AssCompact suche
Home

Investment

In Zukunft mehr ELTIFs am Markt: Potenzial für Berater?

Im Januar 2024 ist die neue EU-Verordnung zum European Long-Term Investment Fund, ELTIF, in Kraft getreten, die diesen auch für Privatanleger attraktiver machen könnte. Moventum und Schroders Capital gehen von einer steigenden Popularität derartiger Produkte aus und bereiten sich zusammen darauf vor.

Bereits seit 2015 gibt es den European Long-Term Investment Fund, kurz ELTIF. Diese Art von Investmentfonds soll Privatanlegern ermöglichen, auch in Anlageklassen jenseits der Börse zu investieren. Darunter fallen bspw. Private Equity, Infrastrukturprojekte wie Windparks, Strom- und Glasfaserleitungen, Immobilien oder Private Debt. Die Realwirtschaft wiederum erhält über ELTIFs Mittel für langfristige Investitionen.

Bislang waren die Auflagen für den Vertrieb und die Anlage in derartige Produkte eher restriktiv. Doch vonseiten der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) ist am 10.01.2024 eine neue ELTIF-Verordnung in Kraft getreten. Der ELTIF-Vertrieb sowie die Anlage in derartige Fonds sollte somit einfacher werden, weswegen sich in den vergangenen Monaten immer mehr Fondsgesellschaften stärker in Richtung ELTIF positioniert haben und auch schon eigene Produkte gelauncht haben, so z. B. Schroders und Aquila Capital.

Moventum steigt mit Schroders in ELTIF-Markt ein

In einer Pressemitteilung verkündet nun auch die Investmentplattform Moventum eine Zusammenarbeit mit Schroders Capital, um den ELTIF-Markt vermehrt zu erschließen. Michael Patzelt, Head of Sales für die DACH-Region bei Moventum, rechnet aufgrund der neuen Verordnung mit einer steigenden Attraktivität von ELTIFs für Privatanleger und erwartet daher ein deutliches Wachstum in diesem Markt.

Im Vergleich zu börsennotierten Investments waren ELTIFs bisher relativ illiquide, da sie nicht börsentäglich gehandelt werden. Doch seit Januar können die Haltefristen und Regeln für die Rückgabe der Fondsanteile je nach Produkt unterschiedlich ausgestaltet werden. Laut Patzelt soll es sogar tägliche Rückgabemöglichkeiten geben, aber auch klare Liquiditätsvorgaben. Dem Privatanleger würde sich somit das „Tor zu überdurchschnittlichen Renditen“ öffnen – auch jenseits der Renditen, die gewöhnlich an der Börse erzielt werden.

Neue Investitionsregeln für ELTIFs

Mit den neuen Regeln hat sich auch die Quote für zulässige Anlageformen geändert, die von 70% auf 55% gesenkt wurde. Darüber hinaus ändern sich die Diversifizierungsquoten. Ein einzelner Sachwert darf nun 20% des Gesamtportfolios statt wie bisher 10% ausmachen. Die zulässige Fremdkapitalquote für Produkte, die an nicht-professionelle Anleger vertrieben werden, wurde ebenso von 30% auf 50% erhöht. Dachfonds sind ebenfalls möglich.

Bislang mussten Kleinanleger bei der Investition in ELTIFs mindestens 10.000 Euro darin anlegen. Dieser Mindestanlagebetrag entfällt nun, genauso die Vorgabe, nur 10% ihres Geldes in ELTIFs investieren zu dürfen. Mit dieser Grenze verbunden war eine Vermögensprüfung, die nun ebenso abgeschafft ist wie eine separate Geeignetheitsprüfung. Diese Auflockerung führe laut Patzelt zu einer Demokratisierung für ELTIFs, die derartige Fonds für Personen mit geringeren Anlagesummen zugänglich machen und sie somit quasi demokratisieren würden. Mittelfristig rechnet Patzelt mit einer Verdopplung der Zahl der angebotenen ELTIFs.

ELTIFs würden dann unterschiedlich strukturiert sein, verschiedene Laufzeiten haben, andere Kündigungsfristen oder Rücknahmezeitpunkte. Patzelt ist als Vertriebschef somit optimistisch, was die zukünftige Entwicklung von ELTIF-Produkten angeht: „Durch das breite Anlagespektrum kann der ELTIF in Zukunft eine Alternative zu anderen Fonds unter anderem im AIFM-Bereich darstellen.“

Ob in Zukunft auch Finanzberater von der neuen ELTIF-Verordnung profitieren können, steht in den Sternen. Klar ist aber, dass auch deren Kunden nun kleinere Hürden zu überwinden haben, wenn es darum geht, in ELTIFs zu investieren, weswegen es Beratern regulatorisch leichter gemacht werden dürfte, ihren Kunden solche zu empfehlen. (mki)

Bild: © Olivier Le Moal − stock.adobe.com

 

Neue Zinswelt: Die Gesamtanlage im Blick behalten

Bonds are back – die Zinswende hat für die erneute Attraktivität von Anleihen als Anlageklasse gesorgt. Wie wird sich die Lage weiterentwickeln und inwiefern sollte man die inverse Zinskurve in Betracht ziehen? Ivan Domjanic von M&G Investments gibt einen Einblick, wie man sich am Anleihenmarkt positionieren sollte.

Ein Artikel von Ivan Domjanic, Kapitalmarktstratege DACH-Region bei M&G Investments

Nach dem Debakel an den Anleihemärkten im Jahr 2022 folgte im laufenden Jahr die Erholung. So konnten sich europäische Staatsanleihen beispielsweise insgesamt positiv entwickeln und zumindest einen Teil der Verluste seit Anfang 2022 wieder ausgleichen. Positiv hervorzuheben waren bislang auch Unternehmensanleihen und hier vor allem solche aus dem Hochzinssegment, das in der Regel stärker auf die Konjunkturlage reagiert als Papiere von Investment-Grade-Emittenten.

Überraschend stabile Konjunktur

Ein wesentlicher Grund für die solide Entwicklung der risikoreicheren Anleihesegmente wie etwa der Hochzinsanleihen liegt darin, dass die Konjunktur in den USA bislang trotz der deutlich gestiegenen Finanzierungskosten überraschend stabil geblieben ist. Zwar ist die jüngste Datenlage für Europa nicht ganz so positiv, allerdings scheint die Abkühlung bislang auch hier relativ milde auszufallen. Die Stabilität dürfte unter anderem auf die fiskalpolitische Unterstützung und die Ersparnisse aus der Zeit der Covid-Pandemie zurückzuführen sein. Es ist jedoch alles andere als sicher, dass diese beiden Aspekte auch in Zukunft die Konjunktur weiter antreiben werden. Hinzu kommt die Tatsache, dass steigende Zinsen ihre volle Wirkung in der Regel erst mit einiger Verzögerung entfalten. Das wirtschaftliche Umfeld bleibt daher mit Unsicherheiten behaftet.

