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26. Juli 2017
Die Finanzberaterzunft muss wieder mit positiven Storys werben

Die Finanzberaterzunft muss wieder mit positiven Storys werben

Die Branche der freien Finanzberatung hat nicht gerade das beste Image und kämpft mit dem zunehmenden Mangel an Nachwuchskräften. Hier will die Initiative „ZUKUNFT FÜR FINANZBERATER“ Abhilfe schaffen und zugleich die Branchenteilnehmer besser vernetzen. Christian Schwalb, Geschäftsführender Gesellschafter der SCALA & Cie. Holding GmbH und Gründer der Initiative, sieht in Networking das Gebot der Stunde.

Herr Schwalb, Sie haben Ende des vergangenen Jahres die Initiative „ZUKUNFT FÜR FINANZBERATER“ ins Leben gerufen. Mit welcher Zielsetzung?

Wir haben uns in unserer Firmengruppe die Frage gestellt, was zu tun wäre, um ein stärkeres Wachstum der Vertriebsgruppe zu erzielen. Im Rahmen der Analyse sind wir immer wieder auf das schlechte Image unserer Branche als gravierenden Hintergrund gekommen. Außerdem haben wir festgestellt, dass die Branche insgesamt massive Zukunftsprobleme hat. Wir haben uns daraufhin entschlossen, aktiv etwas dagegen zu unternehmen. Unsere Ziele sind: Der Branche wieder ein attraktiveres Bild in der Außendarstellung zu verschaffen, der wachsenden Überalterung durch Nachwuchs und Neueinsteiger zu begegnen sowie langfristig alle Branchenteilnehmer und -verbände ein Stück besser zu vereinen.

Worin sehen Sie die größten Vorteile eines solchen Netzwerks?

Das jüngste Gesetzgebungsverfahren um die IDD war ein lebendes Beispiel dafür, was die Branche im Stande ist zu leisten, wenn Sie in wesentlichen Fragen eine einheitlichere Sprache spricht. Zahlreiche andere Branchen führen uns das immer wieder vor Augen, nicht zuletzt die Verbände von Versicherungen und Banken, was politisch mit zu gestalten ist, wenn man gemeinschaftlich agiert. Unsere Initiative will ein solches verbindendes Element darstellen.

Ein weiterer großer Vorteil liegt in der positiv besetzten Story. Die Bank- und Versicherungslandschaft in Deutschland erfährt gerade einen historischen Wandel. Dennoch kann unsere Branche der freien Finanzberater davon nicht adäquat profitieren. Bestens ausgebildete Fachkräfte verlassen den Finanzmarkt lieber komplett, anstatt sich für die freie Finanzdienstleistung zu interessieren. Hier müssen wir ansetzen und wieder mit positiven Storys werben.

Macht gerade die Umsetzung der IDD ein Zusammenrücken freier Versicherungsvermittler und Finanzberater umso notwendiger?

Unabhängig von der IDD-Gesetzgebung ist das Gebot der Stunde aus meiner Sicht „Networking“. Als freie Finanz- und Versicherungsvermittler geraten wir aktuell von so vielen Seiten unter Druck, dass wir unsere Kräfte und unserer Know-how stärker bündeln sollten. Mit der IDD, MiFID 2, einem kommenden LVRG 2 oder der neuen Datenschutzverordnung ab 2018 kommen erhebliche Herausforderungen von rechtlicher Seite. Mit dem Ausbau der Digitalisierung und der wachsenden Überalterung kommen wir gleichzeitig vertrieblich unter Druck. Positiv in die Zukunft geblickt könnte man meinen, wenn es weniger Berater gäbe, hätte jeder einzelne mehr Kundenpotenziale. Negativ betrachtet bedeutet es doch aber auch, dass die Einflussnahme und der Gestaltungsrahmen unserer gesamten Branche weiter abnehmen. Der Schlüssel liegt aus meiner Sicht im kooperativen Zusammenwirken, im Ausnutzen von Synergien.

Sie haben vorhin beschrieben, wie sich im Vorfeld der IDD Interessen gebündelt haben. Woran scheitert es denn Ihrer Einschätzung nach, dass bislang kein großer Ruck durch die Vermittlerbranche ging und sich ein gemeinsames Bündnis herausgebildet hat?

Diese Frage müssten Sie eigentlich den Vorsitzenden der großen Branchenverbände stellen. Unserer Branche wird ja im Allgemeinen nachgesagt, dass sie sehr stark egogetrieben ist. Das mag ein Hinderungsgrund sein. Andererseits hat jeder Verband aber natürlich auch seine eigene Klientel im Blick und will dieser gerecht werden. Bedenkt man jetzt noch die verschiedensten Zulassungs- und Vertriebssegmente, versteht man das Dilemma etwas besser.

