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5. September 2017
Bestandskäufer Scraback: „Die Wunschvorstellungen der Kaufwilligen sind oft utopisch“

Bestandskäufer Scraback: „Die Wunschvorstellungen der Kaufwilligen sind oft utopisch“

Mit Bestandskäufen kennt er sich aus - Makler Tino Scraback hat in den letzten Jahren 16 Bestände gekauft. Im Interview mit AssCompact gibt er Tricks aus seiner jahrelangen Praxis und verrät, wie er bei Verhandlungen Erfolg hatte.

Tino Scraback ist Versicherungsmakler und Betriebswirt und hat zahlreiche Maklerbestände gekauft. Heute ist er Geschäftsführer zweier Beteiligungsfirmen und unterstützt Makler beim Aufbau ihrer Firma – gegen eine Beteiligung daran. AssCompact gegenüber verrät er die wichtigsten Tricks beim Bestandskauf. Dabei betont er: Er ist Praktiker mit Erfahrung, kein Unternehmensberater.

Woher kommt Ihre Erfahrung im Kauf von Maklerbeständen?

In den letzten 8 Jahren habe ich 16 Maklerbestände bzw. –firmen gekauft. Ohne arrogant klingen zu wollen – ich denke es gibt wenige Versicherungsmakler in Deutschland, die diese praktische Erfahrung im Bestandskauf haben.

Und was machen Sie heute?

Heute gebe ich diese Erfahrung weiter. Ich bin Geschäftsführer von zwei Beteiligungsfirmen, der Pallium GmbH und der Seeback Beratungs-und Beteiligungsgesellschaft mbH. Es gibt viele Makler, die gute Ideen haben und wachsen wollen, aber nicht genau wissen, wie es geht. Wir wollen Maklern professionell dabei helfen. Wir gehen mit ins Risiko, investieren Zeit und wenn es um Bestandskäufe geht auch Geld. Dafür wollen wir eine Beteiligung an der Firma haben.

Woran liegt es ihrer Erfahrung nach, dass Bestandskäufe so schwierig sind?

Erstens: Wir Versicherungsmakler liegen von der Bonität her unter der Gastronomie. Wir sind also bei den Banken nicht viel wert. Wenn man sich den Durchschnittsverdienst eines Versicherungsmaklers anschaut, kann man das auch verstehen. Die wenigsten reden aber mal mit ihrer Bank. Wenn die Bank ein Darlehen gibt, ist es für sie ein Blankodarlehen. Maklerbestände können nicht abgesichert werden.

Aber der wichtigste Punkt ist: Kaum ein Versicherungsmakler kann mit einem anderen Makler richtig verhandeln. Der durchschnittliche Maklerbestand kostet um den Faktor 2. Das heißt, die Bestandsprovision, die jährlich auf das Konto des Maklers kommt, mal 2 ist der Kaufpreis. Wenn ein Makler, der eine Firma verkauft, 150.000 Euro Einnahmen hat, dann muss der Käufer 300.000 Euro bezahlen. Das ist doch keine schlechte Rendite! Und trotzdem verhandeln die Makler sich zu Tode. Das macht mich richtig wütend. Wir Versicherungsmakler sind die größten Angsthasen auf Gottes Erden. Wir sehen immer nur Risiken und Haftung. Es geht immer nur ums Geld. Entscheidend ist, als Käufer auf die Bedürfnisse des Verkäufers einzugehen und zu verstehen, dass da jemand ein Lebenswerk verkauft.

Was machen Sie anders?

Ich verhandle so gut wie nicht über den Preis. Und ich habe auch immer einen Unternehmensberater dabei. Dadurch weiß ich, dass der Verkäufer nicht ganz utopische Vorstellungen hat. Im Gespräch geht es vor allem darum, was dem Verkäufer wichtig ist. Wenn der Preis und das Angebot fair sind, dann schlage ich zu. Entweder bin ich bereit, bestimmte Risiken einzugehen bei einem Kauf – denn Risiken hat man immer – oder ich bin ein Angsthase, dann muss ich die Finger davon lassen.

Und was raten Sie Maklern, die Bestände kaufen wollen aus Ihrer Praxiserfahrung?