Vor diesem Hintergrund stellt sich für Anleger nun die Frage, wie sie aktuell bei Anleihen agieren sollten.

Duration statt Cash

Eine Besonderheit am Anleihemarkt ist derzeit die inverse Zinsstrukturkurve: Anleger erhalten bei kurz laufenden Anleihen wie z. B. Geldmarktpapieren höhere Zinsen als bei solchen mit langen Laufzeiten. Viele Anleger fühlen sich daher im Geldmarktbereich sehr wohl, denn die Verzinsung ist durchaus attraktiv – bei einem Risiko, das gegen Null geht.

Das ist aus unserer Sicht jedoch zu kurz gedacht, denn Anleger sollten immer die Gesamtstruktur ihres Portfolios berücksichtigen. Zwar bieten Anleihen mit längeren Laufzeiten wie beispielsweise zehnjährige deutsche Bundesanleihen oder US-Treasuries eine niedrigere Verzinsung als Geldmarktinstrumente, das Chance-Risiko-Verhältnis der längeren Duration dieser Anleihen hat sich in den letzten zwei Jahren aber deutlich verbessert.

Sie können für den Fall, dass sich die Konjunktur stärker abkühlt als derzeit erwartet, eine sinnvolle Absicherung gegen Kursrückgänge am Aktienmarkt sein. Zwar ist auch nicht ausgeschlossen, dass die Renditeniveaus am langen Ende noch etwas weiter steigen. In Anbetracht des voraussichtlichen Endes des Zinserhöhungszyklus dürfte das weitere Anstiegspotenzial nach M&G-Einschätzung jedoch relativ begrenzt sein, zumindest solange sich die Inflation weiterhin in Richtung der 2%-Marke bewegt. Denn ein deutlicher Anstieg der Renditeniveaus ohne einen plötzlichen Inflationsschub könnte für die Realwirtschaft erhebliche Konsequenzen haben. Ein erneutes Einschreiten der Zentralbanken wäre in einem solchen Szenario zu erwarten.

Hinzu kommt der mittlerweile attraktive Kupon, der die potenziellen Kursverluste im Falle weiter steigender Renditeniveaus ausgleichen oder zumindest abfedern kann. Sollten andererseits aber die Ablaufrenditen von zehnjährigen US-Treasuries beispielsweise um 100 Basispunkte sinken, was im Falle einer Rezession alles andere als unwahrscheinlich wäre, dann würde nach einem Jahr zusammen mit dem Kupon ein zweistelliges Plus winken. Bei noch stärker sinkenden Renditeniveaus wären theoretisch aktienähnliche Gewinne denkbar. Längere Laufzeiten bei Anleihen bzw. eine längere Duration als Absicherung gegen negative Szenarien und fallende Aktienmärkte erscheinen daher derzeit aus Gesamtportfolioperspektive sinnvoll.

Mehr Selektivität bei Unternehmensanleihen

Die Ablaufrenditen von Unternehmensanleihen sind derzeit attraktiv wie lange nicht mehr. So bieten Investment-Grade-Anleihen in Euro aktuell rund 4%, Hochzinsanleihen sogar rund 7%. Entscheidend für die Beurteilung, ob Unternehmensanleihen attraktiv bewertet sind oder nicht, ist jedoch nicht die Ablaufrendite allein, sondern vor allem die Credit Spreads, also die Risikoaufschläge, die Anleger für das zusätzliche Ausfallrisiko von Unternehmensanleihen erhalten. Bezogen auf die globalen Indizes für Unternehmensanleihen liegen die Spreads sowohl bei Investment-Grade-Titeln als auch im Hochzinssegment etwas tiefer als im Durchschnitt der vergangenen 20 Jahre.

Positiv zu bewerten ist dabei, dass vor allem im Investment-Grade-Segment die Bilanzen der Unternehmen gesund aussehen. Viele haben die Niedrigzinsphase vor über zwei Jahren genutzt, um sich längerfristig zu refinanzieren. Diese Unternehmen sollten daher genügend Zeit haben, um ihre Bilanzen auf ein künftiges Szenario mit längerfristig erhöhten Finanzierungskosten auszurichten. Die Ausfallraten sollten somit relativ überschaubar bleiben. Bei Hochzinspapieren könnte es dagegen vor allem ab 2025 für einige hoch verschuldete Unternehmen etwas turbulenter werden, denn dann beginnen die ersten großen Refinanzierungswellen.

Investoren sollten daher bei Unternehmensanleihen selektiv vorgehen und nach Einzeltiteln suchen, deren Spreads den Anleger selbst für möglicherweise steigende Ausfallrisiken im Falle einer weltweiten Rezession komfortabel entschädigen. Auch wenn der Markt insgesamt im Vergleich zur Historie etwas überbewertet erscheint, sind solche Anleihen durchaus noch zu finden. Anleihen zwischen Investment Grade und High Yield, also mit BBB- und BB-Rating, sind hier am interessantesten. Außerdem bevorzugen wir derzeit Emittenten aus defensiven Sektoren, die weniger stark vom Wirtschaftszyklus abhängig sind.

In diesem schnelllebigen Umfeld mit vielen Unsicherheiten ist außerdem entscheidend, flexibel zu bleiben und schnell auf sich verändernde Marktbedingungen reagieren zu können. Ist das gegeben, dann dürften sich in den kommenden Jahren aus unserer Sicht für aktive Investoren durchaus attrak­tive Renditen am Anleihemarkt erzielen lassen.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 01/2024 und in unserem ePaper.

Bild: © Pixel-Shot – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Ivan Domjanic

Markt-Timing-Strategien laut Studie selten erfolgreich

Für viele Investoren ist es reizvoll, den Markt über die richtigen Ein- und Ausstiegszeitpunkte zu schlagen. Tatsächlich gibt es eine große Menge solcher „Markt-Timing-Strategien“. Wie jedoch eine aktuelle Analyse von Dimensional Fund Advisors zeigt, sind diese Strategien langfristig selten erfolgreich.

