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8. Juli 2021
„Die Geschichte lautet: Bitcoin löst Gold ab“

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„Die Geschichte lautet: Bitcoin löst Gold ab“

Verändern mobile Trading, Neobroker und Co. auch die Rolle professioneller Vermittler?

Neobroker und mobile Trading an sich sind natürlich eine Konkurrenz. Bei den meisten Vermittlern lautet die Devise jedoch „Matching people with portfolios“. Mit anderen Worten: Wie bekomme ich den Match hin zwischen einem Portfolio aus Wertpapieren und Versicherungskomponenten und der einzelnen Person oder Familie? Dieser auch psychologische Service ist bisher noch dem Menschen vorbehalten. Rein den aktiven Fonds oder die klassische Kapital-Lebensversicherung zu verkaufen, hat dagegen keine Zukunft.

Neben Neobrokern gibt es in diesem Jahr einen weiteren Anlagetrend: SPACS. Was halten Sie von diesem Trend?

Der SPACS-Trend ist vor allem eine der vielen Folgen der großen Suche von Kapital nach Verwendung. Nüchtern betrachtet ist das kein revolutionäres neues Anlagemodell, sondern nur eine neue Strukturierung – und diese schafft an sich noch keine Rendite. SPACS nehmen noch nicht einmal Transaktionskosten raus, im Gegenteil. Der einzige erkennbare Vorteil ist, dass man ein Vehikel hat, das schon an den Börsen notiert und somit schnell handelbar ist.

Nicht nur in SPACS, sondern auch in Kryptowährungen ist viel Geld geflossen. Sie sind aber auch weiterhin sehr umstritten. Sind Kurse von 50.000 Dollar pro Bitcoin aus Ihrer Sicht noch lange nicht das Ende oder eine substanzlose Blase?

Bei vielen neuen Anlagethemen geht es um Geschichten. Das gilt auch für Kryptowährungen. Der Wert von Bitcoin ist im Grunde durch nichts gestützt. Streng genommen kann man das auch über Zentralbankgeld und selbst über Gold sagen, aber bei diesen beiden herrscht ein historischer gesellschaftlicher Konsens, dass dahinter bestimmte Werte stecken.

Wenn es keinen Wert gibt, woran kann man sich dann orientieren?

Der Economist hat dazu eine Rechnung aufgestellt. Wenn man den Gesamtwert des Goldes auf der Welt zusammenzählt und Bitcoin würde Gold als vermeintlichen Inflations­schutz und sicheren Hafen ablösen, wäre der Gleichgewichtspreis von Bitcoin 120.000 Dollar. Durch diese Zahl wird eine Erzählung daraus. Die Geschichte lautet: Bitcoin löst Gold ab. Und dann ist man bei einem Preis von 120.000 Dollar. Das kann man weitererzählen und das macht es greifbar. Ansonsten wäre alles vollkommen willkürlich.

Also Bitcoin weiter Richtung 120.000 Euro?

Diese Rechnung wäre zu einfach. In dem Moment, wo die ersten abziehen und den Glauben verlieren, kann die Geschichte auch schnell implodieren. Es könnte zudem gut sein, dass Bitcoin reguliert wird, zum Beispiel aufgrund des immensen Stromverbrauchs, der damit verbunden ist. Wer nachhaltig anlegen will, kann keine Bitcoins aufnehmen. In Zukunft könnte es auch beispielsweise einen digitalen Euro oder Dollar geben, der Bitcoin ablöst. Trotz einer scheinbar greifbaren Story bleibt Bitcoin daher mit immensen Risiken behaftet.

Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 06/2021, Seite 48 f., und in unserem ePaper.

Bild: © Pixel-Shot – stock.adobe.com

 
Ein Interview mit
Prof. Dr. Andreas Hackethal