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So ticken die Anleger in Deutschland

Gothaer Asset Management hat zum elften Mal das Anlageverhalten der Deutschen analysieren lassen. Die repräsentative forsa-Studie zeigt, wie die deutschen Sparer zu Niedrigzinsen, nachhaltigen Kapitalanlagen, Immobilieninvestments und Co. stehen.

Die Zahl der Kritiker an der Niedrigzinspolitik hat ein neues Rekordniveau erreicht. 2019 hielten 53% der Bundesbürger diese Politik für falsch, 2020 sind es sogar 61%. Das ist der höchste bisher gemessene Wert seit 2016. Die schärfsten Kritiker befinden sich in der Altersgruppe der über 60-Jährigen. Dort halten 66% die Niedrigzinspolitik für falsch. Besonders stark hat sich die Meinung der 18- bis 29-Jährigen geändert. Waren 2019 noch 47% der Altersgruppe von der Niedrigzinspolitik überzeugt, ist die Zustimmung 2020 um 17 Prozentpunkte auf nunmehr 30% gesunken.

Nachvollziehbare Kritik

Die Zahlen sind Teil einer repräsentativen Studie zum Anlageverhalten der Deutschen, die Gothaer Asset Management (GoAM) zum elften Mal von forsa durchführen ließ. „In Zeiten von Negativzinsen ist es nicht verwunderlich, dass die Zinspolitik der EZB immer stärker an Rückhalt in der Bevölkerung verliert. Schließlich treffen die Folgen vor allem auch die Kleinanleger, die um ihre Altersvorsorge bangen,“ erklärt Christof Kessler, Vorstandssprecher der Gothaer Asset Management AG.

So legen die Deutschen ihr Geld an

Das wichtigste Anliegen der Befragten bei der Geldanlage ist weiterhin die Sicherheit mit 52%. Im Vorjahr waren es aber noch 57%. Flexibilität in der Anlage spielt für 31% die wichtigste Rolle (2019: 29%). Eine hohe Rendite hat nach wie vor nur für etwa jeden Zehnten die größte Bedeutung. An erster Stelle der Geldanlageformen liegt nach wie vor das Sparbuch mit aktuell 48%. Aber auch Lebensversicherungen erfreuen sich mit 30% (2019: 29%) großer Beliebtheit, Fonds bleiben mit 24% (2019: 26%) relativ konstant. Immobilien verlieren überraschend an Bedeutung. 2019 betrachteten 36% der Befragten Immobilien als bevorzugte Anlageform, 2020 nur noch 32%.

Sorgen und Ängste nehmen zu

Noch einmal gestiegen ist die Angst vor einer Inflation. Teilten diese 2019 nur 58%, ist der Anteil 2020 auf 62% gestiegen. 47% der Befragten befürchten zudem nach wie vor, dass die getätigten Geldanlagen nicht ausreichen werden, um den aktuellen Lebensstandard zu halten. Die Angst vor einem Auseinanderbrechen der Eurozone ist von 24 auf 27% gestiegen.

Fonds mit steigender Nachfrage

Die Bundesbürger, die in Fonds investieren, setzen weiterhin vor allem auf Aktien- und Mischfonds (42 und 40%). Einen starken Rückgang verzeichnen – entgegen der Zahlen des Fondsverbands BVI –hingegen offene Immobilienfonds. Waren es 2019 noch 15%, ist die Nachfrage der Anleger 2020 um fünf Prozentpunkte auf 10% gesunken.

Zwiegespaltenes Verhältnis zu nachhaltigen Anlagen

In Nachhaltigkeitsfonds investieren bisher nur 6% der Deutschen, diese Fondskategorie steht damit noch am Anfang. Das Bewusstsein für Umwelt- und Klimaschutz ist bei den Bundesbürgern allerdings ausgeprägt. Auf die Frage, welche Facette von Nachhaltigkeit – Umwelt- und Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit oder verantwortungsvolle Unternehmensführung – ihnen am wichtigsten sei, nannten 44% der Befragten den Umwelt- und Klimaschutz. Bei den 18- bis 29-Jährigen sind es sogar 68%. 53% der Befragten sind sogar bereit, in eine nachhaltige Geldanlage zu investieren, auch wenn sie gleichzeitig eine geringere Rendite erhalten würden. Besonders ausgeprägt ist diese Einstellung bei den 18- bis 29-Jährigen (60%). Dennoch haben sie ihre Ersparnisse aber größtenteils noch in Sparbüchern angelegt (60%). (mh)

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Deutsche Fondsbranche erklimmt neue Rekorde

Investmentfonds haben ein weiteres Rekordjahr hinter sich. Ende 2019 verwalteten die Fondsgesellschaften in Deutschland so viel Geld wie noch nie. Seit 2009 hat sich das verwaltete Vermögen fast verdoppelt. Bei Privatanlegern punkteten offene Immobilienfonds und nachhaltige Fonds 2019 besonders stark.

3,398 Bio. Euro – so viel Geld haben die Fondsgesellschaften in Deutschland Ende 2019 verwaltet. Das ist nicht nur ein neuer Rekordwert, sondern eine Steigerung um 15% innerhalb eines Jahres. „Die gute Stimmung an den Finanzmärkten hat sich im vergangenen Jahr positiv auf die Fondsbranche ausgewirkt“, erläutert Tobias C. Pross, Präsident des deutschen Fondsverbands BVI, auf der Jahrespressekonferenz. Damit knüpft die Fondsbranche an die starke Entwicklung der Vorjahre an. In den letzten zehn Jahren hat sich das Gesamtvermögen der Branche fast verdoppelt.