„Time in the market beats timing the market“ lautet ein bekannter Börsenspruch. Dahinter steckt der Gedanke, dass es beim Investieren am Kapitalmarkt nicht etwa darauf ankommt, zum richtigen Zeitpunkt billig zu kaufen und wieder zum richtigen Zeitpunkt teuer zu verkaufen, sondern auf einen langfristigen Anlagehorizont zu setzen, währenddessen sich das Vermögen aufbaut und die Anlagen an Wert gewinnen. Der Einstiegszeitpunkt in den Markt ist dabei zweitrangig.

Die US-amerikanische Investmentgesellschaft Dimensional Fund Advisors hat in einer jüngst veröffentlichten Analyse untersucht, wie viel Wahrheit hinter der Weisheit steckt. Dimensional zeichnet sich bei seinen Investitionsentscheidungen durch einen finanzwissenschaftlichen Ansatz aus, bei dem wissenschaftliche Forschungsergebnisse in Anlagestrategien umgesetzt werden sollen. Und die Studie legt nahe, dass die alte Börsenweisheit nicht nur ein Spruch ist, sondern sich auch in der Realität bewahrheitet: Markt-Timing-Strategien sind langfristig selten erfolgreich und mit mehr Risiken als Chancen behaftet.

Untersuchung von Markt-Timing-Strategien

Das Problem an solchen Markt-Timing-Strategien, so Dimensional, sei die Ungewissheit im Vorhinein darüber, in welche Richtung die Märkte laufen. Aus diesem Grund würden Anleger immer wieder nach Signalen suchen, die darauf hindeuten, wie sich der Markt oder bestimmte Faktorprämien wie Value, Unternehmensgröße oder Momentum weiterentwickeln werden.

Um herauszufinden, ob derartige Markt-Timing-Strategien verlässlich funktionieren und eine dauerhafte Mehrrendite gegenüber dem Markt erzielen, haben Wei Dai, Leiterin Investment Research, und Senior Associate Audrey Dong, beide von Dimensional Fund Advisors, insgesamt 720 Markt-Timing-Strategien, die auf die Aktienmarkt-, Größen-, Value- und Profitabilitätsprämien abzielen, angesehen und einen Backtest gemacht. Beim Backtesting werden Strategien oder Modelle auf historische Daten angewendet, um zu überprüfen, ob bestimmte Vorhersagen auch tatsächlich eingetreten sind – eine gängige Praxis bei der Untersuchung der Kapitalmarktentwicklung.

Nur wenige Markt-Timing-Strategien funktionieren

Das Ergebnis der Studie scheint vernichtend: Nur 30 bzw. 4,2% der Strategien konnten eine zuverlässige Outperformance gegenüber einem Buy-and-hold-Investment in die genannten Prämien liefern. Am besten schnitt laut Dimensional eine Strategie ab, die darauf ausgelegt war, die Aktienmarktprämie zu timen, indem sie zwischen Aktien und kurzfristigen US-Staatsanleihen wechselte. Da sie während der Marktabschwünge in den Jahren 2001, 2008 und 2022 zum richtigen Zeitpunkt auf festverzinsliche Wertpapiere gesetzt hatte, übertraf die Strategie ein Buy-and-hold-Marktportfolio im Zeitraum zwischen 2001 und 2022 um 5,5% pro Jahr.

Gewählte Parameter sind entscheidend

Um herauszufinden, ob es tatsächlich möglich ist, verlässlich die richtigen Ein- und Ausstiegszeitpunkte zu finden, haben sich Wei Dai und Audrey Dong genauer angesehen, wie die Timing-Strategie mit der besten Wertentwicklung genauer funktioniert hätte. Demnach nutzte eine solche Strategie das aktuelle Bewertungsniveau, um die Aktienmarktprämie in entwickelten Märkten außerhalb der USA zu timen. „Das heißt, am Ende eines jeden Kalenderjahres verglich die Strategie das aktuelle Kurs-Buchwert-Verhältnis des Marktes mit seiner historischen Verteilung über den letzten rollierenden Zehnjahreszeitraum“, so Wei Dai. „Wenn das Kurs-Buchwert-Verhältnis das oberste 20. Perzentil der historischen Verteilung übertraf, stieg die Strategie aus dem Aktienmarkt aus und ging in einmonatige Staatsanleihen.“ Lag das Kurs-Buchwert-Verhältnis unter dem 50. Perzentil seiner historischen Verteilung, wechselte die Strategie wieder zurück in das Aktienmarktportfolio.

Entscheidend sei es, wie die Untersuchung zeigt, die genannte Kombination von Parametern zu verwenden: das Timing-Signal (das Bewertungsniveau), die Prämie (Aktienmarkt), die Region (entwickelte Märkte außerhalb der USA), die Häufigkeit der Portfolioanpassung (jährlich), die verwendete historische Verteilung (rollierende Zehnjahreszeiträume) sowie beide Schwellenwerte (20. und 50. Perzentil). Auch wenn nur ein einziger Parameter verändert wird, würde die Überschussrendite der Strategie um mehr als die Hälfte reduziert werden, so Dai. Auch sei dieselbe Strategie nicht wirksam beim Timing des Aktienmarkts in anderen Regionen oder beim Timing anderer Prämien in derselben Region.

Erfolgreiches Markt-Timing nicht wahrscheinlich

Insgesamt seien die Chancen auf ein erfolgreiches Markt-Timing also nicht hoch, fasst Dai die Ergebnisse zusammen. Die unterdurchschnittliche Performance der allermeisten Timing-Strategien sei ein Hinweis auf die potenziell hohen Opportunitätskosten, die ein falsches Timing von Prämien hätten. Um die Chancen zu verbessern, die genannten Prämien am Aktienmarkt zu vereinnahmen, rät Dai, auf Timing-Versuche zu verzichten und stattdessen wissenschaftlich fundiert und mit einer langfristigen Strategie ohne häufige Wechsel zu investieren. (mki)

Bild: © AREE – stock.adobe.com

 

Zinsdiskussion dominiert den Fondskongress 2024

Am 24. und 25.01.2024 hat sich wieder der Fondskongress im Mannheimer Congress Center Rosengarten zusammengefunden. Das zentrale Thema war schnell klar: die Zinsen, und vor allem die Frage, wann und wie stark sie sinken werden.

Die Wirtschaftslage ist nach wie vor keine einfache: Die Zinswende hat viele Unsicherheiten in den Markt gebracht, aber auch für die Rückkehr der Anleihen gesorgt. 2024 ist Wahljahr in den Vereinigten Staaten, auf deren geopolitische Auswirkungen auch aus Investmentsicht geblickt wird. Und nicht zu vergessen: Nach der Zinserhöhung ist auch (früher oder später) vor der Zinssenkung.

