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9. März 2021
„Dass eine größere Krankenkasse in die Knie geht, können wir nicht brauchen“

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„Dass eine größere Krankenkasse in die Knie geht, können wir nicht brauchen“

Und was bedeutet diese Entwicklung für die Beitragszahler?

Das Defizit für 2022 wird nach meinen Schätzungen bei etwas unter 20 Mrd. Euro liegen. Das würde bedeuten, dass die Beitragssätze um rund 1,3 Beitragssatzpunkte ansteigen müssten, wenn nicht der Bund in ganz erheblichem Umfang einspringen würde oder wir eine ganz drastische Kostendämpfung machen. Wobei das Ausmaß des Defizits natürlich von vielen Einflussgrößen abhängt. So kann jetzt ja niemand verlässlich sagen, wie stark die Wirtschaft noch wegen der Pandemie zurückgefahren werden muss.

Von den Sozialverbänden wird kritisiert, dass hauptsächlich die gesetzlichen Krankenkassen und ihre Beitragszahler für die Finanzierung der Pandemie zur Kasse gebeten werden. Wie gerecht sind denn die Kosten Ihrer Meinung nach verteilt?

Ich halte das für etwas übertrieben. An vielen Maßnahmen aufgrund der Pandemie sind die privaten Krankenversicherer beteiligt. Auch haben sie mit der Ärzteschaft einen Hygienezuschlag bei den Gebühren vereinbart. Ein nennenswerter Teil der Last wird ja auch durch den Bundeshaushalt getragen. Zudem tragen die privatversicherten Steuerzahler ja auch nennenswert bei.

Der PKV-Verband hingegen weist die Vorwürfe zurück, dass sich private Krankenversicherer zu wenig an der Finanzierung beteiligen. Von 1 Mrd. Euro war die Rede, die Privatversicherte zur Bewältigung der Corona-­Pandemie beitragen würden. Lässt sich das tatsächlich so einfach pauschal summieren?

Wie gesagt, ich denke nicht, dass sich die privaten Krankenversicherungen hier einen schlanken Fuß gemacht haben.

Der PKV-Verband betont in diesem Zusammenhang, dass das deutsche Gesundheitssystem nicht zuletzt auch aufgrund seines Zusammenspiels von privaten und staatlichen Akteuren so gut aufgestellt ist, und verweist unter anderem auf das breite Netz an Facharzt­praxen, das Kliniken in der Corona-­Krise entlastet hat. Ist und war Deutschland gegenüber anderen Ländern hier im Vorteil?

In der ersten Welle der Pandemie war unser breites Versorgungsangebot tatsächlich eine Stütze. Dazu trägt auch die PKV bei. Allerdings sehen wir auch, dass die eigentliche Last der Pandemie eher in den großen Krankenhäusern, den Maximalversorgern, getragen wurde. Weswegen die Diskussion, ob wir über die richtigen Krankenhausstrukturen verfügen, sich dadurch nicht erledigt hat.

Unterm Strich wird die Krankenversicherung in diesem Jahr für viele Menschen teurer – egal ob gesetzlich versichert oder Privatpatient. Werden wir weitere Erhöhungen sehen?

Über die anstehenden Beitragserhöhungen bei den gesetzlichen Krankenkassen haben wir ja schon gesprochen. Bei den Privatversicherten wird das alles erst mit zeitlicher Verzögerung aufschlagen. Erst wenn die Unternehmen sehen, dass die Ausgaben stärker als kalkuliert gestiegen sind, dürfen sie ja die Beiträge anpassen. Dabei wird die Entwickung tarifspezifisch sehr unterschiedlich sein.

 
Ein Interview mit
Prof. Dr. rer. pol. Jürgen Wasem