Offene Spezialfonds dominieren

Der Großteil des Vermögens entfällt auf offene Spezialfonds mit 1,875 Bio. Euro und auf offene Publikumsfonds mit 1,116 Bio. Euro. In offene Investmentfonds investierten Anleger 2019 netto 120,2 Mrd. Euro neue Gelder. Hierbei waren offene Spezialfonds mit 102,7 Mrd. Euro der größte Treiber. Sie erzielten zudem ihr zweitbestes Jahr nach 2015 als ihnen 121 Mrd. Euro zuflossen.

Starkes Vorjahresergebnis noch übertroffen

Offene Publikumsfonds erzielten derweil Nettozuflüsse von 17,5 Mrd. Euro. Geschlossene Fonds verbuchten ein Plus von 4,3 Mrd. Euro. Aus Mandaten zogen Anleger hingegen netto 5,5 Mrd. Euro ab. Mit insgesamt 119 Mrd. Euro erzielte die Branche mehr Zuflüsse als im Vorjahr, als sie 91 Mrd. Euro neue Gelder verzeichnete.

Nachhaltige Publikumsfonds stark gefragt

Die Absatzliste der offenen Publikumsfonds führen Immobilienfonds mit 10,7 Mrd. Euro an. Im Vorjahr flossen ihnen 6,4 Mrd. Euro zu. An zweiter Stelle stehen Mischfonds mit Zuflüssen von 10,5 Mrd. Euro. Aktienfonds verzeichneten 4,4 Mrd. Euro neue Gelder. Aus Rentenfonds flossen dagegen 3,7 Mrd. Euro ab. Nachhaltige Kapitalanlagen lagen 2019 klar im Trend. Im Neugeschäft der offenen Publikumsfonds entfallen 7 Mrd. Euro auf nachhaltige Fonds und damit 40% der gesamten Nettozuflüsse von Publikumsfonds.

Aktienfonds verwalten Rekordvermögen

Das Neugeschäft der offenen Publikumsfonds entspricht rund 1% des von ihnen verwalteten Vermögens. Die volumengrößte Gruppe mit der Rekordmarke von 423 Mrd. Euro sind unverändert Aktienfonds. Ihr Marktanteil ist in den letzten zehn Jahren aufgrund steigender Aktienkurse und Mittelzuflüsse von 30% im Jahr 2009 auf 38% gestiegen. Mischfonds sind mit 311 Mrd. Euro (28%) die zweitgrößte Gruppe. Dahinter folgen Rentenfonds mit 209 Mrd. Euro (19%) und Immobilienfonds mit 109 Mrd. Euro (10%).

Altersvorsorge ist wichtiger Treiber für Spezialfonds

Das verwaltete Vermögen offener Spezialfonds hat sich in den vergangenen zehn Jahren von 729 auf 1.875 Mrd. Euro mehr als verdoppelt. Dabei ist die Altersvorsorge ein wichtiger Treiber. Versicherer und Altersvorsorgeeinrichtungen hatten Ende 2019 insgesamt 1,159 Bio. Euro in Spezialfonds angelegt. Das entspricht einem Anteil von 62% des Spezialfondsvermögens. Vor zehn Jahren lag ihr Anteil bei 54%.

Altersvorsorgeeinrichtungen gewinnen besonders an Bedeutung

Insbesondere die Altersvorsorgeeinrichtungen wie Versorgungswerke und Pensionskassen haben an Bedeutung gewonnen. Ihr Anteil ist von 19% Ende 2009 auf 29% gestiegen. Versicherer sind noch immer die volumengrößte Anlegergruppe. Ihr Anteil hat sich leicht von 36 auf 33% reduziert. (mh)

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Rothschild strukturiert Fondspalette neu

Rothschild & Co Asset Management Europe organisiert seine Produktpalette offener Fonds neu. Ziel der Maßnahmen sind aussagekräftige und wiedererkennbare Markennamen und eine klarere Struktur im Fondsangebot.

Rothschild & Co Asset Management Europe ändert die Namen einiger seiner UCITs Fonds, um aussagekräftige und wiedererkennbare Markennamen zu schaffen und eine klare Struktur ins Fondsangebot zu bekommen. Ab sofort besteht das Angebot von Rothschild & Co Asset Management Europe aus vier Marken: Conviction, Valor, Thematic und 4Change.

Klare Fondsmanagermeinungen

„Conviction“ vereint Fonds mit aktivem Management in Aktien, festverzinslichen und diversifizierten Fonds. Besonders zeichnet er sich durch eine klare Meinung der Fondsmanager zu den Finanzmärkten aus und sticht durch die Bottom-up-Analyse der Einzeltitel hervor. Die Mittel werden hauptsächlich in Euro angelegt und haben einen Referenzindex.

Partner- und Themenfonds

„Valor“-Fonds basieren auf einem „Carte blanche“-Ansatz, ohne Einschränkungen des Referenzindex oder des geografischen Gebiets. Diese Portfolios werden in allen Anlageklassen, ohne Sektor- oder Stilfokus, investiert. „Thematic“ umfasst Fonds, die in aussichtsreichende Themen mit guten, langfristigen Perspektiven investieren. Dazu zählen Immobilien, die alternde Bevölkerung oder Goldminen. Investitionen erfolgen dabei sowohl in Aktien als auch in Anleihen.

Nachhaltige Fonds

Die „4Change“-Fonds, zielen darauf ab, neben einer finanziellen Performance eine verbesserte ESG-Auswahl und die Suche nach einem positiven Impact in den Mittelpunkt ihrer Strategien zu stellen. Das Managementteam versucht vor allem umzusetzen, dass seine Investitionsentscheidungen Teil einer nachhaltigen Entwicklung sind, sowohl im Hinblick auf Energie als auch auf den sozialen Wandel. „4Change“ umfasst insbesondere eine Reihe von Produkten, die dem Klimawandel gewidmet sind.