Informiert wurde in 15 Sälen auf drei Stockwerken über viele Themen: Multi-Asset, Anlage in Krisenzeiten, nachhaltige Kapitalanlagen, ETFs und mehr. Doch das Zinsthema war allseits dominant, allem voran die Frage: Wann kommen wie viele Zinssenkungen? Dieser widmete sich auch Axel Weber, der ehemalige Präsident der Deutschen Bundesbank und ehemalige Verwaltungsratspräsident der UBS, in seinem Vortrag, mit dem er am Mittwoch um 9 Uhr den Kongress eröffnete.

Niedrigzinsen als Haupttreiber

Zentral verantwortlich für den Verlauf des Kapitalmarkts in den Jahren nach der Finanzkrise war für Weber zweifelsohne die Geldpolitik der Zentralbanken. Insbesondere in den Jahren des Niedrigzinses sei dieser Haupttreiber für die Aktienmärkte gewesen – so sehr, dass es kaum eine Alternative zu Aktien gegeben habe. Durch den starken Anstieg der Inflation sei dieser Antrieb jetzt jedoch nicht mehr vorhanden.

Positiv sei für Weber allerdings zu bewerten – und dies dürfte auch eine relevante Information für alle Finanzberater sein –, dass man aktuell als Anleger „nichts falsch machen“ könne. Aktien und Anleihen koexistieren also derzeit nebeneinander und beide werfen keine schlechten Renditen ab. In den USA lägen die Dividendenrenditen derzeit sogar unter der aktuellen Verzinsung von Bonds und Treasuries.

„Wunschdenken“ bei Zinssenkungserwartungen

In den Markt sind derzeit starke Zinssenkungserwartungen eingepreist, so bestätigt auch Weber. Doch der ehemalige Bundesbank-Präsident lässt an diesen Erwartungen keineswegs ein gutes Haar. Seiner Meinung nach seien diese Erwartungen „Wunschdenken“. Die Notenbanken würden die Zinsen natürlich senken, allerdings nicht „auf“ 1%, sondern „um“ 1%, was ein erheblicher Unterschied sei – diese Aussage löste im Mozartsaal des Congress Centers unter den Besuchern lautes Gelächter aus.

Eine Inflationsrate von 2% p. a. müsse nun wieder dauerhaft etabliert werden. Ein Anheben des Inflationsziels mache keinen Sinn, daher würden die Notenbanken auch keine zu frühen oder zu starken Zinssenkungen vornehmen, auch wenn die Geldpolitik ihren Straffungszyklus beendet habe. Weiterhin seien die Zinsen, so zeige es die Historie, immer dann gesenkt worden, wenn reagiert werden musste – bspw. im Falle einer sich deutlich anbahnenden oder schon eingetretenen Rezession. Doch die Wirtschaft in den USA und in der Eurozone sei derzeit stabil, eine Rezession dürfte also ausbleiben. Dementsprechend gebe es auch keinen Anlass für massive Zinssenkungen, so Weber.

Aktienmärkte im Aufschwung?

Jedoch heiße dies nicht, dass die Aktienmärkte nicht trotzdem wieder stärker nach oben gehen könnten. Denn beim Blick in die Vergangenheit sehe man auch, dass bei einem Ausbleiben von Zinssenkungen die Märkte nicht zwangsläufig verloren haben. Verluste habe es eher dann gegeben, wenn die Zinsen im Rahmen einer Rezession gesenkt wurden.

Jedoch werde ein Aufschwung oder zumindest eine positive Entwicklung am Aktienmarkt eher in der Tiefe sitzen als in der Breite – in erster Linie getrieben von den „Magnificent Seven“, die Tech-Aktien wie Microsoft oder Alphabet. Diese würden die Indizes stark steigen lassen, bedingt durch die Entwicklungen im Bereich künstlicher Intelligenz.

Mehr Private Equity für den Privatanleger?

Ein weiteres Trendthema in der Investmentbranche ist derzeit der potenzielle Aufschwung des European Long Term Investment Funds, kurz ELTIF. Am 10.01.2024 ist auf EU-Ebene für diese bislang für Privatanleger und Berater nur schwer verfügbare Anlagemöglichkeit eine neue, laxere Regulierung in Kraft getreten, die zum einen weniger restriktive Richtlinien für den Vertrieb solcher Produkte aufweist, und zum anderen weniger Einschränkungen für den Anleger vorgibt.

Ein dediziert an Berater gerichteter Vortrag von Senior Vice President von Neuberger Berman, Stefan Becker, und Dr. Andrea Vathje vom Privatize Private Markets Institute behandelte die Chancen und Risiken von der Anlageklasse Private Equity im Kontext der neuen ELTIF-Regulierung „ELTIF 2.0“. Becker klärte in dem Vortrag über „Co-Investments“ auf, über die auch Privatanleger in Private Equity, also in nicht-börsengelistete Unternehmen, investieren können.

Derartige Investitionen können für die Diversifikation eines Portfolios von Vorteil sein, da man sonst auf einen großen Teil des Marktes verzichte, so Becker. Außerdem habe die Performance von Private Equity in der Vergangenheit teils deutlich über der von bekannten Indizes wie dem MSCI World gelegen. Dennoch gebe es einige Risiken bei Private Equity zu beachten. Becker nannte hierbei u. a. die lange Laufzeit, die oft mindestens acht Jahre beträgt, an die man auch gebunden sei, sowie die Tatsache, dass bei Private-Equity-Fonds in der Regel mehrere Jahre bis zur Ausschüttung vergehen. (mki)

 

FondsKonzept profitiert auch von Börsenentwicklung

FondsKonzept konnte 2023 die Assets innerhalb der Unternehmensgruppe um 11% steigern. Das Wachstum beruht vorwiegend auf der guten Entwicklung des Finanzmarkts. Im laufenden Jahr liegt der Fokus auf Digitalisierung sowie der Strukturierung der Maklerbetreuung. Für die Mitarbeitergewinnung kommt TikTok zum Einsatz.

Die FondsKonzept AG hat das abgelaufene Geschäftsjahr 2023 mit einem Bestandswachstum abgeschlossen. Wie der Maklerdienstleister mitteilt, stiegen die Assets nach vorläufigen Zahlen innerhalb des Konzerns in Deutschland und Österreich von 14,5 auf 16,1 Mrd. Euro an. Dies entspricht einem Zuwachs von 11%. Dem Unternehmen spielte dabei auch die gute Börsenentwicklung im vierten Quartal 2023 in die Hände.