Ich bin der Meinung, dass diese Vielfalt nun mal historisch gewachsen ist und sich das Rad an dieser Stelle nur schwer wieder zurück drehen ließe. Es gibt indes immer wieder grundlegende Fragestellungen, die in großen Überschriften gemeinsamen und einheitlich beantwortet werden können. Ich wünsche mir, dass es in den nächsten Wochen und Monaten, vor dem Hintergrund der gravierenden Herausforderungen, zu einem engeren Austausch der Branchenverbände kommt. Wir werden über unsere Initiative weiter versuchen, unseren Teil beizutragen. Es freut uns, dass wir mit den Verbänden AfW, SDV und VSAV bereits drei starke Player von unserer Motivation überzeugen konnten.

Sie wollen mit der Initiative – wie oben bereits erwähnt – das nicht gerade positive Image des freien Finanzberaters aufbessern. Wie gestaltet sich das gemeinsame Engagement denn konkret?

Zum einen wollen wir positive Geschichten erzählen. In unserer Branche können etwa Frauen Familie und Kinder optimal und zeitlich höchst flexibel mit dem Job vereinen. Oder denken Sie an die Generation 50plus, die mit ihrem Know-how und ihrem vertrauenswürdigen Auftreten glaubhaft für seriöse Anlageberatung steht wie keine andere. Diese Menschen sind bei uns herzlich willkommen – im Gegensatz zu mancher Bank. Über solche Lösungen sollten wir lebendige Erfahrungswerte vermitteln, um unsere Branche als echte Berufsalternative glaubhaft besser zu promoten.

Mit welchen Maßnahmen wollen Sie junge Nachwuchskräfte für die Finanzbranche gewinnen?

Die Erfahrung zeigt uns, dass es selten an den Geschäftsmodellen oder den Jobangeboten liegt, weshalb es wenige Nachwuchskräfte in unserer Branche gibt. Wir scheitern viel mehr schon daran, überhaupt mit neuen Interessenten in Kontakt zu kommen. Hier müssen wir aus unserer Sicht ansetzen, wir müssen neue Kommunikationspunkte schaffen, um potenzielle Nachwuchskräfte zu erreichen. Wir wollen dies durch lokale Informationsveranstaltungen ermöglichen oder auch durch den aktiven Dialog auf allen digitalen Kommunikationswegen.

Was schätzen Sie selbst denn an Ihrem Beruf am meisten?

Mich fasziniert an unserem Beruf, dass wir durch unser Spezialwissen eine hohe Verantwortung tragen gegenüber unserem direkten privaten und geschäftlichen Umfeld. Die Finanzbildung fristet in unserem Land noch immer ein eher trostloses Dasein. Unsere Familienangehörigen, Freunde, Nachbarn und Geschäftspartner können deshalb heute viele Probleme nicht erkennen, geschweige denn lösen. Egal, ob wir dabei an Inflation, Altersarmut oder Berufsunfähigkeit denken: Unser Aufgabenfeld ist so vielschichtig und umfassend, dass wir uns über unser Spezialwissen eine herausragende soziale Stellung erarbeiten können und eine hohe Verantwortung tragen.

Wie kann man Ihre Initiative unterstützen und wie ist die bisherige Resonanz darauf vonseiten der Maklerschaft?

Wir führen unsere Initiative bisher als eine gemeinnützige Gemeinschaft. Alle Investitionen haben wir selbst vorfinanziert. In den zurückliegenden Monaten haben wir gezielt Unternehmen auf eine finanzielle Unterstützung angesprochen, die ein ureigenes Interesse an einer dauerhaft großen Gruppe von Finanzberatern haben sollte: Versicherer, Fondsgesellschaften, Produktgeber und Co. Wir freuen uns, dass sich darüber bereits Unterstützer gefunden haben. Hierzu zählen zum Beispiel der VOLKSWOHL BUND und die Bayerische. Wir wünschen uns hier natürlich noch viele weitere Unterstützung seitens der Produktgeber. Aber auch Dienstleister und andere Finanzunternehmen erkennen immer mehr die Notwendigkeit einer solchen Initiative, so dass wir heute bereits auf eine Anzahl verschiedenster Förderer und Unterstützer zählen können (siehe www.zukunftfuerfinanzberater.de).

Die Maklerschaft reagiert noch immer etwas verhalten darauf, was wir sehr bedauern. Wir verstehen unsere Initiative „ZUKUNFT FÜR FINANZBERATER“ als eine Art „Label“, unter dem jeder angeschlossene Partner für seine Branche werben kann. Wir würden uns freuen, viele weitere Kolleginnen und Kollegen begeistern und gewinnen zu können. (tk)

 

Leserkommentare

Comments

Gespeichert von Jan Lanc am 26. Juli 2017 - 10:08

Zum Beispiel mit dem Widerruf von den schlechten LV-Verträgen.