Rothschild strukturiert Fondspalette neu
Neue Namen

Im Zuge dieser Reorganisation hat die Verwaltungsgesellschaft beschlossen, einige ihrer Fonds umzubenennen, um sie klarer zu gestalten, sowohl was die Strategie als auch die Zielsetzung des Produkts betrifft. Fonds, die hauptsächlich für den Vertrieb in Europa bestimmt sind, erhalten die Vorsilbe „R-co“, gefolgt vom Namen des Sortiments. Da die Expertise von Rothschild & Co Asset Management Europe international präsent sei, werden die meisten Fondsnamen nun ins Englische übersetzt. (mh)

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So gefährlich sind die politischen Unruheherde für die Finanzmärkte

Anleger müssen sich auch 2020 mit zahlreichen alten und neuen weltpolitischen Themen beschäftigen. Handelskriege, Brexit und der Iran-Konflikt sorgen für Verunsicherung. Zudem schwächelt die Weltkonjunktur derzeit erheblich. Die Märkte reagieren darauf bisher relativ gelassen – zu Recht, meint Dr. Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Berenberg Bank.

Herr Dr. Schmieding, 2020 hat mit einem weiteren welt­politischen Krisenherd begonnen. Wie gefährlich ist der Iran-Konflikt für die Weltpolitik und für die Finanzmärkte?

Der Iran-Konflikt ist hochbrisant für die Weltpolitik. Er ist aber nicht sehr gefährlich für die Weltfinanzmärkte. Die Region ist für die Weltwirtschaft nur aus einem Grund von Bedeutung: das ist der Ölpreis. Allerdings ist der Ölpreis heute nicht mehr so abhängig vom Golf wie früher. Er wird heute stark durch das Fracking in den USA bestimmt.

Ist Öl in Zeiten zunehmend digitaler Geschäftsmodelle überhaupt noch der weltwirtschaftliche Faktor, wie er es bei den letzten Ölkrisen war?

Ein deutlich höherer Ölpreis würde die Konjunktur auch heute noch dämpfen. Dass eine Ölkrise eine scharfe Rezession wie in den 70er-Jahren auslösen könnte, ist heute aber praktisch ausgeschlossen. Die Wahrscheinlichkeit eines kräftigen und dauerhaften Anstiegs des Ölpreises ist derzeit ohnehin gering. Selbst im Extremfall eines echten Krieges zwischen Iran und einer Allianz aus Saudi Arabien und den USA sollte das US-Militär es schaffen, die Ölausfuhr aus Saudi-Arabien zu schützen bzw. nach kurzer Unterbrechung wiederherzustellen. In einer ernsten Konfron­tation wäre der Iran kein wirklicher Gegner für das US-Militär.

Ohnehin sieht es nicht aus, als ob beide Seiten den Konflikt eskalieren lassen wollen …

Richtig. Beide Seiten haben kein Interesse daran, die Situation völlig eskalieren zu lassen. Doch selbst in dem beschriebenen schlimmstmöglichen Szenario wäre es sehr unwahrscheinlich, dass der Ölpreis für länger als drei Monate um mehr als 30% steigt.

Was ist 2020 in Bezug auf den Brexit zu erwarten?

In diesem Jahr ist mit einem erneuten Brexit-Theater zu rechnen, aber in deutlich abgeschwächter Form. Nach dem politischen Austritt Ende Januar folgt Ende Dezember der wirtschaftliche Austritt – zumindest weitgehend. Es ist unwahrscheinlich, dass die Briten die Übergangsperiode verlängern. Es ist aber auch nahezu unmöglich, bis Jahresende ein umfassendes Handelsabkommen über die künftigen Beziehungen abzuschließen. Es dürfte stattdessen nur ein Teilabkommen für wesentliche Bereiche des Güterhandels sowie Übergangsregeln für einige weitere Sektoren geben.

Neue Unruhe kommt zu Jahresbeginn auch aus Russland, wo die russische Regierung zurückgetreten ist. Welches Ungemach könnte dadurch drohen?

Putin kontrolliert Russland ohnehin. Mit welchem Premierminister und mit welcher Verfassung er das tut, ist relativ unwichtig. Das dürfte das Wirtschaftswachstum der Welt nicht berühren. Es dürfte noch nicht einmal das Wirtschaftswachstum Russlands berühren. Solange das System Putin an der Macht bleibt, wird Russland sein eigentlich großes Potenzial nicht ausschöpfen können. Die mangelnde Rechtssicherheit unter Putin schreckt Investoren ab.

Wie ist es derzeit insgesamt um die Weltkonjunktur bestellt?

Die Weltkonjunktur schwächelt derzeit erheblich. Das hat im Wesentlichen zwei Gründe: Der eine ist die dauerhafte Wachstumsverlangsamung in China, der andere der Handelskonflikt der USA mit vielen Ländern. Weil Unternehmen nicht wissen, wie sie ihre Lieferketten neu ausrichten sollen, investieren sie relativ wenig. Welthandel und die weltweite Industrieproduktion stagnieren. Gerade mit seinen Handelskriegen hat Trump dem für Deutschland so wichtigen Welthandel 2019 so sehr geschadet, dass die deutsche Industrie sogar in eine Rezession geraten ist. Es zeichnet sich aber ab, dass wir die Talsohle erreicht haben und dass Welthandel und Weltindustrieproduktion 2020 wieder zu wachsen beginnen. China und die USA haben eine Art Waffenstillstand geschlossen. Andere Teile der Konjunktur wie etwa die Binnennachfrage oder der private Verbrauch schwächeln ja ohnehin nicht. Das Ergebnis ist eine sehr gespaltene Konjunktur.

Reagieren die Finanzmärkte zu Recht gelassen auf die Unruheherde?

Ja. Eine gewisse weltpolitische Unruhe gehört immer dazu. Zudem erleben wir, dass Trump sowohl im Handelskonflikt mit China als auch im Streit mit dem Iran vor den ganz großen Konflikten zurückscheut. Trump schürt zwar fleißig Konflikte, aber einen echten Krieg hat er noch nicht angezettelt.