Deutlich weniger Mittelzuflüsse, Umsatzerlöse knapp auf Vorjahresniveau

Zudem wurde ein positiver Saldo beim Mittelaufkommen der administrierten Investmentfonds bei den Konzerntöchtern FondsKonzept Investmentmakler GmbH, FinanzAdmin Wertpapierdienstleistungen GmbH und WealthKonzept Vermögensverwaltung AG erreicht. Der Nettomittelzufluss in Deutschland und Österreich betrug zusammengenommen 572 Mio. Euro. Gegenüber dem Vorjahr ist dies ein Rückgang von 39%, was FondsKonzept auf eine hohe Verunsicherung der Verbraucher vor dem Hintergrund der schwierigen Wirtschaftslage zurückführt.

Die Umsatzerlöse fielen etwas niedriger aus als im Vorjahr. Im Investmentbereich liegt das Ergebnis bei 98,3 Mio. Euro, ein Rückgang von 2,9% im Vergleich zum Vorjahr. Deutlich positiver lief das Versicherungsgeschäft. Hier gab es zweistellige Wachstumszahlen: Nach vorläufigen Hochrechnungen liegen die Courtagen für den Bereich des Makler- und Mehrfachagentengeschäfts bei 10,3 Mio. Euro - im Vergleich zu 2023 ist dies ein Plus von 15,7%. Ein Wachstumsträger war zudem auch die im Jahr 2020 gegründete Konzerntochter WealthKonzept Vermögensverwaltung AG, die im Zwölf-Monats-Zeitraum mit ihren Portfolios eine deutliche Bestandsveränderung von 54,3 auf 122,2 Mio. Euro verzeichnete.

Eigener TikTok-Kanal für Personalgewinnung

Im laufenden Jahr will FondsKonzept insbesondere an der digitalen Infrastruktur arbeiten und die Betreuung der angebundenen Vermittler mit einer stärkeren Differenzierung nach Investmentfonds und Versicherungen erweitern. Für den Bereich Baufinanzierungen erfolgt die Betreuung künftig über eine spezialisierte neue Konzerngesellschaft mit dem Namen FinKonzept GmbH.

Auf der Agenda steht auch die Rekrutierung von Fachkräften sowie die Positionierung als attraktiver Arbeitgeber. Hierzu setzt FondsKonzept auch auf die sozialen Medien, seit November vergangenen Jahres auch auf einen TikTok-Kanal namens „Datensalat“. Mit Kurzvideos will man dort interessierten jungen Bewerberinnen und Bewerbern den Arbeitsalltag eines Maklerdienstleisters näherbringen sowie Aufgaben und Prozesse, die für Außenstehende eher unauffällig im Hintergrund laufen, aus ihrer Anonymität holen. Neben Facebook, LinkedIn und Instagram ist dies bereits die vierte Social-Media-Präsenz von FondsKonzept. (bh)

Bild: FondsKonzept-Vorstandsvorsitzender Hans-Jürgen Bretzke ist optimistisch für das Jahr 2024. Quelle: FondsKonzept AG

 

So wollen die Deutschen 2024 ihr Geld anlegen

Eine repräsentative Umfrage der norisbank hat herausgearbeitet, wie die Deutschen im angelaufenen Jahr 2024 mit der Geldanlage verfahren wollen. Vor allem Zinsprodukte konnten ihre Attraktivität im Vergleich zur Vorjahresumfrage steigern.

Zu den Top-Vorsätzen fürs neue Jahr zählen auch, zu sparen und für die Zukunft vorzusorgen. Doch bei diesem Vorsatz gibt es eine Vielzahl an Möglichkeiten, ihn durchzuführen. Wie die Bundesbürger ihre Sparziele erreichen wollen, wollte die norisbank herausfinden und hat hierzu eine Umfrage zusammen mit dem Marktforschungsinstitut INNOFACT AG durchgeführt. Dabei wurden bevölkerungsrepräsentativ nach Alter und Geschlecht 1.061 Personen ab 18 Jahren befragt. Die Online-Befragung wurde Anfang Oktober 2023 durchgeführt.

Zinsprodukte werden beliebter

Klare Verbesserungen im Vergleich zur Vorjahresumfrage zeigen die Zinsprodukte Tagesgeld und Festgeld. 17,6% der Teilnehmer wollen 2024 ihr Geld auf Tagesgeldkonten parken. 2023 waren es nur 12,4%. Beim Festgeld meldeten sich 10,1% der Befragten (2023: 4,4%). Dieser relativ starke Anstieg dürfte nicht überraschend kommen, da sich vor allem im vergangenen Jahr die Zinsangebote auf Tagesgeld- und Festgeldkonten als Folge der Leitzinserhöhungen der Europäischen Zentralbank deutlich verbessert hatten.

Bemerkenswert ist jedoch der Anteil der Befragten, die planen, ihr Geld nach wie vor auf dem unverzinsten Girokonto liegen zu lassen. Mit 15,3% handelt es sich hierbei nämlich um die am dritthäufigsten genannte Wahl zur „Geldanlage“ – der Anteil ist lediglich um 0,5 Prozentpunkte im Vergleich zu 2023 gesunken.

So wollen die Deutschen 2024 ihr Geld anlegen
Platz 1: Aktien, Fonds und ETFs

Börsenprodukte wie Aktien, Fonds und ETFs belegen wie schon im Vorjahr Platz 1 mit 21,4%, mussten allerdings einen Rückgang von 5,8 Prozentpunkten verzeichnen. Laut norisbank zeigen sich hier die Unsicherheiten an den Märkten, die bei der Befragung „deutliche Spuren“ hinterlassen hätten.

Finanzberater dürften jedoch nach wie vor von dem Interesse der Bürger an Aktien, Fonds und ETFs profitieren. Allgemein wird bei der Geldanlage zu längerfristiger Planung und außerdem Risikostreuung geraten, bei der man sich aufgrund von Schwankungen nicht beunruhigen lassen und keine unüberlegten Kauf- oder Verkaufsentscheidungen treffen sollte. (mki)

Bild: © studio v-zwoelf – stock.adobe.com

 

Studie: Aktive Fonds schlagen nur selten ihren Vergleichsindex

Scope Fund Analysis hat die Performance von 2.000 aktiven Aktienfonds im Jahr 2023 miteinander verglichen. Das Ergebnis: Weniger als ein Viertel konnten ihren Vergleichsindex schlagen. Damit ist diese „Outperformance Ratio“ im Vergleich zum Vorjahr deutlich gesunken.

