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11. Januar 2021
Über die Unabhängigkeit des Maklers im Geschäftsverkehr mit Pools

Über die Unabhängigkeit des Maklers im Geschäftsverkehr mit Pools

Die Unabhängigkeit ist des Maklers höchstes Gut. Schließlich ist er im Auftrag des Kunden unterwegs und dessen treuhänderähnlicher Sachwalter. Im Vorfeld der Versicherungsvertriebsrichtlinie gab es Diskussionen über die Unabhängigkeit der Makler im Zusammenhang mit der Vermittlung von Versicherungsanlageprodukten. Neuerdings flammt die Unabhängigkeitsdiskussion wieder auf. Hans-Ludger Sandkühler erläutert verschiedene Interessenkonflikte.

Das Berufsbild des Versicherungsmaklers

Die Rechtsprechung hat das Berufsbild des Maklers geprägt. Der Versicherungsmakler hat als Vertrauter und Berater des Kunden diesem einen individuellen und passenden Versicherungsschutz zu besorgen und kann wegen seiner umfassenden Pflichten als treuhänderähnlicher Sachwalter des Kunden angesehen und insoweit mit anderen Beratern verglichen werden. Die Rechtsprechung misst das Maklerhandeln stets an diesem Maßstab. Es ist deshalb zumindest befremdlich, wenn geschrieben wird, Versicherungsmakler hätten die „Angewohnheit“, sich mit dem Begriff Unabhängigkeit zu „schmücken“ oder „sich selbst so zu bewerben“. Unabhängigkeit ist eine Voraussetzung für das Berufsbild und keine Attitüde. Gerät die Unabhängigkeit infrage, können Interessenkonflikte entstehen, die das Vertrauensverhältnis zum Kunden beeinträchtigen.

Interessenkonflikte durch das Bezahlsystem

Der BGH hat schon 1985 festgestellt, dass das übliche Bezahlsystem den Status des Maklers als Sachwalter nicht infrage stellt. Das beschriebene Berufsbild des Maklers gelte trotz der in vielen Ländern bestehenden Übung, dass die Provision der Versicherungsmakler vom Versicherer getragen werde. Dass die Praxis natürlich anders aussehen kann, ist keine Frage. Das Provisionsgeschachere im Zusammenhang mit der Spitzer-Affäre oder die Allüren des „Versicherungsmaklers“ Göker sind nur in allzu guter Erinnerung.

Interessenkonflikte durch Beteiligung

Interessenkonflikte können naturgemäß auch entstehen, wenn Versicherer mehrheitlich an Maklern beteiligt sind. Die Mehrheit bestimmt in der Regel die Geschäftspolitik und die Vertriebssteuerung, die den Interessen der Kunden zuwiderlaufen können. Das kann, muss aber nicht sein.

Interessenkonflikte im Geschäftsverkehr mit Pools

Interessenkonflikte können auch entstehen, wenn der Makler sein Geschäft über Pools abwickelt und sich dabei von Vertriebszielen des Pools und der Provisionshöhe leiten lässt. Es gibt Pools, an denen Makler beteiligt sind (gesellschaftsrechtliche Zusammenschlüsse von Maklern, Genossenschaft, AG, und Pools, an denen Versicherer beteiligt sind, sowie inhabergeführte Pools ohne Maklerbeteiligung. Naturgemäß ist die Gefahr von Interessenkonflikten bei Pools ohne Maklerbeteiligung größer als bei Pools, bei denen die Makler selbst die Geschäftspolitik bestimmen. Andersherum können Pools ohne Maklerbeteiligung aufgrund der kurzen Entscheidungswege effizienter wirken und sich so Wettbewerbsvorteile verschaffen.

Untermakler oder Obermakler

Der Versicherungsmakler ist seinem Kunden gegenüber vertraglich verpflichtet. Wenn er in Erfüllung seiner Maklerpflichten einen Versicherungsvertrag über einen Pool vermittelt, ist dies in der Regel nichts anderes als die Einschaltung eines Untermaklers, der einen Teil des Vermittlungsgeschäfts – Weitergabe einer Deckungsaufgabe an einen Versicherer – übernimmt. Aus Sicht vieler Versicherer und Pools werden Pools auch als Obervermittler angesehen, die wie ein Vertriebskopf zahlreiche Untervermittler anbinden und deren Geschäft den Versicherern zuführen. Das mag praktisch so sein. Rechtlich unterhält der Makler aber Rechtsbeziehungen zum Kunden und der Pool Rechtsbeziehungen zum Versicherer. Bei arbeitsteiliger Vermittlung ist der Pool deshalb Untermakler und Erfüllungsgehilfe des Maklers. Nimmt der Pool als „Obervermittler“ Einfluss auf das Vermittlungsverhalten der angeschlossenen Makler, ist deren Unabhängigkeit beeinträchtigt.