Wie genau stellt sich die Situation in Deutschland aktuell dar?

Deutschland ist in der westlichen Welt das Paradebeispiel einer gespaltenen Konjunktur. Im vergangenen Jahr sind der private Verbrauch, der Wohnungsbau oder auch der Staatsverbrauch gut gelaufen. Die Unternehmensinvestitionen und die Ausfuhr haben dagegen faktisch stagniert. Große Teile der Binnennachfrage laufen also gut, alles andere läuft schlecht. Diese Kluft ist auf Dauer nicht durchzuhalten. Entweder werden die Verbraucher irgendwann unsicher und geben weniger Geld aus oder der Außenhandel und die Investitionen der Unternehmen kommen in Schwung. Die deutschen Verbraucher sind gut gelaunt. Ihre Einkommens- und Vermögenslage ist gut. Sie haben keinen Grund, sich zurückzuhalten. Stattdessen spricht viel dafür, dass die Investitionen und die Ausfuhr in diesem Jahr wieder etwas mehr in Gang kommen können.

Einige Experten befürchten dadurch aber eine Blasenbildung am Immobilienmarkt. Wie groß schätzen Sie diese Gefahr ein?

Eine gefährliche Blase sehe ich nicht. Drei Gründe sprechen gegen die Gefahren, die manche Beobachter heraufbeschwören. Erstens ist der Anstieg der letzten Jahre weitgehend gerechtfertigt durch die unerwartete Entwicklung der Bevölkerungszahlen. Zweitens stellen wir eine starke Entwicklung weg vom Land hin zu den mittleren und großen Städten fest. Der Preisanstieg in diesen Städten und deren direktem Umland ist dadurch weitgehend gedeckt. Drittens muss man sich bei Immobilienpreisen immer anschauen, ob sie kreditgetrieben sind. Übertreibungen am Immobilienmarkt sind erst gefährlich, wenn sie zu stark kreditgetrieben sind und Käufer ihre Kredite im Falle eines Zinsanstiegs nicht mehr bedienen oder den Kredit im Zweifel durch den Verkauf des Hauses nicht mehr tilgen können. Das ist derzeit in Deutschland aber nicht der Fall. Selbst im nahezu ausgeschlossenen Extremfall eines Rückgangs der Wohnungspreise um 30% wäre das wahrscheinlich keine gesamtwirtschaftliche Katastrophe, weil sowohl Banken als auch Verbraucher alles in allem bei Krediten hinreichend vorsichtig geblieben sind.

Inwiefern?

Früher hätten die Verbraucher bei diesem Zinsniveau viel exzessiver Kredite aufgenommen. Man könnte sagen, dass die Zinsen heute so extrem niedrig sind, weil sonst noch weniger Menschen einen Kredit aufnehmen würden. Trotz der Niedrigstzinsen ist das Kreditwachstum heute normal, nicht übertrieben.

Dennoch beschäftigt und frustriert das Thema Zinsen die deutschen Sparer seit Jahren. Was können sie diesbezüglich von der neuen EZB-Chefin Christine Lagarde erwarten?

Eine Politik der ganz ruhigen Hand, unter der sich für Sparer vorerst nichts ändert. Die Inflation ist einfach nicht hoch genug, um innerhalb der EZB eine Mehrheit für steigende Zinsen zu finden. Die Konjunktur ist auf der anderen Seite aber auch nicht so schwach, dass man eine weitere Zins­senkung befürchten müsste. Vorläufig wird sich also voraussichtlich gar nichts ändern. Frau Lagarde wird stattdessen versuchen, innerhalb der Zentralbank die Wogen zu glätten und außerhalb der Zentralbank den Bürgern besser zu erklären, warum die Geldpolitik der EZB so ist, wie sie ist – vor allem im deutschen Sprachraum. Das war in den letzten Jahren ein Versäumnis von Mario Draghi. Er hat es nach einigen frühen Versuchen weitestgehend aufgegeben, sich dem Gegenwind zu stellen, vor allem im deutschen Sprachraum. Frau Lagarde lernt dagegen bereits Deutsch und dürfte gerade hier kommunikativ einiges verbessern. An der eigentlichen Politik wird sich vorläufig aber nichts ändern. (mh)

Den Artikel lesen Sie auch in AssCompact 02/2020, Seite 56f, und in unserem ePaper.

Bild: © freshidea – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Dr. Holger Schmieding

Darauf setzen deutsche Frauen bei der Geldanlage

Das Thema Geldanlage rückt bei Frauen heute stärker in den Fokus als in der Vergangenheit. Sie investieren aber nach wie vor sicherheitsorientierter als Männer und reagieren sehr viel sensibler auf mögliche Kursschwankungen und Verluste. Das zeigt eine aktuelle Studie von J.P. Morgan Asset Management.

Frauen investieren sicherheitsorientierter als Männer. Dementsprechend sind sie bei ihrer Geldanlage zurückhaltender und setzen seltener auf ertragstärkere Kapitalmarktinvestments. Das belegt eine europaweite Umfrage zum Thema Frauen und Geldanlage von J.P. Morgan Asset Management. Den nötigen Spielraum hätten Europäerinnen zwischen 30 und 65 Jahren eigentlich. Der Studie zufolge verfügen sie über ein angespartes Kapital von rund 200 Mrd. Euro, das sie an den Finanzmärkten anlegen könnten. 45 Mrd. Euro davon entfallen auf Frauen aus Deutschland und Österreich.