Das Analysehaus Scope Fund Analysis untersucht regelmäßig die Performance aktiver Fonds. Konkret herausgearbeitet wird dabei die „Outperformance Ratio“, die zeigt, wie viele der untersuchten Fonds ihren Vergleichsindex schlagen konnten. Jetzt hat Scope die Untersuchung für das Jahr 2023 veröffentlicht, in der fast 2.000 aktiv gemanagte Aktienfonds aus den acht wichtigsten Peergroups auf Herz und Nieren geprüft wurden.

Zu diesen Vergleichsgruppen zählen u. a. die Regionen Nordamerika, Europa, die Schwellenländer und Deutschland. Laut der Scope-Analyse gelang es nach Kosten lediglich 460 Produkten, eine Outperformance gegenüber dem jeweiligen Index im Jahr 2023 zu erzielen. Das entspricht 23,3% und somit 10 Prozentpunkten weniger als im Vorjahr.

Schwellenländer auf dem Vormarsch

In sieben der acht Kategorien ist die Erfolgsrate gegenüber 2022 zurückgegangen. Nur Aktienfonds für Schwellenländer konnten sich im Durchschnitt steigern, meldet Scope. In dieser Gruppe lag die Outperformance Ratio bei knapp 40%. Damit gelang es den aktiven Schwellenländerfonds, in der aktuellen Auswertung auf Rang 2 vorzurücken, nachdem sie vor zwölf Monaten den drittletzten Platz belegt hatten.

Die höchste Outperformance-Quote hat erneut die Gruppe „Aktien Asien-Pazifik ex Japan“ vorzuweisen. Diese ist aber im Vergleich zum Vorjahr etwas gesunken, von 49,2% auf 45,6%. Legt man bei der Berechnung nicht die Anzahl der Fonds zugrunde, sondern das verwaltete Vermögen, fällt das Ergebnis wiederum noch besser aus. Denn dann liegt die Outperformance Ratio bei knapp 60%. Hintergrund für die konstant gute Leistung der Gruppe ist Scope zufolge die besondere Zusammensetzung des Referenzindex. China hat darin ein Gewicht von mehr als 30%. Weil dessen Aktienmarkt 2023 an Wert verlor, konnten viele Fonds glänzen, die das Reich der Mitte untergewichtet hatten.

Aktien Deutschland enttäuscht

Die Kategorie „Aktien Deutschland“ liefert traditionell eine relativ robuste Outperformance Ratio ab, präsentierte sich 2023 jedoch weniger erfreulich. Sie erreichte mit einer Quote von nur 7,8% den vorletzten Platz – mehr als 30 Prozentpunkte weniger als im Vorjahr. Gründe für die empfindlich gesunkene Erfolgsquote waren die starke Entwicklung einzelner Bluechips, die die Fonds nicht nachvollziehen konnten, und die relative Schwäche von Nebenwerten, die in Deutschland-Fonds meist einen signifikanten Anteil haben. (mki)

Weitere Informationen zur Scope-Studie gibt es hier.

Bild: © gopixa – stock.adobe.com

 

Vanguard will Zusammenarbeit mit Beratern 2024 weiter ausbauen

Auch 2024 dürfte ein spannendes Jahr für die Investmentbranche werden. Welche Herausforderungen stehen den Asset-Managern und den Anlegern bevor? AssCompact hat nachgefragt – heute bei Moritz Schüßler, Head of Intermediated Retail Germany bei Vanguard.

Herr Schüßler, welche Themen und Entwicklungen werden Sie 2024 als Asset-Manager besonders im Blick haben?

Wir verfolgen weiter das Ziel, für möglichst viele Anleger einen effizienten und unkomplizierten Zugang zu den Kapitalmärkten zu ermöglichen. Im Jahr 2024 planen wir, dies durch die Erweiterung unserer Modellportfoliostrategien und eine beschleunigte Digitalisierung aller Geschäftsbereiche weiter zu verfolgen. Mit einer gesetzlichen Reformierung der privaten Altersvorsorge könnte zudem der ohnehin schon kontinuierlich wachsende ETF-Markt deutlich an Rückenwind gewinnen. Das haben wir fest im Blick.

Welche Anlageprodukte werden unter den zu erwartenden Rahmenbedingungen im Fokus stehen?

Wir sehen Potenzial in breit gestreuten Indexprodukten wie ETFs und Indexfonds, ebenso in Multi-Asset-Produkten, darunter Modellportfolios und kosteneffiziente Multi-Asset-ETFs. Dank ihrer strategischen Ausrichtung sind diese Produkte weniger anfällig für kurzfristige Marktentwicklungen und unterstützen so Anleger dabei, ihre langfristigen Ziele zu erreichen. Auch in der Vermögensverwaltung sehen wir große Chancen für Indexstrategien in der Asset-Allokation, um die Produktkosten zu minimieren und Anlageergebnisse zu verbessern.

Welche vertrieblichen Vorhaben haben Sie?

Wir planen, unser Intermediated-Retail-Sales-Team in Deutschland weiter aufzustocken. Auf diese Weise können wir sicherstellen, dass unsere hohen Standards auch auf regionaler Ebene eingehalten werden. Gleichzeitig streben wir die Weiterentwicklung von Vanguard 360 an. Das beinhaltet den Ausbau unserer Beraterportale mit maßgeschneiderten Inhalten. Zudem planen wir Webinare und Workshops für jeden Teilnehmer – von Networking-Events bis zu Expertenrunden, online wie auch vor Ort.

 

Wann wird die EZB die Zinsen senken?

Am vergangenen Donnerstag wurde wieder die „Amundi Investment Konferenz“ ausgestrahlt. Neben geopolitischen und konjunkturellen Themen war dort eine der zentralen Fragen: Wann ist mit der ersten Zinssenkung zu rechnen?

Die Investmentwelt scharrt mit den Hufen. Der Markt wartet auf sie – die erste Senkung des Leitzinses nach zehn Erhöhungen zwischen Sommer 2022 und Herbst 2023. Aktuell liegt der Hauptrefinanzierungssatz, für den sich Banken bei der Europäischen Zentralbank (EZB) Geld leihen können, bei 4,50%. Besonders zu vernehmen waren die Erwartungen der Investoren auf Zinssenkungen bei der Jahresendrallye im Dezember 2023, die der Ansicht mancher Experten nach rein von diesen Hoffnungen geschürt worden war.

Wenig verwunderlich also, dass ein zentraler Bestandteil der Amundi Investment Konferenz am Donnerstag, 18.01.2023, die Spekulation über eventuelle Zinssenkungen war – oder vielmehr über den Zeitpunkt dieser.

