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13. November 2019
Überobligation und Raubbau an der Gesundheit in der BU-Versicherung

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Überobligation und Raubbau an der Gesundheit in der BU-Versicherung

Unabkömmlich als Geschäftsführerin des Unternehmens?

Ein Zeuge sagte aus, dass die Klägerin im Unternehmen letztlich unverzichtbar gewesen war, sodass grundlegende unternehmerische Entscheidungen nur von ihr in eigener Person getroffen werden konnten. Eine Umorganisation war vor diesem Hintergrund auch nicht möglich.

Trotz ihrer massiven gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die schon Mitte 2007 bestanden, hatte die Klägerin bis März 2008 ihren Beruf zunächst in zeitlicher Hinsicht uneingeschränkt weiter ausgeübt. Dennoch hat der Senat die Berufsunfähigkeit im Sinne der Bedingungen bei näherer Betrachtung der Gesamtumstände als gegeben angesehen.

Nach den Versicherungsbedingungen wird nicht verlangt, dass der Berufsunfähige seinen Beruf tatsächlich nicht mehr ausübt, sondern nur, dass die festgestellten Gesundheitsbeeinträchtigungen die Fortsetzung seiner Tätigkeit vernünftigerweise und im Rahmen des Zumutbaren nicht mehr gestatten. Zu einem Raubbau an seiner Gesundheit ist der Versicherte zudem nicht verpflichtet, so der Senat. Das war auch hier der Fall.

Raubbau an Geist und Körper

Zwar war die Klägerin weiterhin beruflich tätig, jedoch hatte der Sachverständige bescheinigt, dass sie wegen ihrer gravierenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen vernünftigerweise schon im Oktober 2007, also sechs Monate vor dem beantragten Beginn der Berufsunfähigkeitsleistungen, ihre berufliche Tätigkeit hätte einstellen müssen. Der Sachverständige bestätigte, dass die Klägerin aufgrund der Schwere ihrer Erkrankung in ihren Fähigkeiten derart massiv eingeschränkt war, dass überhaupt gar keine differenzierte Tätigkeit mit unternehmerischem Anspruch mehr möglich war oder wenn, dann jedenfalls nur unter Raubbau an ihrer Gesundheit.

Der Sachverständige hatte dazu ausgeführt, dass der äußere Eindruck, den man durch die weitere Tätigkeit hätte gewinnen können, nicht den tatsächlichen Auswirkungen der Erkrankung widerspricht. Eine erkrankte Person kann ihren Arbeitsalltag nach außen hin durchaus noch eine Zeit lang „durchhalten“, ohne dass das Umfeld eine spürbare Beeinträchtigung wahrnimmt, so der Sachverständige. Er hatte sodann aber auch angegeben, dass dieses „Durchhalten“ nach außen hin in tatsächlicher Hinsicht Raubbau an der Gesundheit für die Klägerin bedeutete, denn diese weitere Tätigkeit war gesundheitsschädlich.

Auch die Einnahme von Medikamenten, um „weiter funktionieren“ zu können, kann den Raubbau an der Gesundheit bestätigen. Ob und wann von einem Raubbau an der Gesundheit und von Überobligation auszugehen ist, ist jeweils im Einzelfall zu entscheiden.

Fazit: Für den Laien schwer erkennbar

Die Entscheidung stellt zunächst einmal klar, dass der Eintritt der Berufsunfähigkeit im Sinne der Versicherungsbedingungen auch dann nicht ohne Weiteres verneint werden kann, wenn der Versicherungsnehmer von außen betrachtet einfach weiterarbeitet. Es müssen weitere Umstände berücksichtigt werden. Gerade bei Unternehmensgeschäftsführern oder auch selbstständigen Alleinunternehmern ist eine solche Situation nicht selten anzutreffen. Das Unternehmen soll unter allen Umständen weiter fortgeführt werden. In einem solchen Fall, wenn die weitere berufliche Tätigkeit zu einer Belastung für die Gesundheit wird, liegt Raubbau und Überobligation auf der Hand. Für den Versicherungsnehmer als Laien wird es hingegen schwierig sein, den Eintritt des Versicherungsfalls und die Möglichkeit der Leistungsbeantragung zu erkennen.

In der Praxis zeigt sich dies häufig dadurch, dass der Versicherungsnehmer einfach „nicht mehr kann“. Beim Erkennen dieser Situation und bei der Beantragung der Leistungen benötigt der Versicherungsnehmer die fachkundige Hilfe und Unterstützung seines erfahrenen Versicherungsmaklers.

Bild: © jat306 – stock.adobe.com

Den Artikel lesen Sie auch in AssCompact 11/2019, Seite 130 f.

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Ein Artikel von
Kathrin Pagel