Interessenkonflikte bei Marktuntersuchung und Auswahlempfehlung

Viele kleinere Makler haben mangels personeller und/oder technischer Ressourcen Schwierigkeiten, eine ausgewogene Marktuntersuchung durchzuführen. Teilweise fehlt es auch am Marktzugang. Insoweit wird Hilfestellung von Pools erwartet. Hier ist wichtig, dass die meisten Pools zwar Vergleichsprogramme und sogenannte Deckungskonzepte zur Verfügung stellen, darüber hinaus aber dem Makler bei der eigentlichen Marktuntersuchung nicht helfen. Dabei entstehen für Makler möglicherweise Probleme, wenn etwa das zur Verfügung gestellte Vergleichsprogramm Deckungskonzepte des Pools favorisiert und Marktteile ausblendet. Interessenkonflikte können entstehen, wenn die Auswahl der „Produktpartner“ nach pooleigenen Kriterien, nicht aber nach der Bedarfssituation des Maklerkunden erfolgt.

Abhängigkeit durch technische Unterstützung

Moderne Versicherungsvermittlung erfordert umfangreiche und meist teure technische Ressourcen wie Verwaltungsprogramme, Archivierungssysteme, Vergleichsprogramme und Systeme zum Datentransfer. Hier stellen Pools umfangreiche Tools zur Verfügung. Bei der Nutzung von pooleigenen Verwaltungssystemen, gegebenenfalls in Verbindung mit Datentransfer, stellen sich Fragen der Datensicherheit und der Abhängigkeit der Geschäftsprozesse des Maklers von dem System. Es ist schon erstaunlich, wie sorglos manche Makler in diesen Punkten sind. Eine faktische Abhängigkeit kann das Geschäftsmodell des Maklers tangieren. Solange dies aber die Risikoerfassung und Bedarfsdeckung beim Kunden nicht negativ beeinflusst, bleibt der Makler unabhängig.

Interessenkonflikte wegen Bestandszuordnung

Aufgrund der arbeitsteiligen Vermittlung entstehen im Poolgeschäft beim Makler in der Regel nur Courtageansprüche gegen den Pool, beim Pool die Ansprüche gegen die Versicherer – insoweit natürlich ein Kumulrisiko, wenn der Pool insolvent wird. Die meisten Pools halten juristische Modelle vor, die den Maklern im Falle einer Insolvenz den Zugang zum Bestand ermöglichen sollen. Ob die Modelle halten, wird man sehen. Eine wirtschaftliche Abhängigkeit kann insoweit nicht ausgeschlossen werden. Das eigentliche Asset des Maklers sind aber seine Kundenbeziehungen. Wenn er sie pflegt und bedarfsgerecht berät, bleibt es bei seiner rechtlichen Unabhängigkeit.

Fazit und Perspektiven

Solange der Makler sich bei der Auswahl seiner Deckungskonzepte für den Kunden nicht von Poolinteressen leiten lässt, bleibt er unabhängig. Am Ende liegt es in der Hand des Maklers. Er muss sein Handeln stets am Berufsbild ausrichten. Pools verstehen sich heute als Dienstleister. Im Wettbewerb der Pools werden sich diejenigen durchsetzen, die dem Makler einen echten Mehrwert bei der Abwicklung seines Geschäftes bieten.

Über den Autor

Hans-Ludger Sandkühler ist ausgewiesener Experte in Maklerfragen, gefragter Referent und Autor zahlreicher Veröffentlichungen. Außerdem ist er Mitinitiator des Arbeitskreises „Beratungsprozesse“ sowie Geschäftsführer des Instituts für Verbraucherfinanzen.

Bild: © freshidea – stock.adobe.com

Den Artikel lesen Sie auch in AssCompact 01/2021, Seite 86 f., und in unserem ePaper.