Amundi: Zinssenkungen im ersten Halbjahr

Traditionell stellt ntv-Börsenexpertin und Moderatorin der Amundi Investment Konferenz Sabrina Marggraf Fragen an die Zuschauer vor den Bildschirmen, die diese dann beantworten können. Bei der ersten wurden die Zuschauer gefragt, wann sie denn mit der ersten Zinssenkung rechnen – im ersten Halbjahr, im zweiten Halbjahr oder dieses Jahr gar nicht. Und siehe da: 71%, also die deutliche Mehrheit, sehen die EZB erst im zweiten Halbjahr einlenken.

Doch Chief Investment Officer von Amundi Deutschland Thomas Kruse ist da anderer Meinung und reiht sich bei der Antwort ein, die 19% der Zuschauer wählten: Zinssenkungen im ersten Halbjahr. Den Grund dafür äußert er in seinem Vortrag zum Ausblick für die kommenden Monate sowie in der anschließenden Diskussionsrunde. Denn die aktuellen konjunkturellen Schwächen und auch die Exportabhängigkeit der EU-Länder dürften die Zentralbanken ein wenig unter Zugzwang bringen und so die erste Zinssenkung von 0,25 Prozentpunkten im Juni 2024 provozieren. Vier weitere würden laut Kruse folgen. Jedoch: Aufgrund der strukturellen Probleme, auch in Deutschland durch bspw. einen höheren Anteil erneuerbarer Energien zu einem aber hohen Preis, dürften die Zinssenkungen der EZB die Wirtschaft nicht so stark beflügeln.

Was, wenn die Zinssenkungen zu früh kommen?

Eine leicht andere Meinung äußert Dr. Jürgen Michels, Chefvolkswirt und Leiter Research bei der Bayerischen Landesbank. Für ihn werde sich die Inflation vor allem zu Beginn des Jahres hartnäckig halten, z. B. durch Preissteigerungen im Service-Bereich. Aus diesem Grund würden seiner Meinung nach die Notenbanken erst gegen Ende des Jahres aktiv, da sie auf eine Stabilisierung hoffen.

Michels weist hierbei darauf hin, dass es für den Markt fatal wäre, wenn die EZB die Zinsen zu früh sänke und es anschließend einen neuen Schwung an erhöhter Inflation gäbe. Dieser Aussage pflichtet Kruse bei, merkt aber ebenfalls an, dass bei einer nur etwas früher als erwarteten Zinssenkung die Märkte sich zwar noch einmal korrigieren würden – doch die Richtung des Marktes sei aufgrund jener Erwartungen vorgegeben. Wann diese schließlich einsetzt, sei zweitrangig. (mki)

Bild: © vadim yerofeyev – stock.adobe.com

 

Wie das Vertrauensproblem in der Finanzberatung lösen?

Auch in Deutschland wagen immer mehr den Schritt an den Kapitalmarkt. Doch oft wird es auf eigene Faust probiert. Studien zeigen, dass viele Anleger selbst über ihre Investitionen entscheiden und dabei weniger von Beratung Gebrauch machen. AssCompact hat bei Dr. Robert Bosch von BearingPoint nachgefragt.

Interview mit Dr. Robert Bosch,globaler Leiter Banking & Capital Markets bei BearingPoint
Herr Dr. Bosch, frei heraus: Warum gehen immer weniger zum Finanzberater?

Das hat mehrere Gründe. Zum einen sind die Anleger immer besser informiert bzw. haben ein größeres Interesse entwickelt, sich mit den Themen Anlageentscheidungen und Investitionen auseinanderzusetzen. In den Medien werden z. B. Themen wie Altersvorsorge stärker thematisiert. Dadurch beschäftigen sich die Menschen mit Anlagen wie ETFs, Fonds und Aktien und sind so auch in der Lage, eigene Anlageentscheidungen zu treffen. Ein anderer Grund ist beispielsweise, dass die Investitionshürden immer niedriger werden. Depots können bei Anbietern kostenfrei geführt werden. Manche Anbieter bieten Anlagen ab 1 Euro an, dadurch sind Selbstentscheider eher bereit, in Produkte zu investieren, die volatiler in der Wertentwicklung sind, und gehen etwas höhere Risiken, aber auch Chancen ein. Ergänzend trägt hierzu noch der Trend des Frugalismus bei. Dabei leben Menschen so sparsam, dass sie möglichst früh in „Rente“ gehen können bzw. von ihrem Ersparten/ ihren Dividenden leben können. Hier informieren sich Menschen auch, wie sie bei geringsten Kosten möglichst effizient ihr Vermögen steigern können. Gebühren für Anlageberatungen sind hier eine gute Sparmöglichkeit. Eine weitere Auffälligkeit am Markt ist, dass die klassische Anlageberatung bei einigen etablierten Dienstleistern inzwischen an höhere Anlagevolumen gekoppelt ist – Kleinanleger werden somit ggf. in die Selbstentscheidung gedrängt.

Gibt es folglich ein Vertrauensproblem bei der Finanzberatung?

Dadurch, dass die Finanzbildung zunimmt, rechnen die Menschen schon nach, wie viele Gebühren sie einem Finanzberater zahlen müssen, bzw. regulatorische Vorgaben zwingen die Dienstleister, die Kosten offenzulegen. Vor allem in der bis vor Kurzem vorherrschenden Niedrigzinsphase wurden bei manchen Finanzprodukten selbst kleine Erträge von jährlichen Gebühren aufgefressen. Wenn so über Jahre und Jahrzehnte kaum Vermögenssteigerungen zu sehen sind, sinkt natürlich das Vertrauen in die vorhergehende Beratung.

Um das Vertrauen in die Finanzberatung zu stärken, ist entscheidend, dass Finanzberater transparent sind, eine klare Kommunikation pflegen, die Bedürfnisse und Ziele ihrer Kunden verstehen und sich darauf konzentrieren, in deren Interesse zu handeln. Zudem haben Regulierungsbehörden in den vergangen zehn Jahren viele Standards und Bestimmungen verbessert, um die Rechte und das Vertrauen der Kunden zu stärken.

Welche Folgen hat die vermehrt eigenständige Anlageentscheidung für Finanzinstitute?

Das Selbstbewusstsein und zunehmendes Anspruchsdenken selbstentscheidender Kunden stellt die Anbieter vor Herausforderungen. Laut unserer Umfrage nutzen bereits 37% der Befragten mehr als einen Anbieter zum Handel von Wertpapieren, sei es nun die eigene Hausbank, eine Depotbank, einen Vermögensverwalter, einen Anlageberater oder auch einen Broker. Dabei ist die Konkurrenz groß, insbesondere im digitalen Bereich.

