tod des Gesellschafters dessen Stimmrecht ausüben. Das heißt, er kann einen Beschluss fassen, wer neuer Geschäftsführer wird, und dessen Eintragung im Handelsregister veranlassen. Eine Vollmacht ist natürlich auch stets Vertrauenssache. Daher gilt es gut zu überlegen, wem welche Befugnisse eingeräumt werden.

Fazit für die Praxis

Nehmen Sie sich ein paar Stunden Zeit, um gegebenenfalls mit anwaltlicher Unterstützung Ihre Ist-Situation im Hinblick auf einen Ausfall der Unternehmerpersönlichkeit zu klären. Vielleicht ergibt sich, dass bei Ihnen ohnehin alles schon passend geregelt ist. Und wenn das nicht der Fall sein sollte, lässt sich in vielen Fällen, zumindest interimsweise, mit relativ einfachen Mitteln eine gute Notfallvorsorge regeln. Bedenken Sie bei der Notfallplanung zudem die organisatorischen Belange wie Zugriffsrechte, Sicherung interner Abläufe etc. Ist das geschafft, dann verbleibt für Sie nur noch die Aufgabe, alle paar Jahre oder dann, wenn sich die privaten oder betrieblichen Verhältnisse ändern, die Unterlagen auf Aktualität zu prüfen und je nach Bedarf anzupassen.

Diesen Beitrag lesen Sie auch in AssCompact 03/2024 und in unserem ePaper.

Bild: © Andrey Popov – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Ulrike Specht

Leserkommentare

Comments

Gespeichert von Ulrich Welzel … am 28. März 2024 - 10:28

Der Fachbeitrag von Frau Specht ist fachlich sehr gut, und hebt sich wohlwollend von den bisher in der Finanzdienstleistung geschriebenen Beiträgen zur Unternehmervollmacht ab. Man erkennt die Fachfrau.  

Am Ende schreibt Frau Specht: "Nehmen Sie sich ein paar Stunden Zeit, um gegebenenfalls mit anwaltlicher Unterstützung Ihre Ist-Situation im Hinblick auf einen Ausfall der Unternehmerpersönlichkeit zu klären." 

Das Wort "Gegebenenfalls" würde ich sofort streichen. Unternehmervollmachten gehören ausschließlich in die Hände von Juristen. Hier ist von ein paar Stunden die Rede. Das ist auch meine Erfahrung, dass es je nach Unternehmen auch mal 15 -20 Stunden sein können. 

Wenn ich die rechtlich verbotenen Angebote (siehe Rechtsdienstleistungsgesetz) von freien Finanzdienstleistern (Versicherungsmakler, Generationenberater, Ruhestandsplaner und leider auch freien CFP´s) an ihre Unternehmerkunden sehe, erahne ich die Qualität der Vollmachten.