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13. November 2019
Überobligation und Raubbau an der Gesundheit in der BU-Versicherung

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Überobligation und Raubbau an der Gesundheit in der BU-Versicherung

BU-Leistungen trotz weiterer Tätigkeit? Eine Geschäftsführerin arbeitete trotz gesundheitlicher Beeinträchtigungen und der Feststellung einer Berufsunfähigkeit weiter. Daraufhin wurde ihr die Versicherungsleistung versagt. Ein Gericht hatte zu entscheiden, ob dies zulässig war. Von Kathrin Pagel, Fachanwältin für Versicherungsrecht und Partnerin in der Kanzlei Michaelis Rechtsanwälte.

Überobligatorische Tätigkeit trotz Berufsunfähigkeit lässt nicht die Leistungsverpflichtung des BU-Versicherers entfallen. Wird der Versicherungsnehmer unter Raubbau an seiner Gesundheit weiterhin beruflich tätig, führt dies nicht zur Leistungsfreiheit des Versicherers. Dies bestätigt einmal mehr das OLG Hamm in seinem Urteil vom 27.04.2018, Az.: 20 U 75/17.

Der Fall: Depressionen und dann noch Insolvenz

Die Klägerin war an Depression erkrankt und beantragte zum 01.04.2008 Berufsunfähigkeitsleistungen aus mehreren bei verschiedenen Versicherern abgeschlossenen Versicherungsverträgen. Zuvor war die Klägerin in einem Unternehmen tätig, das sie von ihrem Vater übernommen hatte. Es handelte sich um eine aus mehreren Gesellschaften bestehende Unternehmensgruppe mit insgesamt über 500 Mitarbeitern in Deutschland und Polen. Im März 2008 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der zur Unternehmensgruppe gehörenden Gesellschaften eröffnet, am 01.07.2008 zudem ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der Klägerin.

Die Klägerin hatte als Geschäftsführerin durchschnittlich montags bis samstags etwa 14 Stunden täglich, sonntags etwa sechs bis acht Stunden gearbeitet. Zu ihren Geschäftsführertätigkeiten gehörten Controlling, Vertrieb, Einkauf, Produktionsüberwachung und Personalmanagement. Jedenfalls seit dem 16.03.2008 war sie jedoch nicht mehr in der Lage, diese oder andere Tätigkeiten auszuüben.

Ablehnung einer Leistungszahlung

Ein von den Versicherern veranlasstes Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass die Klägerin zwar den normalen Arbeitsalltag nicht ableisten könne. Der Sachverständige sah dies jedoch als eine „normale Reaktion auf den erlittenen Verlust“ an – gemeint war damit die Insolvenz – und erkannte nach seiner Einschätzung daher keinen Krankheitswert im Sinne der jeweiligen Versicherungsbedingungen. Die Leistung aus den Berufsunfähigkeitsversicherungen wurde daraufhin abgelehnt.

Die Berufsunfähigkeit im Sinne der Versicherungsbedingungen setzte in den streitgegenständlichen Verträgen voraus, dass die versicherte Person voraussichtlich für die Dauer von sechs Monaten zu mindestens 50% ununterbrochen außerstande war, ihren zuletzt in gesunden Tagen ausgeübten Beruf weiter auszuüben.

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Seite 2 Unabkömmlich als Geschäftsführerin des Unternehmens?

 
Ein Artikel von
Kathrin Pagel