Auch die Hürden zum Wechsel der Anbieter sind durch moderne digitale Lösungen gering wie nie. Aber hier gibt es bei einigen Anbietern noch Verbesserungsbedarf. So gaben 30% der Befragten an, dass sie den Eröffnungsprozess eines neuen Wertpapierdepots noch nicht komplett online durchführen konnten. Auch berichteten 20% der Befragten von Problemen beim Eröffnungsprozess. Hier schlummert noch Verbesserungspotenzial, um den Kunden ein möglichst schnelles und reibungsloses Onboarding-­Erlebnis zu ermöglichen.

Der „Empowered Customer“ entscheidet also selbst über seine Anlagen. Wie bewerten Sie diesen Umstand im Allgemeinen? Rechtfertigen die Renditeergebnisse das „Empowerment“?

Eine finale Antwort, ob die Renditeergebnisse die Selbstentscheidung rechtfertigen, können wir nicht geben bzw. es ist nicht bekannt, ob diese allgemein besser sind als jene von Anlageberatern und Vermögensverwaltern. Die Anbieter sollten sich dem Umstand und der Entwicklung bewusst sein, um ihr Angebot, ihre Dienstleistung bzw. Plattform entsprechend auszurichten.

Spielt dabei auch Selbstüberschätzung seitens der Anleger eine Rolle?

Es ist anzunehmen, dass der ein oder andere Anleger sich in seinen Anlageentscheidungen überschätzt, insbesondere wenn er sich zu Einzelanlagen oder zu starker Gewichtung auf Einzeltitel, Branchen etc. hinreißen lässt. Andererseits bieten der Markt und die vielen Informationsquellen einen guten Überblick, um das eigene Portfolio zu diversifizieren bzw. einfachheitshalber direkt in ETFs zu investieren.

Schlägt sich auch bei der Geldanlage das Klischee nieder, dass tendenziell eher die Männer zu Selbstüberschätzung neigen? Wie handhaben es die Frauen?

Das ist ein viel diskutiertes Thema. Es gibt Studien und Forschungsergebnisse, die darauf hindeuten, dass es geschlechtsspezifische Unterschiede im Verhalten bei der Geldanlage gibt. Einige dieser Unterschiede könnten mit Selbstüberschätzung in Verbindung stehen.

Bei Frauen kann grundsätzlich beobachtet werden, dass das Thema immer mehr an Bedeutung gewinnt. In den letzten Jahren sind vor allem die Themen Vermögensaufbau zur Altersvorsorge zentraler Motivator. Hier wurden viel Aufklärungsarbeit und Sensibilisierung durch Medien und Finanzinstitute betrieben. Trotzdem sind Frauen immer noch in der Unterzahl, was das Anlageverhalten betrifft. Der Frauenanteil an unserer Kundenumfrage war nur knapp 34%. Das würde die Annahme bestätigen.

Jedoch ist zu betonen, dass eine ausgewogene und gut durchdachte Anlagestrategie, die zu den individuellen Zielen und Präferenzen passt, entscheidend ist, unabhängig vom Geschlecht. Eine diversifizierte und langfristige Herangehensweise kann dabei helfen, die Auswirkungen von übermäßigem Selbstvertrauen oder impulsivem Handeln zu mildern.

Gibt es auch eine Diskrepanz zwischen jüngeren und älteren Menschen beim Interesse an Finanzberatung?

Jüngere Anleger, vor allem männliche, sind oft grundsätzlich digital affiner und offener für neue Angebote als ältere. Sie haben oft bereits unterschiedliche Anbieter für ihr Gehaltskonto, ihr Tagesgeld und sind damit auch nicht mehr gebunden an eine Hausbank. Das erschwert auch die Beratung durch eine solche. Zudem haben junge Kunden oft alle Eröffnungsprozesse komplett digital durchlaufen und haben keinen Bezug zu einem Berater bzw. sehen auch keinen Bedarf daran.

Aber auch hier muss man bedenken, dass es bei jüngeren Anlegern oft um vergleichsweise wenig Vermögen geht, das angelegt werden soll, bzw. oft einfache Produkte wie ein ETF-Sparplan zum Einsatz kommen. Dieser bedarf weniger Beratung. Wogegen, wie bereits erwähnt, bei hohen Anlagevolumina durchaus eine Beratung gefragt ist.

Hand aufs Herz: Wie macht man den Menschen persönliche Finanzberatung wieder schmackhaft?

Bei der persönlichen Beratung geht es um verschiedene Punkte. Beispielsweise um die emotionalen Aspekte von Finanzen. Menschen haben oft Ängste, Unsicherheiten oder bestimmte emotionale Verbindungen zu Geld. Ein Finanzberatungsansatz, der auf emotionale Intelligenz eingeht, kann eine bessere Verbindung zu den Kunden herstellen.

Persönliche Beratung muss aber auch einen Mehrwert aufzeigen. Ein Beispiel kann die Individualisierung sein. Gestaltet man die Finanzberatung so, dass sie auf die individuellen Bedürfnisse, Ziele und Lebenssituationen der Menschen zugeschnitten ist, so kann eine personalisierte Herangehensweise die Relevanz und den Nutzen der Beratung erhöhen.

Natürlich ist es auch wichtig, die Kosten und Gebühren transparent darzustellen. Eine klare und faire Gebührenstruktur kann das Vertrauen stärken und Bedenken hinsichtlich versteckter Kosten ausräumen.

Unterstützen auch Sie die Finanzberater hierbei? Wie?

Selbstverständlich ja, wir helfen unseren Klienten, die Herausforderungen der heutigen Zeit zu meistern, und begleiten insbesondere die Transformation in die digitale Welt. Beispielsweise entwickeln wir gemeinsam ein ansprechendes (End-)Kundenerlebnis, das sowohl digital als auch stationär den modernen Anforderungen entspricht und auch Trends berücksichtigt, etwa die Anlage in Kryptowerte. Wir designen Prozesse unter Berücksichtigung regulatorischer Anforderungen und helfen bei Entscheidungen sowie der technischen Auswahl, um kosteneffizient Abläufe zu etablieren. Unsere Kunden sind mit unserer Dienstleistung für die Zukunft gerüstet.

Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 01/2024 und in unserem ePaper.

Bild: © Dr. Robert Bosch, BearingPoint

 
Ein Interview mit
Dr. Robert Bosch