Das Problem ist, dass die Wunschvorstellung, was einen Bestand betrifft, bei den meisten Kaufwilligen utopisch ist: Er muss in der Nähe sein, es darf nicht zu viel Altersversorgung drin sein, dafür soll der Anteil an Sachbestand groß sein, aber darunter nur wenig Kfz und der Bestand darf auch nicht teurer sein als 50.000 Euro. Damit minimiere ich mein Beuteschema enorm. Man muss offen sein. Und man muss sich rechtzeitig um die Finanzierung kümmern.

Wie geht man denn am besten an die Finanzierung heran?

In jedem Fall sollte man dies klären, bevor man in Verhandlungen tritt. Man fragt die Hausbank, ob sie generell finanziert. Wenn nicht, dann muss man sich eine andere suchen. Generell habe ich bessere Erfahrungen mit Privatbanken, als mit öffentlich-rechtlichen Banken gemacht. Ein weiterer Tipp: Wenn die eigene Hausbank überfordert ist, auch mal mit der Hausbank des Verkäufers sprechen. Sie kennt den Wert und die Finanzen der Firma am besten und macht eventuell auch eine Finanzierung. Es hilft auch oft, gleich der Bank zu sagen, dass 50% Finanzierung reichen. Im Hinblick auf die anderen 50% sollte der Verkäufer mit ins Risiko gehen, das heißt, wenigstens ein kleines Darlehen geben, insbesondere wenn es um einen größeren Bestand und damit um höhere Summen geht. Wenn man sich fair verhält, dann klappt das auch. Natürlich geht es nicht, dass ich den Preis maximal drücke und dann noch sage: jetzt hätte ich gerne von dir 50% auf 5 Jahre finanziert. Mindestens 25% sollte man aber Eigenkapital mitbringen, sonst sehe ich einen Kauf kritisch.

Blicken wir mal auf die andere Seite: Was sind denn die Gründe, warum Makler ihre Firmen verkaufen?

Diejenigen, die aus Altersgründen verkaufen wollen, sind in der Minderheit. Ich höre immer mehr jüngere Makler sagen, sie wollen nicht mehr. Gründe dafür sind die Regulierung, die steigenden Kosten, geringere Provisionen und steigende Verwaltungsaufgaben. Viele haben auch Angst vor einem Preisverfall. Das halte ich jedoch für Blödsinn. Man liest in allen Maklerforen, Bestände werden immer günstiger. Und weil alle schreiben, dass Bestände immer günstiger werden, werden sie es auch tatsächlich. Betriebswirtschaftlich gibt es dafür überhaupt keinen Grund. Auf einen Bestand kommen zwischen 10 und 20 potenzielle Käufer. Da sagt doch die Betriebswirtschaft: Die Preise gehen nach oben und nicht nach unten.

Was ist Ihr berufliches Ziel für die Zukunft?

Mein Ziel ist es, einen der größten Onlinemakler Deutschlands zu schaffen, aber mit Bezug zu einem mobilen Vertrieb. Alle sprechen davon, dass die Zukunft den Hybridmaklern gehört, also Maklern, die sowohl im Internet als auch vor Ort beraten. Ich denke, es ist eine Illusion zu glauben, dass man als Makler künftig sein Geld über das Internet verdienen kann. Der Markt ist zu hart umkämpft. Ich glaube, es wird andersherum sein: Onlinemakler werden zusätzlich Büros eröffnen. Manche fangen heute schon damit an. (tos)

 
Ein Artikel von
Tino Scraback

Leserkommentare

Comments

Gespeichert von Frank Brönjes am 05. September 2017 - 09:43

Ich kann Herrn Scraback nur zustimmen. Einen wirklichen Wert sehe ich auch in den SUHK-Beständen, wenn Sie seriös aufgebaut wurden. Leider werden uns immer wieder Bestände angeboten, die "zufällig" durch Makler aufgebaut wurden, die sich eigentlich auf das Personengeschäft spezialisiert haben und hier unter Umständen nicht immer ganz sauber gearbeitet haben. Wie auch, wenn dieser Vermittler (der Verkäufer) täglich ums Überleben / ums Neugeschäft kämpft und dadurch von der Hand in den Mund lebt. Aber auch hier liegen natürlich Chancen für den Käufer. Er kann vielleicht die erworbenen Bestände, die Beratungsleistung des Verkäufers "sanieren". Aber, spätestens dann kommen doch "Spannungen" auf. Allerdings macht es, wie Herr Scraback richtig erläutert, die Mischung. Wir glauben auch, dass der Makler / Vermittler vor Ort auch über das Internet beraten sollte und kann.