Deutsche Frauen mit klaren Zielen

Die Einstellungen zu Geldanlage und Vermögensaufbau unterschieden sich in den einzelnen Ländern teils deutlich, wobei Frauen in Deutschland und Österreich sehr ähnlich sind, was die Lebensplanung angeht. 68% verfolgen einen Lebensplan und haben klare Ziele vor Augen. In den anderen Ländern trifft das mit 58% seltener zu. Außerdem mögen Deutsche und Österreicherinnen das Gefühl, alles unter Kontrolle zu haben, wenn es um ihre Finanzen geht – das bestätigen 80% im Vergleich zu 71% in den anderen europäischen Ländern.

Sicherheit und ein sorgenfreier Ruhestand haben Priorität

Die Studie unterteilt Frauen in acht Typen, die entweder eine größere Tendenz zum Sparen oder zum Anlegen haben. Dabei zeigt sich, dass die Gruppe der Frauen mit Affinität zum Anlegen in Deutschland und Österreich mit 57% etwas stärker ausgeprägt ist als auf europäischer Ebene (53%).

„Selbstsicher und kontrolliert“

Mit einem Anteil von 26% sind besonders viele Frauen in Österreich und Deutschland im Segment „Selbstsicher und kontrolliert“ zu finden. Diese Anlegerinnen sind gut organisiert und engagiert. Finanzielle Sicherheit und ein sorgenfreier Ruhestand haben für sie Priorität. Mehr als die Hälfte dieser Gruppe ist über 50 Jahre alt und steht zum Teil bereits kurz vor dem Eintritt in den Ruhestand. Europaweit ist der Anteil dieses Anlagetyps mit 16% deutlich geringer.

#UMRBUCH#Überdurchschnittlich viele Traditionalisten

Aber auch aus dem sparaffinen Segment ist eine Gruppe in Deutschland und Österreich stärker vertreten als im europäischen Durchschnitt. Die „Erklärten Traditionalistinnen“ sind mit 15% die drittgrößte Gruppe in der Region, während sie in Europa mit 12% etwas seltener zu finden sind. Bei diesen Frauen hat die Bewahrung ihrer Lebensweise und Finanzen Priorität. Sie sind nicht bereit, ihre Komfortzone zu verlassen und möchten insbesondere bei der Geldanlage keine Risiken eingehen. Eine andere hierzulande überdurchschnittlich vertretene Gruppe, die der Geldanlage deutlich aufgeschlossener gegenüber steht, ist das Segment „Aktiv und zielgerichtet“ – mit 13% liegt sie in Deutschland und Österreich auf Rang 4.

„Bloß kein Risiko“

Trotz des ausgeprägten Wunschs nach finanzieller Unabhängigkeit und einem sorgenfreien Ruhestand bevorzugt mit 54% insgesamt rund jede zweite Frau in Deutschland und Österreich Anlagen mit geringen oder keinen Wertschwankungen. Dass diese Anlagen niedrigere Erträge abwerfen, akzeptieren sie. Damit sind Deutsche und Österreicherinnen noch weniger risikofreudig als die Frauen in den anderen untersuchten Ländern. Nur jede fünfte Deutsche und Österreicherin bevorzugt Investments, die höhere Renditechancen bieten, aber eben auch mit höheren Risiken verbunden sind. (mh)

Weitere Informationen zu J.P. Morgan Asset Management sind zu finden unter www.jpmorganassetmanagement.de/investinyou.

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Amundi launcht zehn neue ETFs mit Kosten von 0,05%

ETFs gewinnen bei Anlegern zunehmend an Bedeutung. Vor allem die günstigen Kosten überzeugen immer mehr Sparer wie auch professionelle Investoren. Amundi hat nun seine besonders günstige Prime-ETF-Palette um thesaurierende Klassen ergänzt.

Im März 2019 lancierte Amundi mit den Prime ETFs die nach Aussage der Gesellschaft europaweit günstigste ETF-Palette auf Standard-Anlageklassen. Ab sofort sind davon auch thesaurierende Anteilsklassen auf Xetra handelbar. Amundi teilte zudem mit, dass das in Prime ETFs verwaltete Anlagevermögen auf über 1 Mrd. Euro angewachsen ist.

Laufende Kosten von 0,05%

Die neuen Anteilsklassen werden wie ihre ausschüttenden Pendants ebenfalls zu laufenden Kosten von 0,05% p. a. angeboten. Die je fünf Amundi Prime Aktien- und Renten-ETFs wurden als Basisbausteine für ein diversifiziertes Portfolio konzipiert. Sie bilden von Solactive konzipierte Indizes ab und sind physisch replizierend, investieren also in die zugrundeliegenden Indexwerte statt sie über SWAPs abzubilden.

Amundi launcht zehn neue ETFs mit Kosten von 0,05%
Produktangebot stetig weiterentwickeln

„Der Erfolg der Amundi Prime ETFs zeigt, dass die Produkte die Bedürfnisse breiter Anlegerschichten nach günstigen, einfachen und transparenten Anlagebausteinen erfüllen“, kommentiert Fannie Wurtz, Leiterin von Amundi ETF, Indexing & Smart Beta, die Erweiterung der ETF-Palette. Bei der jüngsten Erweiterung soll es aber nicht bleiben. Mit Blick auf die europaweit steigende Nachfrage von Privatanlegern, Vertriebspartnern und Online-Plattformen plant Amundi, das Produktangebot stetig weiterzuentwickeln.“ (mh)

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Das waren 2019 die besten und schlechtesten Fondskategorien

Investmentfonds waren bei Anlegern im vergangenen Jahr sehr gefragt. Der Fondsverband BVI zeigt in der aktuellen Wertentwicklungsstatistik, mit welchen Fondskategorien die Anleger 2019 am besten gefahren sind – und mit welchen eher nicht.

Der Fondsverband BVI hat seine aktuelle Wertentwicklungsstatistik veröffentlicht. Beste Fondsgruppe waren 2019 demnach Aktienfonds Europa mit einer Wertentwicklung von 26,1%. Dicht dahinter folgen Aktienfonds Deutschland und Aktienfonds global mit durchschnittlichen Wertzuwächsen von 25,4 bzw. 25,1%. Das starke Aktienjahr runden Aktienfonds Emerging Markets mit einem Durchschnittsergebnis von 20,1% ab.

Aktienfonds auch langfristig vorn

Auch auf Sicht von zehn Jahren dominieren Aktienfonds. Innerhalb eines Jahrzehnts haben globale und deutsche Aktienfonds den Wert mehr als verdoppelt, europäische legten immerhin um 91% zu. Pro Jahr entspricht das Renditen von 6,7 bis 8,2%. Auf Sicht von 30 Jahren liegt die Durchschnittsrendite von Aktienfonds laut dem BVI zwischen 4,9% bei europäischen Fonds und 6,6% bei globalen Fonds.

Unterschiedliches Bild bei Rentenfonds

Bei den Rentenfonds macht das Zinsumfeld vor allem Produkten zu schaffen, die auf Kurzläufer setzen. Sie kamen 2019 lediglich auf 1,0 (Europa) bis 2,7% (global). Am besten schnitten im vergangenen Jahr noch Rentenfonds ab, die in den Emerging Markets investieren. Für diese Kategorie weist der BVI ein Plus von 9,5% aus. Dicht dahinter folgen Corporate Bonds mit einem Jahresplus von 9,4%.

Euro-Geldmarktfonds im Minus

Mischfonds liegen erwartungsgemäß zwischen den Performances von Aktien- und Rentenfonds und schnitten 2019 umso besser ab, je höher das Aktiengewicht ist. So erzielten Mischfonds aktienbetont, global im vergangenen Jahr ein Plus von 17,3% während die rentenbetonten Pendants lediglich auf 7,9% kamen. Einzige Kategorie mit einem absoluten Minus waren derweil Euro-Geldmarktfonds. Für sie weist der BVI ein Minus von 0,4% aus. Auf Sicht von fünf Jahren steht sogar ein Minus von 1,7% zu Buche. Deutlich besser sieht die Bilanz von Immobilienfonds aus. 2019 verbuchten sie ein durchschnittliches Plus von 3,2%. In den letzten fünf Jahren legten sie um 17,0% zu. (mh)

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Ab 1 Euro am Tag: Neuer Kindersparplan von quirion

Mit einem neuen Kindersparplan können Kunden bei quirion ab 1 Euro pro Tag und ohne Mindestanlage sparen. Die ersten 10.000 Euro können komplett kostenfrei angelegt werden. Zudem stehen zehn unterschiedliche Strategien zur Auswahl.

quirion, die digitale Geldanlage der Quirin Privatbank, hat ein neues Produkt lanciert, mit dem Eltern und Großeltern für ihre Kinder und Enkelkinder sparen können. Wer für seine Kinder oder Enkelkinder sparen möchte, kann das bei quirion ab jetzt schon ab 1 Euro pro Tag und ohne Mindestanlage tun. Mit einer monatlichen Sparrate ab 30 Euro und ohne Mindestanlagesumme kann mit dem Kindersparplan von quirion gezielt Vermögen für den Nachwuchs aufgebaut werden.

Angebotslücke gefüllt

„Eltern und Großeltern haben oft den Wunsch, für die Zukunft ihrer Kinder und Enkel finanziell vorzusorgen“, erläutert Martin Daut, CEO der quirion AG. „Leider mangelt es bisherigen Angeboten wie Spar- oder Tagesgeldkonten, Schutzbriefen und Juniordepots entweder an der notwendigen Flexibilität oder einer angemessenen Ertragskraft, oder sie sind schlichtweg viel zu teuer.“ Der quirion-Kindersparplan ändere das.

Bis 10.000 Euro komplett kostenfreie Verwaltung

Die ersten 10.000 Euro werden im Regularpaket komplett kostenfrei verwaltet. Das Geld wird breit gestreut und kostengünstig in Asset-Klassenfonds und ETFs investiert. Anleger haben entsprechend ihrem persönlichen Risikoprofil die Wahl zwischen zehn Vermögensverwaltungsstrategien mit einem variierenden Aktien- und Anleihenanteil. Auch eine Investition in eine nachhaltige Strategie ist möglich, ebenso zusätzliche Ein- und Auszahlungen. (mh)

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Union Investment startet zwei neue Fonds

Union Investment hat zwei neue Fonds vorgestellt. Der „UniAusschüttung Konservativ“ ist ein global investierender Multi-Asset-Fonds. Der „UniNordamerika XS“ investiert hingegen in nordamerikanische Unternehmen aus der zweiten Reihe.

Union Investment bietet mit dem „UniAusschüttung Konservativ“ und dem „UniNordamerika XS“ zwei neue Fonds an. Mit dem „UniAusschüttung Konservativ“ ergänzt die Fondsgesellschaft das Produktkonzept des „UniAusschüttung“ um eine konservative Variante, um dem Wunsch vieler Anleger nach regelmäßigen und planbaren Ausschüttungen entgegen zu kommen. Der „UniNordamerika XS“ erweitert das bestehende Angebot an Small- und Mid-Cap-Fonds.

Regelmäßige Ausschüttungen

Der „UniAusschüttung Konservativ“ wurde insbesondere vor dem Hintergrund des anhaltenden Niedrigzinsumfelds aufgelegt. Er soll in möglichst vielen Marktphasen attraktive Erträge erzielen und diese vierteljährlich ausschütten. Er kann dabei unterschiedliche Ausschüttungsquellen nutzen, zum Beispiel Zinsen, Dividenden oder Optionsprämien. Sein Anlageschwerpunkt liegt auf internationalen Aktien und Anleihen sowie Fremdwährungen. Ein Teil des Fondsvermögens wird in führende Unternehmen angelegt, die eine hohe und nachhaltige Dividendenpolitik aufweisen.

Fonds für risikoscheue Anleger

Der UniAusschüttung Konservativ eignet sich laut Union Investment für risikoscheue Anleger, die im derzeitigen Umfeld niedriger Zinsen eine rentierliche Geldanlage mit regelmäßigen Ausschüttungen wünschen, um beispielsweise die staatliche Rente zu ergänzen. Ihr Anlagehorizont sollte dabei mindestens vier Jahre oder länger sein und sie sollten mäßige Risiken in Kauf nehmen. Aber auch für Anleger, die nach einer Beimischung zur Diversifikation des Depots suchen oder einen größeren Geldbetrag – zum Beispiel aus fälligen Lebensversicherungen und Erbschaften – anlegen möchten, stelle der Fonds eine sinnvolle Anlagelösung dar.

Nordamerikanische Aktien aus der zweiten Reihe

Der UniNordamerika XS legt in nordamerikanische Unternehmen an, die eine verhältnismäßig geringe Marktkapitalisierung aufweisen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Aktien und aktienähnlichen Papieren von Emittenten mit Sitz in den USA oder in Kanada. Eine Währungsabsicherung ist für den Fonds nicht vorgesehen. Der MSCI North America SMID Cap Index dient als Vergleichsmaßstab für das Portfolio, wobei das Fondsmanagement die Aktienauswahl und -gewichtung auch unabhängig davon tätigen kann mit dem Ziel, dessen Wertentwicklung zu übertreffen.

Portfolio aus 40 bis 80 Aktien

„Nach eingehender fundamentaler Analyse werden solche Unternehmen ins Portfolio aufgenommen, die über ein qualitativ hochwertiges Geschäftsmodell verfügen, eine attraktive relative Bewertung sowie eine nachhaltige fundamentale Veränderung im Geschäftsverlauf aufzeigen“, erläutert Portfoliomanager Marco Schneider den Investmentansatz. Darüber hinaus habe er die Möglichkeit, in Einzelwerte von einer hausinternen Stock-Picking-Liste zu investieren, die die nach Meinung des Aktienteams von Union Investment 20 besten nordamerikanischen Small- und Mid-Caps enthält. Im Ergebnis setzt sich der Fonds aus etwa 40 bis 80 Positionen zusammen, die im Portfolio unterschiedlich hoch gewichtet werden. (mh)

Bild: © ipoba – stock.adobe.com

 

Wie gefährlich ist das Coronavirus für die Finanzmärkte?

Das Coronavirus ist bisher vor allem ein chinesisches Problem. Dennoch geht auch hierzulande die Angst um. Auch Anleger beschäftigt die Angst vor einer neuen Pandemie. Auch zahlreiche Investmentexperten haben sich bereits zur Gefahr geäußert, die von dem Virus für die Finanzmärkte ausgeht.

Das Coronavirus hat die chinesischen Börsen zum Beben gebracht. Die chinesischen Leitindizes gaben zum Handelsstart am Montag um rund 8% nach. Es waren die größten Verluste seit der Börsenkrise 2015 in China. Und da China längst eine große Bedeutung für die Weltwirtschaft hat, stellen sich auch hierzulande Anleger vermehrt die Frage, welche Gefahren vom Coronavirus für die Finanzmärkte ausgehen. Die Mehrheit der Investmentexperten reagiert bisher relativ gelassen.

Begrenzte volkswirtschaftliche Konsequenzen

Das gilt auch für Dr. Bernd Meyer, Chefstratege Wealth and Asset Management bei Berenberg. Er geht davon aus, dass die volkswirtschaftlichen Konsequenzen des Coronavirus begrenzt sein dürften. „Die Entwicklung des Coronavirus überschattet die aktuelle Unternehmensberichtssaison und wird die Märkte auch in den nächsten Tagen in Bann halten. Beginnt jedoch die Ansteckungsrate deutlich abzunehmen, dürfte eine Erholungsrally zeitnah einsetzen“, so Meyer. Insbesondere bei zyklischeren Positionen könnte die derzeitige Verunsicherung eine Kaufgelegenheit darstellen.

Aus Anlegersicht eher Chancen

Auch Soo Nam NG, Leiter asiatische Aktien bei Columbia Threadneedle, rechnet damit, dass das Coronavirus eher ein lokales Problem darstellt, das zwar das Wirtschaftswachstum in der zentralchinesischen Stadt Wuhan im erste Quartal 2020 dämpfen dürfte, aus Anlegersicht jedoch Chancen biete. Um die Dauer der Epidemie und mögliche Folgen für die Kapitalmärkte abzuschätzen, lohnt nach Ansicht des Experten von Columbia Threadneedle ein Blick auf die Erfahrungen mit dem SARS-Virus vor einigen Jahren. Dieses sei im November 2002 ausgebrochen und im Juli 2003 wieder gebannt gewesen. „Der MSCI China Index erreichte sein Tief jedoch schon am 24.04.2003, als die negativen Schlagzeilen ihren Höhepunkt erreichten“, erläutert Soo Nam NG. „Darauf folgte eine Rally um 36,8% bis zum 09.07.2003, als die Weltgesundheitsorganisation WHO das Virus für gebannt erklärte.“

Märkte haben sich an Krankheitsausbrüche gewöhnt

Martin Stürner, Fondsmanager des PEH EMPIRE Fonds, sieht ebenfalls keinen Grund zur Panik. Die Wahrscheinlichkeit sei groß, dass die Folgen des Coronavirus für die Weltbörsen sehr moderat ausfallen werden. Auch Stürner verweist auf die Reaktion der Börsen auf frühere Epidemien. Die Börsen gingen damit zunehmend gelassen um. Hatte der US-Aktienmarkt nach dem SARS-Ausbruch innerhalb von zwei Monaten rund 10% an Wert verloren, waren es beim Auftreten der ersten Vogelgrippe im Jahr 2006 nur noch 5%. Auf die Vogelgrippe im Jahr 2013 hätten die Börsen dann sogar praktisch gar nicht mehr reagiert. „Die Märkte und die Marktteilnehmer haben sich in den vergangenen Jahren zunehmend an Phänomene wie SARS und Vogelgrippe gewöhnt. Es wäre deshalb fatal, jetzt übereilt auf die Verkäuferseite zu wechseln“, rät Fondsmanager Stürner zur Gelassenheit.

Einzelne Branchen negativ betroffen

Auch wenn die Märkte insgesamt eine gute Chance haben, mit einer kurzen Schockreaktion davon zu kommen, könnten einzelne Branchen mittelfristig durch das Coronavirus überdurchschnittliche Verluste einfahren. Martin Stürner zählt dazu zyklische Aktien, wie den Luxus-Konsumgüterbereich, aber auch die Luftfahrt- und Touristikbranche. Weitgehend unbeeindruckt vom Coronavirus dürften hingegen nach Erwartung von Stürner Technologietitel bleiben. „In der digitalen Welt spielen medizinische Viren keine wirkliche Rolle“, fasst Stürner seine Brancheneinschätzung zusammen.

Exogener Schock kann Dynamik an den Aktienmärkten zerstören

Skeptischer beurteil Richard Flax, Chief Investment Officer beim digitalen Vermögensverwalter Moneyfarm, die Folgen der Ausbreitung des Coronavirus für die Anleger. Ihm zufolge gibt es zwei Möglichkeiten, wie sie sich auf die Kapitalmärkte auswirken kann. „Da ist zunächst die Variante, dass sich die Erkrankung zu einer globalen Pandemie entwickelt, die von unseren derzeitigen Beständen an Antibiotika nicht verhindert werden kann. Dies wird negative Folgen für riskantere Vermögenswerte haben, wobei sich die Frage stellt, ob es unter diesen Umständen noch jemanden interessieren wird“, so Flax.

Gedämpftes Wachstum

Die zweite Möglichkeit sei die dämpfende Wirkung für das Wachstum. Schon 2019 habe die Entwicklung der Unternehmensgewinne enttäuscht. Die Bewertungen seien dessen ungeachtet aber weiter gestiegen. „Um diese Niveaus zu rechtfertigen, wäre also in diesem Jahr ein stärkeres Wachstum von Wirtschaft und Unternehmensgewinnen nötig“, meint Flax. „Aber selbst Optimisten sind sich derzeit weitgehend einig, dass das globale Wachstum weiterhin vergleichsweise zerbrechlich ist.“ Genau hier komme das Coronavirus ins Spiel.

Signifikante Auswirkungen auch ohne Millionen toter Menschen möglich

„Breitet sich die Erkrankung weiter aus und unternehmen die Regierungen zusätzliche Schritte zur Eindämmung, könnte dies zu Verhaltensänderungen bei Verbrauchern und Unternehmen führen – in China und darüber hinaus“, sagt Flax. Weniger Shopping-Touren, stornierte Urlaube, weniger Geschäftsreisen – die Reihe ließe sich fast beliebig fortsetzen. Je länger diese Zurückhaltung andauert, desto größer seien die Auswirkungen auf das globale Wachstum. „Das Coronavirus muss also nicht Millionen von Menschen töten, um einen signifikanten Einfluss auf die Kapitalmärkte zu haben. Die Ausbreitung muss nur monatelang anhalten und das Verhalten von Verbrauchern und Unternehmen ändern“, erläutert der Moneyfarm-CIA. Aktuell sieht aber selbst Flax noch keinen wirklichen Handlungsbedarf.

„Beobachten die Auswirkungen aufmerksam“

Mit Michael Hasenstab vom Templeton Global Macro Team hat sich auch einer der bekanntesten Fondsmanager der Welt mit den Auswirkungen des Coronavirus und der Positionierung für mögliche Marktschocks beschäftigt. Der Experte beobachtet aufmerksam die Auswirkungen des Ausbruchs eines neuen Coronavirusstamms in China und anderen Teilen der Welt auf die globalen Finanzmärkte.

Erinnerung an Folgen unerwarteter Ereignisse

„Wir haben bereits erhebliche Schwankungen bei verschiedenen Risikoanlagen gesehen. Sie sind eine deutliche Erinnerung daran, dass ein unerwartetes Ereignis jederzeit eintreten kann und dass eine Portfoliodiversifizierung von entscheidender Bedeutung ist, insbesondere dann, wenn die Märkte insgesamt hoch bewertet sind“, meint Hasenstab.

Überschaubare Langzeitfolgen

Insgesamt scheine es zu diesem Zeitpunkt weniger wahrscheinlich, dass sich das Virus zu einer globalen Pandemie entwickele, wie dies 2003 bei SARS der Fall war. Zwar könnte sich die Situation in naher Zukunft noch verschlimmern. Doch während die menschlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen eines Virusausbruchs kurzfristig schwerwiegend sein können, sind Langzeitfolgen laut Hasenstab tendenziell überschaubar. Die Finanzmärkte reagieren aber sehr sensibel, allen voran überbewertete Anlageklassen.

Erhöhte globale Risiken

Insgesamt sieht Hasenstab aktuell allerdings erhöhte globale Risiken und hat seine Portfolios entsprechend aufgestellt. „Die Ereignisse Anfang 2020 haben bereits die potenziellen Krisenherde auf der ganzen Welt aufgezeigt, einschließlich der eskalierenden Spannungen im Iran und im Nahen Osten. Wir glauben, dass sich die Anleger auf den Aufbau von Portfolios konzentrieren müssen, die nicht mit den allgemeinen Marktrisiken korrelieren“, so Hasenstab. (mh)

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